Luftröhrenschnitt (Tracheotomie)

Die Tracheotomie – umgangssprachlich Luftröhrenschnitt genannt – bezeichnet den operativen Zugang zur Trachea (Luftröhre) durch die Haut im Bereich unterhalb des Kehlkopfes.

Die Tracheotomie gehört zu den häufigsten Eingriffen bei beatmeten Patienten der Intensivstation. Sie wird durchgeführt als perkutane dilatative Tracheotomie (PDT) oder als offene chirurgische Tracheotomie (OCT) (s. u. "Die Operationsverfahren").

Der Begriff Tracheotomie wird heute meist durch "Tracheostomie" (= permanente Fixierung der Trachea an der Halshaut, d. h. Anlage eines epithelisierten Luftröhrenschnitts durch Vernähen von Hautlappen an der eröffneten Trachea) ersetzt. Richtiger wäre allerdings die Tracheostomie als Unterform der Tracheotomie ansehen [1].

Die Tracheotomie sollte nur unter sterilen Bedingungen von geübten Medizinern durchgeführt werden.
Sie ist für Notfallsituationen im Regelfall nicht geeignet.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Sicherung der Atemwege, wenn Intubation (Einführen eines Tubus (einer Hohlsonde) in die Luftröhre) oder Koniotomie (Eröffnen der Atemwege in Höhe des Kehlkopfes bei akuter Erstickungsgefahr) versagen (→ notfallmäßige Tracheotomie mit Anlage eines Tracheostomas/operativ angelegte Öffnung der Trachea (Luftröhre) nach außen)
  • Langzeitbeatmung ‒ erleichtert die Mundpflege, das Weaning (engl.: to wean – entwöhnen; Beatmungsentwöhnung: hiermit wird die Phase der Entwöhnung eines beatmeten Patienten vom Beatmungsgerät bezeichnet), vermindert Infektionen, größerer Patientenkomfort, Sprechmöglichkeit
  • Anomalien der oberen Atemwege, Frakturen (Knochenbrüche) von Gesicht oder Schädelbasis, die eine Intubation verhindern

Kontraindikationen (Gegenanzeigen) für die perkutane Dilatationstracheotomie (PDT) [2, 3]

  • Fehlende Möglichkeit der Tracheoskopie (Luftröhrenspiegelung) bzw. Bronchoskopie (Lungenspiegelung)
  • Schwierige bzw. unmögliche Intubation, d. h. laryngoskopisch nicht intubierbarer Patient
  • Schwierige anatomische Bedingungen:
    • extrem kurzer Hals (Abstand Unterrand Ringknorpel – Oberrand Sternum/Brustbein < 15 mm)
    • Instabile Frakturen (Knochenbrüche) der Halswirbelsäule
    • Struma (Schilddrüsenvergrößerung)
    • Trachealstenose
    • Tumoren der oberen Atemwege
  • Voroperationen am Hals mit erheblicher Narbenbildung
  • Notwendigkeit eines Tracheostomas für mehr als 8 Wochen
  • Manifeste Infektion im Halsbereich
  • Schwere Gerinnungsstörungen
  • Schwerste Gasaustauschstörungen
  • Geplante Verlegung des Patienten innerhalb von 10 Tagen (z. B. periphere Station, Rehabilitations- oder Pflegeeinrichtung)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen) für die offene chirurgische Tracheotomie (OCT) 

  • Anatomische Anomalien:

    • Abnorme Anatomie der Halsregion, die einen sicheren chirurgischen Zugang zur Trachea erschwert.
    • Vergrößerte Schilddrüse (Struma), die die Trachea verdeckt und ein hohes Blutungsrisiko birgt.
    • Vorliegen von Halszysten oder Tumoren, die den Zugang zur Trachea behindern.
  • Akute Infektionen:

    • Infektionen im Bereich des Halses oder der oberen Atemwege, die das Risiko für postoperative Komplikationen erhöhen.
  • Schwere Gerinnungsstörungen:

    • Vorliegen von Koagulopathien (Gerinnungsstörungen) oder die Einnahme von Medikamenten, die die Blutgerinnung beeinflussen, erhöhen das Blutungsrisiko während der Operation.
  • Instabile Halswirbelsäulenverletzungen:

    • Bei Patienten mit schweren Halswirbelsäulenverletzungen kann die notwendige Lagerung für die OCT zu weiteren Schäden führen.
  • Schwere kardiopulmonale Komorbiditäten:

    • Patienten mit schweren Herz- oder Lungenerkrankungen können ein erhöhtes Risiko für Komplikationen während der Vollnarkose aufweisen.
  • Pädiatrische Patienten:

    • Bei Kindern, insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern, sollte die OCT aufgrund der Größe und Empfindlichkeit der Atemwege mit Vorsicht durchgeführt werden.
  • Schwerer reduzierter Allgemeinzustand:

    • Patienten in einem kritischen oder instabilen Zustand können ein zu hohes Risiko für eine Vollnarkose und einen chirurgischen Eingriff tragen.

Vor der perkutanen Dilatationstracheotomie

Durch Einsatz der Sonographie zur Darstellung der zwei unteren Schilddrüsenvenen auf beiden Seiten lässt sich das Blutungsrisiko bei der Punktion verringern. 
Beachte: Das Bild der Luftröhre mit zwei unteren Schilddrüsenvenen auf beiden Seiten über der Luftröhre ähnelt dem Kopf eines Frosches mit offenen Augen: das "blinking frog"-Zeichen verrät, wo prätracheal ("vor der Luftröhre (Trachea) gelegen") Blutgefäße verlaufen.

Die Operationsverfahren

Man kann die folgenden Formen unterscheiden:

  • Perkutane Dilatationstracheotomie (PDT) ‒ hierbei wird das Tracheostoma mittels der Seldingertechnik (die Seldingertechnik ist eine Methode zur Punktion von Blutgefäßen zum Zweck der Katheterisierung) eingeführt; das Stoma (gr. στόμα stóma „Mund“, auch „Mündung“, „Öffnung“) ist kleiner und weniger stabil als das plastischen Tracheostoma
  • Offene chirurgische Tracheotomie (OCT; Synonym: plastische Tracheotomie) –  d. h. operative Schaffung eines Tracheostomas

Unter Berücksichtigung der oben genannten Kontraindikationen ist die PDT eine komplikationsarme Alternative zur offenen chirurgischen Tracheostomie, wenn nur ein passageres Tracheostoma benötigt wird.

Anästhesieverfahren: Allgemeinanästhesie (Vollnarkose); Lokalanästhesie (örtliche Betäubung) nur in Notfallsituationen, insbesondere bei Patienten, die bereits bewusstlos sind oder bei denen eine schnelle Intervention erforderlich ist.
Operationsdauer: 20-40 Minuten

Nach der Operation

Nach einer Tracheotomie, unabhängig davon, ob es sich um eine perkutane Dilatationstracheotomie (PDT) oder um eine offene chirurgische Tracheotomie (OCT) handelt, sind spezielle Nachsorgemaßnahmen und Überwachung notwendig. Beide Verfahren haben ihre spezifischen Merkmale und Anforderungen in der Nachsorge.

Perkutane Dilatationstracheotomie (PDT)

  • Nachsorge:

    • Überwachung der Atmung und des Tracheostomas auf Anzeichen einer Infektion oder Blutung.
    • Regelmäßige Reinigung und Pflege des Stomas, um eine Verstopfung durch Sekret zu verhindern.
    • Sorgfältige Beobachtung auf mögliche Komplikationen wie Stomaeinengung oder -dislokation (-verlagerung).
  • Merkmale des PDT-Stomas:

    • Das bei der PDT geschaffene Stoma ist in der Regel kleiner und kann weniger stabil sein als das bei einer OCT geschaffene.
    • Die Seldinger-Technik, die für die PDT verwendet wird, minimiert das Trauma, kann aber auch eine weniger robuste Struktur des Stomas zur Folge haben.

Offene chirurgische Tracheotomie (OCT)

  • Nachsorge:

    • Ebenfalls Überwachung auf Infektionen, Blutungen und Atemschwierigkeiten.
    • Regelmäßige Stomapflege, inklusive der Reinigung und des Wechsels von Trachealkanülen.
    • Überprüfung der Stabilität und Integrität des Stomas.
  • Merkmale des OCT-Stomas:

    • Das OCT-Stoma ist in der Regel größer und stabiler als das bei einer PDT.
    • Da es operativ geschaffen wird, besteht eine größere Wundfläche, die einer sorgfältigen Pflege und Überwachung bedarf.

Gemeinsame Nachsorgeaspekte beider Verfahren

  • Atemwegsmanagement: Sicherstellung der Durchgängigkeit des Atemwegs und des korrekten Sitzes der Trachealkanüle.
  • Ernährung: Anpassung der Ernährung, um Aspirationsrisiken zu minimieren.
  • Kommunikation: Unterstützung des Patienten bei der Kommunikation, da das Sprechen durch die Tracheotomie beeinträchtigt sein kann.
  • Physiotherapie: Respiratorische Physiotherapie zur Förderung der Lungenfunktion und zur Vermeidung von Sekretstau.
  • Psychologische Unterstützung: Für Patienten kann eine Tracheotomie emotional belastend sein, daher kann psychologische Unterstützung angebracht sein.

Mögliche Komplikationen

  • Druckulzera (Druckgeschwüre)
  • Fistelverbindungen zwischen Luft- und Speiseröhre
  • tracheoösophageale Fisteln – Fistelverbindungen zwischen Trachea (Luftröhre) und Ösophagus (Speiseröhre)
  • Verlegung des Stomas (gr. στόμα stóma „Mund“, auch „Mündung“, „Öffnung“) durch Sekret (Wundwasser)
  • Verletzungen von Gefäßen, Nerven, Haut oder Weichteilen
  • Wundinfektion
  • Tracheotomie-assoziierte Todesfälle [5]:
    • OCT (0,62 %, 95-%-Konfidenzintervall: [0,47; 0,82])
    • PDT (0,67 % [0,56; 0,81])
    Die häufigsten Ursachen für Tracheotomie-assoziierte Todesfälle sind Blutung, Verlust des Atemweged und Via falsa (lat. falscher Weg, zu: via (Weg) und falsus (falsch); im Rahmen operativer Eingriffe das unbeabsichtigte (iatrogene) Verlassen des korrekten bzw. geplanten Verlaufs eines eingebrachten Instruments).

Mögliche Komplikationen beim Kanülenwechsel im Dilatationsstoma bei dauerhaft tracheotomierten Patienten:

  • Blutungen
  • Läsionen
  • Granulationen am Stoma
  • Ausbildung einer Trachealstenose (Luftröhrenverengung; häufigste Langzeitkomplikation)
    • Bei Keloidneigung (Wulstnarbebildung) entwickelt jeder 5. Patient nach einer Tracheotomie eine Trachealstenose und 15 % nach einer Trachealintubation; Stenosen (Verengungen) sind zu ca. 80 % hochgradig [6]
  • Erhöhte Gefahr einer Via falsa (s. o.)

Perkutane Dilatationstracheotomie (PDT) versus offene chirurgische Tracheotomie

  • Beide Verfahren sind komplikationsarm.
  • Falls bei der PDT zu Komplikationen kommt, sind diese oft lebensgefährlich [2, 3, 4]
  • Pro perkutane Dilatationtracheotomie:
    • kürzere Interventionszeit
    • geringere Inzidenz von Wundinfektionen
    • besseres kosmetisches Ergebnis nach Verschluss des Tracheostomas
  • Pro offene chirurgische Tracheotomie:
    • auch bei Kontraindikationen gegen eine PDT durchführbar
    • postoperativ liegt sofort ein stabiles Tracheostoma vor mit einfacher pflegerischer Versorgung

Weitere Hinweise

  • Ergebnis von 1.890 Tracheostomien bei kritischen COVID-19-Patienten: eine nationale Kohortenstudie in Spanien: Die meisten Tracheostomien (n = 1461; 81,3 %) waren offen und der Rest perkutan (n = 429; 22,7 %). Indikation und Zeitpunkt der elektiven Tracheotomie wurden normalerweise auf der Grundlage des Atemstatus des Patienten durch das Personal der Intensivstation festgelegt.
    Die Komplikationsrate war niedrig; Bei 49 Patienten (2,6 %) war die Blutung das bemerkenswerteste unerwünschte Ergebnis. Ein Patient starb an Blutungen. Unter anderen unerwünschten Ereignissen war die Desaturation (Sauerstoff-Entsättigung) mit Herzstillstand (n = 8; 0,42 %) unmittelbar nach dem Öffnen der Luftröhre, mit 5 (0,2 %) nachfolgenden intraoperativen Todesfällen. In 3 Fällen wurde über ein Pneumothorax (Kollaps der Lunge) nach Tracheotomie berichtet [7].
  • Beatmungspflichtige Patienten: Patienten, die in der ersten Woche der maschinellen Beatmung ein Tracheostoma erhalten, entwickeln seltener eine beatmungsassoziierte Pneumonie (Odds Ratio, OR, 0,59); des Weiteren waren auch die Zahl der Beatmungstage reduziert. Auf die Mortalität (Sterberate) waren keine Auswirkungen nachweisbar [8].

Literatur

  1. Bartels H: [Tracheotomy and tracheostomy techniques] Techniken der Tracheotomie/Tracheostomie. Chirurg. 2005 May;76(5):507-14. 
  2. Holdgaard H, Pedersen J et al.: Percutaneous dilatational tracheostomy versus conventional surgical tracheostomy. Acta Anaesthesiol Scand. 1998 May;42(5):545-50.
  3. Koscielny S, Guntinas-Lichius O: Dilatation tracheotomy update: indications, limitations and management of complications. HNO. 2009 Dec;57(12):1291-300. doi: 10.1007/s00106-009-2033-x.
  4. Bast F, Buchal A, Schrom T: [Percutaneous dilatational tracheotomy or tracheostomy? Two case reports].Perkutane Dilatationstracheotomie oder Tracheostomie. HNO. 2015 Mar;63(3):220-3. doi: 10.1007/s00106-013-2783-3.
  5. Klemm E et Karl A: Tracheotomie-assoziierte Todesfälle. Dtsch Arztebl Int 2017; 114(16): 273-9. doi: 10.3238/arztebl.2017.0273
  6. Chang E et al.: Iatrogenic subglottic tracheal stenosis after tracheostomy and endotracheal intubation: A cohort observational study of more severity in keloid phenotype. Acta Anaesthesiol Scand 2019; https://doi.org/10.1111/aas.13371
  7. Martin-Villares C et al.: Outcome of 1890 tracheostomies for critical COVID-19 patients: a national cohort study in Spain. Eur Arch Otorhinolaryngol . 2020 Aug 4;1-8.  https://doi.org/10.1007/s00405-020-06220-3
  8. Chorath K et al.: Association of Early vs Late Tracheostomy Placement With Pneumonia and Ventilator Days in Critically Ill Patients. A Meta-analysis. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2021; https://doi.org/10.1001/jamaoto.2021.0025