DocMedicus Kinderwunschlexikon

Der Kinderwunsch ist für viele Paare ein zentraler Aspekt ihres Lebensplans. Unterschiedliche Faktoren können jedoch die natürliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen, wodurch eine Schwangerschaft erschwert wird.

Etwa 15-20 % aller Paare weltweit haben Schwierigkeiten, sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Die natürliche Fruchtbarkeit der Frau ist zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr am höchsten und nimmt danach kontinuierlich ab. Mit dem Eintritt in die Wechseljahre endet die Fruchtbarkeit vollständig.

Wichtige Aspekte der Fortpflanzungsmedizin

1. Kinderwunsch, Sterilität und Infertilität

1.1 Grundlagen der Fruchtbarkeit

1.2 Zyklusstörungen und Blutungsanomalien

  • Zyklusstörungen (Blutungsstörungen)
    Übersicht zyklischer und azyklischer Regelanomalien mit Bedeutung für die Fertilität
    • Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung)
      Ausbleiben der Menstruation durch hormonelle, anatomische oder genetische Ursachen
    • Brachymenorrhoe (verkürzte Regelblutung)
      Verkürzte Blutungsdauer – mögliche Hinweise auf Lutealphaseninsuffizienz (Gelbkörper Schwäche)
    • Hypermenorrhoe (verstärkte Regelblutung)
      Übermäßig starke Regelblutung mit möglichem Eisenverlust und Zyklusanomalien
    • Hypomenorrhoe (sehr schwache Regelblutung)
      Geringe Menstruationsblutung, oft bei Ovarialinsuffizienz (Eierstockschwäche) oder hormoneller Dysregulation
    • Menorrhagie (starke und lange Monatsblutung)
      Verlängerte und verstärkte Monatsblutung – häufig assoziiert mit Endometriose oder Myomen (gutartige Geschwülste der Gebärmuttersmuskulatur)
    • Metrorrhagie (Zwischenblutung)
      Zwischenblutungen außerhalb des regulären Zyklus – differentialdiagnostisch abzuklären
    • Oligomenorrhoe (verlängerter Zyklus)
      Verlängerte Zyklusintervalle (> 35 Tage), häufig Hinweis auf PCO-Syndrom (polyzystisches Ovarialsyndrom)
    • Polymenorrhoe (verkürzter Zyklus)
      Verkürzte Zyklusintervalle (< 21 Tage) mit erhöhter Anovulationsrate (ausbleiben des Eisprungs)
    • Spotting (Schmierblutung)
      Schmierblutungen vor oder nach der Regel – Ausdruck hormoneller Ungleichgewichte

1.3 Gynäkologische und hormonelle Ursachen

  • Endometriose
    Ektopes (außerhalb der Gebärmutterhöhle vorkommendes) Endometrium (Gebärmutterschleimhaut) mit zyklusabhängigen Schmerzen und möglicher Implantationsstörung
  • Polyzystisches Ovar-Syndrom (PCO-Syndrom)
    Häufigste hormonelle Ursache weiblicher Sterilität – mit Zyklusanomalien, Hyperandrogenismus (männliche Hormonwirkung) und Insulinresistenz (verringerte Antwort auf Insulin)
  • Hyperprolaktinämie – Prolaktinom
    Zyklusstörung und Infertilität durch erhöhte Prolaktinsekretion – häufig verursacht durch Hypophysentumoren (Hirnanhangdrüsentumoren)

1.4 Urologische und andrologische Ursachen

1.5 Systemische und externe Einflussfaktoren

  • Fehlgeburt (Abort)
    Spontane Beendigung der Schwangerschaft vor der 24. Woche – häufig multifaktoriell bedingt
  • Geschlechtskrankheiten
    Infektiöse Ursachen für Tubenverschluss, Epididymitis und intrauterine Komplikationen
  • Oxidativer Stress – Freie Radikale
    Zelluläre Schädigung von Spermien und Eizellen durch reaktive Sauerstoffspezies
  • Stress
    Endokrinologische (hormonelle) und neurovegetative Störung der Fortpflanzungsachsen durch chronische Belastung

1.6 Diagnostik 

  • Genetische Beratung
    Indiziert bei habituellen Aborten, genetischen Erkrankungen oder familiärer Belastung
  • Gesundheitschecks
    Internistisch-gynäkologische Untersuchung zur Identifikation präkonzeptioneller Risikofaktoren
  • Stress-Test
    Funktionelle Testverfahren zur Objektivierung der Stressbelastung und neuroendokrinen Dysregulation
  • Vorsorge: Frau und Mann
    Reproduktionsmedizinische Prävention durch Zyklusmonitoring, Impfstatus und Infektionsscreening
  • Labordiagnostik: Frau und Mann
    Hormonanalysen, Infektionsparameter und Marker der ovariellen Reserve (z. B. AMH – Anti-Müller-Hormon); Spermiogramm und Hormonanalysen
  • Medizingerätediagnostik: Frau und Mann
    Ultraschall, MRT, Sonohysterographie und Hysteroskopie zur strukturellen Abklärung der Genitalorgane von Mann und Frau

2. Assistierte Reproduktion und reproduktionsmedizinische Verfahren

Die Fortpflanzungsmedizin bietet verschiedene moderne und bewährte Behandlungsmethoden, um den Kinderwunsch zu erfüllen.

2.1 Techniken der assistierten Reproduktion

  • In-vitro-Fertilisation (IVF): Ein Verfahren, bei dem Eizellen außerhalb des Körpers befruchtet werden. Die befruchteten Eizellen (Embryonen) werden anschließend in die Gebärmutter übertragen.
  • In-vitro-Maturation (IVM): Hierbei werden unreife Eizellen aus den Eierstöcken entnommen und im Labor zur Reife gebracht, bevor sie befruchtet werden.
  • Insemination (Samenzellübertragung): Bei dieser Methode werden Spermien direkt in die Gebärmutter eingebracht, um die Chancen einer Befruchtung zu erhöhen.
  • Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI): Ein einzelnes Spermium wird direkt in eine Eizelle injiziert. Diese Methode wird häufig bei männlicher Unfruchtbarkeit angewendet.
  • Intratubarer Gametentransfer (GIFT): Sowohl Spermien als auch Eizellen werden direkt in die Eileiter übertragen, wo die Befruchtung stattfindet. [obsolet; wird in Deutschland nicht mehr angeboten]

2.2 Mikrochirurgische und ergänzende Verfahren

  • Assisted Hatching (AH): Eine Technik, bei der die äußere Schicht des Embryos (Zona pellucida) dünner gemacht oder geöffnet wird, um dem Embryo zu helfen, sich in der Gebärmutter einzunisten.
  • Kryokonservierung: Sowohl Spermien als auch Eizellen oder Embryonen können eingefroren und für späteren Gebrauch aufbewahrt werden.
  • Social Freezing: Social Freezing bezeichnet das vorsorgliche Einfrieren unbefruchteter Eizellen aus nicht-medizinischen Gründen, um die Fruchtbarkeit zu einem späteren Zeitpunkt zu nutzen.
  • Mikrochirurgische epididymale Spermienaspiration (MESA): Gewinnung von Spermien aus dem Nebenhoden (MESA) oder Hodengewebe (TESE) bei Männern mit blockierten Samenleitern oder Azoospermie (vollständiges Fehlen von Spermien im Ejakulat).
  • Refertilisierung der Frau: Dieser chirurgische Eingriff wird bei Frauen durchgeführt, die ihre Fruchtbarkeit nach einer Sterilisation wiederherstellen möchten.
  • Refertilisierung des Mannes: Ähnlich wie bei Frauen, dient dieser Eingriff dazu, die Fruchtbarkeit bei Männern nach einer Vasektomie wiederherzustellen.
  • Testikuläre Spermienextraktion (TESE): Bei dieser Methode werden Spermien direkt aus dem Hodengewebe entnommen, meist bei Männern, bei denen keine Spermien im Ejakulat zu finden sind.

2.3 Genetische Diagnostik im Rahmen der Reproduktionsmedizin

  • Polkörperdiagnostik (PKD): Die Polkörperdiagnostik untersucht die Polkörper von Eizellen, die bei der Meiose entstehen. Diese Methode wird bei Frauen mit einem Risiko für aneuploide Eizellen oder X-chromosomale Erkrankungen angewendet. Da nur die Polkörper analysiert werden, bleibt die Eizelle unberührt, was ethische Vorteile bietet. Die PKD liefert jedoch nur maternale genetische Informationen.
  • Präimplantationsdiagnostik (PID): Die Präimplantationsdiagnostik untersucht Zellen aus einem frühen Embryo. Diese Methode wird bei Paaren mit genetischer Vorbelastung oder wiederholten Fehlgeburten eingesetzt. Die PID analysiert sowohl mütterliche als auch väterliche genetische Informationen und ermöglicht die Auswahl gesunder Embryonen zur Implantation. Die PID unterliegt strengen ethischen und rechtlichen Richtlinien.
  • Pränataldiagnostik im Überblick: Die Pränataldiagnostik umfasst nicht-invasive und invasive Verfahren zur frühzeitigen Erkennung genetischer oder struktureller Auffälligkeiten beim Fetus. Ziel ist die individuelle Risikoabschätzung, Diagnosestellung und gegebenenfalls Therapieplanung vor der Geburt.

2.4 Spezielle Aspekte der Reproduktionsmedizin

  • Leihmutterschaft: Ein wichtiger Aspekt der Fortpflanzungsmedizin ist die Leihmutterschaft, die Paaren helfen kann, die keine Schwangerschaft austragen können. Herausforderungen umfassen rechtliche und ethische Aspekte sowie medizinische Risiken, während rechtliche Beratung und umfassende medizinische Betreuung zur Risikominimierung beitragen.
  • Kinderwunsch und HIV: Das Risiko der HIV-Übertragung auf Partner und Kind stellt eine bedeutende Herausforderung dar. Lösungsansätze umfassen ART (antiretrovirale Therapie) zur Viruslastminimierung, PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe) für den HIV-negativen Partner, künstliche Befruchtung mit Spermienwäsche und neonatale Prophylaxe.

Zusammenfassung

Jede dieser Methoden hat ihre spezifischen Indikationen und Erfolgsraten und sollte in Absprache mit einem auf Reproduktionsmedizin spezialisierten Arzt sorgfältig erwogen werden.

Die Bedeutung einer ganzheitlichen Betrachtung des Kinderwunsches kann nicht genug betont werden. Neben medizinischen Therapieoptionen spielen Ernährungsberatung, gesunde Gewichtsabnahme, Stressbewältigung und Mikronährstofftherapie eine wesentliche Rolle.
Eine ausgewogene Ernährung, das Aufrechterhalten eines gesunden Körpergewichts, der Umgang mit Stress und eine optimale Versorgung mit essentiellen Nährstoffen können die Fruchtbarkeit signifikant beeinflussen und sind somit entscheidende Faktoren auf dem Weg zum ersehnten Kinderwunsch.

Individuelle Beratung und angepasste Strategien in diesen Bereichen tragen maßgeblich dazu bei, die körperliche und psychische Gesundheit zu fördern und die Chancen auf eine erfolgreiche Schwangerschaft zu erhöhen.

Das nachfolgende "DocMedicus Kinderwunschlexikon" ist eine Datensammlung über die Fortpflanzungsmedizin und dient Kinderwunschpaaren als Nachschlagewerk. 

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