Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Ursache der funktionellen Dyspepsie (FD) ist heterogen und multifaktoriell.
Der genaue Pathomechanismus des Reizmagensyndroms ist noch nicht geklärt. Jedoch spielen psychische Probleme wahrscheinlich eine wichtige Rolle. Daneben liegt wahrscheinlich eine Hypersensibilität der afferenten Innervation des Magens vor (Dysfunktion des autonomen Nervensystems).
Die dyspeptische Beschwerden erklären sich durch:
- Erhöhten intragastralen Druck, erhöhte Wandspannung, ggf. auch unproportionale Volumenverteilung im Magen (Magenakkommodationsstörung)
- Mechanische Stimulation (z. B. Magendehnung)
- Chemische Stimulation (z. B. duodenale Lipide)
- Infektiös-entzündliche Einflüsse (z. B. postinfektiöse funktionelle Dyspepsie)
Möglicherweise liegt der Ursprung der FD nicht im Magen, sondern im Duodenum (Zwölffingerdarm). Biopsien (Gewebeprobe) im Duodenum zeigten auffällige Abweichungen des duodenalen Mikrobioms (Darmflora) bei an FD erkrankten Personen im Vergleich zu Gesunden [1, 2].
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Belastung – Assoziation mit Polymorphismen der G-Protein-β3-Untereinheit, des COX 1- und COMT-Gens und des CCK1- und TRL2-Rezeptors
Verhaltensbedingte Ursachen
- Ernährung
- Ernährungsgewohnheiten
- fettreiche Mahlzeiten (Hemmung der Magenentleerung)
- scharfe Gewürze
- Ernährungsgewohnheiten
- Genussmittelkonsum
- Alkohol
- Tabak (Rauchen)
- Psycho-soziale Situation
- Chronischer Stress (Dauerstress)
- Angst
- Psychische Belastung
Krankheitsbedingte Ursachen
Atmungssystem (J00-J99)
- Chronische Lungenerkrankungen
Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)
- Diabetes mellitus
Herzkreislaufsystem (I00-I99)
- Koronare Herzkrankheit (KHK)
- Myokardinfarkt
Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)
- H.-pylori-Infektion
- Parasiten (z. B. Giardia lamblia, Strongyloides, Anisakis) [mögliche pathogenetische Mechanismen: postinfektiös, Mastzellendysfunktion, Zytokine]
Leber, Gallenblase und Gallenwege – Pankreas (Bauchspeicheldrüse) (K70-K77; K80-K87)
- Cholelithiasis
- Pankreaskarzinom
- Pankreatitis, chronische
Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)
- Chronische mesenteriale Ischämie
- Diffuser Ösophagusspasmus – neuromuskuläre Funktionsstörung der Speiseröhrenmuskulatur mit intermittierend auftretenden retrosternalen Schmerzen
- Eosinophile Gastroenteritis (EGS; Synonym: diffuse eosinophile Infiltration des Magen-Darm-Traktes)
- Gastritiden, akute und chronische
- Gastroduodenale Ulkuskrankheit
- Gastroenteritis (Magen-Darm-Grippe)
- Gastroösophageale Refluxkrankheit (Synonyme: GERD, Gastro-oesophageal reflux disease; Gastroesophageal Reflux Disease (GERD); Gastroösophagealer Reflux; Reflux-Ösophagitis; Refluxkrankheit; Refluxösophagitis; peptische Ösophagitis)
- Gastroparese
- Hyperkontraktiler Ösophagus (Nussknackerösophagus) – Motilitätsstörung der Speiseröhre, die durch hohe Druckamplituden im unteren Ösophagus charakterisiert ist
- Morbus Crohn – chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED); sie verläuft meist in Schüben und kann den gesamten Verdauungstrakt befallen; charakterisierend ist der segmentale Befall der Darmmukosa, das heißt es können mehrere Darmabschnitte befallen sein, die durch gesunde Abschnitte voneinander getrennt sind
- Motilitätsstörungen der Speiseröhre (z. B. Achalasie)
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die sehr individuell sein können, wie Milchprodukte (Lactoseintoleranz), Kaffee, scharfe Lebensmittel, Obst (Fructoseintoleranz); Sorbitintoleranz
- Ösophagitis
- Ösophagusachalasie
- Ösophagusdivertikel
- Ösophagusulzera
- Zöliakie (gluteninduzierte Enteropathie) – Erkrankung der Dünndarmmukosa (Dünndarmschleimhaut), die auf einer Überempfindlichkeit gegen das Getreideeiweiß Gluten beruht
Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)
- Gallenblasenkarzinom
- Magenkarzinom
- Ösophaguskarzinom
- Pankreaskarzinom
Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)
- Angststörungen
- Depression
- Psychosomatische Störungen
Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)
- Meteorismus
- Pyrosis (Sodbrennen)
Labordiagnosen – Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren gelten
- Fructoseintoleranz (Fruchtzuckerunverträglichkeit)
- Lactoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit)
- Sorbitintoleranz (Sorbitunverträglichkeit)
Medikamente
- ACE-Hemmer
- Calciumantagonisten
- Eisenpräparate
- Gucocorticoide
- Methylxanthine
- Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR oder NSA; auch genannt: nichtsteroidale Antiphlogistikum (NSAP) oder NSAID (non-steroidal anti-inflammatory drugs)
Literatur
- Zhong L et al.: Dyspepsia and the microbiome: time to focus on the small intestine. Gut 2017;66(6):1168-1169 doi: 10.1136/gutjnl-2016-312574.
- Wauters L et al.: Novel concepts in the pathophysiology and treatment of functional dyspepsia. Gut 2020;69(3):591-600 doi: 10.1136/gutjnl-2019-318536.