Gedächtnisverlust (Amnesie) – Labordiagnostik

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Kleines Blutbild – MCV [↑] als Hinweis auf Alkoholabhängigkeit, Vitamin-B12- oder Folsäuremangel
  • Differentialblutbild – Abklärung infektiöser oder hämatologischer (Bluterkrankungen) Ursachen
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
  • Nüchternglucose, ggf. oraler Glukosetoleranztest (oGTT) – Ausschluss Hypoglykämie (Unterzuckerung)
  • Elektrolyte – Calcium, Natrium [Hyponatriämie (Natriummangel)?]
  • Leberparameter – Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT), alkalische Phosphatase, Bilirubin [Gamma-GT ↑ bei Alkoholabhängigkeit]
  • Vitaminstatus – Vitamin B12, Folsäure, Thiamin (Vitamin B1) – bei Verdacht auf Mangelzustände
  • Schilddrüsenparameter – TSH, fT4 – Ausschluss Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
  • VDRL-Test – bei Verdacht auf Neurolues (Syphilis)
  • Liquorpunktion (Entnahme von Nervenwasser durch Punktion des Rückenmarkkanals) zur Liquordiagnostik – bei Verdacht auf Enzephalitis (Gehirnentzündung), Autoimmunenzephalitis oder neurodegenerative Prozesse (krankhafter Abbau von Nervenzellen)

Zusatzuntersuchungen je nach Verdachtsdiagnose:

  • Tumorassoziierte Ursachen – paraneoplastische Enzephalopathien (tumorbedingte Gehirnerkrankungen)
    • Onkoneuronale Antikörper im Serum und Liquor (z. B. Anti-Hu, Anti-Yo, Anti-Ma2)
    • Screening auf Tumormarker in Abhängigkeit vom klinischen Verdacht (z. B. AFP, CEA, CA-125, LDH)
  • Toxische Ursachen – Ausschluss exogener Noxen (Giftstoffe von außen)
    • Schwermetall-Screening (z. B. Blei, Quecksilber, Arsen)
    • Medikamentenspiegel (z. B. Lithium, Antiepileptika, Psychopharmaka)
    • Alkoholmarker (Carbohydrate-deficient Transferrin [CDT])

Red Flags (Warnzeichen) bei Amnesie (Gedächtnisverlust)

  • Plötzlich einsetzende Amnesie (Gedächtnisverlust) mit neurologischen Ausfällen (z. B. Lähmungen, Sprachstörungen) – Hinweis auf Schlaganfall oder transitorische ischämische Attacke (TIA, kurze Durchblutungsstörung im Gehirn)
  • Amnesie mit Fieber, Kopfschmerzen, Krampfanfällen – Verdacht auf Enzephalitis (Gehirnentzündung) oder Meningitis (Hirnhautentzündung)
  • Rasch progrediente Amnesie über Tage bis Wochen – Hinweis auf Creutzfeldt-Jakob-Krankheit oder paraneoplastische Enzephalopathie (tumorbedingte Gehirnerkrankung)
  • Amnesie in Verbindung mit Psychose (schwere seelische Störung), Persönlichkeitsveränderung oder epileptischen Anfällen – Verdacht auf Autoimmunenzephalitis (entzündliche Erkrankung des Gehirns durch fehlgeleitetes Immunsystem, z. B. Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis)
  • Amnesie in Kombination mit Ikterus (Gelbsucht) oder Zeichen einer Leberfunktionsstörung – Verdacht auf hepatische Enzephalopathie (Hirnfunktionsstörung durch Lebererkrankung)
  • Amnesie bei jungen Patienten mit Hyponatriämie (Natriummangel) oder Hypoglykämie (Unterzuckerung) – Hinweis auf endokrinologische (hormonbedingte) oder metabolische (stoffwechselbedingte) Ursachen