Leberschrumpfung (Leberzirrhose) – Medikamentöse Therapie

Therapieziele

  • Verzögerung bzw. Verhinderung des Fortschreitens der Leberzirrhose (chronische Vernarbung der Leber) durch Behandlung und möglichst ursächliche Therapie der zugrunde liegenden Grunderkrankung (z. B. Alkoholabstinenz, antivirale Therapie bei Hepatitis B/C [Leberentzündung durch Viren], Immunsuppression bei Autoimmunhepatitis [Leberentzündung durch das eigene Immunsystem], metabolische Kontrolle bei NASH/ASH [nicht-alkoholische bzw. alkoholische Fettleberentzündung], Kupferchelation bei Morbus Wilson [Kupferspeicherkrankheit]).
  • Vermeidung von Dekompensationen (akutes Funktionsversagen) und akuten Komplikationen (Aszites [Bauchwassersucht], Varizenblutung [Krampfadernblutung in der Speiseröhre oder im Magen], hepatische Enzephalopathie [Hirnfunktionsstörung durch Giftstoffe im Blut], Infektionen, hepatorenales Syndrom [Nierenversagen bei schwerer Leberkrankheit]).
  • Verbesserung der Lebensqualität und Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit.
  • Senkung der Sterblichkeit und Verlängerung des Überlebens.
  • Reduktion des Risikos für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms (bösartiger Lebertumor).

HinweisLaut einer Metaanalyse gelingt mit konsequenter kausaler Therapie in 35 % der Fälle die Rekompensation [8].

Therapieempfehlungen

  • Patienten mit Leberzirrhose (chronische Vernarbung der Leber) und nachweisbarer HBV-DNA sollen unabhängig von der Höhe der Virämie eine antivirale Therapie erhalten.
  • Eine kausale medikamentöse Therapie der Leberzirrhose selbst existiert nicht. Ziel ist die Therapie der zugrunde liegenden Ursache sowie die Behandlung der Komplikationen.

Komplikationsspezifische Therapie:

  • Aszites (Bauchwassersucht):
    • Leicht bis moderat: Spironolacton (initial 100 mg/Tag, Steigerung bis 200 mg/Tag).
    • Bei unzureichendem Ansprechen innerhalb von 2-3 Wochen: Kombination mit einem Schleifendiuretikum.
    • Bei therapierefraktärem Aszites: Parazentese (Aszitespunktion) mit Albumin-Substitution bei großen Punktionsvolumina, ggf. TIPS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt).
    • Beachte: Bei ausgeprägter Hyponatriämie (niedriger Natriumspiegel) Vorsicht bei Diuretikagabe.
  • Spontan-bakterielle Peritonitis (SBP; Bauchfellentzündung durch Bakterien):
    • Akuttherapie mit Breitbandantibiotika.
    • Sekundärprophylaxe: Norfloxacin (400 mg/Tag) oder alternativ Trimethoprim-Sulfamethoxazol bzw. Ciprofloxacin (1 x/Woche 750 mg).
    • Primärprophylaxe nur bei Hochrisikopatienten (Aszitesprotein < 1,5 g/dl und zusätzlich fortgeschrittene Leber- oder Niereninsuffizienz [Nierenschwäche]).
    • Antibiotikaprophylaxe ist in drei Situationen leitliniengerecht:
      • akute obere gastrointestinale Blutung (Magen-Darm-Blutung),
      • Sekundärprophylaxe nach SBP,
      • Hochrisikokonstellationen wie oben definiert.
  • Hepatische Enzephalopathie (Hirnfunktionsstörung durch Giftstoffe im Blut):
    • Basis: nicht resorbierbare Disaccharide (Lactulose oder Lactitol).
    • Bei unzureichendem Effekt oder Rezidiven: Rifaximin zusätzlich.
  • Hepatopulmonales Syndrom (HPS; Sauerstoffmangel durch Leberkrankheit):
    • Symptomatisch: Langzeit-Sauerstofftherapie.
    • Definitive Therapie: Lebertransplantation.
  • Portale Hypertonie (erhöhter Druck in der Pfortader) / akute Varizenblutung (Blutung aus Krampfadern in Speiseröhre oder Magen):
    • Vasoaktive Substanzen (Terlipressin, Somatostatin oder Octreotid).
    • Antibiotikaprophylaxe obligat (3–5 Tage).
    • Endoskopische Therapie (Ligatur) ist Standard und erfolgt kombiniert.
  • Hepatorenales Syndrom (HRS; Nierenversagen bei schwerer Leberkrankheit):
    • Kombination aus Albumin und Terlipressin (oder Noradrenalin bei intensivmedizinischer Betreuung).
    • Alternative: Albumin + Midodrin + Octreotid.
  • Lebertransplantation:
    • Indiziert bei dekompensierter Zirrhose (Leberversagen mit Komplikationen) oder therapierefraktären Komplikationen.
    • Einzige kurative Therapieoption.

Weitere Hinweise

  • Eine Studie weist bei Patienten mit Leberzirrhose und spontan bakterielle Peritonitis/Bauchfellentzündung (SBP) nach, das nicht-selektive ß-Blocker (NSBB) zu einer Verschlechterung der systemischen Hämodynamik (Blutfluss) führen und das Risiko für die Entwicklung eines hepatorenalen Syndroms (s. o.) und eines akuten Nierenversagens erhöhen. Das bedeutet, dass das transplantationsfreie Überleben dadurch reduziert wird [1].
  • Bei Patienten mit Leberzirrhose und klinisch signifikanter portaler Hypertension/Lungenhochdruck (hepatisch-venösen Druckgradienten (HVPG) von ≥ 10 mmHg) führen nicht-selektive Betablocker (NSBB; hier: Propanolol) konnte der HVPG im Gegensatz zur Placebo-Gruppe signifikant reduziert werden; des Weiteren war ein signifikanter Einfluss auf eine geringere Rate hepatischer Dekompensationen mit Entwicklung von Aszites und Spontan-Bakteriellen-Peritonitiden (p=0,0297) nachzuweisen [4].
    Hinweis: Heute wird statt Propranolol zumeist Carvedilol eingesetzt.
  • Albumintherapie
    • Patienten mit einer dekompensierten Leberzirrhose mit einer zusätzlichen Langzeitbehandlung mit Humanalbumin leben länger als unter einer Standardbehandlung (Follow-up von 18 Monaten: Reduktion der Mortalität um 38 %) [2].
    • Tägliche Albumin-Infusionen – mit dem Ziel, die Serumkonzentration auf mindestens 30g/l zu steigern –, haben Patienten mit alkoholischer Leberzirrhose nicht vor Infektionen, Nierenversagen oder Tod geschützt [5].
  • Der Nutzen des Vasopressors Terlipressin wurde beim hepatorenalen Syndrom vom Typ 1 bestätigt. In einer Phase-III-Studie wurde der primäre Endpunkt erreicht: Verbesserung der Nierenfunktion mit 2 aufeinanderfolgenden Serum­krea­tininwerten von 1,5 mg/dl oder weniger im Abstand von mindestens 2 Stunden sowie ein Überleben ohne Nierenersatztherapie für mindestens 10 Tage nach Abschluss der Behandlung. Das Ziel erreichten in der Terlipressin-Gruppe von 63 Patienten (32 %) gegenüber nur 17 Patienten (17 %) in der Placebo­gruppe. Eine Verbesserung des Gesamtüberlebens wurde allerdings nicht erreicht! [6].
    Beachte: Bei Patienten mit hepatorenalem Syndrom Typ I kann Terlipressin eine schwere oder letale Ateminsuffizienz auslösen. Des Weiteren ist bei diesen Patienten das Risiko für Sepsis/septischen Schock erhöht [7].

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für die Gesundheit der Leber sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (D3, E)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
  • Sekundäre Pflanzenstoffe (Mariendistelfrucht-Extrakt (Silymarin))
  • Weitere Vitalstoffe (Cholin, Probiotika)

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Mandorfer M et al.: Nonselective β Blockers Increase Risk for Hepatorenal Syndrome and Death in Patients With Cirrhosis and Spontaneous Bacterial Peritonitis. Gastroenterology 2014;146:1680-1690 
  2. Caraceni P et al.: Long-term albumin administration in decompensated cirrhosis (ANSWER): an open-label randomised trial. Lancet Volume 391, No. 10138, p2417–2429, 16 June 2018 doi: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(18)30840-7
  3. Villanueva et al.: β blockers to prevent decompensation of cirrhosis in patients with clinically significant portal hypertension (PREDESCI): a randomised, double-blind, placebo-controlled, multicentre trial; Lancet. 2019 Apr 20;393(10181):1597-1608. doi: 10.1016/S0140-6736(18)31875-0. Epub 2019 Mar 22.
  4. Villanueva et al.: β blockers to prevent decompensation of cirrhosis in patients with clinically significant portal hypertension (PREDESCI): a randomised, double-blind, placebo-controlled, multicentre trial; Lancet. 2019 Apr 20;393(10181):1597-1608. doi: 10.1016/S0140-6736(18)31875-0. Epub 2019 Mar 22.
  5. China L et al.: A Randomized Trial of Albumin Infusions in Hospitalized Patients with Cirrhosis. N Engl J Med . 2021 Mar 4;384(9):808-817 doi: 10.1056/NEJMoa2022166
  6. Wong F et al.: Terlipressin plus Albumin for the Treatment of Type 1 Hepatorenal Syndrome N Engl J Med . 2021 Mar 4;384(9):818-828. doi: 10.1056/NEJMoa2008290.
  7. Rote-Hand-Brief zu Terlipressin: Schwere oder letale Ateminsuffizienz und Sepsis/septischer Schock bei Patienten mit hepatorenalem Syndrom Typ 1. AkdÄ Drug Safety Mail | 2022-49
  8. En Goh X et al. Prevalence and clinical outcomes of recompensation in decompensated cirrhosis: a systematic review and meta-analysis. Clin Gastroenterol Hepatol 2025; https://doi.org/10.1016/j.cgh.2025.08.010

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Komplikationen der Leberzirrhose. (AWMF-Registernummer: 021-017), November 2018 Langfassung