Reisemedizinische Impfungen – empfohlene Schutzimpfungen, Indikationen und präventiver Nutzen im Überblick
Reisemedizinische Impfungen dienen dem Schutz vor Infektionskrankheiten, die endemisch in bestimmten Reiseländern auftreten und gegen die Reisende in der Regel keine natürliche Immunität besitzen. Sie stellen eine zentrale präventive Maßnahme dar, insbesondere bei Aufenthalten in tropischen und subtropischen Regionen mit erhöhtem Infektionsrisiko.
Mit dem Anstieg internationaler Reiseaktivitäten in den vergangenen Jahrzehnten – sei es beruflich oder touristisch – hat die Bedeutung der reisemedizinischen Beratung deutlich zugenommen. Fernreisen bringen nicht nur neue Erfahrungen, sondern auch gesundheitliche Risiken mit sich, insbesondere durch Krankheitserreger, die in Europa nicht vorkommen oder eliminiert sind.
Die Auswahl der Impfungen erfolgt individuell und richtet sich nach:
- Reiseziel und Reisedauer
- Art der Reise (z. B. Pauschalreise, Trekking, humanitäre Hilfe)
- Alter, Schwangerschaft und chronische Vorerkrankungen
- Impfstatus gemäß STIKO-Empfehlungen
Zu den wichtigsten Reise-Impfungen gemäß Robert Koch-Institut (RKI) gehören Impfungen gegen:
| Erkrankung | Indikation und Hinweise |
|---|---|
| Chikungunya-Fieber | Zugelassen für Erwachsene ab 18 Jahren: Lebendimpfstoff (IXCHIQ®). Indikation bei Reisen in endemische Gebiete mit bekannter Aedes-Mücken-Population (z. B. Südostasien, Karibik, Lateinamerika, Ostafrika). Keine Impfung bei Schwangerschaft oder Immunsuppression. |
| Cholera | Indiziert bei Reisen mit Aufenthalt unter einfachen hygienischen Bedingungen in Endemiegebieten. Besonders für humanitäre Einsätze, Katastrophenhilfe oder Langzeitaufenthalte. |
| Dengue-Fieber | Impfstoff Qdenga® zugelassen ab 4 Jahren. STIKO-Empfehlung nur bei vorbekannter Infektion und hohem Expositionsrisiko (z. B. Langzeitaufenthalt, Labortätigkeit). |
| Gelbfieber | Lebendimpfstoff; Pflichtimpfung bei Einreise in einige Länder (insb. Afrika, Südamerika). Internationale Gelbfieberimpfbescheinigung erforderlich. Eine Dosis gilt als lebenslang wirksam. |
| Hepatitis A | Standardimpfung für fast alle Tropen- und Reiseländer mit mittlerem oder niedrigem Hygienestandard. Besonders empfohlen für Reisen nach Afrika, Asien, Südamerika und Osteuropa. |
| Hepatitis B | Empfohlen bei längeren Aufenthalten oder bei medizinischer Tätigkeit, Sexualkontakten, Tätowierungen, Piercings oder engem Körperkontakt mit der lokalen Bevölkerung. |
| Japanische Enzephalitis | Indikation bei längeren Aufenthalten in ländlichen Gebieten Süd-, Südost- und Ostasiens sowie während der Regenzeit. Auch relevant für Reisende in endemische Regionen des Westpazifiks. |
| Meningokokken-Meningitis | Empfehlung für Reisen in den „Meningitisgürtel“ Afrikas (Senegal – Äthiopien) und für Pilgerreisen nach Mekka (Hajj, Umra). Impfstoffe gegen ACWY sowie B verfügbar. |
| Mpox (Affenpocken) | Indikation nur bei klarem Expositionsrisiko (bestimmte Netzwerke mit engem Körperkontakt, Laborpersonal, Ausbruchssituationen). Keine allgemeine Reiseimpfung. |
| Poliomyelitis (inaktivierter Impfstoff/IPV) | Grundimmunisierung und Auffrischung alle 10 Jahre empfohlen. Nachweis der Impfung kann bei Ein- oder Ausreise aus Endemiegebieten (z. B. Afghanistan, Pakistan, Teile Afrikas) verlangt werden. |
| Rabies (Tollwut) | Wichtige Impfung bei Langzeitreisen, Trekking, Tierkontakt oder mangelhafter medizinischer Versorgung vor Ort. Präexpositionell 3 Impfstoffgaben an Tag 0, 7 und 21/28. |
| Typhus abdominalis | Oral oder parenteral. Indiziert bei einfachen Reisebedingungen mit potenziell kontaminiertem Wasser und Lebensmitteln; empfohlen bei Reisen nach Südostasien, Afrika, Lateinamerika. |
Folgende Impfungen werden nicht als Reiseimpfungen im engeren Sinn geführt, können jedoch vor bestimmten Reisen sinnvoll sein:
- Influenza (Grippeimpfung) – sinnvoll vor Reisen in tropische und subtropische Regionen, auf Kreuzfahrten oder bei engem Kontakt zu vielen Personen (Flugzeug, Gruppenreisen)
- FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) – empfohlen für Reisen innerhalb Europas in ausgewiesene Endemiegebiete (z. B. Süddeutschland, Österreich, Baltikum, Skandinavien, Osteuropa, Russland)
- Herpes zoster (Gürtelrose) – keine reisespezifische Impfung; empfohlen als Altersimpfung ab 60 Jahren (bzw. ab 50 bei Risikopatienten), ggf. vor Langzeitreisen bei eingeschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung erwägen
Impfzeitpunkt und Impfschema
Die meisten Reiseimpfungen sollten mindestens 4-6 Wochen vor Reiseantritt begonnen werden, um einen wirksamen Impfschutz sicherzustellen. Einige Impfstoffe benötigen ein mehrstufiges Impfschema oder spezielle Auffrischungsintervalle:
- Hepatitis A und B – Zwei- bzw. Dreifachimpfung im Abstand von mehreren Wochen (Hepatitis B ggf. Schnellimpfschema möglich).
- Typhus – einmalige Impfung, bei oraler Gabe Einnahme über mehrere Tage.
- Tollwut (präexpositionell) – drei Impfstoffgaben an Tag 0, 7 und 21/28.
- Japanische Enzephalitis – zwei Dosen im Abstand von 28 Tagen, Abschluss mindestens eine Woche vor Abreise.
- Chikungunya (IXCHIQ®) – Einzeldosis, mindestens 28 Tage vor möglicher Exposition.
Grundimmunität (Regelimpfungen)
Unabhängig vom Reiseziel sollten alle Erwachsenen eine vollständige Grundimmunisierung gemäß STIKO aufweisen gegen:
- Tetanus – regelmäßige Auffrischung alle 10 Jahre; bei Verletzungsrisiko in Ländern mit schlechter Wundversorgung besonders wichtig
- Pertussis (Keuchhusten) – in der Regel als Td/Tdap-Kombination (Tetanus, Diphtherie, Pertussis) alle 10 Jahre auffrischen
- Diphtherie – Bestandteil der Td/Tdap-Kombination; Grundschutz und Auffrischung essenziell
- Poliomyelitis (Kinderlähmung; inaktivierter Impfstoff/IPV) – vollständiger Impfschutz Voraussetzung; Auffrischung alle 10 Jahre empfohlen, insbesondere bei Reisen in Endemie- oder Übergangsgebiete
- Masern-Mumps-Röteln (MMR) – vollständige Grundimmunisierung (2 Dosen); essenziell wegen globaler Masernausbrüche
- Varizellen (Windpocken) – Impfung bei fehlender Immunität; relevant für Erwachsene ohne frühere Infektion
- COVID-19 – jährliche Auffrischung mit variantenangepasster Saisonformel empfohlen, besonders für chronisch Kranke und ältere Personen
Impfungen während der Schwangerschaft
Bedenkenlos durchführbar (STIKO-konform):
- Diphtherie – vorzugsweise ab dem 2. Trimenon (Schwangerschaftsdrittel)
- Influenza – ab dem 2. Trimenon empfohlen
- Poliomyelitis (IPV) – sicher und zugelassen
- Tetanus – Teil der Kombinationsimpfstoffe (Td oder Tdap/IPV)
Nach Nutzen-Risiko-Abwägung durchführbar:
- Cholera (Totimpfstoff)
- FSME (Totimpfstoff)
- Hepatitis A
- Hepatitis B
- Tollwut (präexpositionell)
Nur nach strenger Indikationsstellung bei erhöhtem Risiko:
- Gelbfieber (Lebendimpfstoff) – nur bei zwingender Reise in Gelbfieber-Endemiegebiet
- Japanische Enzephalitis
- Meningokokken (ACWY, B)
- Pneumokokken
- Typhus – insbesondere oraler Lebendimpfstoff kontraindiziert
Nicht verabreichen während der Schwangerschaft:
- Masern-Mumps-Röteln (Lebendimpfstoff)
- Varizellen (Lebendimpfstoff)
- Chikungunya (IXCHIQ®) – kontraindiziert, da Lebendimpfstoff mit nachgewiesener Impfvirämie und fehlenden Sicherheitsdaten
- Pertussis – im ersten Trimenon vermeiden, empfohlene Impfung idealerweise im 3. Trimenon zur passiven Nestimmunität