Ursachen
Darmverschluss (Ileus)

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beim mechanischen Ileus gibt es mehrere Ursachen für eine Obstruktion (Verschluss): 

  • Extraluminal: Lumenverlegung/Kompression von außen (postoperative Adhäsionen (Verwachsungen), Bride/Narbenstrang in der Bauchhöhle; Hernie/Eingeweidebruch
  • Intraluminal: Lumenverlegung (Fremdkörper (Bezoare), Gallensteine, Koprostase/Kotstau, Mekonium (Kindspech), Invagination/Einstülpung eines Darmabschnitts, Tumoren)
  • Intramural: Veränderung in der Darmwand (Entzündung, gastrointestinale Stromatumoren, GIST)

Man unterscheidet dabei die Art der mechanischen Obstruktion:

  • Inkarzeration (Einklemmen von Gewebe)
  • Invagination (Einstülpung eines Darmabschnitts)
  • Strangulation (Abschnüren des Darms)
  • Volvulus (Verdrehung des Darms)
  • fremdkörperbedingter Stenose (Verengung; z. B. Gallenstein)
  • Tumorstenose (tumorbedingte Verengung)

Durch die mechanische Obstruktion kann es zu einer eingeschränkten (Subileus oder inkompletter Ileus) oder aufgehobenen (kompletter Ileus) Nahrungspassage kommen.

70-80 % aller Ilei finden sich im Dünndarm und 20-30 % im Kolon (Dickdarm; hier meist ein Malignom/bösartiger Tumor (70 % der Fälle)).

Der Stillstand der Darmpassage führt zu einer Dehnung der Darmwand, was wiederum zu einer Verminderung der Durchblutung führt. Dieses wiederum führt zu einer Funktionseinschränkung.
Daneben kommt es zu einer Penetration der Darmbakterien in die Darmwand, was zu einer Bakteriämie bzw. Toxikämie (Blutvergiftung durch bakterielle
Bakterientoxine/Giftstoffe) führt.
Weiterhin entwickeln sich ein Schockzustand mit Hypovolämie (Verminderung des zirkulierenden Blutvolumens) durch das die Darmwand betreffende Ödem ("Schwellung" bzw. "Wassereinlagerung") und die Flüssigkeitsabgabe in den Darm.

Unbehandelt kommt es im weiteren Verlauf der systemischen Entzündungsreaktion ("systemic inflammatory response syndrome", s.u. SIRS) zum Vollbild des septischen Schocks mit konsekutivem Multiorganversagen (MOV; MODS von engl. multi organ dysfunction syndrome oder MOF von engl. multi organ failure).

Ätiologie (Ursachen)

Krankheitsbedingte Ursachen

Leber, Gallenblase und Gallenwege – Pankreas (Bauchspeicheldrüse) (K70-K77; K80-K87)

  • Cholelithiasis (Gallensteine) → intraenterischer Gallensteinileus

Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

  • Bezoar (Haarball)
  • Bridenileus ‒ Darmverschluss durch Verwachsungen (Adhäsionen)
  • Darmstenose/Darmverengung (hier: Kolonstenose/Dickdarmverengung) – durch:
    • Neoplasien (Neubildungen): Kolon- und Rektumstenose/Verengung von Dick- und Mastdarm durch Malignom (bösartiger Tumor): 70 % der Fälle)
    • CED-Stenosen (Verengungen durch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen)
    • Divertikulitische Stenosen (-10 %)
    • Ischämische Kolonopathie (z. B. wg. intermittierendes Vorhofflimmern, Atherosklerose/Arteriosklerose/Arterienverkalkung)
    • Koprostase (Kotstau)
    • NSAR-Colitis (Darmentzündung durch nichtsteroidale Antirheumatika)
    • Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
    • Peritonealkarzinose (z. B. wg. Aszites, Magenkarzinom, Ovarialkarzinom, malignes Melanom)
    • Postinfektiöse Stenosierungen (z. B. wg. Enterohämorrhagische Escherichia-coli-Infektion)
    • Postoperative Stenosierung (wg. Voroperationen, Kolonteilresektion)
    • Fremdkörper etc.
  • Gallensteinileus ‒ Darmverschluss, der durch einen Gallenstein im Darmlumen bedingt ist
  • Hernien (Eingeweidebruch, der durch eine Schwachstelle der Bauchwand entsteht) → Dünndarmileus (15 % der Fälle); Dickdarmileus (5 % der Fälle)
  • Invagination (Synonym: Intussuszeption) – Einstülpung eines Darmanteils in den aboral folgenden Darmabschnitt: am häufigsten tritt eine ileokolische Invagination auf (Ileum/Krumm- oder Hüftdarm (Teil des Dünndarms) in das Kolon/Dickdarm); tritt bevorzugt bei Säuglingen/Kindern bis zum 2. Lebensjahr auf; höchstes relatives Risiko ist 1 - 7 Tage nach der 1. Dosis einer Rotavirus-Impfung 
  • Mekoniumileus ‒ Darmverschluss eines Neugeborenen durch das Mekonium ("Kindspech")
  • Volvulus – Drehung eines Abschnittes des Verdauungstraktes um seine mesenteriale Achse (Dünndarmvolvulus, DV); Symptome: abdominale Schwellung, die sich über zwei, drei Tage entwickelt; typische Komplikationen sind ein mechanischer Ileus (Darmverschluss) bzw. ein Darmgangrän (Absterben eines Darmabschnitts infolge einer ungenügenden Sauerstoffzufuhr)

Neubildungen (C00-D48)

  • Kolon- und Rektumstenose/Verengung von Dick- und Mastdarm durch ein Malignom (bösartiger Tumor): 70 % der Fälle)
  • Peritonealkarzinose/flächiger Befall des Bauchfells (Peritoneums) mit bösartigen Tumorzellen (z. B. wg. Aszites (Bauchwassersucht), Magenkarzinom (Magenkrebs), Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs), malignes Melanom)

Operationen

  • Briden (bindegewebige Verwachsungen (Briden) in der Peritonealhöhle (Bauchhöhle)) durch Voroperationen Dünndarmileus (65 % der Fälle) 

Operationen

Der Übergang von einem mechanischen Ileus zu einem paralytischen Ileus ist stets fließend. Im weiteren Fortgang eines mechanischen Ileus kommt es immer auch zu einer Darmparalyse. Im Übergangsstadium liegt ein gemischter Ileus vor. Das Endstadium eines unbehandelten mechanischen Ileus ist der paralytische Ileus.

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beim funktionellen Ileus liegt eine verminderte Kontraktion der glatten Muskulatur der Darmwand vor

Beim paralytischen Ileus (Synonym: atonischer Ileus) kommt es zu einer Darmlähmung. Diese ist bedingt durch eine Aktivierung der α- und ß-Rezeptoren, die zu einer Hemmung der Darmperistaltik führen.
Mit der Darmlähmung einher geht dann eine
Durchwanderungsperitonitis.

Sehr selten ist ein spastischer Ileus (z. B. durch eine Bleivergiftung).

Der Stillstand der Darmpassage führt zu einer Dehnung der Darmwand, was wiederum zu einer Verminderung der Durchblutung führt. Dieses wiederum führt zu einer Funktionseinschränkung.
Daneben kommt es zu einer Penetration der Darmbakterien in die Darmwand, was zu einer Bakteriämie bzw. Toxikämie (Blutvergiftung durch bakterielle 
Bakterientoxine/Giftstoffe) führt. 
Weiterhin entwickeln sich ein Schockzustand mit Hypovolämie (Verminderung des zirkulierenden Blutvolumens) durch das die Darmwand betreffende Ödem ("Schwellung" bzw. "Wassereinlagerung") und die Flüssigkeitsabgabe in den Darm.

Unbehandelt kommt es im weiteren Verlauf der systemischen Entzündungsreaktion ("systemic inflammatory response syndrome", s.u. SIRS) zum Vollbild des septischen Schocks mit konsekutivem Multiorganversagen (MOV; MODS von engl. multi organ dysfunction syndrome oder MOF von engl. multi organ failure).

Ätiologie (Ursachen)

Krankheitsbedingte Ursachen

Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien (Q00-Q99) 

  • Morbus Hirschsprung (MH; Synonym: Megacolon congenitum) – genetische Erkrankung mit sowohl autosomal-rezessivem Erbgang als auch sporadischem Auftreten; Erkrankung, die in den meisten Fällen ist das letzte Drittel des Dickdarms (Sigma und Rektum) des Dickdarms betrifft; zählt zur Gruppe der Aganglionosen; Fehlen an Ganglienzellen („Aganglionose“) im Bereich des Plexus submucosus bzw. myentericus (Auerbach-Plexus) führt zu einer Hyperplasie der vorgeschalteten Nervenzellen, was zu einer vermehrten Acetylcholinausschüttung führt. Durch die permanente Stimulation der Ringmuskulatur kommt es so zu einem dauerhaften Zusammenziehen des betroffenen Darmabschnittes.
    Der MH ist mit 1 : 3.000 – 1 : 5.000 Geburten relativ häufig, Jungen sind bis zu viermal häufiger betroffen als Mädchen.

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Diabetische Ketoazidose (DKA) – Form der metabolischen Azidose, die besonders häufig als Komplikation des Diabetes mellitus bei absolutem Insulinmangel auftritt; ursächlich ist eine zu hohe Konzentration von Ketonkörpern im Blut
  • Diabetes mellitus
  • Hypokaliämie (Kaliummangel)
  • Porphyrie bzw. akute intermittierende Porphyrie (AIP); genetische Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang; Patienten mit dieser Krankheit weisen eine Reduktion der Aktivität des Enzyms Porphobilinogen-Desaminase (PBG-D) von 50 Prozent auf, die für die Porphyrinsynthese ausreicht. Auslöser einer Porphyrieattacke, die einige Tage, aber auch Monate dauern kann, sind Infektionen, Medikamente oder Alkohol. Das klinische Bild dieser Anfälle präsentiert sich als akutes Abdomen oder als neurologische Ausfälle, die einen letalen Verlauf nehmen können. Die Leitsymptome der akuten Porphyrie sind intermittierende neurologische und psychiatrische Störungen. Im Vordergrund steht häufig eine autonome Neuropathie, die abdominelle Koliken (akutes Abdomen), Nausea (Übelkeit), Erbrechen oder Obstipation (Verstopfung) verursacht sowie eine Tachykardie (zu schneller Herzschlag: > 100 Schläge pro Minute) und ein labiler Hypertonus (Bluthochdruck).

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Bakterielle Infektionen (Peritonitis/Bauchfellentzündung, Abszess)
  • Herpes zoster (Gürtelrose)
  • Parasitosen (Parasiten)
  • Tabes dorsalis ‒ neurologische Symptome, die im Rahmen einer unbehandelten Syphilis-Infektion auftreten

Kreislaufsystem (I00-I99)

  • Vaskuläre Erkrankungen, die zu einer Minderperfusion des Darms führen

Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

  • Claudicatio abdominalis ‒ Bauchschmerzattacken, die durch eine vorübergehende Minderdurchblutung des Darmes bedingt sind
  • Entzündungsprozesse im Abdomen wie:
    • Appendicitis (Blindarmentzündung)
    • Cholezystitis (Gallenblasenentzündung)
    • Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
    • Peritonitis (Bauchfellentzündung)
  • Mechanischer Ileus
  • Mekoniumileus (Verschluss eines Darmabschnittes durch einen verdickten ersten Stuhl, genannt Kindspech (Mekonium); meist das erste Zeichen der Mukoviszidose)
  • Okklusive vs. nichtokklusive mesenteriale Ischämie/Mesenterialinfarkt ‒ akute Minderversorgung eines Darmanteils durch einen Arterienverschluss
  • Toxisches Megacolon ‒ meist als Folge des Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Morbus Hirschsprung auftretende Weitstellung des Dickdarms oberhalb einer Dirckdarmenge

Neubildungen (C00-D48) 

  • Peritonealkarzinose/flächiger Befall des Bauchfells (Peritoneums) mit bösartigen Tumorzellen (z. B. wg. Aszites (Bauchwassersucht), Magenkarzinom (Magenkrebs), Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs), Melanom)

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Myopathien – Muskelerkrankungen
  • Neuropathien – Erkrankungen der peripheren Nerven, die keine traumatische Ursache haben
  • Syringomyelie ‒ Erkrankung des Rückenmarks als Folge einer Entwicklungsstörung

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)

  • Urämie (Auftreten harnpflichtiger Substanzen im Blut oberhalb der Normwerte)

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Nierenkolik
  • Ureterstein (Harnleiterstein)

Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Postoperative Darmatonie nach Abdominaleingriffen (Baucheingriffen)/postoperativer Ileus (= vorübergehender Stillstand der koordinierten Darmperistaltik nach operativen Eingriffen (> 72 h pathologisch/krankhaft); Risikofaktoren für einen postoperativen Ileus: 
    • zu hohe perioperative i.v.-Flüssigkeitszufuhr (mit jedem zusätzlichen Liter stieg das Risiko für einen postoperativen Ileus (Darmverschluss nach einer Operation), dass der Patient innerhalb des ersten 72 Stunden i.v. erhielt, um den Faktor 1,4); i.v.-Gabe laut Autoren sollte zwischen 6 und 7 ml/kg/h oder 1 l pro drei Stunden Operationsdauerbetragen [1]
    • das Risiko war bei Ileostoma (künstlicher Darmausgang)/ileorektaler Anastomose (Dünndarm-​Enddarm-Verbindung) deutlich höher als bei kolorektaler Anastomose (Dickdarm-Dickdarm-Verbindung) [1]
  • Verletzungen der Bauchorgane
  • Wirbelkörper-, Beckenfrakturen

Medikamente

  • Antidepressiva ‒ Medikamente wie Amitritylin, die vorwiegend bei Depressionen eingesetzt werden
  • Katecholamine
  • Opioid-Analgetika ‒ starke Schmerzmedikamente wie Morphin → opioidinduzierte Obstipation bzw. opioidinduzierter Ileus
  • Neuroleptika (Antipsychotika) – Medikamente, die eine sedierende und antipsychotische Wirkung besitzen
  • Parkinson-Medikamente
  • Tranquilizer – Psychopharmaka, die zugleich angstlösend und entspannend wirken

Operationen

  • Postoperativ: abdominale oder retroperitoneale Eingriffe (Operationen an der Wirbelsäule) → reflektorisch bedingter funktioneller/paralytischer Ileus; Manifestation meist am 3. bis 5. Tag nach der Operation; klinische Symptomatik: Nausea (Übelkeit)/Erbrechen, Stuhl- und Windverhalt sowie ein geblähtes Abdomen mit spärlicher oder fehlender Peristaltik

Umweltbelastungen – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Alkoholintoxikation

Weitere Ursachen

  • Gravidität (Schwangerschaft)
  • Retroperitoneale Ursachen (Hämatom/Bluterguss, Wirbelsäulentrauma)

Literatur

  1. Koch KE et al.: Male sex, ostomy, infection, and intravenous fluids are associated with increased risk of postoperative ileus in elective colorectal surgery. Surgery 2021; https://doi.org/10.1016/j.surg.2021.05.035
     
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