Tularämie (Hasenpest) – Einleitung
Bei der Tularämie – umgangssprachlich Hasenpest genannt – handelt es sich um eine Infektionserkrankung, die durch das gramnegative, kokkoide (kugelförmige), sporenlose Bakterium Francisella tularensis verursacht wird.
Thesaurus-Synonyme und ICD-10: Abdominale Tularämie; Augentularämie; Chrysops-Fieber; Francis-Krankheit; Gastrointestinale Tularämie; Generalisierte Tularämie; Hasenfieber; Hirschfliegen-Fieber; Infektion durch Francisella tularensis; Infektion durch Pasteurella tularensis; Ingestion bei Tularämie; Konjunktivitis durch Tularämie; Lemming-Fieber; Lungentularämie; Ohara-Krankheit; Okuloglanduläre Tularämie; Palvant-Tal-Krankheit; Parinaud-Krankheit; Francis-Krankheit; Nagerpest; Lemming-Fieber; Pneumonie bei Tularämie; Pulmonale Tularämie; Sepsis bei Tularämie; Septische Tularämie; Tracheobronchitis durch Francisella tularensis; Tularämie; Typhöse Tularämie; Ulzeroglanduläre Tularämie; Wildkaninchen-Krankheit; ICD-10-GM A21.-: Tularämie)
Die Erkrankung gehört zu den bakteriellen Zoonosen (Tierseuchen).
Man kann zwei Biovare des hochkontagiösen Erregers unterscheiden:
- Francisella tularensis biovar tularensis (Jellison Typ A)
- Francisella tularensis biovar holarctica (Jellison Typ B)
Formen der Tularämie
Je nach der Eintrittspforte des Erregers und der Infektionsdosis
- Glandulär: Beteiligung der Lymphknoten
- Intestinal: Beteiligung des Magen-Darm-Traktes
- Oculoglandulär: Beteiligung der Augen und der lokalen Lymphknoten
- Oropharyngeal: Beteiligung des Mund-/Rachenraums und der lokalen Lymphknoten
- Pulmonal: Beteiligung der Lunge
- Typhoidal: Typhusartig mit Sepsis (Blutvergiftung); Letalität bis 60 %
- Ulzeroglandulär: Beteiligung von Haut und Lymphknoten
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
Häufigkeitsgipfel: Die Infektion kann Menschen jeden Alters betreffen, insbesondere jedoch Jäger, Waldarbeiter und Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind.
Prävalenz: Die Krankheit tritt selten auf. In Deutschland werden jährlich zwischen 3 und 15 Fälle gemeldet. In Europa sind es 20-50 Erkrankungen pro Jahr.
Inzidenz: Die Häufigkeit von Neuerkrankungen ist gering, jedoch kann es zu regionalen Ausbrüchen kommen.
Erregerreservoir: Verschiedene kleine Säuger wie Hasen, Kaninchen, Mäuse, Ratten oder Eichhörnchen.
Vorkommen: Der Erreger tritt auf der gesamten Nordhalbkugel auf. In Deutschland kommt die Infektion selten vor.
Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Die Kontagiosität ist hoch. Der Erreger wird durch Wärme und Desinfektionsmittel zerstört. Gegenüber Kälte ist er resistent.
Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Ist nicht bekannt, aber denkbar [1].
Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): Die Inkubationszeit beträgt 1-14 Tage, in der Regel 3-5 Tage.
Übertragungsweg
- Übertragung des Erregers (Infektionsweg):
- Direkt durch blutsaugende Parasiten (Zecken, Mücken, Bremsen)
- Durch Haut- oder Schleimhautkontakt mit infektiösem Tiermaterial
- Indirekt durch Verzehr von nicht ausreichend erhitzten, kontaminierten Lebensmitteln wie Fleisch (Hasen) sowie durch die Aufnahme von kontaminiertem Wasser
- Inhalation von infiziertem Staub
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Die Infektion manifestiert sich von asymptomatischen (ohne Symptome) oder subklinischen ("leichten") Verläufen bis zu schwerwiegenden Krankheitsbildern mit verschiedenen Organmanifestationen.
- Typische Symptome sind Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und Lymphknotenschwellungen.
- Die Dauer der Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit) besteht, bis das Exanthem (Hautausschlag) sichtbar wird und wahrscheinlich auch noch einige Tage danach. 5 Tage nach Exanthembeginn kann man Kinder wieder in Gemeinschaftseinrichtungen zulassen.
- Die Erkrankung hinterlässt lebenslange Immunität.
Prognose
- Die Erkrankung verläuft häufig letal (tödlich). Die Letalität (Sterblichkeit bezogen auf die Gesamtzahl der an der Krankheit Erkrankten) liegt ohne antibiotische Therapie bei über 30 %. Auch bei Behandlung liegt die Letalität noch bei ca. 5 %.
- Bei frühzeitiger Diagnose und Behandlung mit Antibiotika ist die Prognose gut. Unbehandelt kann die Erkrankung jedoch tödlich verlaufen.
In Deutschland ist der Erregernachweis nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig.
Literatur
- Robert Koch Institut (RKI): Tularämie. RKI-Ratgeber für Ärzte. 23. Februar 2016