Sklerodermie – Medikamentöse Therapie

Allgemeine Therapieziele

  • Linderung der Beschwerden
  • Sicherung der Lebensqualität
  • Vermeidung bzw. Therapie von Folgeerkrankungen und Komplikationen

Chronisch kutane, zirkumskripte Sklerodermie (Morphea)

Therapieempfehlungen

  • Lokaltherapie mit Glucocorticoiden (Kortisonpräparaten), auch okklusiv oder intraläsional am Rand
  • Bei eosinophiler Fasziitis (Shulman-Syndrom; betrifft die Extremitätenfaszie und Unterhaut, Hände und Füße nicht betroffen; akuter Beginn, chronischer Verlauf): Glucocorticoide (Kortisonpräparate)

Systemische Sklerodermie (systemische Sklerose)

Übergeordnete Therapieziele

  • Immunsuppression (Dämpfung der Immunabwehr)
  • Hemmung der Fibrose (Bindegewebsvermehrung)
  • Verbesserung der Mikrozirkulation (Durchblutung der kleinsten Gefäße)

Die Therapie richtet sich nach der individuellen Symptomatik und dem klinischen Verlauf. Entscheidend ist, die Entwicklung einer interstitiellen Lungenkrankheit (Lungenfibrose) nicht zu übersehen und rechtzeitig immunsuppressiv mit Mycophenolat (Immunsuppressivum) oder Cyclophosphamid (Zytostatikum) sowie antifibrotisch gegenzusteuern. Bei systemischer Sklerose mit Lungenbeteiligung (SSc-ILD) und gastroösophagealer Refluxkrankheit (Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre) ist letztere mitzubehandeln, um eine Verschlechterung durch rezidivierende Mikroaspirationen (Einatmen kleinster Mengen Magensäure) zu vermeiden.

Limitierte kutane Form (keine Beteiligung innerer Organe)

Therapieempfehlungen

  • Lokaltherapie mit nitrathaltigen Salben
  • Calciumantagonisten (gefäßerweiternde Medikamente) wie Nifedipin (Blutdrucksenker) – Verbesserung der Mikrozirkulation bei Raynaud-Syndrom (anfallsartige Durchblutungsstörung der Finger)
  • Prävention und Therapie von Ulzera (Geschwüren) an Finger und Zehen: Prostaglandinanaloga (als Infusionen), Bosentan (Endothelin-1-Rezeptorantagonist, gefäßerweiterndes Medikament) oder Phosphodiesterase-5-Hemmer (z. B. Sildenafil, gefäßerweiterndes Medikament), Alprostadil (Prostavasin, gefäßerweiterndes Prostaglandin), Iloprost (Carboprostacyclin, gefäßerweiterndes Prostaglandin), Calcitonin (Hormon zur Gefäß- und Knochenregulation), Prazosin (Alpha-Rezeptorenblocker, gefäßerweiterndes Medikament)
  • Ggf. Glucocorticoide (Kortisonpräparate) im frühen ödematösen Stadium sowie bei Arthritiden/Arthralgien (Gelenkentzündungen/-schmerzen), die nicht auf nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR, entzündungshemmende Schmerzmittel) ansprechen
  • Cave: erhöhtes Risiko einer renalen Krise (akutes Nierenversagen) → nicht zur Basistherapie geeignet

Wirkstoffe – Übersicht

Wirkstoff Besonderheiten
Nifedipin (Blutdrucksenker) Erweiterung der Widerstandsgefäße; NW: Kopfschmerzen, Schwindel, Flush (Hautrötung), Knöchelödeme
Bosentan (gefäßerweiterndes Medikament) Kontraindiziert bei Leberfunktionsstörung; mögliche Leberschädigung, Ödeme
Alprostadil (Prostavasin, gefäßerweiterndes Prostaglandin) NW: Blutdruckabfall, Übelkeit, Durchfall, Flush (Hautrötung)
Iloprost (Carboprostacyclin, gefäßerweiterndes Prostaglandin) NW: Blutdruckabfall, Schwindel, Kopfschmerzen
Calcitonin (Hormonpräparat) NW: Wärmegefühl, Magen-Darm-Beschwerden
Prazosin (Alpha-Rezeptorenblocker) Gefäßerweiterung durch Alpha1-Blockade; NW: Blutdruckabfall, Müdigkeit, Gewichtszunahme, Ödeme
  • Wirkungsweise: Erweiterung der Blutgefäße, Verbesserung der Mikrozirkulation, Hemmung der Gefäßverengung bei Raynaud-Syndrom (anfallsartige Durchblutungsstörung), Förderung der Abheilung von Ulzera (Geschwüren).
  • Indikationen: Raynaud-Syndrom (Gefäßkrämpfe der Finger), digitale Ulzera (Fingerulzera), gestörte Mikrozirkulation bei limitierter systemischer Sklerose.
  • Kontraindikationen: Ausgeprägte Hypotonie (niedriger Blutdruck), Herzinsuffizienz (Herzschwäche), Leberinsuffizienz (Leberfunktionsstörung, insbesondere bei Bosentan), Überempfindlichkeit gegen Prostaglandine.
  • Nebenwirkungen: Blutdruckabfall, Kopfschmerzen, Flush (Hautrötung), periphere Ödeme (Wassereinlagerungen), Magen-Darm-Beschwerden, Leberwerterhöhung (Bosentan).

Diffus-kutane Form (Beteiligung innerer Organe)

Therapieempfehlungen

  • Methotrexat (Immunsuppressivum) – signifikante Verbesserung des Haut-Scores [1, 3]
  • Cyclophosphamid (Zytostatikum) – Verbesserung von Hautverdickung, Lungenfunktion und Überlebensrate bei fibrosierender Alveolitis (entzündliche Lungenfibrose) [2, 4]
  • Mycophenolatmofetil (Immunsuppressivum) – bevorzugte Erstlinientherapie bei Lungenbeteiligung [4]
  • Azathioprin (Immunsuppressivum) – Besserung der Hautsklerose
  • Ciclosporin (Immunsuppressivum) – Besserung der Hautsklerose
  • Glucocorticoide (Prednisolon, Kortisonpräparat) – empfohlen bei Lungenentzündung (Alveolitis), Muskelentzündung (Myositis) und Überlappungssyndromen
  • D-Penicillamin (Chelatbildner) – antisklerotisch, jedoch in ca. 40 % schwere Nebenwirkungen → Einsatz umstritten
  • Nintedanib (antifibrotischer Tyrosinkinasehemmer) – antifibrotisch bei fortschreitender Lungenfibrose, auch als Zusatz zu Mycophenolat (Immunsuppressivum) oder Cyclophosphamid (Zytostatikum)

Wirkstoffe – Übersicht

Wirkstoff Besonderheiten
Methotrexat (Immunsuppressivum) Hemmung der Zellteilung und Entzündung; NW: Magen-Darm-Beschwerden, Leukopenie (verminderte weiße Blutkörperchen), Haarausfall [1, 3]
Cyclophosphamid (Zytostatikum) Hemmung der Zellvermehrung; NW: Leukopenie, Blasenentzündung, Blut im Urin [2, 4]
Mycophenolatmofetil (Immunsuppressivum) Unterdrückung der Immunantwort; NW: Leukopenie, Durchfall, erhöhtes Infektionsrisiko [4]
Azathioprin (Immunsuppressivum) Hemmung der Zellproliferation; NW: Infektionen, Leukopenie, Thrombopenie (verminderte Blutplättchen)
Ciclosporin (Immunsuppressivum) Hemmung der IL-2-Freisetzung; Risiko renaler Komplikationen (Nierenfunktionsstörungen)
Glucocorticoide (Prednisolon, Kortisonpräparat) Antientzündlich und immunsuppressiv; Risiko für renale Krise (akutes Nierenversagen)
Nintedanib (antifibrotischer Tyrosinkinasehemmer) Hemmung der Bindegewebsvermehrung; NW: Durchfall, erhöhte Leberwerte, Übelkeit
  • Wirkungsweise: Dämpfung der Immunreaktion, Hemmung von Entzündungs- und Fibroseprozessen, Verringerung der Bindegewebsbildung, Verbesserung der Organfunktion.
  • Indikationen: Systemische Sklerose mit diffuser Hautbeteiligung, interstitielle Lungenkrankheit (Lungenfibrose), Myositis (Muskelentzündung), Überlappungssyndrome (gleichzeitiges Auftreten mehrerer Autoimmunerkrankungen).
  • Kontraindikationen: Schwere Leber- oder Niereninsuffizienz (Funktionsstörung von Leber oder Niere), bestehende Infektionen, Schwangerschaft, Knochenmarkschädigung, Leukopenie (Mangel an weißen Blutkörperchen).
  • Nebenwirkungen: Leukopenie (verminderte weiße Blutkörperchen), Infektionen, Magen-Darm-Beschwerden, Haarausfall, Blasenentzündung (Cyclophosphamid), Leberwerterhöhung, Nierenfunktionsstörung (Ciclosporin), Durchfall (Nintedanib).

EULAR-Empfehlungen 2023 [5]

Raynaud-Phänomen (anfallsweise Durchblutungsstörung der Finger und Zehen)

  • Erstlinientherapie: Calciumantagonisten (Gefäßweitungsmittel, z. B. Nifedipin)
  • Zusätzlich PDE-5-Hemmer; bei schweren Verläufen intravenöses Iloprost

Digitale Ulzera (Finger- und Zehengeschwüre)

  • PDE-5-Hemmer und/oder Iloprost zur Behandlung aktiver Ulzera
  • Bosentan zur Reduktion neuer Ulzera

Pulmonale arterielle Hypertonie (PAH, Lungenhochdruck)

  • Kombination aus PDE-5-Hemmer und Endothelin-Rezeptorantagonist als Erstlinie
  • Bei WHO-Klasse III-IV i. v. Epoprostenol (gefäßweitendes Prostazyklin-Analogon); weitere Prostacyclin-Analoga/Agonisten möglich
  • Riociguat kann erwogen werden; Antikoagulation wird nicht empfohlen

Scleroderma-Renalkrise (SRC, Nierenkrise)

  • ACE-Hemmer unmittelbar bei Diagnose
  • Regelmäßige Blutdruckkontrollen unter Glucocorticoiden

Gastrointestinale Manifestationen (Magen-Darm-Beteiligung)

  • Protonenpumpenhemmer (Magensäureblocker) bei GERD (Refluxkrankheit) und Ulkusprävention (Magengeschwüre)
  • Prokinetika (Magen-Darm-Motilitätsförderer) bei Motilitätsstörungen
  • Rotierende Antibiotika bei Small-Intestinal-Bacterial-Overgrowth (Dünndarmfehlbesiedelung)

Hautfibrose (Hautverhärtung)

  • Methotrexat, Mycophenolat-Mofetil (Immunsuppressivum) oder Rituximab (Antikörpertherapie) in Betracht ziehen
  • Tocilizumab (Antikörpertherapie) bei früher, entzündlicher diffuser kutaner SSc möglich

Interstitielle Lungenerkrankung (SSc-ILD, bindegewebsbedingte Lungenerkrankung)

  • Mycophenolat-Mofetil, Cyclophosphamid oder Rituximab einsetzen
  • Nintedanib (Antifibrotikum) allein oder in Kombination mit Mycophenolat-Mofetil
  • Tocilizumab kann erwogen werden

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für die Gesundheit von Sehnen, Bändern und Faszien sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (A, C, E, D3, K, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
  • Mineralstoffe (Calcium, Chlorid, Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphor)
  • Spurenelemente (Chrom, Eisen, Fluorid, Jod, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Alpha-Linolensäure (ALA), Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA); Omega-6-Fettsäuren: Linolsäure)
  • Sekundäre Pflanzenstoffe (Curcumin, Bromelain aus Ananas-Extrakt)
  • Weitere Vitalstoffe (Chondroitinsulfat, Glucosaminsulfat, Kollagene)

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Pope JE, Bellamy N, Seibold JR et al.: A randomized, controlled trial of methotrexate versus placebo in early diffuse scleroderma. Arthritis Rheum. 2001;44(6):1351-1358. doi: 10.1002/1529-0131(200106)44:63.0.CO;2-I
  2. Tashkin DP, Elashoff R, Clements PJ et al.: Cyclophosphamide versus placebo in scleroderma lung disease. N Engl J Med. 2006;354(25):2655-2666. doi: 10.1056/NEJMoa055120
  3. van den Hoogen FH, Boerbooms AM, Swaak AJ, Rasker JJ, van Lier HJ, van de Putte LB. Comparison of methotrexate with placebo in the treatment of systemic sclerosis: a 24-week randomized double-blind trial, followed by a 24-week observational trial. Br J Rheumatol. 1996;35(4):364-372. doi: 10.1093/rheumatology/35.4.364
  4. White B, Moore WC, Wigley FM, Xiao HQ, Wise RA. Cyclophosphamide is associated with pulmonary function and survival benefit in patients with scleroderma and alveolitis. Ann Intern Med. 2000;132(12):947-954. doi: 10.7326/0003-4819-132-12-200006200-00004
  5. Del Galdo F, Lescoat A, Conaghan PG et al.: EULAR recommendations for the treatment of systemic sclerosis: 2023 update. Ann Rheum Dis. 2025;84(1):29-40. doi: 10.1136/ard-2024-226430

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der zirkumskripten Sklerodermie. (AWMF-Registernummer: 013-066), Oktober 2023 Langfassung
  2. Del Galdo F, Lescoat A, Conaghan PG et al.: EULAR recommendations for the treatment of systemic sclerosis: 2023 update. Ann Rheum Dis. 2025;84(1):29‑40. doi: 10.1136/ard-2024-226430
  3. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der systemischen Sklerose. (AWMF-Registernummer: 060 - 014), Juli 2025 Kurzfassung Langfassung