Hepatitis D – Einleitung

Bei der Hepatitis D handelt es sich um eine Leberentzündung mit dem Hepatitis-Delta-Virus (HDV, früher auch Delta-Virus oder δ-Agens genannt), die als Koinfektion (Begleitinfektion) einer Hepatitis B auftreten kann.

Thesaurus-Synonyme und ICD-10: akute Virushepatitis B mit Begleitinfektion durch Delta-Virus; HBV/HDV-Koinfektion; HD-Virus Infektion; HD-Virus-Infektion; Hepatitis B und D; Hepatitis Delta; Virushepatitis B mit Delta-Virus; ICD-10-GM B16.0: Akute Virushepatitis B mit Delta-Virus (Begleitinfektion) und mit Coma hepaticum; CD-10-GM B16.1: Akute Virushepatitis B mit Delta-Virus (Begleitinfektion) ohne Coma hepaticum

Das Hepatitis Delta-Virus ist ein inkomplettes ("nacktes") RNA-Virus (Viroid) und benötigt für seine Replikation die Hülle des Hepatitis B-Virus. Ohne eine Hepatitis B-Infektion kann es nicht zu einer Hepatitis D-Infektion kommen.
Man kann acht HDV-Genotypen unterscheiden.

Epidemiologie

Vorkommen: Die Infektion mit dem Hepatitis D-Virus kommt weltweit vor, ist in Deutschland jedoch selten. 
Die Infektion tritt endemisch ("gehäuftes Auftreten der Krankheit“) im Mittelmeerraum, im vorderen Orient, Pakistan, Mongolei und im Amazonasgebiet auf. Circa 5 % der Hepatitis B-Infizierten sind auch mit dem Hepatitis D-Virus infiziert. Es gibt auch Regionen (Brasilien und Rumänien) in denen ca. 40 % der Hepatitis B-Infizierten mit Hepatitis D koinfiziert sind.
In Europa sind bis zu 12 % der an Hepatitis B erkrankten Personen auch vom Hepatitis D-Virus infiziert.

Die Übertragung des Erregers (Infektionsweg) erfolgt parenteral durch Blutkonserven (über Infusionen/Transfusionen), sexuell (Geschlechtsverkehr) und perinatal (um die Geburt herum oder im Rahmen einer Geburt) von der Mutter auf das Ungeborene/Neugeborene. Zu den Risikogruppen zählen vor allem medizinisches Personal, Drogenabhängige und Homosexuelle.

Die Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung) beträgt in der Regel zwischen 4-12 Wochen (-4 Monate). Normalerweise ist die Inkubationszeit bei einer Superinfektion kürzer als bei einer Koinfektion (gleichzeitigen Infektion mit Hepatitis B und D).

Man kann die beiden folgenden Formen der Infektion unterscheiden:

  • Das Hepatitis-Delta-Virus kann zeitgleich mit einer Hepatitis-B-Infektion auftreten (Koinfektion, Simultaninfektion).
  • Das Hepatitis-Delta-Virus kann im Verlauf einen Hepatitis-B-Virus-Träger infizieren (Superinfektion).
  • Weiterhin können beide Formen akut und chronisch auftreten

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akute Hepatitis B-/Hepatitis D-Koinfektion:
    • Symptomatik: Diese Form ist meist symptomatisch und zeigt häufig einen schweren Verlauf. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel zwischen 4-12 Wochen, wobei sie bei einer Superinfektion kürzer ist als bei einer Koinfektion.
    • Chronifizierung: Die Rate der Chronifizierung liegt bei bis zu 5 %, vergleichbar mit der Chronifizierungsrate der alleinigen Hepatitis B-Infektion.
    • Superinfektion: Tritt das Hepatitis-Delta-Virus bei einem bereits bestehenden Hepatitis-B-Virus-Träger auf, spricht man von einer Superinfektion. Diese hat eine kürzere Inkubationszeit und verläuft meistens schwerer als eine Koinfektion.
    • Progression: Innerhalb von 5 bis 10 Jahren kann es zu einer schnelleren Progression zur Leberzirrhose kommen als bei einer HBV-Monoinfektion. Auch das Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC; Leberkrebs) ist erhöht.

Prognose

  • Chronische Hepatitis-D-Infektion:

    • Langzeitfolgen: Bei einer chronischen Hepatitis-D-Infektion, die durch das Vorhandensein von HDV-RNA im Blut über mehr als sechs Monate definiert wird, erfolgt die Progression zur Leberzirrhose und HCC schneller als bei alleiniger HBV-Infektion.
    • Therapie: Die Therapie der chronischen Hepatitis-D-Infektion erfolgt mit PEG-Interferonen über 12 Monate. Neuere Therapiemöglichkeiten umfassen den Einsatz von Bulevirtide.
    • Prognose: Die Prognose der Hepatitis B-/Hepatitis D-Koinfektion oder Superinfektion ist schlechter als die einer alleinigen Hepatitis B-Infektion. Dies liegt an der erhöhten Wahrscheinlichkeit für fulminante Verläufe und der Neigung zur Chronifizierung, die zu einer Leberzirrhose führt. Die Letalität bei diesen Patienten ist etwa zehnmal höher als bei alleiniger Hepatitis B-Infektion.
  • Heilungschancen:

    • Simultaninfektion: Bei einer zeitgleichen Infektion mit Hepatitis B und D (Simultaninfektion) liegen die Heilungschancen bei etwa 95 %.
    • Superinfektion: Bei einer Superinfektion sind die Heilungschancen gering, und die Chronifizierungsrate liegt bei etwa 90 %.

Impfung: Eine Schutzimpfung gegen Hepatitis B schützt gleichzeitig gegen Hepatitis D.
Für die Hepatitis-B-Postexpositionsprophylaxe (passive Immunisierung; zur Vermeidung einer Erkrankung bei Personen, die gegen Hepatitis B nicht durch Impfung geschützt sind, dieser aber ausgesetzt waren) steht ein Hepatitis-B-Immunglobulin zur Verfügung.

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig. Die Meldung hat bei Krankheitsverdacht, Erkrankung sowie Tod namentlich zu erfolgen.