Brustkrebs (Mammakarzinom) – Einleitung

Das Mammakarzinom, umgangssprachlich Brustkrebs genannt, ist eine maligne (bösartige) Erkrankung der Brustdrüse und die häufigste Tumorerkrankung bei Frauen. Es ist weltweit die zweithäufigste bösartige Erkrankung.

Das Mammakarzinom ist die häufigste Tumorerkrankung der Frau. Es ist die zweithäufigste maligne (bösartige) Erkrankung weltweit.

Nach ICD-10-GM unterscheidet man maligne, prämaligne (Gewebeveränderungen, die feingewebliche Vorzeichen einer bösartigen Entartung sind), metastatische und sekundär karzinomatöse Veränderungen an der Brust. Dieser Artikel konzentriert sich auf die prämalignen und malignen Erkrankungen der Brustdrüse und schließt sekundäre karzinomatöse und prämaligne sowie maligne Erkrankungen der Haut (z. B. Melanom) aus.

Formen des Mammakarzinoms

Prämaligne Veränderungen der Brustdrüse

  • ICD-10-GM D05.- Carcinoma in situ der Brustdrüse [Mamma]
    • Exkl.: Carcinoma in situ der Brustdrüsenhaut (ICD-10-GM D04.5)
    • Melanoma in situ der Brustdrüse (Haut) (ICD-10-GM D03.5)
  • ICD-10-GM D05.0 Lobuläres Carcinoma in situ der Brustdrüse
  • ICD-10-GM D05.1 Carcinoma in situ der Milchgänge
  • ICD-10-GM D05.7 Sonstiges Carcinoma in situ der Brustdrüse
  • ICD-10-GMD05.9 Carcinoma in situ der Brustdrüse, nicht näher bezeichnet 

 Maligne Veränderungen der Brustdrüse

  • ICD-10-GMC50.- Bösartige Neubildung der Brustdrüse [Mamma]
    • Inkl.: Bindegewebe der Brustdrüse
    • Exkl.: Haut der Brustdrüse (ICD-10-GM C43.5, ICD-10-GM C44.5)
  • ICD-10-GM C50.0 Bösartige Neubildung: Brustwarze und Warzenhof  (Pagetkarzinom)
  • ICD-10-GM C50.1 Bösartige Neubildung: Zentraler Drüsenkörper der Brustdrüse
  • ICD-10-GM C50.2 Bösartige Neubildung: Oberer innerer Quadrant der Brustdrüse
  • ICD-10-GM C50.3 Bösartige Neubildung: Unterer innerer Quadrant der Brustdrüse
  • ICD-10-GM C50.4 Bösartige Neubildung: Oberer äußerer Quadrant der Brustdrüse
  • ICD-10-GM C50.5 Bösartige Neubildung: Unterer äußerer Quadrant der Brustdrüse
  • ICD-10-GM C50.6 Bösartige Neubildung: Recessus axillaris der Brustdrüse
  • ICD-10-GM C50.8 Bösartige Neubildung: Brustdrüse, mehrere Teilbereiche überlappend
  • ICD-10-GM C50.9 Bösartige Neubildung: Brustdrüse, nicht näher bezeichnet

Pathogenese

Das Mammakarzinom geht entweder von den Milchdrüsen (lobuläres Mammakarzinom) oder von den Milchgängen (duktales Mammakarzinom) aus. Die Metastasierung (Bildung von Tochtergeschwülsten) kann hämatogen (über das Blut) und lymphogen (über die Lymphe) erfolgen.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis

  • Das Mammakarzinom kann ebenfalls beim Mann auftreten, jedoch sehr selten (ca. 600 Fälle jährlich).
  • Verhältnis von Frauen zu Männern beträgt 150 : 1.
  • Im Folgenden wird daher nur auf das Mammakarzinom der Frau eingegangen.

Häufigkeitsgipfel

  • Die Erkrankung tritt insbesondere bei Frauen zwischen dem 45. und 70. Lebensjahr auf.
  • Durchschnittsalter bei Diagnose: 63 Jahre.
  • 30 % der betroffenen Frauen sind jedoch jünger als 40 Jahre.
  • Nach einer Geburt erhöht sich das Mammakarzinomrisiko und erreicht einen Gipfel nach ca. 5 Jahren (HR 1,8; 95 %-Konfidenzintervall: 1,63-1,99). Das erhöhte Risiko war nur für Östrogenrezeptor-positive Mammakarzinome nachweisbar [2].
  • Theoretisches Risiko, bis zum Alter von 74 Jahren an Brustkrebs zu erkranken: ca. 8 %.
  • Männer, die an Brustkrebs erkranken, sind im Mittel bei Diagnose älter (68,4 Jahre) als betroffene Frauen (63,0 Jahre).

Genetische Prädisposition

  • Nur in etwa 10 % der Fälle sind angeborene genetische Veränderungen (Mutationen in den Genen BRCA-1 auf Chromosom 17 und BRCA-2 auf Chromosom 13) für die Erkrankung verantwortlich.
  • Trägerinnen einer BRCA-Mutation haben ein 60-80 % höheres Risiko zu erkranken als die Normalbevölkerung.
  • Diese Frauen erkranken deutlich früher (etwa 20 Jahre).
  • Erhöhtes Risiko für kontralaterales Mammakarzinom (bis 60 %) und Ovarialkarzinom (bis zu 40 %).
  • Neu entdeckte Gene RAD51C und RAD51D zeigen ähnliche Risikoprofile.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)

  • Ca. 1 % der weiblichen Bevölkerung in Deutschland ist betroffen.
  • Ab dem 50. Lebensjahr sind circa 2 % aller Frauen betroffen.
  • Lebenszeitprävalenz weltweit: 3-22 %; in Deutschland: 12 %.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen)

  • Ca. 123 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr in Deutschland.
  • Die linke Brust ist statistisch häufiger betroffen als die rechte Brust.

Verlauf und Prognose

Entscheidend für den Verlauf ist neben der Größe und der Aggressivität des Tumors der Befall der Lymphknoten in den Achselhöhlen. Falls diese frei von Tumorzellen sind, besteht eine hohe Chance der Heilung. 

Die Prognose des Mammakarzinoms hängt stark von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Größe und Aggressivität des Tumors sowie der Befall der Lymphknoten. Ein entscheidender Prognosefaktor ist der Befall der Lymphknoten in den Achselhöhlen: Wenn diese frei von Tumorzellen sind, besteht eine hohe Chance auf Heilung. Je mehr Lymphknoten betroffen sind, desto schlechter ist im Allgemeinen die Prognose.

  • Rezidivrate: Das Mammakarzinom kann rezidivierend auftreten. Etwa 7-20 % der Patientinnen erleiden ein intramammäres Rezidiv (Wiederauftreten der Erkrankung nach brusterhaltender Operation). Die Rezidivrate (Rate des Wiederauftretens) liegt in den ersten zehn Jahren nach einer erfolgreichen Brustkrebsbehandlung bei 5-10 %.
  • Mortalität: Die Mortalität (Sterberate) beträgt 41 pro 100.000 Frauen pro Jahr. Seit 2019 steht das Mammakarzinom bei Tumorsterbefällen bei Frauen im Rang drei. Männer mit Mammakarzinom haben höhere Mortalitätsraten als Frauen; die voll adjustierte Gesamtmortalität der Männer liegt um 19 % höher als bei den Frauen [3].
    • Mortalität bei postpartalem Mammakarzinom: Im Zeitfenster zwischen fünf und zehn Jahren nach der letzten Geburt geht eine Brustkrebsdiagnose mit einer deutlich erhöhten Mortalität einher – im Vergleich zu erkrankten nulliparen Frauen [8].
  • Überlebensrate: Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei Frauen bei circa über 90 % im Stadium 0 und I. Im Stadium II und III liegt sie zwischen 82 und 44 %. Im Stadium IV liegt sie bei circa 14 %. Frauen mit inflammatorischem Mammakarzinom (IBC) haben signifikant schlechtere Überlebenschancen: Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt nur rund 59 % verglichen mit 87 % in der Kontrollgruppe [7].
  • Langzeitüberleben: Die adjuvante Therapie hat in den vergangenen 40 Jahren das Metastasierungsrisiko (Risiko des Auftretens von Tochtergeschwülsten) reduziert und das Überleben von Frauen mit invasivem Mammakarzinom erheblich verbessert. Frauen mit der Diagnose eines duktalen Carcinoma in situ (DCIS) haben ein dreimal so hohes Risiko, infolge eines Mammakarzinoms zu sterben, wie Frauen ohne DCIS. Junge Trägerinnen von BRCA1- oder BRCA2-Mutationen haben in den ersten 10 Jahren nach der Diagnose eines Mammakarzinoms dieselben Überlebenschancen wie Patientinnen ohne BRCA-Mutation [1].
  • Kontralaterales Mammakarzinom: Patientinnen, die ein kontralaterales Mammakarzinom entwickeln, haben kein schlechteres Überleben als diejenigen, deren andere Brust gesund bleibt. Tritt allerdings das kontralaterale Mammakarzinom recht früh nach dem ersten Tumor auf oder ist der Tumor HR+/HER2-, dann ist das Mortalitätsrisiko (Sterberisiko) erhöht [6].

Komorbiditäten (Begleiterkrankungen)

Langzeitüberlebende eines Mammakarzinoms zeigen im Vergleich mit einer Kontrollgruppe ohne diese Diagnose in einem Verlauf von 12 Jahren keine signifikanten Unterschiede in der Komorbiditätlast [5]. 

Literatur

  1. Copson E et al.:Germline BRCA mutation and outcome in young-onset breast cancer (POSH): a prospective cohort study. Lancet Oncol. 2018;19(2):169-80 doi:https://doi.org/10.1016/S1470-2045(17)30891-4
  2. Nichols HB et al.: Breast Cancer Risk After Recent Childbirth: A Pooled Analysis of 15 Prospective Studies. Ann Intern Med. 2018. doi: 10.7326/M18-1323
  3. Wang F et al.: Overall Mortality After Diagnosis of Breast Cancer in Men vs Women. JAMA Oncol. Published online September 19, 2019. doi:10.1001/jamaoncol.2019.2803
  4. Giannakeas V et al.: Association of a Diagnosis of Ductal Carcinoma In Situ With Death From Breast Cancer. JAMA Netw Open. 2020;3(9):e2017124. doi:10.1001/jamanetworkopen.2020.17124
  5. Möhl A et al.: Comorbidity Burden in Long-Term Breast Cancer Survivors Compared With a Cohort of Population-Based Controls From the MARIE Study. Cancer 2020; https://doi.org/10.1002/cncr.33363
  6. Kim H et al.: Survival After Development of Contralateral Breast Cancer in Korean Patients With Breast Cancer JAMA Netw Open. 2023;6(9):e2333557. doi:10.1001/jamanetworkopen.2023.33557
  7. Johnson Kai CC et al.: Survival outcomes seen with neoadjuvant chemotherapy in the management of locally advanced inflammatory breast cancer (IBC) versus matched controls. The Breast 2023; https://doi.org/10.1016/j.breast.2023.103591
  8. Zhang Z et al.: Postpartum Breast Cancer and Survival in Women With Germline BRCA Pathogenic Variants JAMA Netw Open. 2024;7(4):e247421. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.7421

Leitlinien

  1. Patientenleitlinie: Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium: Metastasierter Brustkrebs; Ratgeber für Patientinnen und Patienten. September 2018. Leitlinienprogramm Onkologie
  2. Patientenleitlinie: Brustkrebs im frühen Stadium; Ratgeber für Patientinnen und Patienten. Dezember 2018. Leitlinienprogramm Onkologie
  3. S3-Leitlinie: Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. (AWMF-Registernummer: 032-045OL), Juni 2021 Kurzfassung Langfassung