Zervixlängenmessung per Vaginalsonographie
Die Zervixlängenmessung per transvaginaler Sonographie (Ultraschalluntersuchung durch die Scheide) ist ein etabliertes, nicht-invasives Verfahren zur Beurteilung des Gebärmutterhalses (Cervix uteri – Gebärmutterhals) in der Schwangerschaft. Sie dient insbesondere der frühzeitigen Identifikation von Frauen mit erhöhtem Risiko für eine spontane Frühgeburt. Die Methode zeichnet sich durch eine hohe Reproduzierbarkeit und Bildauflösung aus und gilt als diagnostischer Goldstandard gegenüber abdominaler (durch die Bauchdecke) oder translabialer (über den Dammbereich) Darstellung.
Synonyme
- Transvaginale Zervixsonographie (Ultraschalluntersuchung des Gebärmutterhalses durch die Scheide)
- Cervixlängenbestimmung per Vaginalsonographie (Längenmessung des Gebärmutterhalses mit Ultraschall durch die Scheide)
- Zervixvermessung mittels transvaginalem Ultraschall (Gebärmutterhalsvermessung mit vaginalem Ultraschall)
- Ultraschallbasierte Cervixlängenmessung (Gebärmutterhalsvermessung per Ultraschall)
Das Verfahren
Vorbereitung des Patienten
- Entleerung der Harnblase vor der Untersuchung zur Vermeidung von Verfälschungen
- Rückenlagerung mit leicht gespreizten und angezogenen Beinen
- Aufklärung über Untersuchungszweck und -ablauf
Störfaktoren
- Unzureichende Blasenentleerung (führt zu gestauchter Zervixdarstellung – unnatürliche Darstellung des Gebärmutterhalses)
- Uteruskontraktionen (Zusammenziehen der Gebärmutter) während der Messung
- Druck auf die vordere Scheidenwand durch die Sonde
- Vermehrte Scheidensekretion (gesteigerter Ausfluss, der die Darstellung erschweren kann)
- Fehlende Standardisierung des Schnittwinkels zur Zervixachse (fehlerhafte Winkelung der Darstellung des Gebärmutterhalses)
Methode
- Hochauflösender Ultraschall mit transvaginaler Endosonde (Frequenzbereich 5–9 MHz) (Spezialsonde für die vaginale Untersuchung)
- Die Untersuchung erfolgt transvaginal mittels zweidimensionaler Grauwertsonographie im sagittalen Schnitt (Ultraschall durch die Scheide mit Schwarzweißdarstellung in Längsrichtung)
- Darstellung der gesamten endozervikalen Passage (innerer Gebärmutterhalskanal) mit Sichtbarkeit des inneren und äußeren Muttermundes
- Die Messung erfolgt entlang des endozervikalen Kanals vom inneren zum äußeren Muttermund
- Drei konsekutive Messungen bei Myometriumentspannung (entspannter Gebärmuttermuskel); der kürzeste valide Wert wird dokumentiert
- Darstellung und Bewertung einer eventuellen Trichterbildung („Funneling“ – Öffnung des Gebärmutterhalses von innen) mit Angabe der Trichterform (T-, Y-, V-, U-förmig)
- Beurteilung von Sludge-Bildung (Ablagerungen in der Fruchtwasserumgebung), Kanalverlauf und dynamischer Reaktion bei Funduskompression (Druck auf den oberen Teil der Gebärmutter)
- Dokumentation mit Bildarchivierung inklusive Maßlinien
Normbereiche (je nach Schwangerschaftswoche)
Schwangerschaftswoche | Normale Zervixlänge (mm) |
---|---|
16+0 bis 24+0 | 35-45 mm |
Pathologische Grenze | < 25 mm |
Hinweis: Eine Zervixlänge von unter 25 mm im Zeitraum zwischen 16+0 und 24+0 Schwangerschaftswochen gilt als relevantes Risiko für Frühgeburtlichkeit (Frühgeburtsgefahr).
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Frühgeburtsrisikoabschätzung im Rahmen des pränatalen Screenings (Einschätzung des Frühgeburtsrisikos während der Vorsorge)
- Zustand nach Frühgeburt oder Zervixinsuffizienz in Vorgraviditäten (Gebärmutterhalsschwäche in früheren Schwangerschaften)
- Kontrolluntersuchung bei Mehrlingsschwangerschaft
- Diagnostik bei klinischem Verdacht auf Zervixverkürzung (Verkürzung des Gebärmutterhalses)
- Verlaufskontrolle bei Pessar- oder Cerclage-Therapie (mechanische Stabilisierung des Gebärmutterhalses durch Ring oder Naht)
- Beurteilung bei Uterusanomalien oder Raumforderungen im unteren Uterinsegment (Fehlbildungen oder Tumoren im unteren Gebärmutterbereich)
Interpretation
Verkürzte Zervix (< 25 mm):
- Signifikantes Risiko für spontane Frühgeburt, insbesondere vor der 24. Schwangerschaftswoche
- Dynamik (z. B. Längenabnahme bei Fundusdruck – Verkürzung durch Druck auf den oberen Gebärmutterbereich) erhöht die Risikobewertung
Trichterbildung („Funneling“):
- Ausdruck einer funktionellen Cervixinsuffizienz (Gebärmutterhalsschwäche)
- Klassifikation nach Trichterform:
- T-Form: physiologisch (normal)
- Y-, V- oder U-Form: pathologisch (auffällig), zunehmend risikobehaftet
Sludge (intraamniotische Sedimente):
- Hyperechogene Flüssigkeitsansammlungen im Zervikalkanal (helle Ablagerungen im Gebärmutterhalskanal)
- Hinweis auf entzündliche Prozesse oder Infektionsassoziation
- Gesteigertes Frühgeburtsrisiko bei gleichzeitig verkürzter Cervix
Weiterführende Diagnostik
- Vaginalabstrich (z. B. Bakterielle Vaginose, Streptokokken)
- Nachweis von fetalem Fibronektin im Zervixsekret (Nachweis eines Frühgeburtsmarkers)
- Entzündungsparameter im peripheren Blut (z. B. C-reaktives Protein – Laborwert für Entzündungen)
- Screening auf asymptomatische Bakteriurie (bakterielle Harnwegsinfektion ohne Beschwerden)
- Verlaufskontrollen der Zervixlänge unter therapeutischen Maßnahmen
Literatur
- Iams JD, Goldenberg RL, Meis PJ et al.: The length of the cervix and the risk of spontaneous premature delivery. N Engl J Med. 1996;334(9):567-572. https://doi.org/10.1056/NEJM199602293340904