Einleitung
Nächtliches Wasserlassen (Nykturie)

N aufzuschreiben versucht zu machen ykturie (Synonyme: nächtliches Harnlassen; nächtliche Harnabscheidung; nächtlicher Harnabgang; nächtlicher Harndrang; nächtliches Harnlassen; nächtliches Wasserlassen; ICD-10-GM R35: Polyurie: Nykturie) bezeichnet die verstärkte Harnproduktion während der Nacht, sodass der Betroffenen mehrmals in der Nacht (≥ 2-mal) zur Toilette gehen muss.

Eine gelegentliche Nykturie ist normal. Sie kann aber auch das Symptom urologischer, aber auch kardiologischer, nephrologischer, neurologischer und endokrinologischer Erkrankungen sein (s. u. Differentialdiagnosen).

Eine Nykturie kann Ursache einer Polyurie (> 1,5-3 l/Tag; vermehrte Urinausscheidung), Pollakisurie (Drang zu häufigem Wasserlassen ohne vermehrte Harnausscheidung) bzw. Polydipsie (> 4 l/Tag; vermehrter Durst) sein (siehe dort).

Die drei häufigsten Ursachen einer Nykturie sind:

  • gesteigerte Diurese
  • reduzierte Blasenkapazität
  • vermehrte Flüssigkeitsaufnahme

Klassifikation der Nykturie (Pathophysiologie):

  • Globale Polyurie: Ausscheidung von > 40 ml/kg in 24 Std. (> 2,8 l Harn in 24 Stunden)
  • Nächtliche Polyurie (= eigentliche Form der Nykturie): Gesamtmenge der Urinausscheidung über 24 Std. ist unauffällig, jedoch beträgt die nächtliche Ausscheidung (inkl. Morgenurin) bei:
    • jungen Erwachsenen mehr als 20 % der 24-Stunden-Urinproduktion
    • über 65-Jährigen mehr als 33 % der 24-Stunden-Urinproduktion
  • Verminderte Harnblasenkapazität (Speicherkapazität der Blase): häufige Entleerung von kleinen Mengen < 250 ml

Die Unterscheidung dieser drei Formen ist mithilfe eines Miktionsprotokolls (Harntagebuch) möglich (s. u. Anamnese).

Eine Nykturie kann Symptom vieler Erkrankungen sein (siehe unter "Differentialdiagnosen").

Häufigkeitsgipfel: Das Alter ist der Hauptrisikofaktor für eine Nykturie. Bei jungen Menschen tritt die Nykturie relativ selten auf.
Frauen: Im 2.-3. Lebensjahrzehnt sind Frauen häufiger von einer Nykturie betroffen als Männer.
Männer: Im 7.-8. Lebensjahrzehnt sind Männer häufiger betroffen als Frauen: 77 % der Frauen und 93 % der Männer (wg. der altersbedingten Zunahme einer benignen Prostatahyperplasie, BPH; gutartige Prostatavergrößerung)

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) der Nykturie betrifft bereits jüngere Altersgruppen; 2-17 % der Männer zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr berichten über eine Nykturie mit mindestens zwei Episoden pro Nacht auf. Bei den über 70-jährigen Männern weisen 29-59 % klinisch signifikante Nykturie auf [1].

Verlauf und Prognose: Hält die Nykturie länger an und ist sie nicht darauf zurückzuführen, dass der Betroffene vor dem Zubettgehen viel getrunken hat, sollte eine weitere Abklärung erfolgen.
Das mehrmalige nächtliche Aufstehen kann aufgrund der Durchschlafstörungen zu einer erhöhten Tagesmüdigkeit, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen führen und somit die Lebensqualität beeinträchtigen. Ältere Menschen haben zudem erhöhte Risiken für Verminderung der kognitiven Leistungsfähigkeit, Stürze und Frakturen (Knochenbrüche).

Beachte

  • Bei Patienten mit überaktiver Blase (OAB) und Nykturie ist nicht nur die Lebensqualität beeinträchtigt, sondern beide Faktoren sind auch maßgebliche Risikofaktoren für Stürze und kann damit auch lebensbedrohlich sein [2, 3].
  • Die hohe Prävalenz der Nykturie sollte von Patienten und Ärzten nicht als natürliche Gegebenheit im Rahmen eines Alterungsprozesses akzeptiert werden, sondern bedarf stets einer ausreichenden Diagnostik, damit relevante Gesundheitsstörungen/Krankheiten rechtzeitig behandelt werden.

Komorbiditäten (Begleiterkrankungen): Zahlreiche Vorerkrankungen sind mit der Nykturie assoziiert: dieses gilt insbesondere für die mit der Nykturie assoziierten Störungen des kardiovaskulären, renalen, endokrinen und neurologischen Systems ("SCREeN_Erkrankungen": Sleep, Cardiovascular, Renal, Endocrine, Neurology) [mod. nach 4]:

Sleep (Schlaferkrankungen)   z. B. Insomnie, Parasomnie, Restless-Legs-Syndrom (RLS), obstruktives Schlafapnoesyndrom (OSAS)
Cardiovascular (kardiovaskuläre Erkrankungen) arterielle Hypertonie (Bluthochdruck), chronische Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
Renal (Nierenerkrankungen) chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche; Prozess, der zu einer langsam fortschreitenden Verringerung der Nierenfunktion führt)
Endocrine (endokrine Erkrankungen/Erkrankungen des Hormonsystems) Diabetes mellitus, Diabetes insipidus, Schilddrüsenfunktionsstörungen etc.
Neurology (neurologische Erkrankungen; Erkrankungen des Nervensystems) nahezu alle neurologischen Erkrankungen können zu einer Nykturie führen (z. B. Morbus Parkinson, Multiple Sklerose (MS), Apoplex)

Literatur

  1. Bosch JL et al.: The prevalence and causes of nocturia. J Urol 2010;184:440-6 doi: 10.1016/j.juro.2010.04.011.
  2. Hunter KF et al.: Lower urinary tract symptoms in older adults undergoing hip arthroplasty: a feasibility study. J Wound Ostomy Continence Nurs. May-Jun 2008;35(3):334-40.
  3. Hunter KF et al.: Lower urinary tract symptoms and falls risk among older women receiving home support: a prospective cohort study. BMC Geriatr. 2013; May 15;13:46. doi: 10.1186/1471-2318-13-46.
  4. Smith M et al.: Evaluation and Treatment in Urology for Nocturia Caused by Nonurological Mechanisms: Guidance from the PLANET Study. Eur Urol Focus 2022 Jan;8(1):89-97 doi: 10.1016/j.euf.2022.01.007.

     
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