Ursachen
Bipolare Störung (manisch-depressive Erkrankung)

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Man geht davon aus, dass die Ursache der bipolaren Störung multifaktoriell ist. Dabei spielen vor allem die Genetik sowie Persönlichkeitscharakteristika und Umweltfaktoren eine Rolle.

Möglicherweise spielen auch Herpes-Viren eine Rolle in der Pathogenese der bipolaren Störung: Bei Patienten mit bipolaren und schweren depressiven Störungen fanden sich in Purkinje-Neuronen eine hohe Infektionsrate mit dem menschlichen Herpesvirus HHV-6 [4].

Risikofaktoren für häufig wiederkehrende Episoden

  • Weibliches Geschlecht
  • Junges Erkrankungsalter
  • Schwerwiegende Lebensereignisse
  • Gemischte Episoden
  • Psychotische Symptome
  • Rapid Cycling (schneller Wechsel zwischen depressiven und manischen Phasen; 4 affektive Episoden in 12 Monaten)
  • Ungenügendes Ansprechen auf die Therapie (phasenprophylaktische Therapie)

Risikofaktoren für einen chronischen Verlauf

  • Häufige Episoden
  • Prämorbide Persönlichkeit
  • Schlechte Compliance
  • Ungenügendes Ansprechen auf die Therapie (Akut-/phasenprophylaktische Therapie)
  • Weitere psychische/somatische Erkrankungen
  • Zusätzlicher Substanzmissbrauch

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern; auf 60 bis 85 Prozent schätzen Experten den Beitrag der Erbanlagen
    • Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
      • Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
        • Gene: ANK3
        • SNP: rs4948418 im Gen ANK3
          • Allel-Konstellation: TT (2,10-fach)
          • Allel-Konstellation: CT (1,45-fach)
          • Allel-Konstellation: CC (0,94-fach)
    • In einer genomweiten Assoziationsstudie (GWAS) konnten insgesamt 30 Regionen nachgewiesen werden, die mit einer bipolaren Störung in Zusammenhang stehen; zudem konnten zwei Unterarten der Krankheit genetisch unterschieden werden [5]:
      • Typ I scheint mit ausgeprägteren manischen und depressiven Phasen auf genetischer Ebene eher mit der Schizophrenie in Zusammenhang zu stehen
      • Typ II deutet auf einen „milderen“ Verlauf mit einer Verwandtschaft mit der Depression hin
    • Inzwischen sind 64 Genorte für die Krankheit nachgewiesen worden [7]: Risiko-Allele für bipolare Störungen wurden an Genen in synaptischen Signalwegen und im Gehirn exprimierten Genen angereichert, insbesondere solchen mit hoher Expressionsspezifität in Neuronen des präfrontalen Cortex (Frontallappens der Großhirnrinde) und Hippocampus (Vermittler zwischen dem Kurz- und dem Langzeitgedächtnis).
  • Positive Familienanamnese
  • Temperamentsauffälligkeiten

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Verzehr von Lebensmitteln, die mit Nitratsalzen gepöckelt wurden [3]: Patienten, die wegen einer manischen Episode im Krankenhaus waren, hatten mit einer 3,5-mal höheren Wahrscheinlichkeit jemals mit Nitrat gepökeltes Fleisch gegessen, als Personen, die keine schwere psychiatrische Störung hatten (Odds Ratio = 3,49, 95-%-Konfidenzintervall 2,24-5,45, p < 8.97 × 10−8). Hinweis: Rattenversuche mit nitrathaltiger Diät bestätigen das Manierisiko. Beachte: Nitrat und Nitrit sind auch in Gemüse und Salaten enthalten. Weniger Nitrate enthält Saisongemüse.
  • Substanzabhängigkeit, nicht näher bezeichnet (Alkohol; Cannabis (Haschisch und Marihuana) [1]) 
  • Störung des zirkadianen Rhythmus (Störung des Tag-Nacht-Rhythmus), d. h. erhöhte Aktivität während nächtlicher Ruhepausen und Inaktivität am Tag [2]

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen) 

  • Regionen mit besonders schlechter Luftqualität [6]

Literatur

  1. Strakowski SM, DelBello MP, Fleck DE, et al. Effects of co-occurring cannabis use disorders on the course of bipolar disorder after a first hospitalization for mania. Arch Gen Psychiatry 2007; 64: 57-64.
  2. Lyall LM et al.: Association of disrupted circadian rhythmicity with mood disorders, subjective wellbeing, and cognitive function: a cross-sectional study of 91 105 participants from the UK Biobank. Lancet Psychiatry Published: 15 May 2018 doi: https://doi.org/10.1016/S2215-0366(18)30139-1
  3. Khambadkone SG et al.: Nitrated meat products are associated with mania in humans and altered behavior and brain gene expression in rats. Mol Psychiatry. 2018 Jul 18. doi: 10.1038/s41380-018-0105-6.
  4. Prusty BK et al.: Active HHV-6 infection of cerebellar Purkinje cells in mood disorders. Front. Microbiol. online August 2018 doi: 10.3389/fmicb.2018.01955
  5. Stahl EA et al.: Genome-wide association study identifies 30 Loci Associated with Bipolar Disorder, Nature Genetics Nature Genetics 2019;51:793-803 doi 10.1038/s41588-019-0397-8
  6. Khan A et al.: Environmental pollution is associated with increased risk of psychiatric disorders in the US and Denmark PLOS Biology August 20, 2019 https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3000353
  7. Mullins N, Forstner AJ et al.: Genome-wide association study of more than 40,000 bipolar disorder cases provides new insights into the underlying biology. Nature Genetics, doi: 10.1038/s41588-021-00857-4
     
Wir helfen Ihnen in jeder Lebenslage
Die auf unserer Homepage für Sie bereitgestellten Gesundheits- und Medizininformationen ersetzen nicht die professionelle Beratung oder Behandlung durch einen approbierten Arzt.
DocMedicus Suche

 
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
ArztOnline.jpg
 
DocMedicus                          
Gesundheitsportal

Unsere Partner DocMedicus Verlag