Polkörperdiagnostik (PKD)

Die Polkörperdiagnostik (PKD) ist eine innovative Methode im Feld der assistierten Reproduktion, die eine genetische Untersuchung der Eizelle vor der Befruchtung ermöglicht. Sie bietet eine Alternative zur Präimplantationsdiagnostik (PID) in Ländern, in denen die PID rechtlichen Einschränkungen unterliegt.

Durch die Analyse der Polkörper kann auf genetische und chromosomale Anomalien der Eizelle geschlossen werden, was die Chance auf eine erfolgreiche Schwangerschaft erhöht und das Risiko genetisch bedingter Erkrankungen minimiert. Dieser Fachartikel beleuchtet die Methode, ihre Anwendung und Sicherheit sowie den wissenschaftlichen und klinischen Kontext, in dem sie steht.

Historie

Die Polkörperdiagnostik (PKD) entwickelte sich parallel zu den Fortschritten in der Reproduktionsmedizin und Genetik:

  • Frühe 1990er-Jahre: Erste Untersuchungen der genetischen Beschaffenheit von Eizellen beginnen, um genetische Anomalien zu identifizieren.
  • 1997: Erste praktische Anwendung der PKD zur Erkennung chromosomaler Anomalien in Eizellen, insbesondere von Aneuploidien.
  • 2000er-Jahre: Verbesserungen in Mikromanipulationstechniken und genetischen Analyseverfahren wie FISH, Array-CGH und NGS erhöhen die Zuverlässigkeit der PKD.
  • 2011 und danach: In Deutschland führen rechtliche Änderungen zu einer verstärkten Akzeptanz der PKD, unterstützt durch fortschreitende Forschung, die ihre Effektivität und Sicherheit bestätigt.

Methode

Die Polkörperdiagnostik basiert auf der Entnahme und Analyse der Polkörper – Nebenprodukte der Eizellreifung –, die genetisches Material enthalten, welches spiegelbildlich zu dem der Eizelle ist. Die Entnahme erfolgt nach der hormonellen Stimulation und Gewinnung der Eizellen und vor der eigentlichen Befruchtung im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation (IVF). Die genetische Untersuchung dieser Polkörper mittels moderner Analysetechniken wie der Array-CGH (comparative genomische Hybridisierung) oder NGS (Next Generation Sequencing) ermöglicht es, Chromosomenfehlverteilungen und genetische Mutationen zu erkennen.

Anwendung und Sicherheit

  • Hauptanwendungen:

    • Ermittlung von Aneuploidien: Identifizierung von Chromosomenanomalien, insbesondere bei älteren Frauen, die mit einem erhöhten Risiko für Fehlgeburten und einer niedrigeren Einnistungsrate assoziiert sind.
    • Selektion genetisch intakter Eizellen: Vor dem Embryotransfer können Eizellen mit einem korrekten Chromosomensatz ausgewählt werden, was die Erfolgschancen einer Schwangerschaft erhöht.
    • Frühe genetische Beurteilung: Ermöglicht, genetische Risiken zu bewerten, bevor der Embryo entsteht und implantiert wird.
  • Sicherheit:

    • Kein negativer Einfluss auf die Embryonalentwicklung: Studien belegen, dass die PKD die Entwicklung des Embryos nach dem Transfer nicht negativ beeinflusst.
    • Technische Sicherheit: Die Entnahme der Polkörper und die anschließende genetische Analyse gelten als sichere Verfahren, die das Risiko für den Embryo nicht erhöhen.
    • Ethische Akzeptanz: Im Gegensatz zur Präimplantationsdiagnostik, die in einigen Ländern ethische Bedenken aufwirft oder rechtlich eingeschränkt ist, bietet die PKD eine ethisch vertretbare Alternative, da sie vor der Befruchtung durchgeführt wird.
  • Vorteile der PKD:

    • Erhöhung der Erfolgsrate von IVF/ICSI: Durch die Auswahl von Eizellen ohne Chromosomenanomalien steigen die Chancen auf eine erfolgreiche Implantation und Schwangerschaft.
    • Reduktion von Fehlgeburten: Indem Eizellen mit hohem Fehlgeburtsrisiko identifiziert und ausgeschlossen werden, verringert sich das Gesamtrisiko von Fehlgeburten.
    • Gesetzliche Zulässigkeit: In Ländern, die die Präimplantationsdiagnostik einschränken, bietet die PKD eine legale und akzeptierte Methode der genetischen Untersuchung.
  • Effektivität:

    • Bestätigt durch klinische Studien: Die Effektivität und Sicherheit der PKD in der Anwendung wurde durch zahlreiche klinische Studien untermauert.
    • Vorteilhaft für spezifische Patientengruppen: Insbesondere Frauen über 35 Jahre oder Paare mit wiederholten Fehlgeburten profitieren von der Anwendung der PKD.

Die PKD repräsentiert somit eine wichtige Säule in der assistierten Reproduktionstechnologie, indem sie nicht nur die Chancen auf eine erfolgreiche Schwangerschaft erhöht, sondern auch die Sicherheit und das Wohlbefinden von Mutter und Kind im Fokus behält.

Erfolgsraten

Die wissenschaftliche Literatur belegt die Effektivität der PKD in der Erhöhung der Erfolgsraten bei IVF und ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion) durch die Vorselektion genetisch intakter Eizellen. Studien zeigen eine Reduktion der Fehlgeburtenrate und eine leichte Erhöhung der Einnistungswahrscheinlichkeit, besonders bei Frauen über 35 Jahren. Jedoch ist ein direkter Vergleich zur PID schwierig, da beide Methoden unterschiedliche Anwendungsbereiche und -zeitpunkte haben.

Einzelnachweise

  • Die rechtliche Zulässigkeit der PKD in Deutschland, basierend auf dem Embryonenschutzgesetz und dem Gendiagnostikgesetz, unterstreicht die Bedeutung dieser Methode im Rahmen der ethischen und rechtlichen Diskussion um genetische Untersuchungen vor der Implantation.
  • Forschungsarbeiten und Übersichtsartikel, die sich mit der Anwendung der PKD bei spezifischen genetischen Konstellationen befassen, bieten Einblick in die potenziellen Weiterentwicklungen dieser Technologie.

Fazit

Die Polkörperdiagnostik (PKD) ist eine Schlüsseltechnologie in der Reproduktionsmedizin, die es ermöglicht, genetische Risiken schon vor der Befruchtung zu identifizieren. Sie erhöht die Erfolgschancen bei IVF und ICSI, indem sie eine Auswahl genetisch intakter Eizellen vor dem Embryotransfer ermöglicht. Durch ihre Fähigkeit, genetische Information effektiv zu analysieren, bietet sie Paaren Hoffnung auf eine erfolgreiche Schwangerschaft. Zukünftige Entwicklungen versprechen eine weitere Verfeinerung der Methode, die die PKD zu einem unverzichtbaren Werkzeug in der assistierten Reproduktion macht.

Literatur

  1. Anderson R, Pickering S: The current status of preimplantation genetic screening: British Fertility Society Policy and Practice Guidelines. Hum Fertil 2008;11:71-75
  2. ASRM (2008) Preimplantation genetic testing: a practice committee opinion. Fertil Steril 90(Suppl):S136-S143