Medikamentöse Therapie
Polyzystisches-Ovar-Syndrom (PCO-Syndrom)

Therapieziel

  • Reduktion der Androgenbildung in den Ovarien und/oder den Nebennierenrinden

Therapieempfehlungen

Die Therapieempfehlungen richten sich nach dem Wunsch der Patientin, sowie der im Vordergrund stehenden klinischen Symptomatik:

  • Antikonzeptionswunsch
  • Hautsymptomatik (Akne, Alopecie, Hirsutismus)
  • Insulinresistenz/Metabolisches Syndrom
  • Kinderwunsch
  • Zyklusregulierung

Die Art der Therapie, ob lokal oder systemisch, ist abhängig vom Schweregrad der Androgenisierung und der Situation der Patientin (prämenopausal, mit oder ohne Kinderwunsch bzw. Kontrazeptionswunsch oder postmenopausal). Es gibt keine allgemein verbindlichen Richtlinien zur Therapie.

Diät und Bewegung sollte im Vordergrund der therapeutischen Maßnahmen stehen! Häufig führt alleine die Gewichtsreduktion bereits zu einer Normalisierung des Zyklus und der Follikelreifung (Eizellreifung); es zeigen sich signifikante Verbesserungen in Bezug auf das follikelstimulierende Hormon (FSH), das Sexualhormon-bindende Globulin (SHBG), das Gesamttestosteron, das Androstendion, den freien Androgenindex und den FG-Score (Ferriman-Gallwey-Score zur Quantifizierung des Hirsutismus/vermehrte androgenabhängige Behaarung) [9].

Bei Kontrazeptionswunsch bietet sich als Initialpräparat ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum (Östrogen-Gestagen-Kombination) mit einem antiandrogenen Gestagen an.

Bei Kontraindikation bzw. ohne Wunsch einer Kontrazeption bieten sich Antiandrogene wie Spironolacton oder Finasterid an (kontraindiziert in der Schwangerschaft). Bei Kinderwunsch reduzieren diese bis zum Eintritt der Gravidität die freien Testosteronspiegel. Bei ungenügender Wirkung kann eventuell eine Kombination mehrerer Präparate notwendig oder sinnvoll sein z. B. Östrogene mit einem antiandrogen wirksamen Gestagenen und dem nicht-steroidalen Adrogenrezeptorblocker Finasterid oder dem Aldosteronantagonisten Spironolacton.

Metformin (Arzneistoff aus der Gruppe der Biguanide) wird inzwischen als Mittel der ersten Wahl bei PCO-Syndrom und Metabolischen Syndrom zur Verbesserung der Insulinresistenz (verminderte Wirksamkeit des körpereigenen Insulins an den Zielorganen Skelettmuskulatur, Fettgewebe und Leber) angesehen. Die Gewichtsabnahme liegt im Mittel bei etwa 6-10 kg in 6 Monaten. Des Weiteren führt Metformin zur Senkung des systolischen Blutdrucks, der Triglyceride und Erhöhung des HDL-Cholesterins.

Beachte:
 

  • Siehe Einsatz von Metformin vor und während der Schwangerschaft bei Frauen mit PCOS und Kinderwunsch unter Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) [2].
  • Metformin in der Schwangerschaft erhöht das Körpergewicht des Kindes: in der Metformin-Gruppe waren gemäß einer Studie 26 Kinder (32 Prozent) im Alter von vier Jahren übergewichtig oder fettleibig gegenüber 14 Kindern (18 Prozent) in der Placebogruppe [15].
  • Metformineinnahme im 1.Trimenon (Schwangerschaftsdrittel) führt nur bei vorbestehendem Diabetes zu erhöhten Risiken für einen ungünstigen Ausgang der Schwangerschaft [16]:
    • bei Einschluss aller Indikationen – im Vergleich ohne Metforminexposition: erhöhte Rate der kongenitalen Fehlbildungen (5,1 % versus 2,1 %) sowie der Aborte und Fehlgeburten (20,8 % versus 10,8 %)
    • bei bekanntem Diabetes mellitus – im Vergleich zu allen Nichtexponierten: erhöhte Rate der kongenitalen Fehlbildungen (7,8 % versus 1,7 % (n. s.)) sowie der Aborte und Fehlgeburten (24,0 % versus 16,8 % (n. s.))
  • Nebeneffekt von Metformin: Absenkung des LDL-Cholesterins [10]
  • Leicht erhöhtes Risiko (10 %) für Epilepsie im Kindesalter: Das Risiko für eine idiopathische generalisierte Epilepsie war um 41 % und das für eine fokale Epilepsie um 26 % gesteigert, wenn die Mütter mit Clomifen behandelt worden waren [17].

Bei Kinderwunsch auf Grundlage der Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF) [12]: 

  1. Liegt bei Insulinresistenz eine Adipositas vor, ist der erste Schritt eine moderate Gewichtsabnahme. Im Ausnahmenfällen und bei ausgeprägter Insulinresistenz kann begleitend Metformin zur Verbesserung der Insulinsensitivität gegeben werden.
  2. Reicht Gewichtsreduktion bei PCOS-Patienten mit Adipositas nicht aus, um ovulatorische Zyklen zu erzielen, wird mit Clomifen stimuliert.
  3. Zeigt die Patientin eine Clomifenresistenz, wird mit FSH stimuliert.
  4. Liegt eine Insulinresistenz ohne Adipositas vor, wird direkt mit Metformin begonnen.
  5. Liegt keine Insulinresistenz vor, wird direkt mit Clomifen stimuliert.
  6. Metformingabe bei PCOS ohne Insulinresistenz? Da erste Hinweise auf direkte Effekte von Metformin vorliegen, kann alternativ Metformin bei allen PCOS Patientinnen als trial and error Versuch gegeben werden.
  7. Basierend auf den Metaanalysen von Palomba und Tso ist eine additive Metformingabe im Rahmen künstlicher Befruchtungstherapien zur Reduktion des OHSS-Risikos zu erwägen.

Weitere Hinweise

  • Clomifen: Leicht erhöhtes Risiko (10 %) für Epilepsie im Kindesalter: Das Risiko für eine idiopathische generalisierte Epilepsie war um 41 % und das für eine fokale Epilepsie um 26 % gesteigert, wenn die Mütter mit Clomifen behandelt worden waren [17].
  • Letrozol: 
    • Frauen mit polyzystischem Ovarsyndrom (PCO), die Letrozol erhielten,
      • erreichten eine signifikant (P = 0,022; absolute Differenz [95 % Konfidenzintervall] 18 % [3–33 %]) höhere Schwangerschaftsrate (61, %) als diejenigen unter Clomifen (43 %) [14].
      • hatten mehr kumulative Lebendgeburten als diejenigen, die Clomifen erhielten (103 von 374 [27,5%] vs. 72 von 376 [19,1%], p = 0,007; ohne signifikante Unterschiede bei den gesamten angeborenen Anomalien [13].
  • Semaglutid (GLPT-1(„glucagon-like peptide 1“)-Rezeptoragonist) – bei einem BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) > 35 kg/m[Details dazu siehe unter Adipositas/Medikamentöse Therapie]

Bei Late-Onset AGS (adrenogenitale Syndrom) sind Glucocorticoide das Medikament der ersten Wahl.

Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Literatur

  1. Geisthövel F: Diagnostik und Therapie der kutanen Androgenisierung im klimakterischen Übergang sowie in der Peri- und Postmenopause: Hirsutismus und Alopecie, J.Gynäkol Endokrinol 22 (2012) 6-15
  2. Göretzlehner G, Lauritzen C, Römer T, Rossmanith W: Praktische Hormontherapie in der Gynäkologie, De Gruyter 2011
  3. Ludwig M, Grave C, Hugo U: Orale Kontrazeptiva mit antiandrogen wirksamer gestagener Komponente, Teil 1: Grundlagen, Frauenarzt 47 (2006) 25-28
  4. Ludwig M, Grave C, Hugo U: Orale Kontrazeptiva mit antiandrogen wirksamer gestagener Komponente, Teil 2: Dermatologische Indikationen, PCOS, prämenopausaler Übergang, Kontraindikationen. Frauenarzt 47 (2006) 116-124
  5. Passuello V: Kutane Androgenisierung – Effluvium, Hirsutismus, Akne, J.Gynäkol Endokrinol 22 (2012) 14-17
  6. Wetzka B, Geisthövel F: Funktionelle Androgenisierung der Frau, Teil 1: Funktionelle Androgenisierung der Frau, Frauenarzt 53 (2012) 1162-1168
  7. Wallwiener LM, Rösner S, Goeckenjan M, Strowitzki T, Toth B: Therapieoptionen bei polyzystischem Ovarsyndrom mit und ohne Kinderwunsch. Gynäkologische Endokrinologie 2011; 9: 97-101
  8. Wetzka B, Geisthövel F: Funktionelle Androgenisierung der Frau, Teil 2: Therapiestrategien, Frauenarzt 54 (2013) 27-33
  9. Haqq L, McFarlane JR, Dieberg G, Smart NA: Lifestyle intervention and endocrine profile in polycystic ovarian syndrome: a meta-analysis.
    Endocr Connect. 2014 Jan 31.
  10. Xu T et al.: Effects of Metformin on Metabolite Profiles and LDL Cholesterol in Patients With Type 2 Diabetes. Diabetes Care 2015 Jul; dc150658. doi: 10.2337/dc15-0658
  11. FDA Drug Safety Communication: FDA revises warnings regarding use of the diabetes medicine metformin in certain patients with reduced kidney function. Drug Safety Communication 2016
  12. Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF): Einsatz von Metformin vor und während der Schwangerschaft bei Frauen mit PCOS und Kinderwunsch. DGGG-Stellungnahmensekretariat Juli 2015
  13. Legro RS et al.: Letrozole versus Clomiphene for Infertility in the Polycystic Ovary Syndrome N Engl J Med 2014; 371:119-129 July 10, 2014 doi: 10.1056/NEJMoa1313517
  14. Amer SA et al.: Double-blind randomized controlled trial of letrozole versus clomiphene citrate in subfertile women with polycystic ovarian syndrome. Human Reprod 2017: 1−8; doi:10.1093/humrep/dex227
  15. Hanem LGE et al.: Metformin use in PCOS pregnancies increases the risk of offspring overweight at 4 years of age; follow-up of two RCTs. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, jc.2017-02419, https://doi.org/10.1210/jc.2017-02419
  16. Panchaud A, Rousson V, Vial T et al. Pregnancy outcomes in women on metformin for diabetes or other indications among those seeking teratology information services. Br J Clin Pharmacol 2018;84:568-78. https://doi.org/10.1111/bcp.13481
  17. Kettner LO et al.: Fertility treatment with clomiphene citrate and childhood epilepsy: a nationwide cohort study. Human Reproduction 2021; https://doi.org/10.1093/humrep/deab110

Leitlinien

  1. Teede H et al.: Recommendations from the 2023 international evidence-based guideline for the assessment and management of polycystic ovary syndrome. NIH National Library od Medicine. Eur J Endocrinol . 2023 Aug 2;189(2):G43-G64. doi: 10.1093/ejendo/lvad096.

     
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