Ursachen
Syndrom des trockenen Auges (Keratokonjunktivitis sicca)

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Normalerweise wird von der Haupttränendrüse sowie von zahlreichen kleinen Drüsen (akzessorische Tränendrüsen und Meibomdrüsen/spezifische Talgdrüsen des Lidrans, die den äußeren Lipidfilm des Tränenfilms produzieren) die Tränenflüssigkeit in ausreichender Menge gebildet. Durch den Lidschlag wird die Flüssigkeit verteilt, sodass das Auge gleichmäßig feucht gehalten.

Die Erkrankung wird eingeteilt in: trockene Augen mit

  • verminderter Tränenproduktion (hypovolämisch); darauf hin weisen: erniedrigter Tränenfilmmeniskus und reduzierter Schirmertest
  • vermehrter Verdunstung des Tränenfilms (hyperevaporalativ); dafür sprechen: pathologisch veränderte Lidkanten, ein verdicktes Meibomdrüsensekret bzw. obstruierte Meibomdrüsenausführungsgänge (Dysfunktion/Fehlfunktion der Meibomdrüsen); die Tränenfilmaufrisszeit ist erniedrigt

Die hypovolämische Form besteht bei 10 % der Patienten. In ca. 80 % der Fälle liegt eine hyperevaporative/hypovolämische Mischform vor
Auslöser des trockenen Auges können verschiedene Erkrankungen sein, jedoch haben auch Umweltfaktoren (exogene Faktoren) wie Klimaanlagen einen großen Einfluss auf das Auge.

Die Definition des trockenen Auges der „Tear Film and Ocular Surface Society“ (TFOS) erkennt die multifaktorielle Natur des Trockenen Auges als eine Krankheit an, bei der der Verlust der Homöostase des Tränenfilms das zentrale pathophysiologische Konzept ist. Augensymptome, als weiter gefasster Begriff, der Berichte über Beschwerden oder Sehstörungen umfasst, sind in der Definition enthalten, und die Hauptursachen von Tränenfilminstabilität, Hyperosmolarität sowie Entzündung und Schädigung der Augenoberfläche wurden als wichtig für die Aufnahme in die Definition bestimmt [5].

Die primäre Keratokonjunctivitis sicca ist eine typische Folgeerkrankung bzw. Komplikation des Sicca-Syndrom (Sjögren-Syndrom). Zu den sekundären Formen siehe unter Ätiologie (krankheitsbedingte Ursachen).

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung – Tränendrüsenaplasie (nicht vollständige Entwicklung der Tränendrüsen)
  • Lagophthalmus (unvollständiger Lidschluss)
  • Veränderte Tränenzusammensetzung
  • Lebensalter – nachlassende Tränenproduktion
  • Hormonelle Faktoren – Menopause (Zeitpunkt der letzten spontanen Menstruation im Leben einer Frau)
  • Berufe – Berufe mit intensiver Bildschirmarbeit

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Geringe Flüssigkeitsaufnahme
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol (Tränenfilmaufrisszeit↓ (beak up time, BUT), Tränenfilmosmolarität↑) [3]
    • Tabak (Rauchen, auch Passivrauchen) [1,2]
  • Tragen von Kontaktlinsen
  • Intensives Fernsehen

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Allergische Rhinitis (Heuschnupfen)
  • Diabetes mellitus
  • Fazialisparese – Parese (Lähmung) von Muskeln, die durch den Nervus facialis innerviert werden, folglich ist ein Teil der Gesichtsmuskulatur gelähmt
  • Hepatitis C
  • HIV-/HTLV-1-Infektion
  • Infektionen mit Mumps oder Trachom
  • Neurodermitis – bei Neurodermitis-Patienten durch Pollen [4]
  • Leukämie (Blutkrebs)
  • Rheumatoide Arthritis – chronisch entzündliche Multisystemerkrankung, die sich meist in Form einer Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung) manifestiert. Sie befällt überwiegend die Gelenke (Polyarthritis, d. h. Arthritis von ≥ 5 Gelenken), seltener auch andere Organe wie z. B. Augen und Haut.
  • Sarkoidose – systemische Erkrankung mit verstärkter zellulärer Immunaktivität in den betroffenen Organen, meist betroffen sind Lunge und Lymphknoten
  • Sjögren-Syndrom (Gruppe der Sicca-Syndrome) – Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen, die zu einer chronisch entzündlichen Erkrankung der exokrinen Drüsen, am häufigsten der Speichel- und Tränendrüsen, führt; typische Folgeerkrankungen bzw. Komplikationen des Sicca-Syndroms sind:
    • Keratokonjunktivitis sicca (Syndrom des trockenen Auges) aufgrund fehlender Benetzung von Horn- und Bindehaut mit Tränenflüssigkeit
    • erhöhte Kariesanfälligkeit durch Xerostomie (Mundtrockenheit) aufgrund verminderter Speichelsekretion
    • Rhinitis sicca (trockene Nasenschleimhäute), Heiserkeit und chronischer Hustenreiz sowie eine gestörte Sexualfunktion durch Störung der Schleimdrüsenproduktion des Respirationstraktes und der Genitalorgane
  • Stevens-Johnson-Syndrom (Dermatostomatitis Baader) – infekt- oder arzneimittelallergisch bedingte Hauterkrankung
    Symptome: schmerzhafte Blasen im Mund-, Rachen- und Genitalbereich und eine erosive Konjunktivitis (Augenbindehautentzündung) 
  • Virale Infektionen – Conjunctivitis follicularis

Exogene (äußere) Faktoren, die als Ursache für ein trockenes Auge (Keratokonjunktivitis sicca) in Frage kommen:

  • Umweltfaktoren
    • Unzureichende oder falsche Beleuchtung
    • Trockene Raumluft (niedrige Luftfeuchtigkeit) wg. überheizter Räume, Fußbodenheizung, Klimaanlagen
    • Autogebläse
    • Ozon, z. B. aus Kopierern und Druckern
    • Zigarettenrauch
    • Umweltbelastungen (z. B. Staub)
  • Tätigkeit am Computerbildschirm (Bildschirmarbeit, Office Eye Syndrom, Gamer-Eye bei Computerspielen)
  • Intensives Fernsehen
  • Tragen von Kontaktlinsen (Reibung zwischen Horn/Bindehaut)
  • Konservierungsmittel in Tränenersatzmitteln (Tenside zerstören Fettschicht)

Medikamente

  • Antiarrhythmika
    • Klasse III-Antiarrhythmika (Amiodaron)
  • Anticholinergika (Atropin, Scopolamin, Homatropin)
  • Antidepressiva
    • Monoaminooxidase-Hemmer (MAO-Hemmer)
    • Trizyklische Antidepressiva ( Amitriptylin, Clomipramin, Desipramin, Doxepin, Imipramin, Trimipramin)
    • Selektive Serotonin-Aufnahme-Inhibitoren (SSRI = Selective Serotonin Reuptake Inhibitor)
  • Antiparkinsonmittel
  • Antipsychotika (Neuroleptika) – Phenothiazine/Chlorpromazine; Haloperidol
  • Augentropfen mit Konservierungsmitteln (z. B. Benzalkoniumchlorid)
  • Betablocker (Betarezeptorblocker; ß-Blocker) – Atenolol, Metaprolol, Oxprenolol, Pindolol, Propranolol
  • Bisphosphonate (Alendronate, Pamidronate)
  • Benzalkoniumchlorid (BAC)
  • Diuretika
  • H1-Antihistaminika
    • Antihistaminika der 1. Generation – Chlorphenamin, Chlorphenoxamin, Clemastin, Cyproheptadin, Dexbrompheniramin, Dimenhydrinat, Dimetinden, Diphenhydramin, Doxylamin, Hydroxyzin, Ketotifen, Meclozin, Mepyramin, Oxomemazin, Pheniramin
    • Antihistaminika der 2. Generation – Bilastin, Cetirizin, Desloratadin, Fexofenadin, Levocetirizin, Loratadin
  • HCV-Proteaseinhibitoren (Boceprevir
  • Hormone
    • Postmenopausale Östrogentherapie
  • Monoklonale Antikörper (Dupilumab)
  • Topische IOD-senkende Arzneimittel (IOP-senkende Arzneimittel)
  • Rauwolfia-Alkaloide (Reserpin)
  • Retinoide (Acitretin, Isotretinoin)
  • Systemische Chemotherapie

Operationen

  • Refraktive Chirurgie der Hornhaut (Augenoperationen die die Brechkraft verändern)

Strahlentherapie

  • Zustand nach Radiatio (Strahlentherapie) Kopf/Hals

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Abgase
  • Autogebläse
  • Niedrige Luftfeuchtigkeit, das bedeutet u. a. trockene Raumluft (niedrige Luftfeuchtigkeit) wg. überheizter Räume, Fußbodenheizung, Klimaanlagen
  • Ozon, z. B. aus Kopierern und Druckern
  • Unzureichende oder falsche Beleuchtung
  • Zigarettenrauch
  • Umweltbelastungen (z. B. Staub, UV-Exposition)
  • Zugluft

Literatur

  1. Deutsches Krebsforschungszentrum Tabakatlas Deutschland 2015. Heidelberg
  2. Secretan B, Straif K, Baan R et al.: A review of human carcinogens – Part E: tobacco, areca nut, alcohol, coal smoke, and salted fish. Lancet Oncol. 2009 Nov;10(11):1033-4.
  3. Kim JH, Kim JH, Nam WH et al.: Oral Alcohol Administration Disturbs Tear Film and Ocular Surface. Ophthalmology 2012; 119: 965-71.
  4. Maier P: Augenbeteiligung bei atopischer Dermatitis. Ophthalmologe 2017:114:496-497 doi 10.1007/s00347-017-0496-9
  5. Craig JP, Nichols KK, Akpek EK et al.: TFOS DEWS II Definition and Classification Report. Ocul Surf 2017 Jul;15(3):276-283. doi: 10.1016/j.jtos.2017.05.008. Epub 2017 Jul 20.
     
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