Ursachen
Lungenfibrose

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Bei der Lungenfibrose handelt es sich um eine Gruppe von chronisch verlaufenden Erkrankungen, bei denen es zu einem Umbau des Lungengerüsts (Zunahme von Bindegewebe) kommt.

Bei der idiopathischen Lungenfibrose (idiopathische pulmonale Lungenfibrose, idiopathische pulmonale Fibrose IPF) kommt es durch
apoptotische Alveolarepithelien wahrscheinlich zu folgenden Prozessen:

  • Störung der Regeneration
  • Aktivierung von Fibroblasten (Hauptbestandteil des Bindegewebes)
  • Differenzierung zu Myofibroblasten (Zelltyp, der erstmals in der Wundheilung beschrieben wurde) mit verstärkter Proliferation
  • Ablagerung von extrazellulärer Matrix (Extrazellularmatrix, Interzellularsubstanz, EZM, ECM)

Inzwischen wurde ein Mechanismus identifiziert, der darauf hinweist, dass Proteine der Histon­familie beim Krankheitsprozess eine entscheidende Rolle spielen, wenn sie von Immunzellen freigesetzt wer­den [3].

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

Genetische Belastung

  • 20 % familiäre Fälle bzw. familiäre Prädisposition
  • Mutationen im Gen NAF1, das für den Erhalt der Telomere am Ende der Chromosomen benötigt wird, können die erblich bedingte syndromale Lungenfibrose auslösen [1].  
    • Genetische Erkrankungen
      • Hermansky-Pudlak-Syndrom – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, die mit Albinismus, Lichtscheu und erhöhter Blutungsneigung einhergeht; in der Regel auch Lungenfibrose und gesteigerte Blutungsneigung
      • Morbus Niemann-Pick (Synonyme: Morbus Niemann Pick, Niemann-Pick-Syndrom oder Sphingomyelinlipidose) – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; gehört zur Gruppe der Sphingolipidosen, die wiederum zu den lysosomalen Speicherkrankheiten gerechnet werden; Hauptsymptome des Morbus Niemann-Pick Typ A sind eine Hepatosplenomegalie (Leber- und Milzvergrößerung) und ein psychomotorischer Abbau; beim Typ B werden keine zerebralen Symptome beobachtet
      • Neurofibromatose – genetische Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang; zählt zu den Phakomatosen (Erkrankungen der Haut und des Nervensystems); es werden drei genetisch unterschiedliche Formen unterschieden: 
        • Neurofibromatose Typ 1 (Morbus von Recklinghausen) – Patienten bilden während der Pubertät multiple Neurofibrome (Nerventumoren), die häufig in der Haut auftreten jedoch auch im Nervensystem, Orbita (Augenhöhle), Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) und Retroperitoneum (Raum, der hinter dem Bauchfell am Rücken in Richtung der Wirbelsäule liegt) auftreten; typisch ist das Auftreten von Café-au-Lait-Flecken (CALF; hellbraune Makulae/Flecken) und multiplen benignen (gutartigen) Neubildungen 
        • [Neurofibromatose Typ 2 – charakteristisch sind ein bilateral (beidseitig) vorliegendes Akustikusneurinom (Vestibularisschwannom) und multiple Meningeome (Hirnhauttumoren)
        • Schwannomatose – hereditäres Tumorsyndrom]
      • Tuberöse Sklerose – genetische Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang, die mit Fehlbildungen und Tumoren des Gehirns, Hautveränderungen und meist benignen Tumoren in anderen Organsystemen einhergeht
  • Lebensalter – höheres Lebensalter (bei idiopathischer Lungenfibrose (IPF); insb. männlichen Ex-/Rauchern)
  • Berufe – bes. Berufe mit Asbest- oder Quarz-Exposition 

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittelkonsum
    • Tabak (Rauchen)
  • Drogenkonsum
    • Kokain
  • Inhalation von Noxen (Tabakrauch + weitere Noxen: s. u. "Umweltbelastungen – Intoxikationen"); tritt aber nicht vorrangig bei Rauchern auf; ehemalige oder aktive Raucher haben allerdings ein insgesamt 1,6-fach höheres Risiko

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Allergische Alveolitis (Hypersensitivitätspneumonitis; z. B. Farmerlunge, Vogelhalterlunge)
  • Bronchiolitis obliterans mit organisierender Pneumonie (BOOP): tritt bei Behandlung mit Amiodaron, Gold, und Sulfasalazin auf; kann des Weiteren im Verlauf einer Pneumonie auftreten; Vorkommen bei rheumatischen und Autoimmunerkrankungen (z. B. Kollagenosen)
  • Chronisch interstitielle Pneumonien (Synonyme: interstitielle Lungenkrankheiten; Lungengerüstkrankheiten)
  • Desquamative interstitielle Pneumonitis (DIP) – interstitielle Pneumonie, die vor allem bei Rauchern auftritt; Auftreten vorwiegend im 4. oder 4. Lebensjahrzehnt
  • Diabetes mellitus
  • Eosinophiles Lungensyndrom – heterogene Gruppe von Erkrankungen, die durch eine Akkumulation von eosinophilen Granulozyten in den Alveolen und/oder dem Interstitium gekennzeichnet sind; Ursachen sind u. a. allergische bronchopulmonale Aspergillose, Autoimmunerkrankungen (z. B. eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis), Helminthen, Drogen (z. B. Kokain), Medikamente (z. B. Phenytoin, L-Tryptophan)
  • Exogen-allergische Alveolitis (EAA) – immunmeditierte, allergische Erkrankung, die durch Inhalation von vor allem organischen Partikeln (z. B. Vogelprotein), Schimmelpilzen und entsprechender Prädisposition auftritt.
  • Gewöhnliche interstitielle Pneumonie/Pneumonitis (Sammelbegriff für jede Form der Lungenentzündung (Pneumonie), welche nicht die Alveolen (Lungenbläschen), sondern das Interstitium bzw. den Zellzwischenraum betrifft) (Usual Interstitial Pneumonia, UIP)
  • Gastroösophageale Refluxkrankheit (Synonyme: GERD, Gastro-oesophageal reflux disease; Gastroesophageal Reflux Disease (GERD); Gastroösophageale Refluxkrankheit (Refluxkrankheit); gastroösophagealer Reflux; Reflux-Ösophagitis; Refluxkrankheit; Refluxösophagitis; peptische Ösophagitis) – entzündliche Erkrankung der Speiseröhre (Ösophagitis), die durch den krankhaften Rückfluss (Reflux) von saurem Magensaft und anderen Mageninhalten hervorgerufen wird
  • Pneumonie (Lungenentzündung) – z. B. nach Legionellose
  • Rheumatologische Erkrankungen – Dermatomyositis, Granulomatose mit Polyangiitis, Lupus erythematodes, Morbus Bechterew, Polymyositis, rheumatoide Arthritis, Sklerodermie, Sjögren-Syndrom, systemische Sklerose
  • Sarkoidose
  • Strahlenpneumonitis (Bestrahlungspneumonie) − Lungenentzündung als Folge einer Bestrahlung; interstitielle Lungenerkrankung

Medikamente (inkl. medikamenteninduzierter interstitieller Lungenerkrankungen (engl. Drug-induced interstitial lung disease, DILD))

  • Amiodaron [2], Flecainid (Antiarrhythmika)
  • Antibiotika – Nitrofurantoin, Daptomycin [2]
  • Antikonvulsiva, nicht näher bezeichnet (z. B. Phenytoin)
  • Calciumkanalblocker – Bepridil (Amin-Calciumkanalblocker; Inzidenz von DILD: 6,3 %) [2]
  • Checkpointinhibitoren – Ipilimumab (Inzidenz einer DILD: 5,44 %), Nivolumab (Inzidenz einer DILD: 11,7 %) [2]
  • Gold
  • Granulozyten-Kolonie-stimulierende Faktoren [2]
  • Interferone [2]
  • Krebsimmuntherapie – Imatinib (Proteinkinaseinhibitor), Rituximab [2]
  • L-Tryptophan
  • Monoklonale Antikörper – Erlotinib, Cetuximab, Gefitinib, Panitumumab [2]
  • mTOR-Inhibitoren – Everolimus, Temsirolimus und Sirolimus [2]
  • Rheumamedikamente – Leflunomid, Methotrexat (Inzidenz der DILD: 0,06-15 %) [2], TNF-Inhibitoren [2]
  • Sauerstoff
  • Zytostatik
    • Bleomycin (Inzidenz einer DILD: 6,8-15 %) [2]
    • Busulfan
    • Gemcitabin (Inzidenz einer DILD: 1,1-3,9 %)
    • Irinotecan (Zytostatikum aus der Gruppe der Topoisomerase-Hemmer) [2]
    • Methotrexat (MTX) [sehr selten]
    • Pemetrexed  [2]

Umweltbelastungen – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Herbizide (Unkrautbekämpfungsmittel) wie Paraquat
  • Inhalation von Noxen wie Tabakrauch, Gase, Dämpfe, Aerosole, Haarspray, Holzstäube, Metallstäube (Arbeiter in Metallhütten), Steinstäube (siliziumhaltige Kieselsäuren/Arbeiter in Steinbrüchen sowie Sandstrahler; faserförmige Silikat-Minerale: Asbest; Beryllium bei der Berylliumverarbeitung) sowie Pflanzen- und Tierpartikel

Weitere Ursachen

  • Mikroaspiration von Magensaft
  • Radiatio (Strahlentherapie) mit ionisierenden Strahlen

Literatur

  1. Stanley SE et al.: Loss-of-function mutations in the RNA biogenesis factor NAF1 predispose to pulmonary fibrosis-emphysema. Science Translational Medicine 10 Aug 2016: Vol. 8, Issue 351, pp. 351ra107 doi: 10.1126/scitranslmed.aaf7837
  2. Skeoch S et al.: Drug-Induced Interstitial Lung Disease: A Systematic Review J. Clin. Med. 2018, 7(10), 356; https://doi.org/10.3390/jcm7100356
  3. Riehl DR et al.: Externalized histones fuel pulmonary fibrosis via a platelet-macrophage circuit of TGFβ1 and IL-27 PNAS September 27, 2023 120 (40) e2215421120 https://doi.org/10.1073/pnas.221542112

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Begutachtung der Berufskrankheit Nr. 4101 Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) der Berufskrankheitenverordnung. (AWMF-Registernummer: 020 - 010), Juni 2016 Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Begutachtung asbestbedingter Berufskrankheiten. (AWMF-Registernummer: 002 - 038), November 2020 Langfassung
     
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