Strahlentherapie
Gebärmutterhalskrebs (Cervixkarzinom)

Allgemeines

Eine Strahlentherapie besteht aus der Kombination von perkutaner ("durch die Haut") und Afterloading-Therapie (Synonym: Nachladeverfahren; Strahlentherapie von "innen". Dazu wird eine Hülse in das betreffende Organ (hier Vagina/Scheide) eingelegt, der Strahler wird dann automatisch in die Hülse bewegt, d. h. es wird „nachgeladen“. Nach der Bestrahlung wird die Strahlenquelle wieder zurückgezogen und die Hülse entfernt.)
Die Kombination dieser beiden Methoden reduziert zwar das Lokalrezidivrisiko (Risiko des Wiederauftretens des Tumors an der gleichen Stelle), verbessert aber nicht das Überleben.

Die Radiochemotherapie (RCTX) gilt als Standard.

Als obligater Bestandteil der Behandlung der Cervixkarzinompatientinnen gelten folgende Techniken: intensitätsmodulierte Radiotherapie und die individualisierte MRT-gestützte Brachytherapie*, beziehungsweise die image-guided adaptive Brachytherapie.

*Die MRT-gestützte Brachytherapie ist obligater Bestandteil der Radiochemotherapie (Gesamtüberleben [Radiochemotheapie mit versus ohne Brachytherapie]: 58,21 % versus 46,2 %, p < 0,001) [S3-Leitlinie].

Primäre Strahlentherapie – Radiochemotherapie (RCTX)

Radiatio (Strahlentherapie) in Kombination mit Cisplatin (Chemotherapeutikum), das die Strahlenempfindlichkeit der Tumorzellen erhöht (sog. Radiosensitizer) ist heute Standard. Es verbessert im Gegensatz zur alleinigen Radiatio

  • das progressionsfreie Intervall
  • die lokale Rezidivrate (Wiederauftreten des Tumors an der gleichen Stelle)
  • die Überlebenszeit

Ab dem Stadium FIGO IIb ist die simultane Radio(chemo)therapie mit Cisplatin als Radiosensitizer indiziert [S3-Leitlionie].

Es gibt folgende Indikationen für die primäre Radiochemotherapie (RCTX)

  • Im Stadium FIGO IB1-IIA ist die primäre Strahlentherapie der Operation gleichwertig, Entscheidung nach Komorbiditäten/Begleiterkrankungen; Standardtherapie ist jedoch die Operation, besonders bei prämenopausalen Patientinnen (Frauen vor den Wechseljahren), da die Ovarien (Eierstöcke) nicht entfernt werden müssen. 
  • Nach radikaler Hysterektomie* bei Cervixkarzinom im Stadium IB-IIA: Eine randomisierte Phase-III-Studie konnte zeigen, dass eine sequentielle Radiochemotherapie mit Cisplatin und Paclitaxel über zwei Zyklen vor und nach der Bestrahlung  im Vergleich zur alleinigen Strahlentherapie mit einer besseren krankheitsfreien Überlebenschance assoziiert war: Drei-Jahres-Überlebensrate betrug 90 % gegenüber 82 %. Auch nach Adjustierung auf Lymphknotenmetastasen war die Gesamtüberlebensrate bei sequentieller Radiochemotherapie höher als bei alleiniger Bestrahlung (Fünf-Jahresrate von 92 % gegenüber 88 %).
    *Form der Gebärmutterentfernung (Hysterektomie), bei welcher der Corpus uteri (Gebärmutterkörper), die Cervix uteri (Gebärmutterhals, der obere Teil der Vagina (Scheide), ein Teil der Parametrien (Bindegewebsstrukturen des Beckenraums) und die zugehörigen Lymphknoten entfernt werden.
  • Simultane cisplatinhaltige Radiochemotherapie (RCTX) im Stadium FIGO IIB, III ist Standardverfahren

Die kombinierte Radio-Chemotherapie wird mit Cisplatin als Monotherapie durchgeführt meist einmal wöchentlich, 5 Zyklen, in niedriger Dosierung (40 mg/m²)

Weitere Hinweise

  • Bei einer Studie mit Patienten in den Stadien B2, IIA oder IIB, zeigten die Ergebnisse einer primär kombinierten Radiochemotherapie (RCTX) im Vergleich zu einer neoadjuvanten Chemotherapie (NACT) für das erkrankungsfreie Überleben („disease free survival“, DFS) keinen signifikanten Unterschied (mediane Nachbeobachtungszeit: 58,5 Monate): 69,3 % für die NACT versus 76,7 % für die RCTX (p = 0,038) [2].
  • Beachte: Bei Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem Cervixkarzinom der FIGO-(2008-)Stadien IB1 +  LN, IB2, II, IIIB und IVA bringt die Chemotherapie mit Carboplatin/Paclitaxel nach einer Standardradiochemotherapie nach 5 Jahren weder einen Überlebensvorteil noch ein längeres progressionsfreies Überleben (OUTBACK-Studie) [4].

Beachte: 

  • Die Kombination aus Operation und Radiochemotherapie sollte vermieden werden.
  • Falls eine Strahlentherapie indiziert ist, muss – wenn möglich – immer Cisplatin als Radiosensitizer eingesetzt werden (Gesamtüberlebensvorteil!).
  • Falls eine primär simultane kombinierte Radiochemotherapie indiziert ist, muss – wenn möglich – eine intrakavitäre Bestrahlung* auf die externe Bestrahlung folgen. Nur so können kurativen Dosen erreicht werden.

*Form der Brachytherapie, bei der eine Strahlenquelle in eine natürlich vorhandene Körperöffnung (hier: Cervix/Gebärmutterhalskanal) eingelegt wird.

Postoperative Strahlentherapie/kombinierte Radiochemotherapie (RCTX)

  • Eine alleinige postoperative Radiatio (perkutan + Afterloading) senkt das Risiko von Lokalrezidiven
  • Eine Kombination Radiatio + Chemotherapie ist effektiver unter dem Aspekt:
    • des progressionfreien Intervalls
    • von lokalen Rezidiven
    • der Überlebenszeit

Folgende Indikationen sind für die postoperative Strahlentherapie/kombinierte Radiochemotherapie (RCTX) bekannt:

  • Inadäquate Lymphonodektomie (Lymphknotenentfernung)
  • Ausgedehnter Befall von Lymphknoten und Gefäßen
  • Große Tumoren > 4 cm
  • Tiefe Invasion ins Gewebe
  • Resektion (Chirurgische Entfernung) mit mikroskopischem Tumorrest (R1)
  • Ausgedehnte Infiltration der Parametrien (Bindegewebsstrukturen des Beckenraums, die von der Wand des Gebärmutterhalses zur Harnblase, zum Os sacrum (Kreuzbein) und zur inneren Seitenwand des Beckens ziehen) 
  • Inoperabilität von Rezidiven 

Die kombinierte Radiochemotherapie (RCTX) wird mit Cisplatin als Monotherapie durchgeführt meist einmal wöchentlich, 5 Zyklen, in niedriger Dosierung (40 mg/m²)

Weitere Hinweise

  • Bei Frauen mit einem Plattenepithelkarzinom des Gebärmutterhalses im FIGO-Stadium IIIb ist das progressionsfreie und Gesamtüberleben bei einer kombinierten Radiochemotherapie (RCTX) höher als bei einer Bestrahlung allein [1].

Notfallbestrahlung bei starker Tumorblutung

Sie kann sowohl perkutan als auch intravaginal ("innerhalb der Scheide") als Afterloading zur Blutstillung durchgeführt werden.

Literatur

  1. Shrivastava S et al.: Cisplatin Chemoradiotherapy vs Radiotherapy in FIGO Stage IIIB Squamous Cell Carcinoma of the Uterine Cervix – A Randomized Clinical Trial. JAMA Oncol 2018; online 8. Februar. doi: http://dx.doi.org/10.1001/jamaoncol.2017.5179
  2. Gupta S et al.: Neoadjuvant Chemotherapy Followed by Radical Surgery Versus Concomitant Chemotherapy and Radiotherapy in Patients With Stage IB2, IIA, or IIB Squamous Cervical Cancer: A Randomized Controlled Trial. J Clin Oncol. 2018 Jun 1;36(16):1548-1555. doi: 10.1200/JCO.2017.75.9985. Epub 2018 Feb 12.
  3. Huang H et al.: Effectiveness of Sequential Chemoradiation vs Concurrent Chemoradiation or Radiation Alone in Adjuvant Treatment After Hysterectomy for Cervical Cancer. The STARS Phase 3 Randomized Clinical Trial. JAMA Oncol. Published online January 14, 2021. doi:10.1001/jamaoncol.2020.7168
  4. Slamon DJ et al.: Updated overall survival (OS) results from the phase III MONALEESA-3 trial of postmenopausal patients (pts) with HR+/HER2- advanced breast cancer (ABC) treated with fulvestrant (FUL) ± ribociclib (RIB). Journal of Clinical Oncology 2021;39(15 doi: 10.1200/JCO.2021.39.15_suppl.LBA3

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientin mit Zervixkarzinom. (AWMF-Registernummer: 032 - 033OL), März 2020 Kurzfassung Langfassung
     
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