Folgeerkrankungen
Rheumatoide Arthritis

Im Folgenden die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen, die durch die rheumatoide Arthritis mit bedingt sein können:

Atmungssystem (J00-J99)

  • Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
  • Kaplan-Syndrom – unklare Kombination von Lungenfibrose und Pneumokoniose (Lungenerkrankungen durch Exposition von Stäuben)
  • Lungenfibrose – bindegewebiger Umbau des Lungengewebes (10-30 %)
  • Pleuritis (Rippenfellentzündung)
  • Pneumonitis – Sammelbegriff für jede Form der Lungenentzündung (Pneumonie), welche nicht die Alveolen (Lungenbläschen), sondern das Interstitium bzw. den Zellzwischenraum betrifft

Augen und Augenanhangsgebilde (H00-H59)

  • Episkleritis – Entzündung von Bindegewebsschichten auf der Lederhaut (0,17-3 % der Fälle)
  • Keratoconjunctivitis sicca (KCS) – Entzündung der Augenbindehaut, die mit einer verminderten Tränensekretion und Keratitis einhergeht (ca. 15-28 % der Fälle)
  • Skleritis – Entzündung der Lederhaut (0,6-6 % der Fälle)

Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)

  • Anämie (Blutarmut)
  • Lymphoproliferatives Syndrom (LPS) – Erkrankung, die mit Lymphadenopathie (Erkrankung der Lymphknoten) und Lymphozytose (Vermehrung der Lymphozyten) einhergeht (2- bis 3-fach erhöhtes Risiko im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung)

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • AA-Amyloidose – extrazelluläre ("außerhalb der Zelle") Ablagerungen von Amyloiden (abbauresistente Proteine), die u. a. zu einer Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung), Neuropathie (Erkrankung des peripheren Nervensystems) und Hepatomegalie (Lebervergrößerung) führen können.
  • Hyperlipidämie (erhöhte Blutfettwerte)
  • Hypothyreose/Schilddrüsenunterfunktion, latente (Koinzidenz: circa 7 %)

Haut und Unterhaut (L00-L99)

  •  Generalisierte Vaskulitis (Gefäßentzündung)

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung)
  • Herzvitien (Herzklappenfehler) [7]: 
    • Aorteninsuffizienz: Odds Ratio (OR) 1,7
    • Aortenstenose: OR 5,2
    • Mitralinsuffizienz: OR 3,4
    • Mitralklappenprolaps: OR 2,2
    • Trikuspidalinsuffizienz: OR 5,3
  • Kardiovaskuläre Folgeerkrankungen
    • Apoplex (Schlaganfall) – dreimal so häufig atherosklerotische Plaques in den Carotiden wie Gesunde [1]
    • Herzinsuffizienz, nicht ischämische (Herzschwäche, die nicht durch eine Minderdurchblutung des Herzmuskels bedingt ist)
    • Hypertonie (Bluthochdruck)
    • Koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung)
    • Myokardinfarkt (Herzinfarkt) doppelt so häufig wie in der Normalbevölkerung
      • Überlebenswahrscheinlichkeit sechs Jahre nach Myokardinfarkt bei RA-Kranken zwischen 50 und 60 Prozent, bei Nichtrheumatikern jedoch zwischen 70 und 80 Prozent [2]
      • Mortalitätsrate (Sterberate) 30 Tage nach Infarkt liegt bei RA-Kranken bei 18 %, bei Patienten ohne RA bei 11 % [3]
      • unter Anti-TNF-Therapie statistisch signifikantes 39 % geringeres Risiko für Myokardinfarkte [6]
    • QT-Verlängerung (kumulative Inzidenz: 48 %) [7]
    • venöse Thromboembolie (VTE), dreifach erhöht [5]
    • Vorhofflimmern (VHF) OR 1,41 [7] → Apoplexrisiko (Schlaganfallrisiko) ↑ [4]
  • Perikarderguss (Herzbeutelerguss) OR 10,7 [7]
  • Perikarditis (Herzbeutelentzündung)

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Herpes zoster (Gürtelrose)
  • Sepsis (Blutvergiftung)

Leber, Gallenblase und Gallenwege – Pankreas (Bauchspeicheldrüse) (K70-K77; K80-K87)

  • Primär biliäre Cholangitis (PBC, Synonyme: nichteitrige destruierende Cholangitis; früher primär biliäre Zirrhose) – relativ seltene Autoimmunerkrankung der Leber (betrifft in ca. 90 % der Fälle Frauen); beginnt primär biliär, d. h. an den intra- und extrahepatischen ("innerhalb und außerhalb der Leber") Gallenwegen, die durch eine Entzündung zerstört werden (= chronisch nichteitrige destruierende Cholangitis). Im längeren Verlauf greift die Entzündung auf das gesamte Lebergewebe über und führt schließlich zu einer Vernarbung bis hin zur Zirrhose; Nachweis antimitochondrialer Antikörper (AMA); PBC ist häufig assoziiert mit Autoimmunerkrankungen (Autoimmunthyreoiditis, Polymyositis, systemischer Lupus erythematodes (SLE), progressive systemische Sklerose, rheumatoider Arthritis); in 80 % der Fälle mit einer Colitis ulcerosa (chronisch-entzündliche Darmerkrankung) assoziiert; Langzeitrisiko für ein cholangiozelluläres Karzinom (CCC; Gallengangskarzinom, Gallengangskrebs) liegt bei 7-15 %

Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

  • Gastrointestinale Ulzera – Geschwüre des Verdauungstraktes insbesondere als Nebenwirkung der therapeutisch eingesetzten Medikamente
  • Parodontitis – entzündliche Erkrankungen des Zahnhalteapparates (Parodont)

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)

  • Atlanto-axiale Subluxation Subluxation (unvollständige Ausrenkung) des Gelenks zwischen erstem Halswirbel (Atlas) und zweiten Halswirbel (Axis) durch Lockerung des Lig. transversum und Arrosion ("Zerstörung des Knochens") des Dens axis (Zahn des Axis), die zu einer Kompression des zervikalen ("zum Hals gehörigen") Rückenmarks führen kann; präventive regelmäßige Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule bzw. Magnetresonanztomographie (MRT)
  • Bewegungs- und Berufsunfähigkeit aufgrund der starken Gelenkschädigungen bzw. -zerstörungen
  • Felty-Syndrom – Schwere Verlaufsform der rheumatoiden Arthritis, fast immer Rheumafaktor-positiv, vor allem bei Männern zwischen dem 20.und 40. Lebensjahr auftretend. Geht mit Hepatosplenomegalie (Leber- und Milzvergrößerung), Leukozytopenie (Verminderung der Zahl der weißen Blutkörperchen/Leukozyten) und Thrombozytopenie (Verminderung der Zahl der Blutplättchen/Thrombozyten) einher.
    Das Felty-Syndrom tritt in der Regel erst nach einem längeren Verlauf der chronischen Polyarthritis auf
  • Gelenkfehlstellungen
  • Muskelatrophie (Rückbildung der Muskulatur) mit dadurch bedingter Schwäche:
    • eingesunkene Zwischenzehenräume (wg. Atrophie der Mm. interossei)
    • Daumenballenatrophie
  • Osteoporose (Knochenschwund) (ca. 40-50 % der Patientinnen in der Postmenopause)
  • Rheumatoide Arthritis
    • Kiefergelenk (40-90 % der Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis)
    • Schulter (50-80 % der Fälle); zunehmend dabei auch Leistungsdefizite der Rotatorenmanschette (Gruppe von vier Muskeln und ihren Sehnen, die das Dach des Schultergelenks bilden)
  • Schulterschmerzen – Wenn Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) über Schulterschmerzen klagen, liegt mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit eine Synovialitis (Gelenkschleimhautentzündung) vor.
  • Sjögren-Syndrom (Gruppe der Sicca-Syndrome) – Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen, die zu einer chronisch entzündlichen Erkrankung der exokrinen Drüsen, am häufigsten der Speichel- und Tränendrüsen, führt; typische Folgeerkrankungen bzw. Komplikationen des Sicca-Syndroms sind:
    • Keratokonjunktivitis sicca (Syndrom des trockenen Auges) aufgrund fehlender Benetzung von Horn- und Bindehaut mit Tränenflüssigkeit
    • erhöhte Kariesanfälligkeit durch Xerostomie (Mundtrockenheit) aufgrund verminderter Speichelsekretion
    • Rhinitis sicca (trockene Nasenschleimhäute), Heiserkeit und chronischer Hustenreiz sowie eine gestörte Sexualfunktion durch Störung der Schleimdrüsenproduktion des Respirationstraktes und der Genitalorgane
  • Ulnardeviation (Abspreizung der Finger in Richtung Außenseite der Hand) der Fingergrundgelenke wg. Subluxationen (unvollständige Ausrenkung eines Gelenks, wobei der Gelenkkopf sich noch teilweise in der Gelenkpfanne befindet) der Handwurzelgelenke

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Lymphome – bösartige Tumoren, die vom Lymphsystem ausgehen (60-80 % höheres Risiko)
  • Malignomrisiko unter antirheumatischer Therapie: Im Vergleich zur alters- und geschlechtsangepassten Gesamtbevölkerung hatten behandelte RA-Patienten ein um durchschnittlich 20 Prozent erhöhtes Risiko. Hier die Zahlen dazu im Einzelnen [11]: 
    • Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) (SIR 1,41)
    • Blasenkarzinom (SIR 2,38)
    • Hodgkin-Lymphom (SIR 2,73)
    • Follikuläres Lymphom (SIR 2,16)
    • Diffus großzelliges B-Lymphom (SIR 1,79)
    • Multiples Myelom (SIR 1,42)
    • Melanome (SIR 1,37)
    • Prostatakarzinom (SIR 1,08)

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Angststörungen
  • Depression
  • Karpaltunnelsyndrom (KTS) ‒ Kompressionssyndrom (Engpasssyndrom) des Nervus medianus im Bereich des Handwurzelkanals
  • Morbus Parkinson – bei seropositiven Personen mit rheumatoider Arthritis ist die Gefahr, an Morbus Parkinson zu erkranken im Vergleich zur übrigen Bevölkerung verdoppelt; bei seronegativen Rheumapatienten und solche, die mit Biologika behandelt wurden, ergab sich kein erhöhtes Parkinsonrisiko [10].

Symptome und abnorme klinische und Laborparameter, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)

  • Fatigue (Müdigkeit; 30-80 %)
  • Kachexie (rheumatoide Kachexie; Auszehrung, sehr starke Abmagerung)
  • Sturzneigung

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)

Prognosefaktoren

  • Höheres Alter bei Beginn der Erkrankung (> 60 Jahre)
  • Weibliches Geschlecht
    • größere Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit und die krankheitsbedingte Mortalität (Sterberate) ist höher
    • Frauen in der Postmenopause mit rheumatoider Arthritis müssen mit einer beschleunigten und verstärkten Zunahme ihrer Gelenkbeschwerden rechnen [9].
  • Schlechte ökonomische Bedingungen und fehlende soziale Bezugssysteme
  • Niedriges Bildungsniveau
  • Rauchen
  • Positiver Rheumafaktor und/oder Antikörper gegen citrullinierte Peptide/Proteine
  • Bereits eingetretene knöcherne Destruktion (Erosionen, Knochenödem)
  • Parodontitis (Erkrankung des Zahnhalteapparates) – Parodontitistherapie konnte die Aktivität der rheumatoiden Arthritis senken [8]
  • Verzögerter Therapiebeginn mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten (DMARDs)

Literatur 

  1. Roman MJ, Moeller E, Davis A, Paget SA, Crow MK, Lockshin MD, Sammaritano L, Deverex RB, Schwarz JE, Levine DM, Salmon JE.
    Preclinical carotid atherosclereosis in patients with rheumatoid arthritis. Ann Int Med 144, 2006, 249
  2. Södergren A, Stegmayr B, Lundberg V, Ohman ML, Wallberg-Jonsson S. Increased incidence of an impaired prognosis after acute myocarial infarcation among patients with seropositive arthritis. Ann Rheum Dis 66, 2007, 263
  3. Van Doornum S, Brand C, King B, Sundararajan V.: Increased case fatality rates following a first acute cardiovascular event in patients with rheumatoid arthritis.
    Arthritis Rheum 54, 2006, 2061
  4. Lindhardsen J, Ahlehoff O, Gisalson H: Risk of atrial fibrillation and stroke in rheumatoid arthritis: danisch nationwide cohort study. BMJ 2012; 344e1257, published online doi:10.1136/bmj.e1257
  5. Chung WS et al.: Rheumatoid arthritis increases the risk of deep vein thrombosis and pulmonary thromboembolism: a nationwide cohort study. Ann Rheum Dis 2013; 0: 1–7; doi:10.1136/annrheumdis-2013-203380
  6. Low ASL et al.: Relationship between exposure to tumour necrosis factor inhibitor therapy and incidence and severity of myocardial infarction in patients with rheumatoid arthritis. Ann Rheum Dis. 10. Januar 2017, doi: 10.1136/annrheumdis-2016-209784
  7. Corrao S, Messina S, Pistone G, Calvo L, Scaglione R, Licata G: Heart involvement in rheumatoid arthritis: systematic review and meta-analysis. Int J Cardiol 2013 Sep 1;167(5):2031-8. doi: 10.1016/j.ijcard.2012.05.057. Epub 2012 Jun 15.
  8. Calderaro DC, Corrêa JD, Ferreira GA et al.: Influence of periodontal treatment on rheumatoid arthritis: a systematic review and meta-analysis. Rev Bras Reumatol Engl Ed 2017 May - Jun;57(3):238-244. doi: 10.1016/j.rbre.2016.11.011. Epub 2017 Jan 4.
  9. Mollard E et al.: The impact of menopause on functional status in women with rheumatoid arthritis. Rheumatology, kex526, https://doi.org/10.1093/rheumatology/kex526 Published: 29 January 2018
  10. Kang J et al.: Rheumatoid Arthritis and Risk of Parkinson Disease in Korea. JAMA Neurol 2023; https://doi.org/10.1001/jamaneurol.2023.0932
  11. Beydon M et al.: Risk of cancer for patients with rheumatoid arthritis versus general population: a national claims database cohort study Lancet Regional Health - Europe 2023;35:100768 https://doi.org/10.1016/j.lanepe.2023.100768
     
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