Magenkrebs (Magenkarzinom) – Labordiagnostik

Die Labordiagnostik hat beim Magenkarzinom (Magenkrebs) keine Bedeutung für die Primärdiagnose, spielt jedoch eine wichtige Rolle für die prätherapeutische Risikoeinschätzung, das Staging (Stadieneinteilung), die Therapiekohorten-Stratifizierung (Zuordnung zu Therapiegruppen) und das postoperative Monitoring (Nachsorge nach einer Operation).

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen (in erster Linie zur prätherapeutischen Risikoeinschätzung, Basisdiagnostik und Therapieplanung)

  • Kleines Blutbild – Anämie (Blutarmut) bei chronischen gastrointestinalen Blutverlusten oder tumorbedingter Anämie; Thrombozytose (erhöhte Blutplättchenzahl) oder Thrombozytopenie (verminderte Blutplättchenzahl) im Rahmen paraneoplastischer Prozesse oder Knochenmarkinfiltration (Eindringen von Tumorzellen in das Knochenmark) möglich.
  • Differentialblutbild – Leukozytose (erhöhte weiße Blutkörperchen) bei Tumorentzündung, Infektion oder paraneoplastischen Prozessen; Lymphozytose (erhöhte Lymphozyten) oder Lymphopenie (verminderte Lymphozyten) als unspezifische Marker der immunsystemischen Belastung.
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) – unspezifische Marker für Tumoraktivität, Ulzerationen (Geschwürsbildung), Superinfektionen oder interkurrente Infektionen; in frühen Stadien häufig normal.
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH), alkalische Phosphatase (AP), Bilirubin – zur Erfassung hepatischer Metastasen (Tochtergeschwülste in der Leber), cholestatischer Veränderungen (Gallestauung) und zur Abschätzung der metabolischen Kapazität vor systemischer Therapie.
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance – zur Beurteilung der renalen Funktion (Nierenfunktion) vor Kontrastmittelgabe und systemischer Therapie (z. B. platinhaltige Regime).
  • Elektrolyte – Calcium, Chlorid, Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphat – zur Beurteilung des Allgemeinzustandes, von Erbrechen, Inappetenz (Appetitverlust), Malnutrition (Mangelernährung), Diarrhö (Durchfall) oder Hydratationsstörungen (Flüssigkeitshaushalt).
  • Eiweißstatus – Albumin und Gesamteiweiß zur Beurteilung des Ernährungsstatus, der Tumorkachexie (krankhafter Gewichtsverlust) und des perioperativen Risikos (Operationsrisiko).
  • Gerinnungsparameter – Quick/INR, aPTT (aktivierte partielle Thromboplastinzeit) – prätherapeutische Basisdiagnostik (Operation, zentralvenöser Zugang, interventionelle Verfahren); D-Dimere nur bei klinischem Verdacht auf Thrombose (Gefäßverschluss durch Blutgerinnsel) oder Lungenembolie.
  • Blutzucker (Nüchternglucose bzw. ggf. HbA1c) – zur Erfassung eines (bislang unentdeckten) Diabetes mellitus und zur Risikostratifizierung vor systemischer Therapie und Operation.

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese (Vorgeschichte), der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung (Abgrenzung verschiedener Ursachen), Therapieplanung, Therapiestratifizierung (Therapiezuordnung) und Nachsorge/Therapiekontrolle

  • Tumormarker – CEA (Carcinoembryonales Antigen), CA 19-9 und CA 72-4 zur Erfassung der Ausgangssituation und zur Therapiekontrolle/Verlaufseinschätzung; nicht zur Primärdiagnostik oder zum Screening geeignet.
  • Ferritin, Eisen, Transferrinsättigung – Differenzierung zwischen Eisenmangelanämie (z. B. durch chronische Blutverluste) und Anämie bei chronischer Erkrankung (Tumoranämie).
  • Vitamin B12, Folsäure – Ausschluss von Mangelzuständen, insbesondere bei chronischer Gastritis (Magenschleimhautentzündung), Zustand nach (Sub-)Totalresektion des Magens (Teil- oder Vollentfernung des Magens) oder Resorptionsstörungen (Aufnahmestörungen).
  • LDH (Laktatdehydrogenase) – unspezifischer Marker für hohe Tumorlast, rasche Progression (Krankheitsfortschritt) oder ausgedehnte Metastasierung (Tochtergeschwülste).
  • Lactat, Procalcitonin (PCT) – bei Verdacht auf Sepsis (Blutvergiftung), Perforation (Organwanddurchbruch), Anastomoseninsuffizienz (Nahtundichtigkeit) oder schwere Chemotherapie-assoziierte Mukositis (Schleimhautentzündung).
  • Liquordiagnostik – bei klinischem Verdacht auf meningeale Metastasierung (Meningeosis carcinomatosa; Tumorzellbefall der Hirnhäute) in weit fortgeschrittenen Fällen.
  • Molekulare Diagnostik (Pathologie)
    • HER2-Status (Wachstumsfaktor-Rezeptorstatus) – Voraussetzung für den Einsatz von Trastuzumab in Kombination mit Chemotherapie bei HER2-positivem, fortgeschrittenem oder metastasiertem Magenkarzinom/ösophagogastralem Übergangstumor.
    • PD-L1 Combined Positive Score (CPS) (Immuncheckpoint-Protein-Ausdruck) – Grundlage für die Indikationsstellung von Immuncheckpoint-Inhibitoren im Rahmen der systemischen Therapie.
    • MSI-Status/Mismatch-Repair (MMR) (Fehlpaarungsreparaturstatus) – Identifikation von MSI-high/MMR-defizienten Tumoren mit prognostischer und prädiktiver Bedeutung für den Einsatz von Immuntherapie.
    • Claudin 18.2 (Zelladhäsionsprotein) – Zielstruktur für Claudin-18.2-gerichtete Antikörpertherapien (z. B. Zolbetuximab) bei fortgeschrittenem Magenkarzinom.
    • FGFR2b-Expression (Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-Subtyp) – potenzielle Zielstruktur für FGFR2b-gerichtete Antikörpertherapien bei Subset von Magenkarzinomen.
    • Ggf. weitere molekulare Marker im Rahmen von Studien oder bei speziellen histologischen/molekularen Subtypen (z. B. EBV-assoziiertes Magenkarzinom; Epstein-Barr-Virus-assoziierter Tumor).
    • Diese Marker erfordern ausreichend repräsentatives Tumormaterial, idealerweise aus der Primärbiopsie (ursprüngliche Gewebeprobe) oder gegebenenfalls aus Metastasen bei Rezidiv (Wiederauftreten) bzw. Progress (Fortschreiten).

Helicobacter pylori als Risikofaktor für Magenkarzinom

  • Wichtigster erworbener Risikofaktor des Magenkarzinoms; über 90 % der Magenkarzinome sind mit einer Helicobacter-pylori-(H.-pylori-)Infektion (Magenkeim-Infektion) assoziiert.
  • Empfehlung: Testung und ggf. Eradikation (Beseitigung des Erregers) bei Personen mit erhöhtem Risiko im Rahmen einer individualisierten Risikostratifizierung.

Risikogruppen für gezieltes Screening:

  • Erstgradig Verwandte von Patienten mit Magenkarzinom (Magenkrebs).
  • Personen aus Hochprävalenzregionen (z. B. Asien, Osteuropa, Mittel- und Südamerika).
  • Patienten mit fortgeschrittener, korpusprädominanter atrophischer Gastritis (fortgeschrittene Magenschleimhautverdünnung).
  • Personen mit intestinaler Metaplasie der Magenschleimhaut (zelluläre Umbauveränderungen).
  • Patienten mit vorausgegangenen Magenneoplasien (Adenom, Frühkarzinom; gutartige bzw. frühe Tumorformen).

Neue Kann-Empfehlung (Leitlinie):

  • Opportunistische Testung auf H. pylori ab dem 50. Lebensjahr möglich – z. B. im Rahmen eines allgemeinen Vorsorgegesprächs (etwa anlässlich einer Koloskopie; Darmspiegelung), insbesondere bei zusätzlichen Risikofaktoren.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Magenkarzinom – Diagnostik und Therapie der Adenokarzinome des Magens und ösophagogastralen Übergangs (Magen-Darm-Übergangsbereich). (AWMF-Registernummer: 032-009OL), Mai 2025.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Magenkarzinom – Diagnostik und Therapie der Adenokarzinome des Magens und ösophagogastralen Übergangs. (AWMF-Registernummer: 032-009OL), Mai 2025 Langfassung