Ursachen
Ichthyosen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Bei Menschen mit gesunder Haut herrscht zwischen Zellerneuerung und Abschilferung abgestorbener Hautzellen ein Gleichgewicht. Ungefähr alle vier Wochen erneuert sich die Epidermis (Oberhaut). Sie besteht aus mehreren Schichten. In der untersten Schicht, der Basalschicht, entstehen die hornbildenden Zellen, die durch die anderen Schichten nach oben wandern. Auf ihrem Weg verhornen sie und sterben ab. Die oberste Schicht der Epidermis ist das Stratum corneum (Hornzellschicht). Sie besteht aus dünnen Schichten flacher toter Zellen. Sie dient als Barriere zur Umwelt und verhindert den Wasserverlust über die Haut.

Im Rahmen einer Ichthyose ist das physiologische (natürliche) Abschilfern gestört. Es kommt zu einer Verdickung des Stratum corneum, da sich die Zellen in der Hornschicht aufstauen, und zu sichtbaren Hautschuppen (Hyperkeratose). Die verdickte Hornschicht kann nicht ausreichend Wasser binden und wird trocken. Es bilden sich Rhagaden (Schrunden), die sich vertiefen und verbreitern. Dadurch entsteht das typische Schuppenmuster der Ichthyosen.
Die Ichthyose beeinträchtigt auch die Schwitzfähigkeit, wodurch der Körper bei körperlicher Anstrengung überhitzen kann.

Bei den hereditären (erblichen) Ichthyosen gibt es mehrere Vererbungsmuster: autosomal-dominant (autosomal = der Gendefekt befindet sich auf einem normalen Chromosom und nicht auf einem Geschlechtschromosom), autosomal-rezessiv und geschlechtsgebunden. Es liegen verschiedene Genmutationen vor.

Im Rahmen der Ichthyosis vulgaris liegt ein Gendefekt vor, der zu einem Mangel des Proteins Filaggrin führt. Dieses Protein ist unter anderem für die Feuchtigkeit der Hornschicht verantwortlich. Es kommt zu einer Verhornungsstörung und zu einer verzögerten Abstoßung von Hornzellen und deren Aggregation zu Schuppen, was als Retentionshyperkeratose bezeichnet wird. Durch eine Barriere-Dysfunktion kommt es zu einem erhöhten Wasserverlust und einer trockenen, rauhen Schuppung.

Bei der X-chromosomal-rezessiven Ichthyosis vulgaris liegt ein Enzymdefekt auf dem X-Chromosom vor. Dieser bedingt einen Steroidsulfatasemangel, der in einer Störung der lipidhaltigen Interzellularschicht des Stratum corneum (Hornzellschicht) und verzögerter Abstoßung der Hornzellen resultiert (Retentionshyperkeratose).

Die lamelläre Ichthyose gehört zur Gruppe der autosomal-rezessiven kongenitalen Ichthyosen (ARCI). Man hat Mutationen im Transglutaminase-Gen gefunden. Es kommt zur Verhornungsstörung im "cornified envelope" (Membran, um die Hornzellen der Hornschicht der Haut) und einer Proliferationshyperkeratose. Inzwischen sind weitere Gene gefunden worden.

Eine Mutation im Keratin-1-Gen oder Keratin-10-Gen findet sich bei der epidermolytischen Ichthyose (bullöse kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie Brocq), die ebenfalls zu der Gruppe ARCI gehört. Es kommt zu einer Synthesestörung von Keratinfilamenten mit instabilem Keratinozyten-Zytoskelett. Daraus resultiert eine Zelllabilität, intraepidermale Blasenbildung (Epidermolyse) und eine Hyperkeratose (Verhornung).

Des Weiteren gibt es noch die Gruppe der Ichthyosesyndrome, bei denen autosomal-rezessive Enzymdefekte vorliegen, die zu kutanen und extrakutanen Folgeschäden führen. Ein Beispiel ist das Comél-Netherton-Syndrom. Hier liegen Mutationen des SPINK5-Gens vor, das für den Proteasehemmer LEKTI kodiert. LEKTI hemmt Trypsin-ähnliche Enzyme der Haut. Entfällt die Hemmung, kommt es zu einer massiven Entzündung der Haut und zu einer verminderten Hornschicht.

Die selteneren hereditären Formen gehen mit den stärksten Hautveränderungen einher.

Ätiologie (Ursachen)

Hereditäre (erbliche) Ichthyosen (primäre Ichthyosen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung
    • Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
      • Gene/SNPs (engl. Single Nucleotide Polymorphism; Variation eines einzelnen Basenpaares in einem DNA-Strang; Details s. u.: SNPedia):
        • Gene: ABCA12, FLG
        • SNP: rs28940268 im Gen ABCA12
          • Allel-Konstellation: AA (löst lamelläre Ichthyosis, Typ 2 aus)
        • SNP: rs28940568 im Gen ABCA12
          • Allel-Konstellation: AA (löst lamelläre Ichthyosis, Typ 2 aus)
        • SNP: rs28940270 im Gen ABCA12
          • Allel-Konstellation: AA (löst lamelläre Ichthyosis, Typ 2 aus)
        • SNP: rs28940271 im Gen ABCA12
          • Allel-Konstellation: AA (löst lamelläre Ichthyosis, Typ 2 aus)
        • SNP: rs28940269 im Gen ABCA12
          • Allel-Konstellation: GG (löst Ichthyosis, Typ 4A aus)
        • SNP: rs137853289 im Gen ABCA12
          • Allel-Konstellation: TT (löst Ichthyosis, Typ 4B aus)
        • SNP: rs726070 im Gen ABCA12
          • Allel-Konstellation: AA (löst Ichthyosis, Typ 4B aus)
        • SNP: rs387906284 im Gen ABCA12
          • Allel-Konstellation: DD (löst Ichthyosis, Typ 4B aus)
        • SNP: rs387906285 im Gen ABCA12
          • Allel-Konstellation: DD (löst Ichthyosis, Typ 4B aus)
        • SNP: rs267606622 im Gen ABCA12
          • Allel-Konstellation: AA (löst Ichthyosis, Typ 4B aus)
        • SNP: rs61816761 im Gen FLG
          • Allel-Konstellation: AG (löst eine milde Form der Ichthyosis vulgaris aus)
          • Allel-Konstellation: AA (löst eine schwere Form der Ichthyosis vulgaris aus)
        • SNP: rs558269137 im Gen FLG
          • Allel-Konstellation: DI (löst eine milde Form der Ichthyosis vulgaris aus)
          • Allel-Konstellation: II (löst eine schwere Form der Ichthyosis vulgaris aus)

Erworbene Ichthyosen (sekundäre Ichthyosen)

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Hormonstörungen
  • Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
  • Hypovitaminosen (Vitamin A, Vitamin B6)
  • Lepra
  • Mangelernährung
  • Sarkoidose
  • Stoffwechselstörungen – z. B. bei Dialysepatienten
  • Syphilis
  • Trisomie 21 (Down-Syndrom) – genetische Erkrankung die meist sporadisch auftritt; bei der das gesamte 21. Chromosom oder Teile davon dreifach (Trisomie) vorliegen (Auftreten meist sporadisch). Neben für dieses Syndrom als typisch geltenden körperlichen Merkmalen sind in der Regel die kognitiven Fähigkeiten des betroffenen Menschen beeinträchtigt.
  • Tuberkulose
  • Tumoren – Lymphome und Karzinome

Medikamente

  • Butyrophenon (antipsychotische Wirkung, z. B. zur Behandlung der Schizophrenie)
  • Nicotinsäure* (Lipidsenker)

*2013 vom Markt genommen

     
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