NT-proBNP

Das NT-proBNP (N-terminales pro-BNP; N-terminales pro brain natriuretic peptide) und das Brain natriuretic peptide (BNP; B-natriuretisches Peptid, B-type natriuretic peptide) sind kardiale Peptidhormone, die im Herz bei Spaltung eines Vorläufers (pro BNP) produziert werden. 

NT-pro BNP wird im linken Ventrikel und BNP wird hauptsächlich in den Vorhöfen (geringere Bildung in den Ventrikeln) gebildet. 
Neben dem BNP zählen das ANP (atrial natriuretic peptide) sowie das CNP (c-type natriuretic peptide) zu den natriuretischen Peptiden.

Auslöser für die BNP-Freisetzung ist die Dehnung des Myokards (Herzmuskel) bei hämodynamischer Überlastung des Herzens bei Herzinsuffizienz (Herzschwäche). Das BNP wirkt vasodilatatorisch ("gefäßerweiternd") und hemmt das aktivierte Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS), dass den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt des Körpers reguliert und somit in entscheidender Weise auf den Blutdruck einwirkt.

NT-pro BNP wird ausschließlich renal eliminiert, es weist mit 60-120 min. eine deutlich längere Plasmahalbwertszeit als BNP (ca. 23 min.) auf. BNP wird in Niere, Lunge, Herz und Gefäßendothelien abgebaut und daneben auch renal eliminiert. 
NT-pro BNP reflektiert hämodynamische Veränderungen über eine längere Zeitspanne als BNP (NT-pro BNP ca. 12 h; BNP ca. 2 h).

Aufgrund der besseren Probenstabilität (im Serum 72 h bei Raumtemperatur) und des zuvor erwähnten Sachverhaltes sollte das NT-proBNP bestimmt werden.

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • NT-proBNP: Blutserum, Lithium-Heparin-Plasma, EDTA-Blut
  • BNP: EDTA-Plasma 

Vorbereitung des Patienten

  • Die Blutentnahme sollte möglichst am nüchternen Patienten oder nach einem leichten Frühstück erfolgen.
  • Blutentnahme nur in körperliche Ruhe; keine körperlichen Belastungen in den letzten Stunden vor der Entnahme.

Störfaktoren

  • Nicht bekannt

Normwerte

Parameter Frauen Männer
NT-proBNP*
  • < 155 pg/ml** (< 50 Jahre)
  • < 222 pg/ml** (50-65 Jahre)
  • < 84 pg/ml** (< 50 Jahre)
  • < 194 pg/ml** (50-65 Jahre)

ESC-Leitlinien: Ausschluss einer

  • chronischen Herzinsuffizienz (HI): < 125 pg/ml
  • akuten HI: < 300 pg/ml
BNP
  • < 150 pg/ml
  • < 100 pg/ml
ESC-Leitlinien: < 100 pg/ml

*Hinweis: Werte im EDTA-Plasma sind ca.10 % niedriger.
**Umrechnungsfaktor 
NT-proBNP

  • pg/ml x 0,118 = pmol/l
  • pmol/l x 8,457 = pg/ml

Indikationen

  • Herzinsuffizienz
    • Ausschluss/Diagnose und Therapieüberwachung
    • Bestimmung des Schweregrades der kardialen Funktionseinschränkung (BNP bzw. NT-proBNP sind proportional zum Schweregrad der Funktionseinschränkung erhöht)
    • Akuter Myokardinfarkt (Herzinfarkt) → Herzinsuffizienz infolge Nekrose (Gewebetod) oder Umbau?
    • Instabile Angina pectoris (man spricht von einer instabilen Angina pectoris/Brustenge bzw. Herzschmerz, wenn die Beschwerden gegenüber den vorausgegangenen Angina pectoris-Anfällen in ihrer Intensität oder Dauer zugenommen haben) → Herzinsuffizienz durch Schädigung des Myokards (Herzmuskelgewebe)?
    • Dilatative Kardiomyopathie (DCM; krankhafte Erweiterung (Dilatation) des Herzmuskels, besonders des linken Ventrikels/Herzkammer) → Herzinsuffizienz?
  • Differentialdiagnostik der kardialen (herzbedingten) und pulmonalen (lungenbedingten) Dyspnoe (Atemnot)

Interpretation

Interpretation erhöhter Werte

  • Akutes Koronarsyndrom (ACS) – Spektrum von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die durch den Verschluss oder die hochgradige Verengung eines Herzkranzgefäßes verursacht werden
  • Arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Atriale und ventrikuläre Herzrhythmusstörung (Herzrhythmusstörungen, die vom Vorhof und der Herzkammer ausgehen), z. B. Vorhofflimmern (VHF); Erhöhung auch bei normaler linksventrikulärer Funktion
  • Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • Herzklappenvitien/Herzklappenfehler (z. B. Mitralinsuffizienz)
  • Herzkontusion (Herzprellung)
  • Hypertonie (Bluthochdruck) mit linksventrikulärer Hypertrophie (LVH; Linksherzhypertrophie) 
  • Kongenitale Herzerkrankung (angeborene Herzerkrankung)
  • Linksventrikuläre Dysfunktion – Fehlfunktion der linken Herzkammer
  • Myokarditis (Herzmuskelentzündung)
  • Restriktive Kardiomyopathie – Herzmuskelerkrankung, die mit einer Verdickung der innersten Herzwand (Endocard) und zu einer Fibrosierung (vermehrte Einlagen von Bindegewebe, Vernarbung) des Herzmuskels einhergeht
  • Nicht-kardiale Ursachen (nicht-herzbedingte Ursachen):
    • Anämie (Blutarmut)
    • Diabetes mellitus
    • Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
    • Leberinsuffizienz – Funktionsstörung der Leber mit teilweise oder vollständigem Ausfall ihrer Stoffwechselaufgaben
    • Leberzirrhose – bindegewebiger Umbau der Leber, der zu Funktionseinschränkungen führt
    • Lungenembolie – partielle (teilweise) oder vollständige Verlegung einer Lungenarterie, die vor allem durch eine Becken-Bein-Thrombose (ca. 90 % der Fälle) bedingt ist.
    • Neurologische Erkrankungen (z.B. Subarachnoidalblutung (SAB), intrazerebrale Blutung (ICB))
    • Niereninsuffizienz – Prozess, der zu einer langsam fortschreitenden Verringerung der Nierenfunktion führt
    • Paraneoplastische Syndrome – Begleitsymptome einer Krebserkrankung, die nicht primär durch die Neoplasie (solide Tumoren oder Leukämien) entstehen
    • Pulmonale Hypertonie (PH) – Druckerhöhung im Lungenarteriensystem (hier auch prognostischer Parameter)
    • Physiologisch bei körperlichen Belastung (Erhöhung ca. 1 h)
    • Schwere Verbrennungen
    • Schwere metabolische (stoffwechselbedingte) Störungen
    • Fortgeschrittenes Alter
  • Weiteres: Kardioversion, Defibrillation, kardiochirurgischer Eingriff
 Klassifikation  Klinik NT-proBNF (pg/ml), Median SD*
 NYHA I
(asymptomatisch)
 Beschwerdefreiheit in Ruhe  341 pg/ml 40,3
 NYHA II
(leicht)
 Eingeschränkte Leistungsfähigkeit bei stärkerer körperlicher Belastung  951 pg/ml 112,4
 NYHA III
(mittelschwer)
 Deutliche Leistungseinschränkung schon bei geringer Belastung, jedoch keine Beschwerden in Ruhe  1571 pg/ml 185,7
 NYHA IV
(schwer)
 Beschwerden bereits in Ruhe
(Ruheinsuffizienz)
 1707 pg/ml 201,8
Ausschluss einer ventrikulären Dysfunktion  < 125 pg/ml < 14,8

*SD (standard deviation; Standardabweichung)

Interpretation erniedrigter Werte

Nicht krankheitsrelevant; tritt u.a. auf bei:

  • Adipositas
  • Betablocker (langfristig)
  • ACE-Hemmer
  • Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten
  • Aldosteronantagonisten (Spironolacton, Epleronon)

Weitere Hinweise

  • Es wurden erhöhte Werte für Frauen unter Hormonersatztherapie sowie bei Patienten mit Niereninsuffizienz* und Dialyse beschrieben.
  • In einer Studie erwiesen sich der BNP-Wert und das Alter als stärkste Prädiktoren der Mortalität – und zwar sowohl bei Patienten mit als auch ohne Herzinsuffizienz; bei Patienten ohne Herzinsuffizienz war BNP als Prädiktor sogar stärker als das Alter [1].
  • Patienten unter Therapie mit Neprilysininhibitoren wird grundsätzlich die Bestimmung von NT-proBNP, da der Wirkstoff auf eine Hemmung des Abbaus von u. a. aktivem BNP abzielt, was zu falsch hohen BNP-Konzentration führt.

*Bis zu einem Serum-Kreatinin von 2 mg/dl besteht nach den gegenwärtigen Studien kein klinisch relevanter Einfluss der Nierenfunktion auf die NT-proBNP-Werte.

Literatur

  1. York MK et al.: B-Type Natriuretic Peptide Levels and Mortality in Patients With and Without Heart Failure.  J Am Coll Cardiol 2018 May 15;71(19):2079-2088. doi: 10.1016/j.jacc.2018.02.071.