Abnorme Reflexe – Labordiagnostik

Abnorme Reflexe sind ein unspezifisches neurologisches Symptom und weisen auf zentrale oder periphere Störungen des Nervensystems hin. Häufiger Anlass zur Abklärung sind Pyramidenbahnzeichen (z. B. Babinski-Reflex), gesteigerte Muskeleigenreflexe oder pathologische Fremdreflexe.

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Kleines Blutbild – Ausschluss von Anämie (Blutarmut), Infektion (Ansteckungskrankheit), hämatologischen Systemerkrankungen (Bluterkrankungen)
  • Differentialblutbild – Differenzierung bei Leukopenie (verminderte weiße Blutkörperchen)/Leukozytose (erhöhte weiße Blutkörperchen)
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) [↑] bei entzündlicher Genese (Krankheitsursache)
  • Elektrolyte – Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium (Störungen können neuromuskuläre Übererregbarkeit verursachen)
  • Blutzucker (Glucose) – Hypoglykämie (Unterzuckerung) oder Hyperglykämie (Überzuckerung) als reversible Ursache neurologischer Symptome
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT, GGT), Bilirubin, alkalische Phosphatase – zur Erfassung von hepatischen Ursachen neurologischer Symptome (z. B. hepatische Enzephalopathie [Leber-Hirn-Störung], metabolische Dysfunktionen [Stoffwechselstörungen], toxische Leberprozesse [durch Gifte bedingte Leberschädigung])
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C – zur Beurteilung einer Niereninsuffizienz (Nierenschwäche), da urämische Enzephalopathie (Hirnschädigung durch harnpflichtige Substanzen) oder Elektrolytverschiebungen reflektorische Veränderungen hervorrufen können
  • Schilddrüsenparameter – TSH, fT3, fT4 (Hyperthyreose [Schilddrüsenüberfunktion] oder Hypothyreose [Schilddrüsenunterfunktion] als neurologische Auslöser)
  • Vitamin B12 und Folsäure – Ausschluss von Mangelzuständen mit Myelopathie (Rückenmarksschädigung) oder Polyneuropathie (Nervenschädigung)

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Rheumadiagnostik – CRP bzw. BSG; Rheumafaktor, CCP-Antikörper, ANA (antinukleäre Antikörper)
  • Immunserologie – Borrelien-Antikörper (bei Verdacht auf Neuroborreliose [Nerven-Borreliose]), Lues-Serologie (Syphilis-Test), HIV-Test
  • Autoimmun-Enzephalitis-Panel – z. B. Anti-NMDA-R, Anti-LGI1, Anti-CASPR2 bei unklaren neuropsychiatrischen Symptomen (seelisch-geistige Symptome)
  • Liquordiagnostik – Zellzahl, Eiweiß, Glucose, oligoklonale Banden, ggf. Erregernachweis (Nachweis von Krankheitserregern im Nervenwasser)
  • Spurenelemente – Kupfer, Ceruloplasmin (Morbus Wilson [Kupferspeicherkrankheit]), Mangan, Zink
  • Vitaminspiegel – Vitamin E, Vitamin D bei chronisch progredienten Neuropathien (langsam fortschreitende Nervenschädigungen)
  • Genetische Diagnostik – bei Verdacht auf hereditäre spastische Paraplegie (erbliche spastische Lähmung) oder andere neurodegenerative Erkrankungen (fortschreitende Nervenerkrankungen)
  • Onkoneuronale Antikörper – z. B. Anti-Hu, Anti-Yo, Anti-Ri, Anti-Ma2, Anti-CV2/CRMP5 bei paraneoplastischen neurologischen Syndromen (Nervenstörungen im Rahmen einer Krebserkrankung)
  • Tumormarker – abhängig von der Verdachtsdiagnose (z. B. PSA bei Prostatakarzinom [Prostatakrebs], CEA bei gastrointestinalen Tumoren [Magen-Darm-Tumoren], AFP bei hepatozellulärem Karzinom [Leberkrebs]), als Hinweis auf mögliche Tumorassoziation
  • Paraneoplastische Syndrome – Bestimmung von Antikörpern gegen intrazelluläre oder membranständige neuronale Antigene, die motorische und reflexbezogene Symptome auslösen können

Red Flags (Warnzeichen) bei abnormen Reflexen

  • Akut auftretende oder progrediente motorische Lähmungen (Bewegungseinschränkungen)
  • Akute Blasen- oder Mastdarmstörung (Harnverhalt, Inkontinenz, Stuhlverhalt)
  • Rasch progrediente Gangstörung (Gangunsicherheit) oder Ataxie (Koordinationsstörung)
  • Neu aufgetretene epileptische Anfälle oder Bewusstseinsstörungen
  • Asymmetrische Reflexveränderungen mit fokal-neurologischen Ausfällen (einseitige Ausfälle)
  • Begleitende B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust) als Hinweis auf Tumor oder systemische Erkrankung