Lungenkrebs (Bronchialkarzinom) – Medikamentöse Therapie

Therapieziele

  • Verbesserung der Prognose
  • Verlangsamung des Tumorwachstums
  • Palliativ (ohne Heilungsansatz)

Therapieempfehlungen

Je nach histologischem ("feingeweblichem") Befund unterscheidet man verschiedene Vorgehensweisen bei der Chemotherapie des Bronchialkarzinoms.

Jeder Patient mit neu diagnostiziertem Lungenkarzinom soll in einem Thorax-Onkologischen Tumorboard vorgestellt werden.

Kleinzelliges Bronchialkarzinom (SCLC; engl.: Small Cell Lung Cancer) (13-15 %)  

  • Postoperativ muss eine adjuvante Chemotherapie angeschlossen werden. Das Protokoll Cisplatin/Etoposid über 4 Zyklen stellt die Therapie der ersten Wahl dar. Bei Kontraindikationen gegen Cisplatin ist der Einsatz alternativer Protokolle in jedem Falle einem Verzicht auf die adjuvante Chemotherapie vorzuziehen (Evidenzgrad 2b) [S3-Leitlinie]
    • Behandlung der Tumorstadien T3-4 und/oder N2-3, M0 (Limited disease): Chemotherapiekombination der ersten Wahl ist Cisplatin und Etoposid (PE). Die Therapie sollte über zumindest 4 Zyklen durchgeführt werden. Carboplatinhaltige Protokolle sind nur unzureichend geprüft und sollte nur bei eindeutigen Kontraindikationen gegenüber cisplatinhaltigen Schemata eingesetzt werden. Auf die Gabe anthrazyklinhaltiger Regime sollte verzichtet werden (Evidenzgrad 1a) [S3-Leitlinie]. 
  • Beim "Limited Disease" (LD) adjuvante Polychemotherapie (Therapie, die im Anschluss an die operative Sanierung einer Tumorerkrankung erfolgt) mit Cisplatin/Etoposid neben Resektion (operative Entfernung des Tumors) und thorakaler Radiotherapie (TRT)/begrenzt auf den ipsilateralen Hemithorax (Thorax-/Brusthälfte auf der betroffenen Seite) und seine regionalen Lymphknoten. gefolgt von einer prophylaktischen Ganzhirnbestrahlung (PCI; prophylactic cranial irradiation) in kurativer (heilender) Zielsetzung (ca. 15-20 % der Fälle)
    • Bislang: Standardchemotherapie: Kombinationstherapie mit einem Platinderivat plus Etoposid (4-6 Zyklen) mit Ansprechraten von 60-80 %.
    • Seit Herbst 2019: Immunchemotherapie: Kombination Platinderivat/ Etoposid mit dem Checkpointinhibitor (Atezoliumab) in der Erstlinie; weitere Immuntherapieoptionen werden aktuell in klinischen Studien geprüft. 
  • Beim "Extensive Disease" (ED) Polychemotherapie mit Cisplatin/Etoposid oder Adriamycin oder Epirubicin/Cyclophosphamid/Vincristin (ACO oder EpiCO) [4 Chemotherapiezyklen]; thorakale Radiotherapie (TRT) und PCI (s. u. Strahlentherapie); palliative Zielsetzung (Erhaltung der Lebensqualität)
    Beachte: Insgesamt kann der Stellenwert einer Erhaltungschemotherapie trotz einer positiven Metaanalyse als nicht gesichert betrachtet und damit ihr routinemäßiger Einsatz nicht empfohlen werden (Evidenzgrad 1b) [S3-Leitlinie].
  • Rezidivtherapie (Therapie bei Wiederauftreten der Erkrankung): Bei gutem Allgemeinzustand bietet sich das Umsetzen auf eine zweite Kombinationschemotherapie an. (Evidenzgrad 2b) Bei Patienten in reduziertem Allgemeinzustand ist auch die Beschränkung auf symptomorientierte Maßnahmen zu rechtfertigen, da der Nachweis der Wirksamkeit einer zweiten Kombinationschemotherapie bei refraktärer Erkrankung bisher nicht überzeugend gelungen ist. Geprüft werden sollte bei lokal refraktärer Erkrankung stets die Möglichkeit der palliativen Primärtumorbestrahlung [S3-Leitlinie].
  • Resistente Erkrankung: Für Patienten mit einer resistenten Erkrankung ist die Gabe der Topotecan-Monotherapie durch die Studienergebnisse am besten belegt (Evidenzgrad 1b) [S3-Leitlinie].

Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom (NSCLC, engl.: Non-Small Cell Lung Cancer)* (10-15 %)

  • Nach R0-Resektion und systematischer Lymphknotendissektion (Lymphknotenentfernung) sollten Patienten im Stadium II bzw. IIIA1 / IIIA2 (vgl. 8.5.1) in gutem Allgemeinzustand (ECOG 0/1) eine adjuvante Chemotherapie erhalten [S3-Leitlinie].
    • Die adjuvante Chemotherapie sollte nach Abschluss der Wundheilung innerhalb von 60 Tagen nach der Resektion beginnen.
    • Stadium II: adjuvante Therapie mit Osimertinib über 3 Jahre bei Patienten mit aktivierender EGFR-Mutation (Exone 19 und 21) [S3-Leitlinie].
  • Resektables nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC): Neoadjuvante Therapie mit Pembrolizumab plus Chemotherapie gefolgt von der Resektion und der adjuvanten Behandlung mit Pem­brolizumab allein wird zu einem neuen Standard [15].
  • Für Patienten mit mediastinalem Lymphknotenbefall im Stadium IIIA1 bzw. IIIA2 sollte zusätzlich zur adjuvanten Chemotherapie die Indikation zur postoperativen Mediastinalbestrahlung geprüft werden [S3-Leitlinie].
  • Patienten im Stadium IIIA3 – insbesondere bei multiplem N2-Befall – können gleichermaßen mit einer Kombination aus Strahlentherapie und Chemotherapie (definitive Chemo-/Radiotherapie) behandelt werden [S3-Leitlinie].
  • Im Stadium III Chemotherapie und Radiotherapie, ggf. neoadjuvant; ggf. OP; bei Rezidiv palliativ  Bevacizumab (monoklonaler Antikörper, welcher an VEGF bindet und somit die Bindung an den VEGF-Oberflächenrezeptor verhindert), EGFR-Inhibitoren, Docetaxel, Permetrexed
    • Zur First-line-Therapie beim fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC)
      • vom Plattenepitheltyp steht der IgG1-Antikörper Necitumumab zur Verfügung. Zusätzlich zu Gemcitabin/Cisplatin verabreicht, verlängert der Antikörper das mediane Gesamtüberleben von 10 auf 11,7 Monate.
      • Plattenepithelkarzinom ohne therapierbare genetische Alterationen: Monoimmuntherapie mit Pembrolizumab, Atezolizumab (auch bei IC ≥ 10 % möglich) und Cemiplimab 
      • steht Cemiplimab in Kombination mit platinbasierter Chemotherapie bei Erwachsenen mit fortgeschrittenem NSCLC ohne EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen und einer PD-L1-Expression von ≥ 1 Prozent zur Verfügung.
      • PACIFIC-Studie: Die konsolidierende Gabe des PD-L1-Inhibitor Durvalumab hat beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom im inoperablen Stadium III das Mortalitätsrisiko bei Patienten mit einer PD-L1-Expression im Tumor von ≥ 1 % sogar um 41 % verringert [10].
      • Tepotinib; Indikation: Monotherapie bei NSCLC mit zu Exon 14 Skipping führenden Veränderungen im Mesenchymal-Epithelial-Transition-Gen (METex14-Skipping), wenn nach einer vorausgegangenen Immuntherapie und/oder platinhaltigen Chemotherapie eine systemische Therapie nötig ist.
  • Bei Patienten im Stadium IV (neu: IV B) in gutem Allgemeinzustand (ECOG 0-1) soll eine platinbasierte Kombinationschemotherapie angeboten werden, vorzugsweise mit Cisplatin (4-6 Zyklen) [S3-Leitlinie].
    • Patienten mit Plattenepithelkarzinom in gutem Allgemeinzustand (ECOG 0,1) und keinen Kontraindikationen gegen eine Immuncheckpoint-Inhibitor-Therapie soll ein PD1-Antikörper in der Zweitlinientherapie angeboten werden [S3-Leitlinie].
    • Bei Patienten (ECOG 0-1) mit Nicht-Plattenepithelkarzinom und PDL1-Negativität soll eine 2. Linientherapie angeboten werden. Therapieoption sind: Docetaxel-Nintedanib, Docetaxel-Ramucirumab, Pemetrexed, Docetaxel, Erlotinib, Nivolumab [S3-Leitlinie]
  • Im Stadium IV Ausrichtung der Therapiestrategie an molekularen Zielstrukturen:  
    • bei Vorliegen einer aktivierenden EGFR-Mutation bei Patienten mit ECOG-Status 0-2 → Erstlinientherapie mit einem EGFR-Tyrosinkinasehemmer (TKI; z. B. Afatinib, Erlotinib oder Gefitinib)) [liegt bei ca. 10 % der Patienten mit Nichtplattenepithelkarzinom vor]
      • Bei Nachweis einer erworbenen EGFR-TKI-Resistenz durch Akquisition einer EGFRT790M-Mutation soll eine T790M spezifische Substanz angeboten werden [S3-Leitlinie].
    • bei Vorliegen von ALK-Fusionsgen (ALK = anaplastische Lymphomkinase; bei 3-5 % der Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) dauerhaft aktiviert) soll in der Erstlinientherapie ein ALK-Inhibitor angeboten werden [S3-Leitlinie] → Erstlinientherapie mit Crizotinib, Ceritinib und Alectinib 
      ALK-Test positiv + Progression (Fortschreiten der Erkrankung) nach platinbasierter Standardchemotherapie → Crizotinib, falls als Erstlinientherapie kein ALK-Hemmer eingesetzt worden ist. Versagt die Therapie mit Crizotinib, soll den ALK-positiven NSCLC-Patienten ein ALK-Inhibitor der zweiten Generation angeboten werden.
    • Aufgrund der Überlebensdaten sollte bei Exon 19 deletierten Tumoren Afatinib angeboten werden [S3-Leitlinie].
    • Bei Patienten mit ROS1-Fusionsgenen (ROS1 + NSCLC) soll in der Erstlinientherapie Crizotinib angeboten werden [S3-Leitlinie].
    • Duale Immuntherapie aus dem PD-L1-Inhibitor Durvalumab und dem CTLA-4-Inhibitor Tremelimumab; Indikation: erwachsene Patienten mit metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC Stadium IV) ohne sensibilisierende EGFR-Mutationen oder ALK-positive Mutationen

*Bei NSCLC muss routinemäßig auf EGFR-Gen-Mutation getestet werden, da bei positiven Nachweis die Therapie mit einem Tyrosinkinaseinhibitor (TKi, z. B. Afatinib, Erlotinib oder Gefitinib) als Erstlinientherapie wirksamer ist als eine Standard-Erstlinien-Chemotherapie [1]. Früher oder später kommt es zur Resistenz gegen EGFR-Inhibitoren, dessen Ursache häufig die sogenannte Gatekeeper-Mutation T790M ist. Hier ermöglicht Osimertinib (Kinasehemmer) erstmals eine gezielte Behandlung.
In einer rando­misierten Studie konnte nachgewiesen werden, dass die Therapie mit Osimertinib (irreversibler Epidermis-Wachstumsfaktor-Rezeptor-Tyrosinkinase-Inhibitor der dritten Generation) die Überlebenszeiten von Patienten mit fortgeschrittenem nicht-klein­zelligem Lungenkrebs (NSCLC) in der Ersttherapie gegenüber zwei älteren Tyrosinkinase-Inhibitoren verlängert [9].
Die EMA empfiehlt die Erweiterung der Indikation für Osimertinib für die adjuvante Behandlung nach vollständiger Tumorresektion bei erwachsenen Patienten mit entsprechendem NSCL im Stadium IB – IIIA.

Am häufigsten sind EGFR-Mutationen (15-20 %), KRAS-Mutationen (25-30 %) und ALK-Mutationen (5-10 %).

Bei Progress (Fortschreiten) bzw. Rezidiv (Wiederauftreten) der Erkrankung:

  • Erneute Chemotherapie (Zweitlinientherapie) mit Docetaxel, Pemetrexed (bei Patienten mit nicht plattenepithelialen Lungenkarzinom) oder dem EGFR-Tyrosinkinase Inhibitor Erlotinib.
  • Bei Tumoren, bei denen die Tyrosinkinase ALK (Anaplastic Lymphoma Kinase) exprimiert wird (ca. 5 % der Patienten mit NSCLC), kann diese mit einem spezifischen Inhibitor blockiert werden:
    • Bei Patienten mit fortgeschrittenem, anaplastischen-Lymphomkinase(ALK)-positiven, nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC), die mit Crizotinib vorbehandelt wurden, kann Ceritinib (750 mg/d) eingesetzt werden. Bei Ceritinib handelt es sich ein Tyrosinkinaseinhibitor.
      Beachte die Warnhinweise des Herstellers [3]: Nach Markteinführung wurden schwere, manchmal tödlich verlaufende Fälle von Herzinsuffizienz berichtet. Patienten sollten im Hinblick auf Anzeichen und Symptome von Herzinsuffizienz (Dyspnoe, Ödem, rasche Gewichtszunahme) überwacht werden. 
    • Brigatinib (Tyrosinkinase-Inhibitor; Inhibitor des epidermalen Wachstumsfaktorrezeptors; bei Vorliegen einer ALK-Translokation des NSCLC); zur Monotherapie von Erwachsenen mit anaplastischer-Lymphomkinase (ALK)-positivem, fortgeschrittenem, nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) nach Vorbehandlung mit Crizotinib
      Studie mit Patienten mit ALK-positivem NSCLC im Stadium IIIB/IV, die zuvor keinen ALK-Inhibitor erhalten hatten: 1-Jahres-PFS (progressionsfreie Überleben) von 67 % in der Brigatinib-Gruppe und von 43 % in der Crizotinib-Gruppe (Hazard Ratio: 0,49; p< 0,001) [8].
    • Ebenso kommt hier der Tyrosinkinase-Inhibitor Alectinib zur First-LineTherapie (L1) bei fortgeschrittenem, ALK-positivem nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) zur Wirkung.
      Beachte: Alectinib ist neuer L1-Standard, weil es Crizotinib in der Wirksamkeit überlegen und dabei weniger toxisch ist.
  • Atezolizumab (Checkpoint-Inhibitorbindet selektiv an das Protein PD-L1 (programmed death ligand-1, programmierter Zelltod-Ligand 1). Die OAK-Studie (Phase-III-Studie) hatte Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC nach Versagen einer Taxan-basierten Chemotherapie auf eine Behandlung mit Docetaxel oder Atezolizumab (1.200 mg intravenös) randomisiert. Atezolizumab verlängerte die mediane Überlebenszeit von 9,6 auf 13,8 Monate [6].
    • Bei Extensive-Stage-SCLC (ES-SCLC): Bulky-Disease mit großer Tumormasse führt eine Krebsimmuntherapie mit Atezolizumab (IMPOWER-133-Studie), und mit Durvalumab (CASPAIN-Studie) zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens. 
    • (NSCLC) in den Stadien IB–IIIA: Atezolizumab verbessert das krankheitsfreie Überleben (engl. Disease-free survival, DFS) [13].
    • Unter der Therapie mit Atezolizumab können schwere kutane Nebenwirkungen (SCARs) einschließlich Fällen von Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und toxischer epidermaler Nekrolyse (TEN) auftreten (sehr selten, aber potentiell tödlich) [12].
  • Nivolumab (PD-1-Immun-Checkpoint-Inhibitor) verlängerte beim metastasierten nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom das mediane Überleben von 6 auf 9 Monate [4].
    Indikation: Erwachsene Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom mit plattenepithelialer Histologie (SQ-NSCLC) nach vorangegangener Chemotherapie
    • Kombination Nivolumab/Ipilimumab und zwei Zyklen platinbasierter Chemotherapie ist für die Erstlinienbehandlung von Erwachsenen mit metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (Non-Small Cell Lung Cancer, NSCLC) im Stadium IV (Ipilimumab) zugelassen.
      Beachte: Tumoren sollen keine sensitivierende Mutation des epidermalen Wachstumsfaktorrezeptors (Epidermal Growth Factor Receptor, EGFR) oder Anaplastische Lymphomkinase(ALK)-Translokation aufweisen.
  • Pembrolizumab bei Erwachsenen mit PD-L1 (Programmed Cell Death Ligand 1) exprimierenden Tumoren nach vorheriger Chemotherapie. Indikation: Therapie bei lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinoms (NSCLC, Non Small Cell Lung Cancer); Monotherapie in einer Dosierung von 2 mg/kg Körpergewicht alle drei Wochen.
    Pembrolizumab hat erstmals in einer Erstlinientherapie beim nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) bessere Therapieergebnisse erzielt als eine Chemotherapie [5].
    Es ist zu erwarten, dass die Biomarker-basierte Erstlinientherapie mit Pembrolizumab bei metastasiertem NSCLC in den neuen S3-Leitlinien enthalten sein wird.
  • Ramucirumab (monoklonaler Antikörper, der an den Angiogenese-induzierenden VEGF-Rezeptor-2 der Zelloberfläche bindet und die nachfolgende Signalkaskade zum Zellkern unterbricht; somit wird die Angiogenese unterbunden) kombiniert mit Docetaxel bei vorbehandelten Erwachsenen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungen-Ca (NSCLC) unabhängig vom histologischen Subtyp.
    • RELAY-Studie: Patienten mit fortschreitendem nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom mit aktivierender EGFR-Mutation leben länger ohne Progression (progressionsfreie Überleben (PFS)), wenn sie statt mit Erlotinib allein mit Erlotinib plus Ramucirumab behandelt werden; verglichen mit Erlotinib plus Placebo erhöhte sich das PFS von 12,4 auf 19,4 Monate; ebenfalls besser war die 1-Jahres PFS-Rate unter der Kombination besser (71,9 vs 50,7 %) [11].
  • Durvalumab (monoklonaler Antikörper, der sich gegen Programmed death-ligand 1 (PD-L1) richtet) soll verhindern, dass Tumoren sich der natürlichen Immunabwehr entziehen; hat das progressionsfreie Überleben bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium eines nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) deutlich verlängert (Placebogruppe kam es median nach 5,6 Monaten zur erneuten Tumorprogression; Durvalumab-Gruppe nach median 16,8 Monaten) [7].Durvalumab ist für das Stadium III zu Konsolidierung nach Chemoradiotherapie zugelassen.
    Nebenwirkungen: Myasthenia gravis (selten); ggf. Dosisanpassung oder permanentes Absetzen erforderlich; weitere Nebenwirkungen: Arthralgie (Gelenkschmerzen)
    • Durvalumab ist als Konsolidierungstherapie bei Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) im Stadium III, das sich operativ nicht entfernen lässt, auch unter Real-World-Bedingungen effektiv [14].

Weitere Palliativmaßnahmen:

  • Im fortgeschrittenen Stadium erfolgt eine Palliativtherapie (ohne Heilungsansatz):
    • enterale Ernährung, z. B. Nahrungszufuhr über eine PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie: endoskopisch angelegter künstlicher Zugang von außen durch die Bauchdecke in den Magen)
    • Infusionstherapie über einen Portkatheter (Port; dauerhafter Zugang zum venösen oder arteriellen Blutkreislauf)
    • Schmerztherapie (gemäß WHO-Stufenschema; s. u. "Chronische Schmerzen")
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Sekundärprävention

  • Forscher haben festgestellt, dass Zelllinien nicht-klein­zelliger Bronchialkarzinome (NSCLC) mit K-Ras Mutation durch die Statine in ihrem Wachstum gehemmt wurden.
  • In einer Studie wurde festgestellt, dass Statine die krebsspezifische Mortalität (Sterberate) bei Lungenkrebs-Patienten positiv beeinflussen können [2]:
    • Statineinnahme vor Diagnosebeginn: Reduktion des krankheitsassoziierten Mortalitätsrisiko um 12 %
    • Statine wurden wenigstens 12-mal verschrieben: 19 % geringeres Mortalitätsrisiko
    • Statineinnahme nach Diagnosebeginn: 11 % reduziertes krebsspezifisches Mortalitätsrisiko
    In der Studie wurde kein Unterschied zwischen kleinzelligen und nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen festgestellt.

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für das Immunsystem sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (A, C, E, D3, K, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
  • Mineralstoffe (Calcium, Chlorid, Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphor)
  • Spurenelemente (Chrom, Eisen, Fluorid, Jod, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Alpha-Linolensäure (ALA), Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA); Omega-6-Fettsäuren: Linolsäure)
  • Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Flavonoide (Citrusfrüchte), Lycopin (Tomaten), Proanthocyanidine (Cranberrys), Polyphenole)
  • Weitere Vitalstoffe (Probiotische Kulturen: Laktobazillen, Bifidobakterien)

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Rosell R et al.: Erlotinib versus standard chemotherapy as first-line treatment for European patients with advanced EGFR mutation-positive non-small-cell lung cancer (EURTAC): a multicentre, open-label, randomised phase 3 trial. Lancet Oncol 2012; 13: 239-46. MEDLINE
  2. Cardwell C et al.: Statin Use and Survival from Lung Cancer: A Population-Based Cohort Study. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev; 24(5); 833-41
  3. AkdÄ Drug Safety Mail | 30–2015
  4. Brahmer J et al.: Nivolumab versus docetaxel in advanced squamous-cell non-small-cell lung cancer. N Engl. J Med. 2015; 373:123-35
  5. Reck M et al.: Pembrolizumab versus Chemotherapy for PD-L1–Positive Non–Small-Cell Lung Cancer. October 9, 2016 doi: 10.1056/NEJMoa1606774
  6. Rittmeyer A et al.: Atezolizumab versus docetaxel in patients with previously treated non-small-cell lung cancer (OAK): a phase 3, open-label, multicentre randomised controlled trial. Lancet 2016 Apr 30;387(10030):1837-46. doi: 10.1016/S0140-6736(16)00587-0. Epub 2016 Mar 10.
  7. Antoia SJ et al.: Durvalumab after Chemoradiotherapy in Stage III Non–Small-Cell Lung Cancer. NEJM September 8, 2017 doi: 10.1056/NEJMoa1709937
  8. Heinzl S: Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom mit ALK-Mutationen: Brigatinib verlängert das progressionsfreie Überleben deutlicher als Crizotinib Dtsch Arztebl 2018; 115(45): A-2072 / B-1723 / C-1701
  9. Ramalingam SS et al.: Overall Survival with Osimertinib in Untreated, EGFR-Mutated Advanced NSCLC New Engl J Med. November 21, 2019 doi: 10.1056/NEJMoa1913662
  10. Faivre-Finn et al.: Efficacy and safety evaluation based on time from completion of radiotherapy to randomization with durvalumab or placebo in pts from PACIFIC. Annals of Oncology (2018) 29 (suppl_8): viii488-viii492. 10.1093/annonc/mdy291
  11. Nakagawa K et al.: Ramucirumab plus erlotinib in patients with untreated, EGFR-mutated, advanced non-small-cell lung cancer (RELAY): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet Oncol. 2019 Dec;20(12):1655-1669. doi: 10.1016/S1470-2045(19)30634-5. Epub 2019 Oct 4.
  12. AkdÄ Drug Safety Mail: Rote-Hand-Brief zu Tecentriq® (Atezolizumab): Risiko für schwere kutane Nebenwirkungen (Severe Cutaneous Adverse Reactions, SCARs) 2021-23
  13. Wakelee HA et al.: IMpower010: Primary results of a phase III global study of atezolizumab versus best supportive care after adjuvant chemotherapy in resected stage IB-IIIA non-small cell lung cancer (NSCLC). J Clin Oncol 2021; 39 (Suppl 15): Abstract 8500
  14. Christoph D et al.: Pacific-R Real-World Study: Treatment Duration and Interim Analysis of Progression-Free Survival in Unresectable Stage III NSCLC Patients Treated with Durvalumab After Chemoradiotherapy Oncol Res Treat 2022;45(suppl 1):5 Abstract 256 ppl 1):5 doi: 10.1159/000521004
  15. Wakelle H et al.: Perioperative Pembrolizumab for Early-Stage Non–Small-Cell Lung Cancer N Engl J Med 2023; 389:491-503 doi: 10.1056/NEJMoa2302983

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms. (AWMF-Registernummer: 020-007OL), November 2022 Kurzfassung Langfassung