Labordiagnostik
Blasenkrebs (Harnblasenkarzinom)

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Urinstatus (Schnelltest auf: pH-Wert, Leukozyten, Nitrit, Eiweiß, Blut) [Mikrohämaturie: keine sichtbare Verfärbung des Urins durch Blut; nur im mikroskopischen Bild fallen Erythrozyten/rote Blutkörperchen auf (> 5 Erythrozyten/μl Urin); bei Mikrohämaturie auch Erythrozytenmorphologie durchführen]
    Bei Hochrisikokollektiven (Raucher, berufsbedingte Risikogruppen) kann durch Urinuntersuchungen auf Mikrohämaturie ein Harnblasenkarzinom früher erkannt werden, als bei bereits symptomatischen Patienten [1].
  • Urinzytologie (Spontanurin oder Spülzytologie; frischer im Urin oder Morgenurin) – bei Verdacht auf maligne (bösartige) Veränderung
    Beachte:
    • Die Sensitivität (Prozentsatz erkrankter Patienten, bei denen die Krankheit durch die Anwendung des Tests erkannt wird, d. h. ein positives Testresultat auftritt) ist bei Low-grade-NMIBC (engl. non-muscle-invasive bladder cancer; nicht-muskelinvasive Karzinome der Harnblase) schlecht und bei High-grade-Tumoren (undifferenziertes bzw. anaplastisches bösartiges Gewebe) moderat. Sie kann daher in der Früherkennung bzw. im Screening des Harnblasenkarzinoms aufgrund der zu hohen Rate falsch-negativer Befunde nicht empfohlen werden.*
    • Für die Nachsorge von High-grade-Tumoren ist die Zytologie aufgrund der der hohen Spezifität (Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gesunde, die nicht an der betreffenden Erkrankung leiden, im Test auch als gesund erkannt werden) besonders geeignet.
    • Bei simultaner Zystitis oder Urolithiasis (Harnsteinleiden) wird die Zytologie erschwert.
    • Das Verfahren ist stark untersucherabhängig.

*Bei Low-grade Karzinomen ist möglicherweise zukünftig die TERT-Analyse im Urin (Nachweis von Mutationen im Promoter der Telomerase reverse Transkriptase (TERT)) ein geeignetes Verfahren, um vorhersagen zu können, ob sich Krebszellen nach einer transurethralen Resektion des Blasengewebes (TUR-B) erneut ausbreiten werden. Die TERT-Analyse konnte in einer Studie in 80 % der Fälle vorhersagen, ob die Tumor­zellen sich im Follow-up von mindestens sechs Monaten erneut ausbreiten würden [8]. Weitere Studien sind abzuwarten.

Laborparameter 2. Ordnung (zur Diagnostik, Therapieplanung, Nachsorge/Therapiekontrolle)

  • Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH, UroVysion®), dabei werden mit Gensonden chromosomale Anomalien in Urothelzellen nachgewiesen: Aneuploidien der Chromosen 3, 7 und 17, und Verlust der Heterozytogie („loss of heterocygosity“, LOH) von 9p21; das Verfahren ist unabhängig von zytologischen Veränderungen durch benigne Erkrankungen oder Therapieeffekte (z. B. nach BCG-Therapie).
    Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung weist neben einer hohen Sensitivität (74-100 %) auch eine sehr hohe Spezifität auf (95-100 %); die FISH-Analyse ermöglicht damit eine zuverlässigere Diagnose als die Zytologie.
  • Kleines Blutbild
  • Differentialblutbild
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
  • Urinstatus: Sediment, ggf. Urinkultur (Erregernachweis und Resistogramm, das heißt Austestung geeigneter Antibiotika auf Sensibilität/Resistenz)
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH) und Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT), alkalische Phosphatase, Bilirubin
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance
  • Alkalische Phosphatase (AP)-Isoenzyme, Ostase, Calcium im Urin (die Tumorhypercalcämie (Synonym: tumorinduzierte Hypercalcämie (Calciumüberschuss), TIH) ist eine der häufigsten Symptome bei paraneoplastischen Syndromen), PTHrP (Parathormon-related Protein; die Konstellation mit verminderten Parathormon (PTH) und erhöhtem PTHrP ist typisch für die Tumorhypercalcämie) – bei Verdacht auf Knochenmetastasen
  • CYFRA 21-1 (Cytokeratin-19-Fragmente) – Tumormarker (diagnostische Sensitivität bei muskelinvasiven Harnblasenkarzinom: bis in 50 % der Fälle nachweisbar)
  • Uro17TM (Marker ist das Onkoprotein Keratin 17 (K17))  – zur Rezidivdiagnostik (Sensitivität von 100 % und einer Spezifität von 96 %) [4]
  • Prognoseparameter bei der Diagnostik des nicht-muskelinvasiven und invasiven Urothelkarzinoms der Harnblase
    • GATA3, p63, p40, CK20, CK5/6, S100P, Uroplakin III – zum Nachweis der urothelialen Differenzierung bei Metastasen [1]
    • CK20, Ki-67, p53, CK5/6 und CD44 (mindestens drei Marker parallel) – zur Abgrenzung einer reaktiven Atypie des Urothels von neoplastischen Veränderungen (z. B. Dysplasie oder Carcinoma in situ) [1]
  • PSA (prostataspezifische Antigen) – wg. hoher Koinzidenz des Prostatakarzinoms bei Patienten mit Zust. n. radikaler Zystektomie + erhöhtes Risiko für ein biochemisches PSA-Rezidiv; Studienverlauf: 10 Jahre [2]
  • Zrkulierende Tumor-DNA (ctDNA): Konzentration der zirkulierenden Tumor-DNA (ctDNA) vor Beginn und im Verlauf der systemischen Therapie – hohe ctDNA-Werte zu Studienbeginn gingen mit einem kürzeren krankheitsfreien Überleben (DFS) (Hazard Ratio [HR] 3,53; 95-%-Konfidenzintervall [KI] 2,58–4,84) einher; ähnliches galt für das Gesamtüberleben (OS) (HR 2,99, 95-%-KI 2,17–4,13) [6].

Rezidivdiagnostik

  • Urinzytologie (s. o); Beachte: Eine negative Zytologie kann ein Low-grade-Karzinoim nicht sicher ausschließen da die Sensitivität zu schlecht ist. 
  • Immunzytologische oder molekulargenetische Verfahren – zur Verbesserung der Sensitivität (uCyt+®) und Spezifität (s. o.: Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung, FISH) im Low-grade-Bereich.
  • Uro17TM (Marker ist das Onkoprotein Keratin 17 (K17))  – zur Rezidivdiagnostik (Sensitivität von 100 % und einer Spezifität von 96 %) [4]
  • Bladder-EpiCheck (BE): basiert auf dem Methylierungsmuster von 15 genomischen Markern; Interpretation: Werte ab 60 gelten als positiv auf ein Rezidiv.
    Die Sensitivität (Prozentsatz erkrankter Patienten, bei denen die Krankheit durch die Anwendung des Verfahrens erkannt wird, d. h. ein positiver Befund auftritt) für hochgradigen Harnblasenkarzinom im Vergleich BE versus (vs.) Zytologie betrug 94,3 % vs. 75,5 %, die Spezifität (Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gesunde, die nicht an der betreffenden Erkrankung leiden, im Test auch als gesund erkannt werden) 79,6 % vs. 86,0 %:
    Die Spezifität bei in-situ-Karzinom war bei BE und Zytologie gleich (81,4 %); bei hochgradigem papillärem NMIBC (nicht-muskelinvasives Harnblasenkarzinom) übertraf BE mit einer Spezifität von 96,3 % jene der Zytologie (90,4 %) [5].

Screening auf Harnblasenkarzinom

  • Die Anwendung kommerziell verfügbarer Blut- und Urintests zur Früherkennung und zum Screening für das Vorliegen eines Harnblasenkarzinoms außerhalb von Studien soll nicht erfolgen (EK) [S3-Leitlinie].
  • UroAmp-Test (Urintest, der Mutationen in 60 Genen identifi­ziert): Die Convergent Genomics der Oregon Health Science University hat für eine Studie einen neuen Test den UroAmp-Test auf Mutationen in 10 Genen eingegrenzt, die bekanntermaßen mit dem Harnblasenkarzinom in Verbindung stehen. Der Test konnte, obwohl die Urinproben bis zu zwölf Jahre vor der Diagnose entnommen worden waren, bei 19 von 29 Teilnehmern (66 % der Fälle) einen Vorhersage für ein zukünftiges Blasenkarzinom treffen.

Literatur

  1. S3-Leitlinie: Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. (AWMF-Registernummer: 032-038OL), März 2020 Kurzfassung Langfassung
  2. Heidegger I et al.: High incidence of clinically significant concomitant prostate cancer in patients undergoing radical cystectomy for bladder cancer: A 10-year single-center experience. Urol Oncol 2016, online 9. Dezember; doi: 10.1016/j.urolonc.2016.11.004
  3. Descotes F et al.: Non-invasive prediction of recurrence in bladder cancer by detecting somatic TERT promoter mutations in urine. British Journal of Cancer , (6 July 2017) | doi:10.1038/bjc.2017.210
  4. Vasdev N et al.: The role of URO17™ biomarker to enhance diagnosis of urothelial cancer in new hematuria patients—First European Data. BJUI Compass 2020; https://doi.org/10.1002/bco2.50
  5. Pierconti F et al.: The bladder epicheck test and cytology in the follow-up of patients with non-muscle-invasive high grade bladder carcinoma. Urol Oncol 2021; https://doi.org/10.1016/j.urolonc.2021.11.013
  6. Laukhtina E et al.: : V232 Zirkulierende Tumor-DNA: Ein guter prädikativer Marker für die systemische Tumortherapie von Urothelkarzinom Patienten Circulating tumor DNA is a strong predictor in patients treated with systemic therapy for urothelial carcinoma DGHO Jahrestagung Wien 2022

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. (AWMF-Registernummer: 032-038OL), März 2020 Kurzfassung Langfassung

     
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