Weitere Therapie
Rheumatoide Arthritis

Allgemeine Maßnahmen

  • Nikotinrestriktion* (Verzicht auf Tabakkonsum)
  • Begrenzter Alkoholkonsum (Männer: max. 25 g Alkohol pro Tag; Frauen: max. 12 g Alkohol pro Tag)
  • Begrenzter Koffeinkonsum (max. 240 mg Koffein pro Tag; das entspricht 2 bis 3 Tassen Kaffee bzw. 4 bis 6 Tassen grünen/schwarzen Tee)
  • Normalgewicht* anstreben!
    Bestimmung des BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) bzw. der Körperzusammensetzung mittels der elektrischen Impedanzanalyse
    • BMI ≥ 25 → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm
    • Unterschreitung der BMI-Untergrenze (ab dem 25. Lebensjahr: 20; ab dem 35. Lebensjahr: 21; ab dem 45. Lebensjahr: 22; ab dem 55. Lebensjahr: 23; ab dem 65. Lebensjahr: 24) → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Programm für Untergewichtige
    • BMI-Rechner – ermitteln Sie Ihren gesunden Gewichtsbereich! (Anzeige)
  • Schuhwerk überprüfen und ggf. von einem orthopädischen Schuhmacher beraten lassen. Schuhwerk sollte folgende Voraussetzungen erfüllen:
    • Weiches, nahtfreies Obermaterial, um zu verhindern dass lokale Druckstellen entstehen können. Bei der
    • Schulenge und -weite müssen ausreichend dimensioniert sein.
    • Um die Vorfußbelastung so gering wie möglich zu halten sollte auf Absätze verzichtet werden.
    • Falls Patienten Handdeformitäten haben, sollten Schuhe mit Klettverschluss ausgewählt werden.
    • Da bei Patienten häufig die Optik mehr zählt als die Bequemlichkeit, muss er ggf. auch modern sein und die richtige Farbe haben.
  • Vermeidung von Umweltbelastungen:
    • Männer mit beruflichem Kontakt zu anorganischen Stäuben oder Vibrationen – wie sie zum Beispiel beim Bedienen von Presslufthammern auftreten – wiesen einer schwedischen Studie zufolge ein höheres Risiko für eine rheumatoide Arthritis auf [2].
    • Insbesondere Quarzstäube werden ursächlich vermutet [1].
    • Frauen, die als Graphikerinnen oder im Farbdruck tätig waren, hatten ebenfalls ein erhöhtes Risiko [2]

*Rauchverzicht und Normalgewicht erhöht die Remissionschance (Einfluss auf das Therapieansprechen).

Impfungen

Die nachfolgenden Impfungen sind angeraten, da eine Infektion häufig zur Verschlechterung der vorliegenden Erkrankung führen kann:

  • COVID-19-Impfung (Hinweis: Die Überprüfung des Immunstatus nach der Impfung erscheint wichtig, um frühzeitig Impfversager/-innen zu identifizieren und Impfdurchbrüche zu verhindern; eine rasche dritte Impfung ist im Regelfall erforderlich!)
  • Grippe-Impfung
  • Hepatitis A- und B-Impfung (so oft wiederholen, bis der Anti-HBS-Titer erreicht ist)
  • Herpes zoster-Impfung (wg. Zosterrisiko bei rheumatoider Arthritis (RA): fast zehnmal höher als in der Allgemeinbevölkerung): fast zehnmal höher als in der Allgemeinbevölkerung); einigen Leitlinien empfehlen die Impfung bereits ab einem Alter von 50 Jahren
    • Beachte: Die Impfung von RA-Patienten sollte möglichst vor dem Beginn einer Therapie mit Biologika oder Hemmstoffen der Janus-Kinase (JAK) erfolgen. Die American College of Rheumatology (ACR) rät zu einer Immunisierung mindestens zwei Wochen vor Therapiebeginn.
      In einer Studie konnte nachgewiesen werden, dass Patienten, die zwei bis drei Wochen nach einer Herpes-zoster-Impfung mit dem JAK-Hemmer Tofacitinib behandelt wurden, einen ähnlich guten Impfschutz wie RA-Kranke unter Placebo hatten [4].
    • Nicht geimpft werden sollte bei Patienten mit niedriger CD4-Zellzahl sowie bei laufender Biologika-Therapie oder hoch dosierter Behandlung mit Glucocorticosteroiden.
    • Bei RA-Patienten, die unter einer Biologika-Therapie versehentlich eine Herpes zoster-Impfung erhalten hatten, trat 6 Wochen nach der Impfung kein einziger Fall von Herpes zoster auf [3].
  • HPV-Impfung (auch im Erwachsenenalter)
  • Pneumokokken-Impfung
    Beachte: Immunsupprimierte sollten sequentiell mit dem 13-valenten Konjugatimpfstoff PCV13 und sechs bis zwölf Monate später mit dem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff PPSV23 gegen Pneumokokken geimpft werden.
  • Falls im Kindesalter nicht oder nicht vollständig durchgeführt: Masern (notwendige Lebendimpfung auch bei Immunsuppression), Mumps, Varizellen (Windpocken), Röteln, Polio
  • Auffrischimpfungen empfehlenswert: Tetanus, Diphtherie, Pertussis

Konventionelle nicht-operative Therapieverfahren

  • Die Radiosynoviorthese (RSO, von radio radioaktives Isotop, Synovialis Gelenkschleimhaut, Orthese Wiederherstellung; kurz RSO) gehört zu den nuklearmedizinischen Verfahren, die therapeutisch in der Rheumatologie und Orthopädie zur Behandlung von chronisch-entzündlichen Gelenkerkrankungen eingesetzt werden. Die Wiederherstellung der Synovialis beruht dabei auf dem Einsatz von Beta-Strahlern (Radionukleotide). Die Betastrahlung ist eine ionisierende Strahlung, die bei einem radioaktiven Zerfall, dem Betazerfall, auftritt. Diese Radionuklide werden in die Gelenkhöhle appliziert, sodass ein vorliegender Entzündungsprozess inhibiert (angehalten) werden kann. Die Nutzung des Verfahrens stellt somit eine Alternative zur chirurgischen Entfernung der Synovialis (Gelenkinnenhaut) dar.
    Die Rheumatoide Arthritis stellt die Hauptindikation für die Anwendung der Radiosynoviorthese dar. In Abhängigkeit vom Stadium der Arthritis lassen sich nahezu 75 % der frühen rheumatoiden Arthritiden erfolgreich mittels Radiosynoviorthese behandeln. Erfolgt die Behandlung in einem späteren Stadium, so sind die Erfolgschancen deutlich gemindert.

Medizinische Hilfsmittel

  • Zur Schmerzlinderung können starre oder funktionelle Orthesen eingesetzt werden. Eine Orthese ist medizinisches Hilfsmittel, das zur Stabilisierung, Entlastung, Ruhigstellung, Führung oder Korrektur von Gliedmaßen oder des Rumpfes eingesetzt wird.
  • Versorgung mit Hilfsmitteln wie beispielsweise Schienen, Unterarmgehstützen, Schuheinlagen, Strumpfanzieher, Knöpfhilfe, Greifzange, Stiftverdickung etc.

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen

  • Regelmäßige ärztliche Untersuchungen zur Kontrolle der Krankheitsaktivität; zu Therapiebeginn alle zwei Wochen, dann alle vier Wochen und dauerhaft alle drei Monate.

Ernährungsmedizin

  • Ernährungsberatung auf der Grundlage einer Ernährungsanalyse
  • Ernährungsempfehlungen gemäß einem Mischköstler unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkrankung. Das bedeutet u. a.:
    • täglich insgesamt 5 Portionen frisches Gemüse und Obst (≥ 400 g; 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst)
  • Beachtung folgender spezieller Ernährungsempfehlungen:
    • Früchte und Gemüse: enthalten Pflanzenfasern (Ballaststoffe) die positiv auf das da Mikrobiom wirken und antiinflammatorische Wirkungen entfalten können.
    • Rote und blaue Beeren: enthalten Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, die wichtige antioxidative und Anti inflammatorische Eigenschaften aufweisen.
    • Grüner Tee: enthält das antioxidativ wirkenden Flavanone wie Epigallocatechin-3-Galat (EGCG).
    • Kakao: wirkt antioxidativ und antiinflammatorisch
    • ballaststoffreiche Ernährung (Vollkornprodukte, Gemüse) → kurzkettige Fettsäuren Propionat und Butyrat, die innerhalb von Gärprozessen der Darmbakterien gebildet werden, wirken antiinflammatorisch und haben zugleich einen positiven Effekt auf die Knochenfestigkeit (Zahl der Osteoklasten/knochenabbauenden Zellen wird verringert) [6].
    • Gewürze (Chili, Curcuma): wirken antiinflammatorisch; Capsaicin ein Alkaloide (enthalten in verschiedenen Paprikasorten, wie Chili und Cayennepfeffer) moduliert neurogene Schmerzen bei der rheumatoiden Arthritis.
    • Meiden bzw. nur in Maßen
      • Kaffee und Alkohol
      • Lebensmittel mit hohem Gehalt an Arachidonsäure (tierische Lebensmittel wie Schweinefleisch und -produkte, Thunfisch)
      • Zucker
      • salzarme Ernährung (max. 5 g Kochsalz/Tag)
    • Ernährung reich an:
      • Vitaminen (C, D, E, B6)
      • Calcium (wg. hohes Risikos für Osteoporose)
      • Spurenelementen (Eisen, Kupfer, Mangan, Selen, Zink)
      • Fettsäuren
        • Omega-3-Fettsäuren (Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) – wenigstens ein- bis zweimal pro Woche frischen Seefisch, d. h. fette Meeresfische wie Lachs, Hering, Makrele)
        • Omega-6-Fettsäuren – Gamma-Linolensäure (GLA)
        • Omega -9-Fettsäuren – Ölsäure/Oleinsäure (in Olivenöl: "extra vergine")
        • Conjugierte Linolsäure (CLA)
      • Proteine wg. Eiweißmangel – Rheumapatienten verlieren schnell Muskelmasse
      • Sekundären Pflanzenstoffen (Curcumin, Bromelain aus Ananas-Extrakt)
      • Weiteren Vitalstoffen (Chondroitinsulfat, Glucosaminsulfat, Hesperitin, Kollagene)
    • Da die Erkrankung mit Entzündungsprozessen einhergeht, sollten Erkenntnisse in Bezug auf eine antiinflammatorische Ernährung auch Grundlage der Ernährung bei rheumatoider Arthritis sein. Siehe unter Ernährung bei „Subklinische Inflammation“
  • Auswahl geeigneter Lebensmittel auf Grundlage der Ernährungsanalyse
  • Siehe auch unter "Therapie mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe)" – ggf. Einnahme eines geeigneten Nahrungsergänzungsmittels
    Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
    Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
  • Detaillierte Informationen zur Ernährungsmedizin erhalten Sie von uns

Sportmedizin

  • Ausdauertraining (Cardiotraining) und Krafttraining (Muskeltraining)
  • Um die Funktion zu erhalten, müssen kranke Gelenke bewegt werden: Funktionstraining, Rehabilitationssport und vor allem langsame Sportarten mindern bei Menschen mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen die Schmerzen und verbessern ihre Beweglichkeit.
  • Allgemein sind Sportarten mit langsamen Bewegungsabläufen – wie etwa Schwimmen, Nordic Walking, Radfahren – geeigneter, und die Trainingseinheiten sollten häufig und dafür kurz gewählt werden. Falls viele Gelenke entzündet sind, bietet sich eine Bewegungstherapie in warmem Wasser an.
  • Muskeltraining ist ebenso erforderlich. Denn eine kräftige Muskulatur stabilisiert und entlastet die Gelenke. Muskeltraining allerdings nur unter physiotherapeutischer Anleitung und nur in ruhigen Phasen der Krankheit.
  • Erstellung eines Fitness- bzw. Trainingsplans mit geeigneten Sportdisziplinen auf der Grundlage eines medizinischen Checks (Gesundheitscheck bzw. Sportlercheck)
  • Detaillierte Informationen zur Sportmedizin erhalten Sie von uns.

Physikalische Therapie (inkl. Physiotherapie)

Folgende Therapiemaßnahmen kommen zusätzlich zu einer medikamentösen Therapie zum Einsatz. Sie haben das Ziel, die Gelenkbeweglichkeit und Muskelkraft zu verbessern, die Funktion zu erhalten und so die Lebensqualität der Patienten langfristig zu erhöhen:

  • Physiotherapie, Massagen, manuelle Medizin
  • Balneologische Verfahren, medizinische Klimatologie
  • Elektrotherapie (nieder-, mittel- und hochfrequenter Strom) – hydrogalvanische Anwendungen führen bei der rheumatoiden Arthritis zu einer Besserung von Alltagsfunktionen
  • Funktionstraining
  • Krankengymnastik/Bewegungstherapie
  • Medizinische Trainingstherapie – positiver Effekt eines dynamischen Trainings auf aerobe Ausdauer, Beweglichkeit und Muskelkraft [5]
  • Thermotherapie (Wärme- und Kältetherapie/Kryotherapie)
  • Ultraschall
  • Unterwasserbewegungstherapie

Komplementäre Behandlungsmethoden

  • Jeder Patient/in mit rheumatoider Arthritis sollte eine Ergotherapie bekommen, um eine Verbesserung der Beweglichkeit und den Erhalt und Wiederherstellung der Selbständigkeit im Alltag zu erzielen. Sie beinhaltet eine Versorgung mit Hilfsmitteln – Schienen, Unterarmgehstützen, Schuheinlagen, Strumpfanzieher, Knöpfhilfe, Greifzange, Stiftverdickung etc.

Organisationen und Selbsthilfegruppen

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
    Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
    Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300 E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de
  • Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e. V.
    Maximilianstraße 14, 53111 Bonn
    Telefon: 0228 76 60 60, Telefax: 0228 76 60 620, E-Mail: bv@rheuma-liga.de, Internet: www.rheuma-liga.de

Literatur

  1. Oliver JE, Silman AJ. Risk factors for the development of rheumatoid arthritis. Scand J Rheumatol. 2006 May-Jun;35(3):169-74. Review.
  2. Olsson AR, Skogh T, Axelson O, and Wingren G. Occupations and exposures in the work environment as determinants for rheumatoid arthritis. Occup Environ Med. 2004; 61:233-238.
  3. Zhang J et al.: Association between vaccination for herpes zoster and risk of herpes zoster infection among older patients with selected immune-mediated diseases. JAMA. 2012 Jul 4;308(1):43-9. doi: 10.1001/jama.2012.7304.
  4. Winthrop KL et al.: The Safety and Immunogenicity of Live Zoster Vaccination in Rheumatoid Arthritis Patients Before Starting Tofacitinib: A Randomized Phase II Trial. Arthritis Rheumatol 2017, online 28. August. https://doi.org/10.1002/art.40187
  5. Hurkmans E, van der Giesen FJ, Vliet Vieland TP et al.: Dynamic exercise programs (aerobic capacity and/or muscle strength) in patients with rheumatoid arthritis. Cochrane Database Syst Rev. 2009 Oct 7;(4):CD006853. doi: 10.1002/14651858.CD006853.pub2.
  6. Lucas S et al.: Short-chain fatty acids regulate systemic bone mass and protect from pathological bone loss. Nature Communicationsvolume 9, Article number: 55 (2018) doi:10.1038/s41467-017-02490-4

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Management der frühen rheumatoiden Arthritis. (AWMF-Registernummer: 060-002), Dezember 2019 Kurzfassung Langfassung
     
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