Klimakterium/Wechseljahre (Menopause) – Medikamentöse Therapie
Therapieziel
- Verbesserung klimakterischer Beschwerden (Wechseljahresbeschwerden) und – soweit vorhanden – Therapie bzw. Prävention der Osteoporose (Knochenschwund).
Therapieempfehlungen
- Eine therapeutische Hormonersatztherapie (HET) (engl. Hormone Replacement Therapy, HRT) ist angezeigt bei [7, 8, 9]:
- mittelgradigen bis schweren klimakterischen/vasomotorischen Beschwerden (Hitzewallungen, Nachtschweiß); Frauen mit vasomotorischen Beschwerden soll eine HRT angeboten werden [S3-Leitlinie].
- urogenitaler bzw. vaginaler Atrophie (Rückbildung der Schleimhäute in Scheide und Harnwegen) (s. u. Östriol); wenn dies die einzige Indikation ist, ausschließlich vaginale Östrogentherapie.
- Voraussetzung: belastende Beschwerden (klare Indikation) und keine Kontraindikationen (Gegenanzeigen).
- Uterusstatus (Gebärmutterstatus):
- Nicht hysterektomierte Patientinnen (mit Gebärmutter): kombinierte Östrogen-Gestagen-Therapie mit endometriumprotektiver Gestagengabe (Schutz der Gebärmutterschleimhaut) mindestens 10, besser 12-14 Tage pro Behandlungsmonat (Endometriumschutz; Prävention des Endometriumkarzinoms (Gebärmutterschleimhautkrebs)).
- Hysterektomierte Patientinnen (nach Gebärmutterentfernung): Östrogen-Monotherapie.
- Präventive HRT kann erwogen werden bei [8, 9]:
- urogenitaler Atrophie* (Rückbildung der Schleimhäute in Scheide und Harnwegen).
- Osteoporosegefährdung (erhöhtes Risiko für Knochenschwund) in der Postmenopause (Zeit nach den Wechseljahren) bei Unverträglichkeit/Kontraindikationen alternativer Verfahren (gesicherte Indikation); HRT senkt das Risiko osteoporose-assoziierter Frakturen (Knochenbrüche) [S3-Leitlinie].
- vorzeitiger Ovarialinsuffizienz (Funktionsverlust der Eierstöcke) (prämature Menopause, Zustand nach Ovarektomie (Eierstockentfernung)).
- Weitere Hinweise:
- (Kolorektales Karzinom (Darmkrebs): HRT kann das Risiko senken; daraus folgt keine Indikation für eine präventive HRT.)
- Brustkrebsrisiko: HRT (Östrogen-Gestagen/Östrogen-Monotherapie) kann zu einer geringen oder keiner Erhöhung führen [S3-Leitlinie].
- Zur Prophylaxe eines Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)/metabolischen Syndroms keine eigenständige Indikation; möglicher günstiger Effekt wird diskutiert.
- „Window of Opportunity“ (Zeitfenster der Gelegenheit): möglicher Netto-Nutzen bei Beginn kurz nach der Menopause (letzte Regelblutung) bzw. < 60 Jahren.
*Bei asymptomatischer urogenitaler Atrophie (Rückbildung der Schleimhäute in Scheide und Harnwegen ohne Beschwerden) kann die alleinige Anwendung von Befeuchtungs-/Gleitmitteln – ggf. zusammen mit vaginaler Östrogentherapie – angeboten werden [S3-Leitlinie].
Beachte – USPSTF (präventiver Einsatz) [21]:
- Empfehlung gegen den Einsatz von kombinierter Östrogen-Gestagen-Therapie und gegen Östrogen-Monotherapie zur Primärprävention chronischer Erkrankungen (Vorbeugung langfristiger Krankheiten).
- Nutzenaspekte: Reduktion von Frakturen (Knochenbrüchen) und eine geringe Reduktion des Diabetesrisikos möglich.
- Schadensbilanz/Nettoeffekt: Kein Nettonutzen wegen erhöhter Risiken (u. a. venöse Thromboembolie (Blutgerinnsel), Schlaganfall, Gallenwegserkrankungen); unter kombinierter Therapie zusätzlich erhöhtes Brustkrebsrisiko. Für Östrogen-Monotherapie kein erhöhter Brustkrebsnachteil, aber insgesamt ebenfalls kein Nettonutzen.
- Kognition: Erhöhtes Demenzrisiko (Gedächtnisstörung) unter kombinierter Therapie bei älteren Frauen; für Östrogen-Monotherapie nicht gezeigt.
Prämature Ovarialinsuffizienz (POI)
Frauen mit prämaturer Ovarialinsuffizienz (vorzeitiger Funktionsverlust der Eierstöcke) (POI) sollen über die Wichtigkeit einer systemischen Hormonbehandlung aufgeklärt werden und – sofern keine Kontraindikationen (Gegenanzeigen) bestehen – eine Hormonersatztherapie (HRT) oder kombinierte orale Kontrazeptiva (Antibabypille) (OC) mindestens bis zum natürlichen Menopausealter (Wechseljahresalter) erhalten [S3-Leitlinie].
Ziel der Therapie sind Ersatzdosen von Östrogen (weibliches Geschlechtshormon) zur Symptomkontrolle und zur Prävention von Langzeitfolgen (Knochen, kardiometabolisch, Urogenitaltrakt (Harn- und Geschlechtsorgane)). In der Praxis werden physiologisches 17β-Östradiol (oral oder transdermal) plus endometriumprotektives Gestagen (Schutz der Gebärmutterschleimhaut) (zyklisch oder kontinuierlich; bei Bedarf Levonorgestrel-Intrauterinsystem (Hormonspirale)) bevorzugt; OCs sind eine Alternative, können aber in Bezug auf Knochenstoffwechsel und kardiometabolisches Profil unterlegen sein [7, 8, 9].
Besonderheiten bei POI
- Beginn: nach Diagnosesicherung zeitnah starten; Dauer: bis etwa zum 50.-51. Lebensjahr [9].
- Applikation (Anwendungsart): Bei erhöhtem Risiko für venöse Thromboembolien (Blutgerinnsel) oder kardiovaskuläre Ereignisse (Herz-Kreislauf-Erkrankungen) ist eine transdermale Östrogengabe (über die Haut, z. B. Pflaster) zu bevorzugen (z. B. ≤ 50 µg/Tag), da diese das Gerinnungssystem und die Triglyceride (Blutfette) weniger beeinflusst [S3-Leitlinie].
- Fertilität/Verhütung (Fruchtbarkeit/Empfängnisverhütung): spontane Ovulationen (Eisprünge) sind möglich; Kontrazeption (Empfängnisverhütung) nach individuellem Wunsch besprechen (z. B. Levonorgestrel-Intrauterinsystem (Hormonspirale), Barrieremethoden); Eizellspende kann als reproduktive Option (Fortpflanzungsmöglichkeit) in Betracht gezogen werden [9].
- Monitoring (Kontrollen): initiale und regelmäßige Evaluation (Beurteilung) des Knochenrisikos (einschließlich Knochendichtemessung je nach Ausgangsbefund und Risikoprofil), Beurteilung kardiometabolischer Faktoren (Herz- und Stoffwechselparameter), Therapieadhärenz (Therapietreue) und Nebenwirkungen nach drei Monaten, anschließend mindestens jährlich [S3-Leitlinie].
Kontraindikationen (Gegenanzeigen) einer Hormonersatztherapie
Absolute Kontraindikationen
- Mammakarzinom (Brustkrebs) (auch Zustand nach) – siehe „Menopause nach Mammakarzinom“. Eine systemische HRT kann das Rezidivrisiko (Wiederauftreten der Erkrankung) erhöhen; daher keine systemische HRT. Lokale niedrig dosierte Vaginalöstrogene (Hormonpräparate zur Scheidenanwendung) sind nur nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung und in Abstimmung mit der Onkologie einzusetzen [S3-Leitlinie].
- Endometriumkarzinom (Gebärmutterschleimhautkrebs) (auch Zustand nach) – Datenlage für systemische HRT unzureichend; in der Regel kontraindiziert [S3-Leitlinie].
- Endometriumhyperplasie (Verdickung der Gebärmutterschleimhaut) (unbehandelt).
- Frühere idiopathische (ohne erkennbare Ursache) oder akute venöse bzw. arterielle Thromboembolien (z. B. ischämischer Schlaganfall, Myokardinfarkt (Herzinfarkt)).
- Bekannte Thrombophilie (erhöhte Neigung zu Blutgerinnseln).
- Aktive Lebererkrankungen mit erhöhten Transaminasen (Leberenzymen).
- Kardiovaskuläre Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen) in instabiler Situation (z. B. instabile arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)).
- Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) mit Angiopathie (Gefäßschädigung).
- Ungeklärte vaginale Blutungen.
Relative Kontraindikationen:
- Arterielle Hypertonie (Bluthochdruck).
- Hochgradiger Diabetes mellitus Typ 2 (Zuckerkrankheit Typ 2).
- Symptomatische Cholelithiasis (Gallensteinleiden).
- Schwere Dyslipidämie (erhöhte Blutfette) (Hypercholesterinämie oder Hypertriglyzeridämie mit Gefäßbeteiligung).
Bei Frauen mit POI ist die Nutzen-Risiko-Bilanz häufig günstiger als bei älteren postmenopausalen Frauen, da das Lebensalter niedriger ist [8].
Weitere Hinweise
- Die Indikation (Begründung für die Therapie) zur Hormonersatztherapie ist nach drei Monaten und danach mindestens jährlich zu überprüfen [S3-Leitlinie].
- Bei Patientinnen mit Hypertonie (Bluthochdruck), milder Dyslipidämie (erhöhten Blutfetten) oder Gallenwegserkrankungen ist eine transdermale Östrogengabe (über die Haut, z. B. Pflaster) bis zu einer maximalen Tagesdosis von 50 µg vorzuziehen [S3-Leitlinie].
- Bei Vorliegen von Kontraindikationen einer HRT können nicht hormonelle Alternativen (z. B. SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer), SNRI (Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer), Gabapentin, Fezolinetant) eingesetzt werden.
- Frauen sollen vor Beginn der Behandlung darauf hingewiesen werden, dass nach dem Absetzen der Hormonersatztherapie vasomotorische Beschwerden (Hitzewallungen, Nachtschweiß) erneut auftreten können [S3-Leitlinie].
Aktueller Erkenntnisstand
Die nachfolgend dargestellten Ergebnisse aus großen Beobachtungs- und Interventionsstudien belegen, dass vor Beginn einer Hormonersatztherapie (HRT) stets eine individuelle Risiko-Nutzen-Abwägung gemeinsam zwischen Arzt und Patientin erfolgen muss.
Die ursprüngliche Women’s Health Initiative (WHI)-Studie, veröffentlicht im Jahr 2002, untersuchte die Auswirkungen einer kombinierten Östrogen-Gestagen-Therapie (Hormontherapie mit weiblichen Geschlechtshormonen) (konjugierte equine Östrogene + Medroxyprogesteronacetat) bei postmenopausalen Frauen (nach den Wechseljahren) [1]. Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen, da sich bereits in der Zwischenanalyse eine signifikant erhöhte Inzidenz (Häufigkeit) von Mammakarzinomen (Brustkrebs), koronarer Herzkrankheit (KHK) (Herzkranzgefäßerkrankung), Schlaganfällen und venösen Thromboembolien (Blutgerinnseln) zeigte. Gleichzeitig wurden jedoch positive Effekte festgestellt, darunter eine Reduktion osteoporosebedingter Frakturen (Knochenbrüche infolge von Knochenschwund) und ein geringeres Risiko für Kolonkarzinome (Darmkrebs).
Die Ergebnisse der WHI wurden durch die britische One Million Women Study bestätigt, die ebenfalls eine Zunahme des Brustkrebsrisikos unter HRT zeigte [2]. Das absolute Risiko stieg dabei proportional zur Dauer der Therapie und war unter kombinierter HRT (Östrogen + Gestagen) deutlicher ausgeprägt als unter Östrogen-Monotherapie (Therapie nur mit einem Hormon).
Eine Metaanalyse der Collaborative Group on Hormonal Factors in Breast Cancer (Lancet, 2019) bestätigte diese Zusammenhänge in einer Datensynthese aus weltweit 58 Studien mit über 500.000 Frauen [20]. Dabei zeigte sich, dass das Brustkrebsrisiko mit der Therapiedauer zunimmt, insbesondere bei kombinierter Östrogen-Gestagen-Therapie, und bis zu zehn Jahre nach Therapieende leicht erhöht bleiben kann. Unter alleiniger Östrogentherapie war das Risiko geringer.
Gleichzeitig wurde durch die WHI-Studie und ihre Nachbeobachtungsphasen belegt, dass die HRT zu einer deutlichen Senkung des Frakturrisikos führt – insbesondere der Schenkelhalsfrakturen (Oberschenkelhalsbrüche) (10 Frakturen unter HRT versus 15 in der Placebogruppe).
Die U.S. Preventive Services Task Force (USPSTF) kam in ihrer Bewertung zu dem Schluss, dass der präventive Nutzen der HRT – etwa hinsichtlich Osteoporose (Knochenschwund) oder Kolonkarzinom (Darmkrebs) – durch die erhöhten Risiken für Mammakarzinom (Brustkrebs), venöse Thromboembolien (Blutgerinnsel), Schlaganfall, Cholezystitis (Gallenblasenentzündung), Demenz und möglicherweise KHK (Herzkranzgefäßerkrankung) insgesamt aufgehoben wird [3].
Nach aktuellem Stand der Wissenschaft [7, 8, 9] wird das kardiovaskuläre Risiko (Herz-Kreislauf-Risiko) durch eine HRT entscheidend vom Zeitpunkt des Therapiebeginns beeinflusst („Window of Opportunity“):
- Wird die Therapie kurz nach der Menopause (nach der letzten Regelblutung) oder vor dem 60. Lebensjahr begonnen, kann sie mit einer Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse (Herz-Kreislauf-Erkrankungen) und Mortalität (Sterblichkeit) assoziiert sein.
- Beginnt die HRT erst nach dem 60. Lebensjahr, überwiegen die Risiken (v. a. Thromboembolien (Blutgerinnsel), Schlaganfälle, Herzinfarkte), sodass kein Netto-Nutzen mehr besteht.
Neuere Daten aus der BMJ-Registerstudie 2024 zeigen, dass unter einer zeitgerecht begonnenen modernen HRT mit physiologischen Estradiolpräparaten (Hormonpräparate mit natürlichem Östrogen) und transdermaler Applikation (über die Haut) keine signifikante Erhöhung des kardiovaskulären Gesamtrisikos nachweisbar ist, wenn individuelle Risikofaktoren berücksichtigt werden [23].
Fazit:
Die aktuelle Evidenz spricht dafür, dass eine Hormonersatztherapie bei geeigneter Indikation (Behandlungsgrund), richtiger Auswahl von Präparat und Applikationsform (Art der Anwendung) sowie frühzeitigem Beginn (innerhalb von 10 Jahren nach der Menopause bzw. < 60 Jahre) überwiegend sicher ist und einen Nettonutzen bei symptomatischen Frauen (Frauen mit Beschwerden) bietet. Voraussetzung bleibt eine regelmäßige Reevaluation (Neubewertung) der Indikation und eine individualisierte Therapieplanung.
Aktueller Erkenntnisstand – Risiken, Schutzwirkungen und aktuelle Bewertung der Hormonersatztherapie (HRT)
Nach aktueller Datenlage sind die Risiken und Nutzen der Hormonersatztherapie (HRT) differenziert zu bewerten. Eine individuelle Risiko-Nutzen-Abwägung und regelmäßige Reevaluation (Neubewertung) der Indikation (Behandlungsgrund) bleiben essenziell.
Thromboembolische und vaskuläre Risiken
- Das Risiko für zerebrale Insulte (Schlaganfälle) und venöse Thromboembolien (VTE) (Blutgerinnsel) ist unter oraler HRT – insbesondere im ersten Behandlungsjahr – erhöht.
- Transdermale Östrogene (z. B. Pflaster, Gel) sind nicht mit einem erhöhten Risiko für Thromboembolien assoziiert und werden bei Frauen mit erhöhtem kardiovaskulärem (Herz-Kreislauf-) oder metabolischem Risiko bevorzugt [9, 23].
- Eine große schwedische Registeranalyse (BMJ 2024) bestätigte, dass moderne transdermale Präparate mit physiologischem Estradiol (natürlichem Östrogen) kein signifikant erhöhtes Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall zeigen [23].
Gallenwegserkrankungen
- Das Risiko für eine Cholelithiasis (Gallensteinbildung) ist bereits zu Therapiebeginn erhöht, insbesondere bei übergewichtigen Frauen und bei bestehender Gallenwegserkrankung [7, 8, 9].
- Die transdermale Applikation (Anwendung über die Haut) ist hier günstiger, da sie die hepatische (leberbezogene) Stoffwechselbelastung vermeidet.
- Das Risiko für ein Gallenblasenkarzinom (Gallenblasenkrebs) ist nicht erhöht [9].
Kognitive Effekte und Demenzrisiko
- Das Risiko für vaskuläre Demenz (gefäßbedingte Demenz) ist erhöht, wenn eine kombinierte HRT über das 65. Lebensjahr hinaus fortgeführt wird [7, 8, 9].
- Das Risiko für Morbus Alzheimer (Alzheimer-Krankheit) wird durch eine frühzeitig begonnene HRT (innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Menopause (Wechseljahre)) und eine längere Therapiedauer (> 10 Jahre) signifikant reduziert [9].
- Diese Langzeitanwendungen entsprechen jedoch nicht der üblichen klinischen Praxis („so niedrig wie möglich, so kurz wie nötig“).
- Eine finnische Fall-Kontroll-Studie (BMJ 2019) zeigte dagegen ein leicht erhöhtes Alzheimer-Risiko nach systemischer HRT, insbesondere bei längerfristiger Anwendung.
- Odds-Ratio (statistisches Risikoverhältnis) = 1,09 für Östrogen-Monotherapie, 1,17 für kombinierte HRT.
- Die absolute Risikoerhöhung war jedoch minimal, und lokale vaginale Präparate blieben unbedenklich [19].
Neue Daten (Neurology 2025): In einer Auswertung der Canadian Longitudinal Study of Aging (n= 7.251 kognitiv gesunde postmenopausale Frauen; mittleres Alter 61 Jahre) war ein früheres Menopausenalter über mehrere kognitive Domänen mit schlechteren Testergebnissen assoziiert; zudem zeigte sich eine differenzierte Assoziation der Estradioltherapie mit Gedächtnisleistungen (transdermal: besseres episodisches Gedächtnis; oral: besseres prospektives Gedächtnis), ohne Einfluss auf exekutive Funktionen. Querschnittsdesign und fehlende Angaben zu Dosis, Dauer und Timing limitieren die Kausalinterpretation [24].
Malignome (bösartige Tumoren) mit erhöhtem Erkrankungsrisiko
- Mammakarzinom (Brustkrebs):
- Das Risiko ist unter kombinierter Östrogen-Gestagen-Therapie geringfügig erhöht, insbesondere bei einer Behandlungsdauer von > 5 Jahren [9, 20].
- Unter alleiniger Östrogentherapie (Therapie nur mit einem Hormon) besteht kein erhöhtes Risiko, teils sogar ein leichter Schutz.
- Die HRT verursacht kein Mammakarzinom (Brustkrebs), beschleunigt aber das Wachstum bereits vorhandener hormonrezeptorpositiver Tumoren (hormonempfindliche Tumoren).
- Die absolute Risikoerhöhung beträgt < 0,1 % pro Jahr (< 1 Fall pro 1.000 Frauen und Jahr) – geringer als durch regelmäßigen Alkoholkonsum oder Adipositas (Übergewicht) [9].
- Fazit: Bei kombinierter HRT über > 5 Jahre ist eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erforderlich.
- Endometriumkarzinom (Gebärmutterschleimhautkrebs):
- Unter Östrogen-Monotherapie (Therapie nur mit Östrogen) steigt das Risiko bei nicht hysterektomierten Frauen (mit Gebärmutter) nach 3 Jahren × 5-fach, nach 10 Jahren × 10-fach [7].
- Daher ist eine zusätzliche Gestagengabe (Hormon zur Schleimhautschutzwirkung) über mindestens 12 Tage pro Zyklus oder kontinuierlich obligat.
- Alternativ kann ein Levonorgestrel-Intrauterinsystem (Hormonspirale) eingesetzt werden (Off-Label-Use) [8, 9].
- Für eine adäquate endometriale Transformation (Schleimhautumwandlung) ist bei natürlichem Progesteron (Gelbkörperhormon) die vaginale Applikation erforderlich; orale oder transdermale Formen sind nicht ausreichend [9].
- Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs):
- Die Studienlage ist uneinheitlich; das Risiko wird als niedrig bis sehr niedrig bewertet.
- Bei familiärer Prädisposition (erblich bedingte Anfälligkeit) (z. B. BRCA-Mutationen) sollte die Patientin über ein mögliches Restrisiko aufgeklärt werden [9].
Malignome mit wahrscheinlich verringertem Erkrankungsrisiko
-
Das Risiko für Kolon- und Rektumkarzinome (Darmkrebs) scheint unter HRT reduziert zu sein, wird aber noch weiter untersucht [7, 8, 9].
Grundsatzregel hormonabhängige Tumoren:
Eine HRT darf nicht durchgeführt werden, wenn eine Patientin an einem hormonabhängigen Malignom (hormonabhängigem Krebs) erkrankt war oder ein solches aktuell besteht [7, 8, 9].
Individualisierte Therapieempfehlung
Publikationen in Fachzeitschriften wie Science bestätigen, dass die individualisierte Hormontherapie nach wie vor ihre Bedeutung hat [4].
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), der Berufsverband der Frauenärzte und weitere Fachgesellschaften fassen zusammen:
„Nach aktueller Datenlage ist zu erwarten, dass bei früher Substitution – im Alter unter etwa 60 Jahren – und unter Vermeidung langjähriger Östrogendefizite, für nicht mit speziellen Risikofaktoren oder Vorerkrankungen belastete Frauen der Nutzen einer indizierten Hormonersatztherapie (HRT) die Risiken meist überwiegt“ [8].
Erkenntnisse aus Langzeitstudien
- Eine Nachanalyse der WHI-Studie (NEJM 2017) zeigte, dass bei Frauen im Alter von 50-59 Jahren die HRT nicht mit einer erhöhten Gesamtmortalität (Sterblichkeit) assoziiert war und teils protektive Effekte (Schutzwirkungen) auf Knochendichte, Diabetesrisiko und Gesamtsterblichkeit aufwies [11].
- Die WHI-Nachbeobachtungsdaten belegen, dass der initiale Anstieg von Brustkrebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen keinen langfristigen Einfluss auf die Gesamtmortalität (Gesamtsterblichkeit) hatte [13].
- Die USPSTF (U.S. Preventive Services Task Force) empfiehlt weiterhin, HRT nicht zur Prävention (Vorbeugung) chronischer Erkrankungen einzusetzen, sondern ausschließlich zur Behandlung belastender klimakterischer Symptome (Wechseljahresbeschwerden) [14].
Fazit
Eine Hormonersatztherapie sollte ausschließlich bei:
- ausgeprägten klimakterischen Beschwerden (starken Wechseljahresbeschwerden),
- prämaturer Menopause (Klimakterium praecox) (vorzeitigen Wechseljahren) oder
- urogenitaler/vaginaler Atrophie (Rückbildung der Schleimhäute in Harnwegen und Scheide) (hier ausschließlich lokale Therapie mit Östriol (natürlichem Östrogen))
angewendet werden.
Grundsätze:
- So niedrig wie möglich, so kurz wie nötig.
- Nach hormonabhängigen Tumorerkrankungen keine systemische HRT (Hormonbehandlung über den ganzen Körper).
- Bevorzugung transdermaler Regime (Anwendung über die Haut) bei kardiovaskulären (Herz-Kreislauf-) oder metabolischen (stoffwechselbezogenen) Risikofaktoren.
Die derzeitige Evidenz (Datenlage) belegt, dass bei frühem Beginn (< 60 Jahre oder innerhalb von 10 Jahren nach der Menopause) und korrekter Patientenselektion (richtiger Auswahl der Patientin) der Nettonutzen überwiegt, insbesondere hinsichtlich Lebensqualität, Osteoporoseprävention (Vorbeugung von Knochenschwund) und metabolischer Stabilisierung (Stoffwechselstabilität).
Weitere Hinweise
Absetzen von HRT
-
In zwei großen finnischen Registeranalysen war das Risiko für kardialen (Herz-) oder zerebrovaskulären (Gefäß-) Tod im ersten Jahr nach Absetzen einer Hormonersatztherapie (HRT) erhöht, insbesondere bei Frauen < 60 Jahren. Bei Frauen, die die HRT ≥ 60 Jahre beendeten, war das Risiko unverändert oder niedriger als in Vergleichskollektiven [16, 17].
Tibolon: kardiovaskuläres (Herz-Kreislauf-) Risiko
- Aktuelle Bevölkerungs- und Registerdaten zeigen unter Tibolon ein erhöhtes Risiko für ischämische Herzkrankheit (Durchblutungsstörung des Herzens), Hirninfarkt (Schlaganfall) und Myokardinfarkt (Herzinfarkt); ein klares Risiko für venöse Thromboembolien (VTE) (Blutgerinnsel) zeigte sich nicht konsistent [23].
- Bereits ältere randomisierte Studien (LIFT) belegten mehr Schlaganfälle unter Tibolon bei älteren postmenopausalen Frauen [15].
Venöse Thromboembolien (VTE) (Blutgerinnsel) und Applikationsweg (Anwendungsform)
- Orale (über den Mund eingenommene) Östrogen-(± Gestagen-)Therapie ist mit erhöhtem VTE-Risiko assoziiert, besonders im ersten Anwendungsjahr [20].
- Transdermale (über die Haut aufgenommene) Estradiol-Regime weisen in Studien kein oder deutlich geringeres VTE-Risiko auf; sie werden bei erhöhtem Thromboserisiko bevorzugt [3].
- In einer zeitgemäßen schwedischen emulierten Zielstudie (BMJ 2024) zeigten orale kombinierte Regime mehr ischämische Herzerkrankungen (Durchblutungsstörungen des Herzens) und mehr VTE; transdermale Regime waren kardiovaskulär neutral (herz-kreislauf-neutral), wenn individuelle Risikofaktoren berücksichtigt wurden [23].
Wirkungsweisen (klinisch relevante Stoffwechseleffekte)
Östrogene (weibliche Geschlechtshormone)
- Lipoproteine (Fetttransportstoffe im Blut): Östrogenmangel begünstigt einen Anstieg von Lp(a) in der Menopause (Wechseljahren). Systemische Östrogengabe senkt Lp(a) (≈ 20 %), senkt LDL-C (schlechtes Cholesterin) (≈ 10 %) und erhöht HDL-C (gutes Cholesterin); Triglyzeride (Fettwerte) können ansteigen, was unter transdermaler Gabe deutlich geringer ausfällt [4, 9, 14].
- Gerinnung/Fibrinolyse (Blutgerinnung und Auflösung von Gerinnseln): Orale Estrogene erhöhen prothrombotische Marker (durch den sogenannten „First-Pass-Effekt“ in der Leber) und damit das klinische Risiko für Thrombosen; transdermale Regime umgehen diesen Effekt weitgehend [3, 20].
Gestagene (Gelbkörperhormone)
- Lipidinteraktion (Einfluss auf Fettstoffwechsel): Synthetische Gestagene können den HDL-Anstieg unter Estrogen abschwächen; androgen wirkende 19-Nortestosteron-Derivate (männlich wirkende Substanzen) können HDL senken und den Triglyzerid-Anstieg unter Estrogen abmildern. LDL bleibt meist unverändert; der Lp(a)-Vorteil der Estrogene bleibt erhalten [12, 8, 14].
- Hämostase (Blutgerinnung): Gestagene modulieren Estrogen-Effekte auf PAI-1/Fibrinogen (Gerinnungsfaktoren); das klinische Thromboserisiko wird jedoch primär durch Estrogen-Dosis und Applikationsweg bestimmt [4, 9].
Tibolon
-
Wirkt östrogen, gestagen und schwach androgen (männlich); trotz günstiger Effekte auf einzelne Lipidparameter (Fettwerte) besteht ein Signal für arterielle (Gefäß-)Ereignisse (siehe oben) [23, 15].
Praxisimplikationen
- HRT-Stop < 60 J.: im ersten Jahr kardiovaskulär (Herz-Kreislauf-System) engmaschig begleiten [16, 17].
- Erhöhtes Risiko für Blutgerinnsel oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen: transdermale Estradiol-Regime (Hautpflaster, Gel) bevorzugen; niedrigste wirksame Dosis, regelmäßige Neubewertung [3, 20, 23].
- Tibolon: zurückhaltend einsetzen; arterielles Risiko und alternative Therapien besprechen [15, 23].
Wirkstoffe (Hauptindikation)
Östrogene (weibliche Geschlechtshormone) / Gestagene (Gelbkörperhormone) zur Prävention und Behandlung von Hormonmangelsymptomen bzw. -erkrankungen
(Systemische HRT nur bei klarer Indikation; bei allein urogenitaler Atrophie lokal!)
Monopräparate (Östrogene), wenn der Uterus (Gebärmutter) fehlt
Wirkstoff | Besonderheiten |
---|---|
Östradiol (mikronisiert) | Titration nach Symptomkontrolle |
Östradiolvalerat | Prodrug (Vorstufe) → 17β-Östradiol |
Konjugierte Östrogene | Gemisch konjugierter Estrogene (Östrogene aus Stutenharn); in der Praxis seltener |
Östradiol-Pflaster | Freisetzung 25-100 µg/24 h; transdermal (über die Haut) – geringster Einfluss auf Gerinnung und Triglyzeride (Blutfette) |
Östradiol-Gel | Transdermal vorteilhaft (geringere Beeinflussung von Gerinnung/Triglyzeriden) |
Östradiol-Spray | 17β-Östradiol; feine Dosisanpassung möglich |
Östradiol, vaginal* | Cave: Endometriumstimulation (Reizung der Gebärmutterschleimhaut) v. a. unter hochdosierten Cremes; EMA: 100 µg/g-Cremes max. 4 Wochen |
Östriol* | Kurze HWZ (Halbwertszeit); lokal ohne Gestagenzusatz; bei reinen urogenitalen Symptomen lokal bevorzugen |
- Anwendung: oral (über den Mund), transdermal (über die Haut), intramuskulär (in den Muskel), vaginal (in die Scheide)
- Cave: Bei urogenitaler oder vaginaler Atrophie ausschließlich vaginale Östrogentherapie, vorzugsweise mit Östriol
- Cave: kardiovaskuläre Komplikationen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
- Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Gewicht ↑, Mastodynie (Brustspannen), Galaktorrhoe (Milchfluss), Gerinnungsneigung ↑, Stimmungsschwankungen, Zyklusunregelmäßigkeiten
- Herzkreislaufrisiken: erhöhtes Thromboembolie- und Apoplexrisiko (Schlaganfallrisiko); nach dem 60. Lebensjahr erhöhtes Risiko für Koronare Herzkrankheit (KHK)
- Hormonabhängige Tumoren: Risiko für Brustkrebs (Mammakarzinom) mit Therapiedauer leicht erhöht (v. a. bei Kombinationstherapie)
Präparate bei erhaltenem Uterus (Gebärmutter) (Östrogen + Gestagen)
Orale Östrogen-Gestagen-Kombinationen (sequenziell)
Wirkstoffgruppe | Wirkstoff | Besonderheiten |
---|---|---|
Östrogene | Estradiol / Estradiolvalerat / Estriol / konjugierte Östrogene | Sequenzregime → Abbruchblutung erwartet |
+ Gestagene | Dydrogesteron, Medroxyprogesteronacetat, Norethisteron(acetat), Levonorgestrel, Norgestrel, Medrogeston | Endometriumschutz (Schutz der Gebärmutterschleimhaut) obligat; Cave: Cyproteronacetat nicht mehr empfohlen |
- Anwendung: oral, transdermal, intramuskulär, vaginal
- Cave: bei isolierter urogenitaler Atrophie lokal (Östriol/E2 niedrig dosiert)
- Indikation: nicht-hysterektomierte Frauen benötigen Gestagen zum Endometrium-Schutz
- Nebenwirkungen: Gewicht ↑, Akne, Müdigkeit, Depression, Libido ↓ (vermindertes sexuelles Verlangen)
- Hormonabhängige Tumoren: Brustkrebsrisiko leicht ↑ bei > 5 Jahren Kombinationstherapie
2-Präparate-Regime (Estradiol + mikronisiertes Progesteron) – sequenziell
Wirkstoff | Besonderheiten |
---|---|
Estradiol (oral oder transdermal) + Progesteron (mikronisiert) | Günstiges Brust- und Stoffwechselprofil; vaginal zuverlässiger Endometriumschutz |
- Anwendung: oral, transdermal, vaginal
- Cave: Lokaltherapie bei isolierter Atrophie
- Cave: kardiovaskuläre Komplikationen
- Natürliches Progesteron: kein östrogener/androgener Effekt, leicht sedierend (beruhigend), stimmungsstabilisierend, natriumdiuretisch (ausschwemmend) und blutdrucksenkend (antihypertensiv); keine Beeinträchtigung des HDL/LDL (Blutfett-)Profils
Orale Östrogen-Gestagen-Kombinationen (kontinuierlich – blutungsfrei)
Wirkstoffgruppe | Wirkstoff | Besonderheiten |
---|---|---|
Östrogene | Estradiol / Estradiolvalerat / konjugierte Östrogene | Blutungsfrei für postmenopausale Frauen |
+ Gestagene | Drospirenon, Dydrogesteron, Medroxyprogesteronacetat, Norethisteron(acetat), Dienogest | Drospirenon antimineralocorticoid (entwässernd), Blutdruck ↓, Ödeme ↓ |
- Anwendung: oral, transdermal
- Cave: kardiovaskuläre Komplikationen
- Hormonabhängige Tumoren: Risiko leicht ↑ mit Therapiedauer
Transdermale Östrogen-Gestagen-Kombinationen
Regime | Wirkstoffe | Besonderheiten |
---|---|---|
Sequenziell | Estradiol + Levonorgestrel / Norethisteronacetat | Transdermal bei VTE/CVD-Risiko bevorzugt |
Kontinuierlich (blutungsfrei) | Estradiol (oder -Hemihydrat) + Levonorgestrel / Norethisteronacetat | Günstiges Gerinnungs- und Lipidprofil |
- Anwendung: transdermal (Pflaster, Gel)
- Cave: kardiovaskuläre Komplikationen deutlich geringer als oral
- Indikation: Gestagenpflicht bei nicht-hysterektomierten Frauen
19-Nortestosteron-Derivat (Tibolon)
Wirkstoff | Besonderheiten |
---|---|
Tibolon | Cave: erhöhtes Risiko für ischämische Ereignisse (Durchblutungsstörungen) und Schlaganfall (v. a. ältere Frauen) – nicht 1. Wahl bei Herz-Kreislauf-Risiko |
- Anwendung: oral
- Cave: kardiovaskuläre Komplikationen
- Hormonabhängige Tumoren: Nutzen-Risiko streng abwägen
2-Präparate-Regime (Estradiol + Progesteron) – kontinuierlich blutungsfrei
Wirkstoff | Besonderheiten |
---|---|
Estradiol (oral oder transdermal) + Progesteron (mikronisiert) | Günstiges Brust- und Stoffwechselprofil; bei Durchbruchblutungen zyklisch anpassen |
- Anwendung: oral, transdermal, vaginal
- Cave: kardiovaskuläre Komplikationen – bei Risiko transdermal bevorzugen
- Indikation: Endometriumschutz (Schutz der Gebärmutterschleimhaut) obligat bei erhaltener Gebärmutter
Nicht-hormonelle Optionen bei vasomotorischen Symptomen (Hitzewallungen, Schweißausbrüche)
Wirkstoffgruppe | Wirkstoffe | Besonderheiten |
---|---|---|
SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) | Paroxetin, Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin | Reduktion der Hitzewallungen um 50-60 %; Cave: Tamoxifen-Interaktion |
SNRI (Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer) | Venlafaxin | Gute Evidenz; 1. Wahl bei Tamoxifen |
Antikonvulsivum (Mittel gegen Krampfanfälle) | Gabapentin | Wirksam v. a. bei nächtlichen Schweißausbrüchen; Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz |
- Anwendung: oral
- Cave: präparatespezifische Kontraindikationen und Interaktionen; Kurzzeit-Evidenz
Anticholinergikum (Medikament gegen übermäßiges Schwitzen)
Wirkstoff | Besonderheiten |
---|---|
Methantheliniumbromid | Reduziert Schwitzen; anticholinerge Nebenwirkungen (Mundtrockenheit, Sehstörung, Harnverhalt) |
- Anwendung: oral
- Cave: anticholinerge Nebenwirkungen – Nutzen-Risiko abwägen
Neurokinin-3-Rezeptorantagonist (nicht-hormonelle Alternative)
Wirkstoff | Besonderheiten |
---|---|
Fezolinetant | Nicht-hormonell; wirksam bei moderaten bis schweren Hitzewallungen; Cave: seltene Lebertoxizität → Leberwerte kontrollieren |
- Anwendung: oral
- Cave: Lebertoxizität – Therapieabbruch bei auffälligen Werten oder Symptomen
Menopause nach Mammakarzinom (Brustkrebs)
Bei Patientinnen mit vorausgegangenem oder bestehendem Mammakarzinom ist eine systemische Hormonersatztherapie (HRT) kontraindiziert. Studien zeigen, dass unter kombinierter Östrogen-Gestagen-Therapie das Risiko für ein Tumorrezidiv (Rückfall) signifikant erhöht ist.
Die HABITS-Studie („Hormonal replacement therapy after breast cancer — is it safe?“) wurde vorzeitig beendet, nachdem in der Interventionsgruppe eine deutlich erhöhte Rezidivrate beobachtet wurde. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 2,1 Jahren traten in der HRT-Gruppe 26 Rezidive auf (22,2 %) gegenüber 7 Fällen (8,0 %) in der Kontrollgruppe. Das relative Risiko betrug 3,3 (95 %-KI 1,5-7,4) [15].
Daher wird eine systemische Hormonersatztherapie bei Frauen mit Mammakarzinom oder Zustand nach Mammakarzinom nicht empfohlen.
Nicht-hormonelle Therapiealternativen
Bei ausgeprägten vasomotorischen Beschwerden (Hitzewallungen, Nachtschweiß) können folgende nicht-hormonelle Optionen erwogen werden:
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI): Paroxetin, Citalopram, Escitalopram
- Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI): Venlafaxin
Diese Substanzen zeigen in systematischen Übersichtsarbeiten eine signifikante Reduktion der Häufigkeit und Intensität vasomotorischer Symptome um 50-60 %, ohne das Risiko eines Brustkrebsrezidivs zu erhöhen [18].
Sie stellen damit eine evidenzbasierte, nicht-hormonelle Therapieoption bei klimakterischen Beschwerden nach Mammakarzinom dar.
- Weitere unterstützende Maßnahmen: Verhaltenstherapie, Temperaturmanagement, Entspannungstechniken
- Medikamentöse Alternativen: Gabapentin bei persistierenden Symptomen (Off-Label-Use)
Phytotherapie / Alternative Verfahren
Wirkstoff | Besonderheiten |
---|---|
Cimicifuga racemosa (Traubensilberkerze) | Evidenz moderat; hormonfrei; SERM-ähnlich; Cave: nach Mammakarzinom Sicherheitsdaten unzureichend |
Soja-/Rotklee-Isoflavone | Wirkung meist gering; Produktvariabilität hoch; nicht zur Prävention geeignet |
- Anwendung: oral (Nahrungsergänzung)
- Cave: begrenzte Wirksamkeit, Langzeitsicherheit nicht gesichert
Allgemeine klinische Hinweise
- Anwendung: oral, transdermal, intramuskulär, vaginal
- Cave: bei urogenitaler Atrophie ausschließlich vaginal (Östriol bevorzugt)
- Cave: kardiovaskuläre Komplikationen (VTE, Schlaganfall v. a. unter oraler Therapie im 1. Jahr)
- Hormonabhängige Tumoren: Brustkrebsrisiko leicht ↑ bei Kombitherapie > 5 J.; Endometriumrisiko ↑ bei Östrogen ohne Gestagen
- Natürliches Progesteron: kein östrogener/androgener Effekt, sedierend (beruhigend), stimmungsfördernd, natriumdiuretisch (ausschwemmend), antihypertensiv (blutdrucksenkend); keine negative Auswirkung auf HDL/LDL
- Therapieprinzip: so niedrig wie möglich, so kurz wie nötig; jährliche Indikationsprüfung (bei POI zuerst nach 3 Monaten)
- Window of Opportunity: Beginn < 60 J. oder < 10 J. nach Menopause → optimale Nutzenbilanz
- Endometriumkontrolle: regelmäßig sonographisch; Dicke < 5 mm
Legende der Abkürzungen (Patientenversion)
- BSG – Blutsenkungsgeschwindigkeit
- Cave – (lat. „Vorsicht“) Hinweis auf besondere Risiken oder Kontraindikationen
- CVD – Cardiovascular Disease (Herz-Kreislauf-Erkrankung)
- EMA – European Medicines Agency (Europäische Arzneimittelagentur)
- E2 – Estradiol (weibliches Geschlechtshormon)
- HRT – Hormone Replacement Therapy (Hormonersatztherapie)
- HWZ – Halbwertszeit (Zeit bis zur Halbierung der Wirkstoffkonzentration)
- KHK – Koronare Herzkrankheit
- LDL – Low Density Lipoprotein (schlechtes Cholesterin)
- HDL – High Density Lipoprotein (gutes Cholesterin)
- NK3 – Neurokinin-3-Rezeptor (Nervenrezeptor, der an Temperaturregulation beteiligt ist)
- POI – Prämature Ovarialinsuffizienz (vorzeitige Eierstockschwäche)
- SERM – Selektiver Östrogenrezeptor-Modulator
- SNRI – Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (Antidepressivum)
- SSRI – Selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Antidepressivum)
- TG – Triglyzeride (Blutfette)
- VMS – Vasomotorische Symptome (Hitzewallungen, Schweißausbrüche)
- VTE – Venöse Thromboembolie (Blutgerinnsel in Venen)
- WHI – Women’s Health Initiative (amerikanische Langzeitstudie)
Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)
Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für Anti-Aging, Schutz vor oxidativem Stress, Energiestoffwechsel und Zellregeneration sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:
- Vitamine (C, E, B2)
- Spurenelemente (Chrom, Kupfer, Mangan, Selen, Zink)
- Sekundäre Pflanzenstoffe (Anthocyanidine aus Heidelbeer-Extrakt, Curcumin, Grüntee-Extrakt (Epigallocatechingallat), Quercetin, Resveratrol)
- Weitere Vitalstoffe (Spermidin)
Bei Vorliegen einer Insomnie (Schlafstörung) infolge der Wechseljahre (Menopause) s. u. Insomnie/Medikamentöse Therapie/Supplemente.
Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.
Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
Autoren: Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring
Literatur
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