Internetsucht – Anamnese
Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Internetsucht dar.
Familienanamnese
- Gibt es in Ihrer Familie psychische Erkrankungen, die gehäuft auftreten? (z. B. Depressionen, Angststörungen, Suchterkrankungen)
 - Gibt es in Ihrer Familie Hinweise auf Impulskontrollstörungen oder Verhaltenssüchte?
 
Sozialanamnese
- In welcher beruflichen oder schulischen Situation befinden Sie sich derzeit?
 - Gibt es in Ihrem Alltag (Schule, Studium, Beruf) besondere psychosoziale Belastungen?
 - Leben Sie in einem stabilen sozialen Umfeld?
 - Gibt es Spannungen, Überforderung oder Konflikte im Elternhaus oder in Ihrer Partnerschaft?
 - Haben Sie Schwierigkeiten, Freundschaften zu pflegen oder soziale Kontakte aufzubauen?
 - Haben Sie das Gefühl, sich zunehmend von Ihrem sozialen Umfeld zu isolieren?
 - Haben Sie schon häufiger soziale Verpflichtungen oder Verabredungen abgesagt, um online zu sein?
 
Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
- Wie viele Stunden Freizeit stehen Ihnen täglich zur Verfügung (neben Schule, Studium oder Beruf)? (bitte in Stunden angeben)
 - Wie viele Stunden verbringen Sie täglich online (inkl. Smartphone, Tablet, Computer, Konsole)?
 - Welche Online-Aktivitäten nutzen Sie vorrangig? (z. B. soziale Netzwerke, Videospiele, Streams, Pornografie, Chats, E-Shopping)
 - Haben Sie das Gefühl, den Überblick über Ihre Internetnutzung verloren zu haben?
 - Verspüren Sie ein starkes inneres Verlangen, online zu sein, auch wenn Sie es sich vorgenommen haben, offline zu bleiben?
 - Versuchen Sie regelmäßig, Ihre Nutzungszeit zu reduzieren? Gelingt es Ihnen? (bitte evtl. Veränderung in Stunden angeben)
 - Haben Sie das Gefühl, dass Sie zunehmend mehr Zeit im Internet verbringen müssen, um zufrieden zu sein?
 - Vernachlässigen Sie durch Ihre Internetaktivität regelmäßig Freunde, Hobbys, Pflichten wie Schule, Ausbildung, Studium oder Beruf?
 - Haben Sie körperliche oder psychische Beschwerden erlebt, wenn Sie den Internetkonsum einschränken oder unterbrechen mussten?
- Innere Unruhe?
 - Nervosität?
 - Gereiztheit oder Wut?
 - Depressive Verstimmung?
 - Schlafprobleme?
 
 - Ziehen Sie sich lieber zurück und verbringen Zeit alleine vor dem Bildschirm, statt mit anderen Menschen?
 - Haben Sie Schwierigkeiten, abzuschalten oder sich zu entspannen, ohne ein digitales Gerät zu nutzen?
 - Haben Sie das Gefühl, dass sich Ihre Gedanken häufig nur um bestimmte Onlineinhalte oder Internetaktivitäten drehen?
- Schlafverhalten:
 - Wann gehen Sie in der Regel schlafen, und wann stehen Sie auf?
 - Wie lange dauert es im Durchschnitt vom Zubettgehen bis zum Einschlafen? (Einschlaflatenz; Normalwert: < 30 Minuten)
 - Wie lange schlafen Sie insgesamt pro Nacht? (Gesamtschlafdauer; Normalwert: 6-8 Stunden)
 - Wachen Sie nachts häufig auf?
 - Haben Sie morgens das Gefühl, erholt zu sein?
 - Hat sich Ihr Schlafrhythmus durch die Internetnutzung verschoben?
 
 - Haben Sie häufig Infekte oder ein geschwächtes Immunsystem bemerkt?
 - Haben Sie Rückenschmerzen, Verspannungen oder andere muskuloskelettale Beschwerden durch langes Sitzen?
 
Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese
- Hat sich Ihr Körpergewicht in den letzten Monaten verändert?
 - Nehmen Sie regelmäßig Mahlzeiten ein (inkl. Frühstück)?
 - Lassen Sie Mahlzeiten ausfallen, weil Sie mit Online-Aktivitäten beschäftigt sind?
 
Eigenanamnese
- Bestehen aktuell oder bestanden in der Vergangenheit psychische Erkrankungen (z. B. Depression, Angststörung, ADHS, Persönlichkeitsstörung)?
 - Wurde jemals eine Verhaltenssucht oder Abhängigkeit diagnostiziert? (z. B. Alkohol, Nikotin, Glücksspiel, Onlinespiele)
 - Haben Sie in der Vergangenheit bereits Therapieversuche wegen psychischer Beschwerden unternommen?
 - Bestehen körperliche Begleiterkrankungen? (z. B. Karpaltunnelsyndrom, Sehbeschwerden, Verspannungen)?
 
Medikamentenanamnese
- Dopaminagonisten – das Risiko für Spielsucht ist im Vergleich zu Dopamin mehr als verdreifacht [1]
 - Ropinirol – erhöhtes Risiko für Sechs- und Spielsucht [2]
 
Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.
Literatur
- Wolfschlag M, Håkansson A: Increased risk for developing gambling disorder under the treatment with pramipexole, ropinirole, and aripiprazole: A nationwide register study in Sweden. PLoS One. 2021;16(6):e0252516
 - DPA. Glaxo muss für Sex- und Spielsucht zahlen. www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/markt/glaxo-muss-fuer-sex-und-spielsucht-zahlen/ (Zugriff am 14.3.2024)