Einleitung
Hodenhochstand (Maldeszensus testis)

Beim Maldeszensus testis (MDT; MT) (Synonyme: Hodenretention, Retentio testis inguinalis, abdominalis, Kryptorchismus; ICD-10-GM Q53.-: Nondescensus testis) handelt es sich um einen gestörten Hodenabstieg (= primärer Hodenhochstand/Descensus testi).

Der Hoden steigt in der Regel in der Entwicklung vom Abdomen (Bauchraum) in das Skrotum (Hodensack) ab. Bleibt diese Wanderung aus, so kann der Hoden im Abdomen [Bauchhoden (Retentio testis abdominalis; Kryptorchismus "cryptorchidism"*)] oder in der Leiste [Leistenhoden (Retentio testis inguinalis; "cryptorchidism")]
bleiben (ca. 50-60 % der Fälle).

Daneben kann der Hoden einen "falschen" Weg zum Hoden nehmen und dabei unterhalb der Leiste oder gar in den Oberschenkel wandern
(Hodenektopie; präfasziale Hodenektopie (ca. 40 %); Ektopia penilis; Ektopia femoralis, Ektopia perinealis).

*Vom Kryptorchismus spricht man, wenn der Hoden nicht tastbar ist und eine intraabdominelle Lage hat (Retentio testis abdominalis) oder der Hoden nicht vorhanden ist (Anorchie).

Weiterhin kann man unterscheiden:

  • Pendelhoden (retaktile Hoden; engl. retractile testis) ‒ dabei handelt es sich um normal entwickelte Hoden, die sich jedoch zeitweise in die Leiste hochziehen können; bedarf keiner Therapie und sollte beobachtet werden.
  • Gleithoden (Retentio testis präscrotalis) ‒ hierbei liegt der Hoden in der Leiste, lässt sich aber leicht in das Hodenfach ziehen, gleitet jedoch sofort zurück in die Leistenposition → konservative Hormontherapie innerhalb der ersten 12 Lebensmonate 

Der Maldeszensus testis ist die häufigste angeborene Anomalie im Urogenitaltrakt. Neben dem Maldescensus testis gibt es auch einen sekundären Aszensus nach bereits stattgehabtem Deszensus (= sekundärer Hodenhochstand). 

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) des primären Maldescensus testis liegt bei 3-4 % aller Neugeborenen und bei bis zu 30 % bei Frühgeborenen. Am Ende des ersten Lebensjahres beträgt die Prävalenz 1-2 %, in ca. 30 % der Fälle bilateral (beidseitig).

Verlauf und Prognose: In den ersten sechs Monaten wird zunächst abgewartet und der Verlauf regelmäßig kontrolliert, da in diesem Zeitraum noch ein spontaner Descensus testis (Hodenabstieg) möglich ist. Jedoch tritt dieser nur bei bis zu sieben Prozent auf. Ist anschließend der Hoden nicht dauerhaft im Skrotum (Hodensack) tastbar, wird mit einer Pharmakotherapie (medikamentöse Therapie) begonnen. Die Therapie sollte idealerweise nach dem sechsten Lebensmonat beginnen und mit dem ersten Lebensjahr abgeschlossen sein!

Falls diese Therapie ohne Erfolg bleibt,
wird in der Regel der Hoden operativ im Skrotum bis zum 12. Lebensmonat fixiert, um Folgeschäden (Fruchtbarkeitsstörungen und ein höheres Hodenkrebsrisiko) zu vermeiden.
Ca. 1,4-3,8 % der Jungen wird wegen eines Hodenhochstands operiert [1-3].
Zur Vaterschaftsrate nach operativer Therapie siehe unter "Folgeerkrankungen".

Wg. der Möglichkeit des Auftretens eines sekundären Hochhochstands (s. o.) sollte die Hodenlage bis zur Pubertät regelmäßig kontrolliert werden. Insbesondere hochskrotal liegende Hoden sollten kurzfristig kontrolliert werden.
Beachte: Im Gegensatz zum kongenitalen (angeborenen) Kryptorchismus entwickelt sich der sekundäre Hodenhochstand nach zunächst normalem Deszensus. In einer Studie erreichte der Anteil erworbener an allen Fällen von Kryptorchismus mehr als 50 % [4].
Fazit: Monitoring ist bis in die Adoleszenz erforderlich.

Komorbidität (Begleiterkrankung): Eine Morgagni-Hydatide bei Maldescensus ist eine bekannte Begleiterkrankung. Damit besteht die Gefahr einer Torquierung (Verdrehung) der Morgagni-Hydatide und infolgedessen einer Infarzierung (Infarktbildung) mit dem klinischen Bild eines akuten Skrotums (akut auftretende Schmerzen am Skrotum (Hodensack), die mit Rötung und Schwellung einhergehen).

Literatur

  1. Barthold JS, Gonzalez R: The epidemiology of congenital cryptorchidism, testicular ascent and orchiopexy. J Urol 2003;170(6 Pt 1):2396-2401 doi: 10.1097/01.ju.0000095793.04232.d8
  2. Thorup J, Cortes D (2019) Surgical management of undescended testis—timetable and outcome: a debate. Sex Dev 2019;13(1):11-1 doi: 10.1159/000496417
  3. Hutson JM, Thorup J, Beasely SW: Classification and causes of undescendent testis in humans. In: Hutson JM, Thorup J, Beasely SW (Hrsg) Descent of the testis. Springer, Cham, 2016, S 45-67
  4. Grande-Moreillo C et al.: Alterations in testicular positioning after normal descent: acquired cryptorchidism. Andrology 2023; https://doi.org/10.1111/andr.13557

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Hodenhochstand – Maldescensus testis. (AWMF-Registernummer: 006-022), August 2016 Langfassung

     
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