Einleitung
Bipolare Störung (manisch-depressive Erkrankung)

Bei der bipolaren Störung – umgangssprachlich manisch-depressive Erkrankung genannt – (Synonyme: bipolare affektive Erkrankung; bipolare affektive Psychose; bipolare affektive Psychose bei gemischter Episode; bipolare affektive Psychose bei schwerer depressiver Episode mit psychotischen Symptomen; bipolare affektive Störung; bipolare affektive Störung bei gemischter Episode; bipolare affektive Störung bei hypomanischer Episode; bipolare affektive Störung bei leichter depressiver Episode; bipolare affektive Störung bei manischer Episode mit psychotischen Symptomen; bipolare affektive Störung bei manischer Episode ohne psychotische Symptome; bipolare affektive Störung bei mittelgradiger depressiver Episode; bipolare affektive Störung bei schwerer depressiver Episode mit psychotischen Symptomen; bipolare affektive Störung bei schwerer depressiver Episode ohne psychotische Symptome; bipolare Affektpsychose; bipolare Psychose; bipolare Störung; Bipolar-II-Störung; Bipolar-I-Störung; chronische Manie; depressive Episode; gegenwärtig remittierte bipolare affektive Psychose; gegenwärtig remittierte bipolare affektive Störung; Hypomanie; Hypomanische Form der manisch-depressiven Reaktion; Kurzzykler; Manie; manisch-depressive Krankheit; manisch-depressive Psychose; manisch-depressive Reaktion; manisch-depressiver Mischzustand; manisch-depressiver Stupor; manisch-depressives Irresein; manisch-depressives Syndrom; manisch-depressive Symptomatik; manische Depression; manische Episode; manische Form der manisch-depressiven Reaktion; Rapid cycler; Rapid Cycling; rezidivierende manische Episoden; zyklischer Stupor; Zyklothymie mit Depression; Zyklothymie mit Manie; ICD-10-GM F30.-: Manische Episode; ICD-10-GM F31.-: Bipolare affektive Störung; ICD-10-GM F32.-: Depressive Episode) handelt es sich um eine affektive (sich verändernde Grundstimmung) Störung, bei der es sowohl zu depressiven als auch zu manischen Phasen kommt. Die Stimmungslage der Betroffenen ist gekennzeichnet durch Schwankungen: extreme Hochphasen (Manie) wechseln sich mit Phasen völliger Antriebslosigkeit ab. Zwischen den Krankheitsepisoden kehrt der Betroffene immer in einen unauffälligen Normalzustand zurück.

Man kann die folgenden Formen gemäß ICD-10-GM unterscheiden:

Manische Episode Hypomanie (abgeschwächte Form der Manie) (ICD-10-GM F30.0)
  Manie ohne psychotische Symptome (ICD-10-GM F30.1)
  Manie mit psychotischen Symptomen (synthym/parathym) (ICD-10-GM F30.2)
  Sonstige manische Episoden (ICD-10-GM F30.8)
  Manische Episode, nicht näher bezeichnet (ICD-10-GM F30.9)
Depressive Episode Leichte depressive Episode (ohne/mit somatisches Syndrom) (ICD-10-GM F32.0)
  Mittelgradige depressive Episode (ohne/mit somatisches Syndrom) (ICD-10-GM F32.1)
  Schwere depressive Episode (ohne psychotische Symptome) (ICD-10-GM F32.2)
  Schwere depressive Episode (mit psychotischen Symptomen) (ICD-10-GM F32.3)
  Sonstige depressive Episoden (atypische Depressionen) (ICD-10-GM F32.8)
  Depressive Episode, nicht näher bezeichnet (ICD-10-GM F32.9)

Um die Diagnose "bipolare Störung" stellen zu können, müssen mindestens zwei voneinander abgrenzbare affektive Episoden aufgetreten sein. Davon muss mindestens eine Episode eine manische, hypomanische oder gemischte Episode sein.

Die bipolare Störung kann je nach Dauer, Häufigkeit und Intensität der einzelnen Phasen unterschieden werden in:

  • Bipolar-I-Störung (BD-I) – Diese Form hat mindestens eine manische Episode neben den Depressionen; manische Phase dauert mindestens 14 Tage und ist sehr ausgeprägt.
  • Bipolar-II-Störung (BD-II) –  Diese Form ist geprägt durch depressive Phasen und mindestens einer manischen Phase, die in den meisten Fällen eher schwach ausgeprägt ist (Hypomanie).

Des Weiteren gibt es subsyndromale Verläufe sowie die Zyklothymia (ICD-10 F 34.0).

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung beginnt meist in der Adoleszenz (Lebensabschnitt zwischen der späten Kindheit und dem Erwachsenenalter) oder dem frühen Erwachsenenalter, also zwischen 15 und 30 Jahren. Erste Symptome treten bereits vor dem 18. Lebensjahr auf.

Die Lebenszeitprävalenz (Krankheitshäufigkeit während des gesamten Lebens) liegt bei 3-5 %. Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) für die Bipolar-I-Störung liegt bei 0,5-2 % und für die Bipolar-II-Störung bei 0,2-5 % (in Deutschland).

Verlauf und Prognose: Der Verlauf ist individuell sehr unterschiedlich. Häufig dauern die manischen Phasen etwas kürzer als die depressiven Phasen. Es können sogar einige Jahre symptomfreier Zeit zwischen den Phasen liegen. Mit jeder Krankheitsepisode nimmt jedoch die Dauer der krankheitsfreien Intervalle ab. Bis zur endgültigen Diagnose vergehen meistens viele Jahre.
Bipolare Störungen neigen zu Rezidiven (Wiederauftreten der Erkrankung). Rund 10 % der Betroffenen leiden im Leben unter mehr als zehn Episoden.
Das sogenannte Rapid Cycling, bei dem es zu einem schnellen Wechsel zwischen depressiven und manischen Phasen kommt (≥ 4 affektive Episoden in 12 Monaten), betrifft bis zu 20 % der Patienten.
Eine Studie zeigte, dass Patienten mit bipolarer Störung nur zur Hälfte der Zeit euthym (ausgeglichene Stimmung) waren. Patienten mit BD-I und BD-II unterschieden sich nur wenig in ihrer Tendenz zu depressiven Zuständen [4].
Mit der Erkrankung geht einer gesteigerten Suizidalität (Selbstmordgefährdung) einher.
Patienten mit einer bipolaren Störung sterben im Durchschnitt 9 bis 20 Lebensjahre früher [2].

Komorbiditäten (Begleiterkrankungen):  10-Jahres-Verlaufsdaten zeigen eine statistisch signifikante Assoziation zwischen Cannabisgebrauch und dem Auftreten einer bipolaren Störung [3]. Gleiches gilt bekanntermaßen für den schädlichen Alkoholgebrauch.

Literatur

  1. DGBS e.V. und DGPPN e.V.: S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie bipolarer Störungen. Langversion 1.0, Mai 2012 http://www.leitlinie-bipolar.de/wp-content/uploads/2012/05/S3_Leitlinie-Bipolar_11052012_.pdf
  2. Chesney E, Goodwin GM, Fazel S: Risks of all-cause and suicide mortality in mental diesorders: a meta-review. World Psychiartry 2014;13:153-160)
  3. Wittchen HU, Frohlich C, Behrendt S et al.: Cannabis use and cannabis use disorders and their relationship to mental disorders: a 10-year prospective-longitudinal community study in adolescents. Drug Alcohol Depend 2007 Apr;88 Suppl 1:S60-70. Epub 2007 Jan 25.
  4. Pallaskorpi S et al.: Five-year outcome of bipolar I and II disorders: findings of the Jorvi Bipolar Study. Bipolar Disord. 2015 Mar 2. doi: 10.1111/bdi.12291

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen. (AWMF-Registernummer: 038-020), Oktober 2018 Kurzfassung Langfassung
  2. S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen. (AWMF-Registernummer: 038-019), März 2019 Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression. (AWMF-Registernummer: nvl - 005), Januar 2023 Kurzfassung Langfassung

     
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