Einleitung
Reizdarmsyndrom

Beim Reizdarmsyndrom (RDS) (Synonyme: Colon irritable; Colon irritabile; Colon spasticum; Colonneurose; Darmirritabilität; Darmspasmen; IDS; Irretable bowel syndrome; Irritables Darmsyndrom (IDS); Irritables Kolon; Kolon irritable; Kolonirritabilität; Kolonneurose; Nervöser Darm; RDS; Reizkolon; Spastischer Dickdarm; Spastisches Kolon; irritables Darmsyndrom; ICD-10-GM K58.-: Reizdarmsyndrom) handelt es sich um eine funktionelle Darmstörung, deren Symptome keiner anderen organischen oder pathologischen (krankhaften) Ursache zugeordnet werden können.

Das Reizdarmsyndrom (RDS) gehört zu den funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen (FGID; engl. functional gastrointestinal disorders).

Das RDS ist die häufigste Ursache gastrointestinaler (Magen-Darm-Trakt betreffende) Beschwerden bei Erwachsenen. 50 % aller Patienten mit Magen-Darm-Beschwerden haben ein Reizdarmsyndrom.

Das Reizdarmsyndrom wird anhand der ROM-IV-Kriterien charakterisiert [1] – siehe dazu unter Obstipation/Klassifikation.

Das Reizdarmsyndrom wird wie folgt eingeteilt:

  • Reizdarmsyndrom mit Abdominalschmerzen und Obstipation (Verstopfung) und/oder Diarrhoe (Durchfall), bei 80 % der Fälle
  • Reizdarmsyndrom mit schmerzloser Diarrhoe, bei 20 % der Fälle

Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 1 : 2. Dieses Verhältnis ist im höheren Lebensalter deutlich weniger ersichtlich und bei Patienten unter 50 Jahren deutlicher.

Häufigkeitsgipfel: Das Reizdarmsyndrom tritt vorwiegend bei Menschen unter 45 Jahren auf.
Die Erkrankung kann in allen Altersklassen vorkommen.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei 20 % (in der Welt), in den westlichen Industrienationen zwischen 7 und 25 %. Die Lebenszeitprävalenz (Krankheitshäufigkeit während des gesamten Lebens) liegt wesentlich höher.
Im Kindesalter wird das Reizdarmsyndrom bei 20-45 % der Patienten mit funktionellen, chronischen Abdominalschmerzen diagnostiziert. Zur Definition des Reizdarmsyndroms bei Kindern und Jugendlichen sollten die Rom-IV-Kriterien (s. u. Klassifikation") verwendet werden.

Verlauf und Prognose: Das Reizdarmsyndrom ist bei einem Teil der Patienten spontan (von selbst) rückläufig, verläuft häufig aber chronisch. Das Krankheitsbild ist, vorausgesetzt mögliche andere zugrundeliegenden Krankheiten wurden ausgeschlossen, gesundheitlich unbedenklich und nicht lebensbedrohlich, wohl aber behandlungsbedürftig, da die Patienten eine deutliche Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität im Vergleich zur Normalpopulation und im Vergleich zu anderen chronischen Erkrankungen erfahren.

Einheitliche evidenzbasierte Ernährungsempfehlungen gibt es beim Reizdarmsyndrom nicht. Die Patienten sollten dazu angehalten werden, durch genaues Beobachten und Dokumentieren der Beschwerden herauszufinden, was die Symptomatik auslöst oder verstärkt, um eine individuelle Ernährungstherapie gestalten zu können.

Die Symptome eines Reizdarmsyndroms treten häufig in Kombination mit anderen funktionellen gastrointestinalen Beschwerdebildern auf (z. B. funktionelle Dyspepsie/Reizmagen) auf.

Komorbiditäten (Begleiterkrankungen): Es besteht keine gesteigerte Komorbidität mit anderen schwerwiegenden Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes (Magen-Darm-Trakt), aber mit psychischen Erkrankungen wie z. B. Depression und Angststörungen, die wahrscheinlich als Folgeerkrankung zu werten ist.

In nicht wenigen Fällen überlagern sich Symptome weiterer funktioneller Magen-Darm-Erkrankungen wie funktionelle Dyspepsie (Reizmagen), funktionelle Ösophagusstörungen und anorektale Störungen (Störungen im Bereich von Anus und Rektum (Mastdarm)) [3,4].

Erstmals wurde ein Zusammenhang zwischen Symptomen eines Reizdarmsyndroms und kolorektalen Adenomen (gutartige drüsenbildende Tumoren der Dickdarm- oder Rektumschleimhaut) und Karzinomen aufgezeigt. Patienten mit dem Vollbild eines Reizdarmsyndroms entwickelten signifikant häufiger kolorektale Adenome (21 Prozent) und Karzinome (20 %) als beschwerdefreie Kontrollpersonen [2]. Weitere Studien dazu sind abzuwarten.

Beachte: Die Diagnose eines Reizdarmsyndroms ist eine Ausschlussdiagnose, da es keine biochemische oder strukturelle Nachweismethoden gibt.

Literatur

  1. Drossman DA, Hasler WL: Rome IV – Functional GI Disorders: Disorders of Gut-Brain Interaction. Gastroenterology. 2016;150(6):1257-1261. doi: 10.1053/j.gastro.2016.03.035
  2. Chang HC et al.: Irritable bowel syndrome and the incidence of colorectal neoplasia: a prospective cohort study with community-based screened population in Taiwan. Br J Cancer. 2015 Jan 6; 112(1): 171-176. Published online 2014 Dec 4. doi: 10.1038/bjc.2014.575
  3. Ford AC, Marwaha A, Lim A, Moayyedi P: Sytematic review and meta-analysis of the prevalence of irritable bowel syndrome in individuals with dyspepsia. Clin Gastroenterol Hepatol 2010;8(5):401–9 3. doi: 10.1016/j.cgh.2009.07.020.
  4. Sperber AD, Freud T, Aziz I et al.: Greater Overlap of Rome IV Disorders of Gut-Brain Interactions Leads to Increased Severity and Poorer Quality of Life. Clin Gastroenterol Hepatol 2022;20(5):e945–56 4. doi: 10.1016/j.cgh.2021.05.042.

Leitlinien

  1. Drossman DA, Hasler WL: Rome IV – Functional GI Disorders: Disorders of Gut-Brain Interaction. Gastroenterology. 2016;150(6):1257-1261. doi: 10.1053/j.gastro.2016.03.035
  2. S3-Leitlinie: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie des Reizdarmsyndroms. (AWMF-Registernummer: 021-016), März 2021 Langfassung

     
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