Labordiagnostik
Diabetes mellitus Typ 2

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • HbA1c-Wert (Langzeitblutzuckerwert):
    • Diagnosemarker: ≥ 48 mmol/mol (≥ 6,5 %) [Sowohl die Deutsche Diabetes-Gesellschaft als auch die amerikanische Diabetes Association betrachten glykiertes Hämoglobin als relevanten Diagnosemarker, sofern es nach international standardisiertem Verfahren ermittelt wurde]
    • Prognosemarker: ≥ 5,6 % [Patienten, die bei einer zufälligen Untersuchung einen HbA1c ≥ 5,6 % aufweisen, entwickeln mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Diabetes]
    • Aufdeckung eines Prädiabetes oder noch undiagnostizierten Diabetes mellitus Typ 2 – definiert als Nüchtern Plasma-Glucose ≥ 100 mg / dl oder Hämoglobin A1c-Wert ≥ 5,7 Prozent.
    • Zur Prävention von Folgekomplikationen sollte ein HbA1c-Korridor von 6,5 % bis 7,5 % (48 bis 58 mmol/mol) unter Berücksichtigung der individualisierten Therapieziele angestrebt werden; <  6,5 % nur unter folgenden Bedingungen:
      • Absenkung durch eine alleinige Änderung des Lebensstils erreichbar oder
      • Absenkung durch Medikamente erreichbar, die kein erhöhtes Risiko für bedeutende Nebenwirkungen (z. B. schwere Hypoglykämien (Unterzuckerung), Herzinsuffizienz (Herzschwäche), Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung), substantieller Gewichtsanstieg) tragen und deren Nutzen in Bezug auf klinische Endpunkte belegt ist.
  • Glucose (gemessen im Blutplasma, venös) 
    • [Nüchternglucose (Nüchternplasmaglucose; präprandiale Plasmaglucose; venös) [Zur Diagnosesicherung muss mindestens zweimal ein definiert erhöhter Blutzuckerwert vorliegen]
      • V. a. Diabetes mellitus: ≥ 126 mg/dl (≥ 7 mmol/l)
      • abnorme Nüchternglucose (Impaired Fasting Glucose, IFG) – definiert als Plasmaglucose > 100 mg/dl ( > 5,6 mmol/l ) und < 126 mg/dl (< 7,0 mmol/l )
      • Therapieziel: 100-125 mg/dl; 5,6-6,9 mmol/l
    • Postprandiale Plasmaglucose (venös), 1 bis 2 Std. postprandial [Therapieziel: 140-199 mg/dl; 7,8-11,0 mmol/l]
    • Glucosemessung zu einem beliebigen Zeitpunkt/Gelegenheits-Blutglucose/Gelegenheitsplasmaglukosewert  ("random plasma glucose")
      • [V. a. Diabetes mellitus: ≥ 200 mg/dl (≥ 11,1 mmol/l) und typische Symptome wie z. B. Polydipsie/gesteigertes Durstgefühl, Polyurie/krankhaft erhöhte Urinausscheidung etc.]
  • Blutzuckertagesprofil
  • oGTT-Test [≥ 11,1 mmol/l 2 Stunden nach oraler Gabe von 75 g Glucose]
  • Urinstatus (Schnelltest auf: Glucose und Ketonkörper); nur bei hohen Glucosewerten
  • Albuminbestimmung im Urin (Albuminurie/Mikroalbuminurie) – bei Risikopatienten (Patienten, die eine schlecht kontrollierte Plasmaglucose bzw. Hypertonie haben)
  • Elektrolyte – Kalium
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance

[Diagnostische Kriterien für ein Diabetes mellitus]

Laborparameter 2. Ordnung –
in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung etc. – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Autoimmundiagnostik bei Diabetes mellitus:
    • Anti-Glutaminsäuredecarboxylase-Antikörper/Autoantikörper gegen Glutamat Decarboxylase (Anti-GAD65-Ak)
    • Anti-Tyrosinphosphatase-Antikörper/Autoantikörper gegen die Protein-Tyrosin-Phosphatase IA 2 (IA-2-Ak), ein Inselzell-Antigen (Anti-IA 2)
    zur Identifizierung von Patienten mit Autoimmundiabetes bzw. LADA (late onset autoimmune diabetes in the adult; Spätmanifestation des Diabetes mellitus Typ 2); falls positiv, ggf. danach molekulargenetische Diagnostik auf 35 Subtypen monogener Diabetesformen
  • Nüchterninsulin
  • NT-proBNP (N-terminales pro brain natriuretic peptide) – bei Verdacht auf Herzinsuffizienz (Herzschwäche) bzw. zur Abklärung dieses Risikos 
  • Lp-PLA2 (gefäßspezifisches Entzündungsenzym Lipoprotein-assoziierte Phospholipase A2; Entzündungsmarker) – zur Risikostratifizierung kardiovaskulärer Erkrankungen

Weitere Hinweise

  • In der frühen Phase des Diabetes mellitus Typ 2 liegt eine Hyperglykämie (pathologisch erhöhter Glucosespiegel) trotzt Hyperinsulinämie (pathologisch erhöhter Insulinspiegel) vor. Erst im weiteren Verlauf der Erkrankung nimmt der Insulin-Serumspiegel ab.
  • Der Nüchterninsulin-Serumspiegel kann erhöht sein, ohne dass der Nüchternglucose-Serumspiegel erhöht ist! → Dann Verdacht auf Insulinresistenz (siehe HOMA-Index unter "Nüchterninsulin").
  • C-Peptid (Teil des Proinsulins): Die Messung eines Nüchternwerts von C-Peptid im Plasma kann die Entscheidung zur Insulintherapie unterstützen.
    Beurteilung: Werte < 200 pmol/l (0,6 ng/ml) sprechen eindeutig für eine Insulinpflichtigkeit, d.h. für einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus.
  • Beachte: In extrem seltenen Fällen kann folgende Sonderform vorliegen: LADA (latent autoimmune diabetes (with onset) in adults) – Typ-1-Diabetes mit Manifestation im Erwachsenenalter (> 25 Jahre); der Insulinmangel bildet sich relativ langsam aus. Keine Insulinpflichtigkeit in den ersten 6 Monaten, Nachweis von GAD-Ak (Glutaminsäure-Decarboxylase; engl.: glutamic-acid-decarboxylase = GAD; einem ß-zellspezifischen Enzym)
  • Beim Mann: Andropause-Diagnostik – Testosteron ist ein wichtiger Modulator der Insulinsensibilität: Testosteron erhöht die Insulinsensibilität!

Folgende Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren für die Atherosklerose gelten, sollten untersucht werden

  • Cholesterin (HDL; LDL) [Therapieziel: LDL-Cholesterin-Senkung auf Zielwert < 100 mg/dl (< 2,6 mmol/l) (DDG / DGIM); Strategie der festen Statindosis (AkdÄ, DEGAM)]
  • Homocystein
  • Lipoprotein (a)
  • Apolipoprotein E – Genotyp 4 (ApoE4)
  • Fibrinogen
  • CRP (C-reaktives Protein)

Screening auf Typ-2-Diabetes

  • Die US Preventive Services Task Force (USPSTF) hat das empfohlene Anfangsalter für das Screening auf Typ-2-Diabetes von 40 auf 35 Jahre gesenkt und empfiehlt das Screening auf Prädiabetes und Typ-2-Diabetes bei übergewichtigen oder adipösen Erwachsenen im Alter von 35 bis 70 Jahren [1].

Oraler Glukosetoleranz-Test (oGTT) [Goldstandard]

Der orale Glukosetoleranz-Test kurz oGTT genannt dient zur Früherkennung eines Diabetes mellitus und zur Erkennung von Vorstadien einer Diabetes-Erkrankung.

Der Test überprüft, inwieweit die β-Zellen (B-Zellen) der Bauchspeicheldrüse noch funktionstüchtig sind und inwiefern sie noch in der Lage sind, Insulin zu produzieren.

Der Test wird in mehreren Schritten durchgeführt:

  1. Ab drei Tage vor Beginn der Untersuchung muss eine kohlenhydratreiche Ernährung durchgeführt werden.
  2. Am Tag der Untersuchung wird zunächst nüchtern Blut entnommen. Nüchtern heißt, dass der Patient ohne in den vergangenen 8 Stunden etwas gegessen oder getrunken zu haben zur Untersuchung kommen muss (Nüchternblutzuckerspiegel).
  3. Danach trinkt er nüchtern 75 g Glucose in Tee gelöst oder ein Fertigpräparat: 75 g Dextrose, z. B. Dextro-Energen® auf 300 ml Wasser.
  4. Der Glucose-Serumspiegel des Patienten wird nüchtern und nach 2 Stunden gemessen.

Anhand der Ergebnisse ist eindeutig zu erkennen, ob der Patient gesund ist, ob eine verminderte Glukosetoleranz oder bereits ein Diabetes besteht.

Nach der Deutschen Diabetes-Gesellschaft gibt es folgende diagnostische Kriterien (AWMF-Richtlinie): 

Postprandial, Nichtschwangere (OGT- 2h-Wert)

Plasma, venös
Vollblut
(kapillär, hämolysiert)
Bewertung
< 140 mg/dl
(< 7,8 mmol/l)
< 140 mg/dl
(< 7,8 mmol/l)
normal
140-199 mg/dl
(7,8-11,0 mmol/l)
140-199 mg/dl
(7,8-11,0 mmol/l)
gestörte Glukosetoleranz
(Impaired Glucose Tolerance, IGT)
≥ 200 mg/dl
(≥ 11,1 mmol/l)
≥ 200 mg/dl
(≥ 111 mmol/l)
Diabetes mellitus
  • Eine abnorme Nüchternglucose liegt vor, wenn der Nüchternwert zwischen 100-126 mg/dl (5,6-7,0 mmol/l) beträgt

Störfaktoren

  • Falsch-positive Ergebnisse können bei zu geringer Kohlenhydratzufuhr an den vergangenen Tagen oder Medikamenteneinnahme wie beispielsweise Diuretika oder Laxantien vorkommen.
  • Falsch-negative Ergebnisse können bei Antihypertensiva oder körperlicher Aktivität während des Tests auftreten.

Wichtige Hinweise!

  • Beachte: Wenn im OGT der Zweistunden-Wert erhöht ist, haben bereits ein Drittel der insulinproduzierenden Beta-Zellen versagt.
  • Patienten mit abnormer Nüchternglucose (Impaired Fasting Glucose, IFG) sowie Patienten mit gestörter Glukosetoleranz (Impaired Glucose Tolerance, IGT) sind Risikopatienten für Diabetes mellitus und Makroangiopathie. Hier sind lebensstilmodifizierende Maßnahmen anzubieten.

Literatur

  1. Screening for Prediabetes and Type 2 Diabetes US Preventive Services Task Force Recommendation Statement JAMA. 2021;326(8):736-743. doi:10.1001/jama.2021.12531

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Typ-2-Diabetes. (AWMF-Registernummer: nvl-001), Mai 2023 Langfassung

     
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