Chikungunya-Impfung
Beim Chikungunya-Fieber handelt es sich um eine durch Arthropoden übertragene Virusinfektion (Arbovirose), verursacht durch das Chikungunya-Virus (CHIKV), ein RNA-Virus aus der Gattung Alphavirus. Das Virus wird primär durch Mücken der Gattung Aedes übertragen, insbesondere durch Aedes aegypti (Gelbfiebermücke) und Aedes albopictus (Asiatische Tigermücke).
Endemische Gebiete finden sich in Afrika (z. B. Kenia, Senegal, Tansania, Demokratische Republik Kongo), Asien (u. a. Indonesien, Thailand, Philippinen, Malaysia), dem indischen Subkontinent (insb. Indien, Sri Lanka und Bangladesch), der Karibik (z. B. Puerto Rico, Martinique, Guadeloupe, Dominikanische Republik) sowie zunehmend auch in Südamerika (z. B. Brasilien, Kolumbien, Bolivien, Paraguay).
Klinisch äußert sich die Erkrankung typischerweise durch plötzlich auftretendes hohes Fieber, ausgeprägte Arthralgien (Gelenkschmerzen), Myalgien (Muskelschmerzen), Kopfschmerzen und Exantheme (Hautausschläge). Chronische Gelenkbeschwerden persistieren bei einem Teil der Patienten über Monate bis Jahre.
Der neue attenuierte Lebendimpfstoff IXCHIQ® (Valneva) ist der erste in der Europäischen Union zugelassene Impfstoff gegen das Chikungunya-Virus und basiert auf einem gentechnisch abgeschwächten ECSA/IOL-Stamm.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
S: Standardimpfung
- Keine Empfehlung einer allgemeinen Standardimpfung gegen Chikungunya
I: Indikationsimpfung (Risikogruppen und besondere Personengruppen)
- Gesunde Personen: nur bei Reisen in Gebiete mit aktuellem Chikungunya-Ausbruchsgeschehen
- Personen mit erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf oder eine Chronifizierung: Empfehlung auch bei Aufenthalten in Endemiegebieten
B: Berufliche Indikation
- Prophylaxe bei beruflicher Exposition (z. B. Laborpersonal)
Regionale Empfehlung
- Impfung von Bevölkerung in Endemiegebieten (gemäß lokalen Empfehlungen)
Legende
- S: Standardimpfungen für die Allgemeinbevölkerung
- I: Indikationsimpfungen für Risikogruppen bei individuell (nicht beruflich) erhöhtem Expositions-, Erkrankungs- oder Komplikationsrisiko sowie zum Schutz Dritter
- B: Berufliche Impfungen bei erhöhtem arbeitsbedingtem Infektionsrisiko
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder Bestandteile (Saccharose, rHA, Sorbit etc.)
- Angeborene oder erworbene Immundefizienz (z. B. Chemotherapie, HIV mit CD4 < 200/μl)
- Schwangerschaft und Stillzeit (ungenügende Sicherheitsdaten)
- Akute schwere fieberhafte Erkrankung
- Gleichzeitige Gabe mit anderen Lebendimpfstoffen nicht empfohlen
Durchführung
- Applikationsweg: Intramuskulär (0,5 ml in den Musculus deltoideus)
- Impfschema: Einmalige Dosis (keine Auffrischung empfohlen)
- Rekonstitution: Impfstoffpulver mit mitgeliefertem Lösungsmittel rekonstituieren; Applikation innerhalb von 2 Stunden
- Postvakzinale Maßnahmen: Keine Blutspende für 4 Wochen
Wirksamkeit
Die Zulassung beruht auf einem immunologischen Surrogatparameter:
-
Seroprotektionsrate (μPRNT₅₀ ≥ 150):
- 28 Tage nach Impfung: 98,9 %
- 6 Monate nach Impfung: 96,3 %
- 24 Monate nach Impfung: 97,1 %
Ein Schutzmechanismus über neutralisierende Antikörper gegen CHIKV konnte durch passive Transferstudien bei Primaten validiert werden.
Mögliche Nebenwirkungen/Impfreaktionen
Sehr häufig (≥ 1/10)
- Kopfschmerzen, Übelkeit, Müdigkeit
- Arthralgien (Gelenkschmerzen), Myalgien (Muskelschmerzen), Fieber
- Reaktionen an der Injektionsstelle (Empfindlichkeit, Schmerzen, Rötung, Schwellung)
- Erhöhte Leberwerte (ALT, AST), Leukopenie (gegenüber der Norm verminderte Anzahl weißer Blutkörperchen), Neutropenie (gegenüber der Norm verminderte Anzahl neutrophiler Leukozyten/Form der weißen Blutkörperchen), Lymphopenie (gegenüber der Norm verminderte Anzahl von Lymphozyten/Formen der weißen Blutkörperchen)
Häufig (≥ 1/100, < 1/10)
- Schüttelfrost, Rückenschmerzen
- Hautausschlag, Lymphadenopathie (Lymphknotenvergrößerung)
- Diarrhö (Durchfall), Erbrechen
Gelegentlich (≥ 1/1.000, < 1/100)
- Parästhesien (Missempfindungen), Schwindel, Augenschmerzen, Atemnot
- Hyperhidrose (übermäßige Schweißproduktion), periphere Ödeme (Schwellungen in den Beinen oder Armen, die durch eine Flüssigkeitsansammlung im Gewebe bedingt sind)
Selten (≥ 1/10.000, < 1/1.000)
-
Hypovolämische Hyponatriämie (Abnahme der Natriumkonzentration als auch des Blutvolumens)
Chikungunya-ähnliche Reaktionen
- Fieber ≥ 38 °C + Arthralgie (Gelenkschmerzen), Myalgie (Muskelschmerzen) oder Exanthem (Hautausschlag) bei 12,1 %
- Dauer meist ≤ 4 Tage, selten (> 30 Tage) persistierende Symptome (0,4 %)
Regulatorische Hinweise
Die amerikanische Arzneimittelbehörde (FDA) hatte die Zulassung des Chikungunya-Impfstoffs zunächst auf Personen ab 60 Jahren eingeschränkt und Ende August vollständig pausiert. Hintergrund sind Sicherheitsbedenken: In Einzelfällen kam es nach Impfung zu einer Chikungunya-ähnlichen Erkrankung sowie zu einem Todesfall infolge einer direkt auf den Impfstoff zurückzuführenden Enzephalitis.
Literatur
- Erasmus JH, Auguste AJ, Kaelber JT, et al. A chikungunya fever vaccine utilizing an insect-specific virus platform. Nature Medicine. 2017;23(2):192-199. doi: 10.1038/nm.4253
- Buerger V, Valneva CHIKV Trial Group. Safety and immunogenicity of a live-attenuated chikungunya virus vaccine in endemic areas of Brazil: interim results of a double-blind, randomised, placebo-controlled phase 3 trial in adolescents. Lancet Infect Dis. 2025;25(1):114-125. doi: 10.1016/S1473-3099(24)00458-4
- European Medicines Agency (EMA). Summary of Product Characteristics: IXCHIQ®. https://www.ema.europa.eu