Anämie – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Kleines Blutbild:
    • Hypochrome Anämie (mikrozytäre Anämie; MCH ↓ → hypochrom; MCV↓ → mikrozytär)
    • Normochrome Anämie (normozytäre Anämie; MCH normal → normochrom; MCV normal → normozytär)
    • Hyperchrome Anämie (makrozytäre Anämie; MCH ↑ → hyperchrom; MCV ↑ → makrozytär) / megaloblastäre Anämie
    • Hämolytische Anämie (MCH normal → normochrom; MCV normal oder ↑ → makrozytär (kann in einigen Fällen von hämolytischer Anämie auftreten, ist jedoch nicht charakteristisch für alle Formen); erhöht sind: Urobilin im Urin (dunkler Urin), indirektes Bilirubin, LDH, HBDH, Eisen (kann erhöht sein, aber ist nicht immer ein konstanter Marker für hämolytische Anämie), freies Hämoglobin, Retikulozyten und BSG (kann erhöht sein, ist aber nicht spezifisch für hämolytische Anämie); erniedrigt ist: Haptoglobin)
  • Differentialblutbild
  • Erythrozytenmorphologie (Blutausstrich; anomale Form und Anfärbbarkeit, Einschlusskörper)
  • Ferritin – Spiegel der Gesamtkörper-Eisenvorräte und der sensibelste Wert bei echtem Eisenmangel
  • Folsäure
  • Vitamin B12
  • Eisen 
  • Retikulozyten 
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
  • Urinstatus (Schnelltest auf: pH-Wert, Leukozyten, Nitrit, Eiweiß, Glucose, Keton, Urobilinogen, Bilirubin, Blut), Sediment, ggf. Urinkultur (Erregernachweis und Resistogramm)
  • Test auf okkultes (nicht sichtbares) Blut im Stuhl

Hinweis: Die Eisenmangelanämie ist die häufigste Form einer Anämie; die zweithäufigste Form ist die "Anämie bei chronischer Erkrankung" (ACD). Ursachen einer ACD sind chronisch entzündliche Erkrankungen, Tumorerkrankungen oder chronische Infektionen. [ACDniedriges Hb und Serum-Fe, hohes Serum-Ferritin]

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung etc. – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Transferrin 
  • Transferrinsättigung (engl. transferrin saturation, TSAT)
  • Eisenresorptionstest – bei Verdacht auf Eisenresorptionsstörung
    Verfahren: Steigt das Serum-Eisen nach oraler Gabe von 200 mg zweiwertigem Eisen bei nüchternem, liegendem Patienten innerhalb von 2 Stunden um mindestens 9 μmol/l an, liegt eine intakte Eisenresorption vor. Bei fehlendem Anstieg nach 4 Stunden liegt eine Eisenresorptionsstörung vor.
  • Löslicher Transferrinrezeptor (sTRF-Wert): bei einer Verwertungsstörung normal (2-5 mg/l); bei echtem Eisenmangel wird er kompensatorisch hochreguliert (> 5 mg/l bei Anämie)
    Hinweis: Dieser wird im Gegensatz zu Ferritin und Transferrin durch Entzündungsreaktionen, Lebererkrankungen oder Tumoren nicht verändert.
  • Direkter Cooms-Test (DCT) – Verdacht auf Transfusionszwischenfall, autoimmunhämolytischer Anämie (AIHA), Morbus haemolyticus neonatorum
  • Haptoglobin [Eisenmangelanämie: normal] – wg. Diagnostik [hämolytische Anämien: ↓] und Verlaufskontrolle hämolytischer Erkrankungen
  • Osmotische Fragilität der Erythrozyten („acidified glycerol lysis test“, AGLT), Bande-3-Protein-Expression („eosin-’-maleimid-test“, EMA), Enzymaktivitäten (G6PD und Pyruvatkinase) und Hb-Analyse – bei unklaren DCT-negativen hämolytischen Anämien
  • Zink-Protoporphyrin (ZPP): quantitative Aussage über den Schweregrad des gesamten Eisen-Stoffwechsel-Problems (echter Mangel und Verwertungsstörung) – liegt in erhöhter Konzentration bei einem Eisenmangel vor
  • Laktatdehydrogenase (LDH)
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance 
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH), Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT, Gamma-GT; GGT), alkalische Phosphatase, indirektes Bilirubin
  • TSH (Thyreoideal-stimulierendes Hormon)
  • Knochenmarkbiopsie mittels Jamshidi-Punktion (Knochenstanze) – bei länger bestehenden hypoplastischen Anämien (z. B. durch malignen Knochenmarkbefall, bei Verdacht auf myelodysplastisches Syndrom mit Bi- oder Trizytopenie oder dyserythropoetische Anämien)
  • Hämoglobin-Elektrophorese / Hämoglobinchromatographie
  • Serumeiweiß-Elektrophorese – Ausschluss eines Plasmozytoms (Multiplen Myelom)
  • Serologie bei Verdacht auf immunologische Ursachen
  • Zytogenetische Untersuchungen bei Verdacht auf eine angeborene Form der aplastischen Anämie

Weitere Hinweise

  • Häufig abzugrenzen von einer Eisenmangelanämie ist differentialdiagnostisch eine Blutungsanämie. Für diese ist eine verminderte Anzahl an Erythrozyten und eine verminderte Hämoglobinkonzentration im Blut charakteristisch. Des Weiteren tritt bei einer Blutungsanomalie eine periphere Retikulozytose auf.
    Eine Blutungsanämie wird durch einen akuten Blutverlust verursacht. Die Blutungsquelle ist vor allem genital oder gastrointestinal.

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Anämiediagnostik im Kindesalter. (AWMF-Registernummer: 025 - 027), Mai 2018 Langfassung