Subklinische Inflammation – Einleitung

Subklinische Inflammation – umgangssprachlich „stumme Entzündung“ genannt – wird definiert als eine permanente systemische Inflammation (Entzündung, die den gesamten Organismus betrifft), die ohne klinische Symptomatik verläuft.

Synonyme und ICD-10

  • Synonyme: chronische subklinische Inflammation (niedriggradige Dauerentzündung), silent inflammation, silent (smouldering) inflammation
  • ICD-10-GM: R79.8 – Sonstige näher bezeichnete abnorme Befunde der Blutchemie

Wesentliche Indikatoren

  • hs-CRP (high-sensitivity C-reaktives Protein) (hochempfindlicher Entzündungsmarker)
    Werte zwischen 1,0-3,0 mg/l weisen auf ein moderat erhöhtes Entzündungsrisiko hin, Werte > 3,0 mg/l auf ein hohes Risiko für chronisch-inflammatorisch bedingte Erkrankungen [1].
  • IL-6 (Interleukin-6) (Entzündungsbote)
    Zentraler proinflammatorischer Signalstoff, stimuliert die CRP-Produktion in der Leber und fördert inflammatorisch bedingte Alterungsprozesse (inflammaging).
  • TNF-α (Tumornekrosefaktor-α) (entzündungsförderndes Zytokin)
    Chronischer Entzündungsmediator, der mit Endothelschäden (Gefäßwandschäden), Sarkopenie (Muskelabbau im Alter) und Insulinresistenz assoziiert ist.

Weitere relevante Marker bei klinischem Verdacht (s. u. Labordiagnostik)

Pathophysiologie

  • Angeborene Immunreaktion
    Subklinische Inflammation beruht auf einer dauerhaften, niedriggradigen Aktivierung des angeborenen Immunsystems (frühe Abwehrmechanismen), insbesondere von Makrophagen (Fresszellen), dendritischen Zellen (Signalzellen) und Mastzellen (Entzündungszellen).
  • Ursachen
    Auslöser sind innere und äußere Störfaktoren wie Bauchfett (viszerale Adipositas), kalorienreiche Ernährung, oxidativer Stress (Zellschädigung durch freie Radikale), anhaltende Infektionen, Umweltgifte, Darmfehlbesiedlung (Dysbiose) oder chronischer Stress.

Abgrenzung zur akuten Entzündung

  • Biologische Funktion
    Die akute Entzündung ist eine kurzfristige Reaktion auf schädigende Einflüsse mit dem Ziel der Gewebereparatur.
  • Klinische Merkmale
    Typisch sind Rötung (Rubor), Wärme (Calor), Schwellung (Tumor), Schmerz (Dolor) und Funktionsverlust (Functio laesa) sowie Fieber, Abgeschlagenheit und Nachtschweiß.

Die subklinische Inflammation verläuft dagegen symptomlos, systemisch, chronisch und nicht selbstlimitierend.

Abgrenzung zur Inflammation of Unknown Origin (IUO)

  • Klinische Merkmale
    Leichtes Fieber, dauerhaft erhöhte Entzündungswerte (z. B. CRP über 30 mg/l an mindestens drei Zeitpunkten), Krankheitsdauer von mindestens drei Wochen und keine erkennbare Ursache trotz Untersuchungen.

IUO ist eine manifeste (sichtbare) Entzündung mit unklarer Ursache, während subklinische Inflammation definitionsgemäß keine Symptome verursacht.

Epidemiologie

  • Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
  • Häufigkeitsgipfel: In jedem Alter möglich, häufiger aber bei älteren Menschen und bei Personen mit Stoffwechselerkrankungen.
  • Prävalenz: Aufgrund fehlender Symptome schwer erfassbar. Studien schätzen eine Häufigkeit von bis zu 30 % bei Erwachsenen über 50 Jahren [3].

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Subklinische Inflammationen verlaufen asymptomatisch (ohne Beschwerden) und dauerhaft.
  • Sie fördern schleichende Gewebeveränderungen und beschleunigen den Alterungsprozess.

Prognose

  • Die Prognose hängt von den Ursachen, dem Lebensstil und der genetischen Veranlagung ab.
  • Frühzeitige Erkennung kann helfen, spätere Erkrankungen zu vermeiden.

Folgeerkrankungen und Komorbiditäten

  • Chronische Erkrankungen
    Zusammenhang mit Arterienverkalkung (Arteriosklerose), Diabetes mellitus, Gelenkverschleiß und entzündlich-neurologischen Erkrankungen. hs-CRP gilt als unabhängiger Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall [1].
  • Beschleunigte Alterung
    Dauerhafte Entzündung beschleunigt altersbedingte Veränderungen (inflammaging) wie Muskelabbau (Sarkopenie), Knochenschwund (Osteoporose) und Demenz.
  • Onkogenese
    Chronische Entzündungsaktivierung kann die Entstehung und das Fortschreiten von Krebserkrankungen fördern.

Literatur 

  1. Ridker PM et al.: C-reactive protein and other markers of inflammation in the prediction of cardiovascular disease in women. N Engl J Med. 2000;342(12):836–843. https://doi.org/10.1056/NEJM200003233421202
  2. Calder PC et al.: Inflammatory disease processes and interactions with nutrition. Br J Nutr. 2009;101(Suppl 1):S1–S45. https://doi.org/10.1017/S0007114509377867
  3. Franceschi C et al.: Inflammaging and ‘Garb-aging’. Trends Endocrinol Metab. 2017;28(3):199–212. https://doi.org/10.1016/j.tem.2016.09.005