Epiduralhämatom (EDH) – Einleitung
Ein Epiduralhämatom (EDH) ist eine akute Blutung in den Epiduralraum (Raum zwischen Schädelknochen und Dura mater (harte Hirnhaut, äußere Begrenzung des Gehirns zum Schädel)).
Synonyme und ICD-10: arterielles Epiduralhämatom; epidurale Blutung; Epiduralblutung; epidurales Hämatom; epidurale Hämorrhagie; nichttraumatische epidurale Blutung; nichttraumatische Epiduralblutung; nichttraumatische epidurale Hämorrhagie; chronisches epidurales Hämatom; traumatische epidurale Blutung; traumatisches epidurales Hämatom; traumatische epidurale Hämorrhagie; extradurales Hämatom; traumatische extradurale Blutung; traumatische extradurale Hämorrhagie; ICD-10-GM S06.4: Epidurale Blutung; ICD-10-GM I62.1: Nichttraumatische extradurale Blutung
Formen des Epiduralhämatoms (EDH)
Ein EDH entsteht meist infolge eines Traumas, z. B. eines Unfalls, und wird dann als akutes traumatisches Epiduralhämatom bezeichnet. Dabei liegt häufig eine Schädelfraktur vor. Ein chronisches Epiduralhämatom entwickelt sich hingegen langsam über Wochen bis Monate und äußert sich durch anhaltende Kopfschmerzen, Schwindelattacken und Verwirrtheit.
Lokalisation und Verteilung
- Temporaler Bereich (Schläfenlappen): 75 %
- Parietaler und frontaler Bereich (Scheitellappen und Frontallappen/Stirnlappen): 10 %
- Okzipitaler Bereich (Hinterhauptslappen): 5 %
- Doppelseitig und in der hinteren Schädelgrube: 4 %
Epiduralhämatome können nicht nur intrakraniell auftreten, sondern auch spinal (im Bereich der Wirbelsäule). In diesen Fällen ist das Bewusstsein des Patienten nicht beeinträchtigt. Im Bereich der Blutung treten Schmerzen auf. Im weiteren Verlauf kommt es unterhalb der verletzten Stelle zu entsprechenden neurologischen Ausfällen (z. B. Querschnittssyndrom: zunächst schlaffe Lähmung der Muskulatur; begleitend ist die Sensibilität unterhalb der Läsion aufgehoben).
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 5 : 1.
Häufigkeitsgipfel: Die Mehrheit der Epiduralhämatome tritt im Rahmen von Schädel-Hirn-Traumata (SHT) auf, welche meistens durch Autounfälle verursacht werden. Das erklärt, warum zwei Drittel der Betroffenen jünger als 40 Jahre bzw. zwischen 20 und 30 Jahre alt sind.
Bei Kleinkindern sind epidurale Hämatome nach Schädelverletzungen in den ersten beiden Lebensjahre sehr häufig.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Ein EDH findet sich bei 1-3 % aller Schädel-Hirn-Traumata (SHT). In 20 % der Fälle liegt zusätzlich eine intrazerebrale, subdurale oder subarachnoidale Blutung vor.
Verlauf und Prognose
Verlauf
Ein Epiduralhämatom (EDH) stellt eine medizinische Notfallsituation dar, bei der sich die klinische Lage des Patienten schnell verschlechtern kann. Der typische Verlauf ist durch mehrere Phasen gekennzeichnet:
- Initiale Bewusstlosigkeit: Nach dem auslösenden Trauma, häufig durch einen Schädel-Hirn-Trauma (SHT), verliert der Patient zunächst das Bewusstsein. Dies ist auf die unmittelbare Schädigung des Gehirns zurückzuführen.
- Luzides Intervall: In vielen Fällen folgt eine Phase, in der der Patient vorübergehend wieder zu Bewusstsein kommt und sich klinisch stabilisiert. Diese Phase kann irreführend sein, da es den Anschein erweckt, als ob der Patient sich erholt. Dieses Intervall kann Minuten bis Stunden dauern.
- Sekundäre Verschlechterung: Nach dem luziden Intervall verschlechtert sich der Zustand des Patienten erneut. Das wachsende Hämatom (Bluterguss) übt zunehmenden Druck auf das Gehirn aus, was zu einer erhöhten intrakraniellen Druck (ICP; Hirndruck) führt. Die Symptome in dieser Phase umfassen:
- Starke Kopfschmerzen
- Übelkeit und Erbrechen
- Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen
- Anisokorie (Ungleichheit der Pupillen)
- Hemiparese (halbseitige Lähmung)
- Einklemmungssyndrom und Hirnstammkompression: Ohne rasche medizinische Intervention kann das expandierende Hämatom zu einer Einklemmung des Gehirns führen. Dies bedeutet, dass Teile des Gehirns durch natürliche Öffnungen im Schädel gedrückt werden, insbesondere durch das Foramen magnum. Dies führt zu einer Kompression des Hirnstamms, der lebenswichtige Funktionen wie Atmung und Kreislauf kontrolliert. Klinische Zeichen für ein Einklemmungssyndrom umfassen:
- Koma
- Verlust der Pupillenreaktion auf Licht
- Abnormale Körperhaltung (Dekortikations- oder Dezerebrationshaltung)
- Unregelmäßige Atmung oder Atemstillstand
- Therapeutische Intervention: Eine sofortige Kraniotomie (chirurgische Öffnung des Schädels) und der Verschluss des blutenden arteriellen Gefäßes sind erforderlich, um das Leben des Patienten zu retten. Diese Operation zielt darauf ab, das Hämatom zu entfernen, den Druck zu entlasten und die Blutung zu stoppen.
Prognose
Die Prognose eines Patienten mit einem Epiduralhämatom hängt von mehreren Faktoren ab:
- Schnelligkeit der Behandlung: Der wichtigste prognostische Faktor ist die Zeitspanne zwischen dem Trauma und der chirurgischen Intervention. Eine schnelle Diagnose und sofortige operative Behandlung können die Überlebensrate und das neurologische Ergebnis erheblich verbessern.
- Ausmaß der Blutung: Kleinere Hämatome, die rechtzeitig behandelt werden, haben eine bessere Prognose. Große Hämatome, die zu einer signifikanten Hirnkompression geführt haben, verschlechtern die Prognose.
- Begleitverletzungen: Die Prognose verschlechtert sich, wenn zusätzliche intrakranielle Verletzungen oder andere schwerwiegende Verletzungen vorliegen. Kombinationen aus EDH mit subduralen, intrazerebralen oder subarachnoidalen Blutungen erhöhen das Risiko für negative Outcomes.
- Allgemeiner Gesundheitszustand: Der allgemeine Gesundheitszustand und das Alter des Patienten spielen ebenfalls eine Rolle. Jüngere und gesündere Patienten haben tendenziell bessere Heilungschancen.
- Neurologischer Zustand bei Krankenhausaufnahme: Patienten, die bei der Aufnahme ins Krankenhaus ein GCS (Glasgow Coma Scale) von 9 oder höher haben, weisen bessere Überlebenschancen auf und erholen sich eher ohne bleibende neurologische Defizite.
Letalität und Langzeitprognose
- Letalität: Die Sterblichkeit bei Patienten mit einem Epiduralhämatom beträgt etwa 30-40 %. Diese hohe Letalitätsrate ist auf die rapide Verschlechterung des Zustands und die potenziellen Komplikationen zurückzuführen.
- Langzeitprognose: Etwa 50 % der Patienten überleben ohne langfristige neurologische Folgeschäden, insbesondere wenn sie schnell und effektiv behandelt werden. Langfristige neurologische Defizite sind jedoch möglich und hängen von der Schwere der initialen Hirnschädigung und der Geschwindigkeit der Intervention ab.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ein Epiduralhämatom eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung ist, die eine sofortige medizinische Notfallversorgung erfordert. Mit schnellem und angemessenem Eingreifen kann jedoch eine erhebliche Anzahl von Patienten erfolgreich behandelt und vor schweren Komplikationen bewahrt werden.