Advanced Glycation Endproducts (AGEs) und Ernährung
Die Bedeutung von Advanced Glycation Endproducts (AGEs) (fortgeschrittene Glykierungsendprodukte) in der Ernährung gewinnt zunehmend an wissenschaftlicher Relevanz, insbesondere im Kontext chronischer Entzündung (Dauerentzündung), oxidativem Stress (Belastung durch Sauerstoffradikale) und beschleunigter Gewebealterung. AGEs entstehen durch eine nichtenzymatische Reaktion von reduzierenden Zuckern mit freien Aminogruppen in Proteinen, Lipiden oder Nukleinsäuren – die sogenannte Maillard-Reaktion (Bräunungsreaktion). Diese kann sowohl im Organismus (endogene Bildung) als auch bei der Zubereitung und Verarbeitung von Lebensmitteln (exogene Bildung) ablaufen. Besonders im Rahmen der Anti-Aging-Medizin (medizinische Altersprävention) sowie der Diabetologie rücken AGEs zunehmend in den Fokus, da sie zahlreiche pathophysiologische Prozesse (krankmachende Vorgänge) beeinflussen können [1].
AGEs entfalten ihre Wirkung über zwei Hauptmechanismen: Einerseits führen sie durch irreversible Modifikation von Strukturproteinen – etwa Kollagen (Struktur-Eiweiß im Bindegewebe) oder Elastin (elastisches Bindegewebseiweiß) – zu Funktionsverlust, Gewebeversteifung und eingeschränkter Reparaturfähigkeit. Andererseits binden AGEs an spezifische Zellrezeptoren, insbesondere den RAGE (Rezeptor für fortgeschrittene Glykierungsendprodukte), was intrazelluläre Signalwege wie NF-κB (nukleärer Faktor kappa B) aktiviert. Dies wiederum resultiert in einer erhöhten Bildung proinflammatorischer Zytokine (entzündungsfördernde Botenstoffe) und reaktiver Sauerstoffspezies (freie Radikale), wodurch entzündliche und degenerative Prozesse verstärkt werden [1].
Ernährungsphysiologisch bedeutsam ist die Aufnahme exogener AGEs über Lebensmittel. Besonders stark erhitzt zubereitete Speisen wie gebratenes oder gegrilltes Fleisch, frittierte Produkte, aber auch viele verarbeitete Lebensmittel mit hohem Fett- und Zuckergehalt enthalten hohe Konzentrationen an AGEs. Im Gegensatz dazu sind frische, wasserreiche Lebensmittel wie Gemüse, Obst oder Hülsenfrüchte arm an diesen Verbindungen. Die Art der Zubereitung hat einen entscheidenden Einfluss: Während Garen oder Dünsten bei niedrigen Temperaturen zu nur geringen Mengen an AGEs führt, potenzieren Grillen, Rösten oder Braten unter trockener Hitze die AGE-Bildung massiv [1, 2].
Ein exemplarisches Beispiel ist die Zubereitung von Hähnchenfleisch: Wird es gekocht (100 °C, 15 Minuten), entstehen etwa 10 kU AGEs, während beim Grillen (230 °C, 15 Minuten) bis zu 67 kU AGEs gebildet werden [1].
AGEs sind schwer abbaubar und reichern sich langfristig in Geweben an. Besonders betroffen sind langsam regenerierende Strukturen wie Gefäße, Bindegewebe oder die Basalmembranen (Schichten unter dem Zellgewebe) in Nieren und Retina (Netzhaut). Die Folge sind funktionelle Beeinträchtigungen, z. B. in Form erhöhter Gefäßsteifigkeit, Mikroangiopathien (kleinste Gefäßschäden) oder eingeschränkter Organperfusion (Durchblutung).
Folgende Wirkungen wurden in der Pathogenese chronischer Erkrankungen identifiziert:
- Endotheliale Dysfunktion (Störung der Gefäßinnenwand) – AGEs beeinträchtigen die NO-Synthese (Stickstoffmonoxidbildung) und fördern vasokonstriktive Zustände (Gefäßverengung)
- Atheroskleroseentwicklung (Gefäßverkalkung) – durch verstärkte Expression von Adhäsionsmolekülen und entzündlicher Zellinfiltration
- Neurodegeneration (Nervenzellabbau) – AGEs fördern Amyloidbildung, Tau-Phosphorylierung und neuronale Inflammation (Entzündung im Nervengewebe)
- Fibrosierung (Gewebeverhärtung) – vor allem im Bereich renaler (Nieren-), kardialer (Herz-) und hepatischer (Leber-) Strukturen
In einer proof-of-concept-Studie (Machbarkeitsstudie) konnte erstmals gezeigt werden, dass AGEs aus der Nahrung direkte vaskuläre Effekte (Gefäßwirkungen) beim Menschen entfalten. Dabei erhielten Patienten mit Typ-2-Diabetes zwei proteingleiche Getränke – eines enthielt AGE-modifizierte Proteine (durch Glykierung erhitzt), das andere unmodifizierte Proteine. Die Aufnahme der AGE-haltigen Variante führte zu einer signifikanten Reduktion der endothelialen Vasodilatation (Gefäßweitung der Innenwand) im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die vaskuläre Dysfunktion korrelierte direkt mit dem Anstieg der zirkulierenden AGEs im Serum [3].
Aus ernährungsmedizinischer Sicht ergeben sich daraus konkrete Empfehlungen zur Reduktion der AGEs-Aufnahme:
- Schonende Zubereitungsmethoden wie Dampfgaren, Kochen oder Dünsten sollten bevorzugt werden.
- Marinieren mit sauren Komponenten (z. B. Essig oder Zitronensaft) kann die AGE-Bildung durch pH-Senkung reduzieren.
- Verzicht auf stark verarbeitete, frittierte oder gebräunte Produkte senkt die exogene AGE-Zufuhr nachhaltig.
- Bevorzugung frischer, unverarbeiteter Lebensmittel aus pflanzlichen Quellen minimiert das AGE-Potenzial.
Diese Maßnahmen sind einfach umsetzbar und potenziell effektiv zur Prävention AGE-assoziierter Komplikationen. Sie stellen eine sinnvolle Ergänzung bestehender Ernährungsempfehlungen in der Prävention von Typ-2-Diabetes (Zuckerkrankheit), kardiovaskulären (Herz-Kreislauf-) und neurodegenerativen Erkrankungen dar – insbesondere im Kontext eines antiinflammatorischen (entzündungshemmenden) und antioxidativen (zellschützenden) Ernährungsmusters.
Obwohl bislang nicht alle Effekte spezifischer AGE-Spezies (Einzelverbindungen) umfassend verstanden sind und es methodische Herausforderungen bei ihrer Quantifizierung gibt, deuten aktuelle Daten auf ein relevantes Risikopotenzial hin. Besonders im Kontext metabolischer Erkrankungen (Stoffwechselkrankheiten) und des Alterungsprozesses sollten AGEs daher verstärkt Berücksichtigung finden – sowohl in der Forschung als auch in der klinischen Praxis.
Hinweis: Mikronährstoffe und Phytotherapeutika zur Reduktion von AGEs
Bestimmte Mikronährstoffe und pflanzliche Substanzen können die Bildung und Wirkung von Advanced Glycation Endproducts (AGEs) hemmen. Wissenschaftlich untersucht wurden u. a.:
- Vitamin C, Vitamin E, Alpha-Liponsäure und Benfotiamin (fettlösliche Vorstufe von Vitamin B1 (Thiamin)) – wirken antioxidativ und hemmen die Glykierungsprozesse.
- Zink und Selen – reduzieren oxidativen Stress und unterstützen den Abbau reaktiver Zwischenprodukte.
- Curcumin, Resveratrol, Quercetin und EGCG (aus grünem Tee) – pflanzliche Polyphenole mit antiglykierender und entzündungshemmender Wirkung.
- Zimt – kann frühe Stadien der AGE-Bildung hemmen und gleichzeitig den Blutzuckerspiegel günstig beeinflussen.
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Literatur
- Uribarri J et al.: Advanced Glycation End Products in Foods and a Practical Guide to Their Reduction in the Diet. J Am Diet Assoc. 2010;110(6):911-916. doi: 10.1016/j.jada.2010.03.018
- Koschinsky T et al.: Orally absorbed reactive glycation products (glycotoxins): an environmental risk factor in diabetic nephropathy. PNAS. 1997;94(12):6474-6479. doi: 10.1073/pnas.94.12.6474
- Stirban OA et al.: AGEs and endothelial dysfunction: proof of concept in humans. Info Diabetologie. 2025;2. doi: 10.1007/s15034-025-5091-6