Follikelstimulierendes Hormon (FSH)

Das Follikelstimulierende Hormon (FSH) ist ein Glykoproteinhormon aus der Adenohypophyse (Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse), das gemeinsam mit dem Luteinisierenden Hormon (LH) (Eisprung-auslösendes Hormon) die gonadale Funktion (Funktion der Keimdrüsen) bei Frau und Mann reguliert. Die Freisetzung von FSH erfolgt unter Steuerung des Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH) (Hormon aus dem Zwischenhirn zur Steuerung der Keimdrüsenhormone) aus dem Hypothalamus (Teil des Zwischenhirns) in pulsatiler Form (stoßweise).

  • Bei der Frau reguliert FSH die Follikelreifung (Reifung der Eibläschen im Eierstock) und die Östrogensynthese (Bildung des weiblichen Sexualhormons Östrogen). Der Spiegel zeigt eine zyklusabhängige Rhythmik mit einem Peak um die Ovulation (Eisprung).
  • Beim Mann stimuliert FSH die Sertoli-Zellen (stützende Zellen im Hoden), wodurch die Spermatogenese (Reifung von Samenzellen) und die Produktion des Androgen-bindenden Proteins (ABP) (Eiweiß zur Bindung männlicher Sexualhormone im Hoden) gefördert werden.

Synonyme

  • Follitropin
  • Follikelstimulierendes Hormon (FSH)

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • Blutserum
  • 24 h-Urin

Vorbereitung des Patienten

  • Nicht nötig

Störfaktoren

  • Keine bekannt

Normwerte Kinder – Blutserum

Alter Normwerte in IU/ml
5. Lebenstag (LT) 0,2-4,6
2. Lebensmonat-3. Lebensjahr (LJ) 1,4-9,2
4.-6. LJ 0,4-6,6
7.-9. LJ 0,4-5,0
10.-11. LJ 0,4-6,6
12.-18. LJ 1,4-9,2

Normwerte Frauen – Blutserum

Zyklus Normwerte in IU/ml
Follikelphase 2-10
Ovulation 8-20
Lutealphase 2-8
Menopause 20-100

Normwerte Frauen – 24 h-Urin

Zyklus Normwerte in IU/ml
Follikelphase 11-20
Menopause 10-87

Normwerte Männer – Blutserum

Normwert in IU/ml 2-10

Indikationen

  • Diagnose und Verlaufsbeurteilung von Störungen der Ovarfunktion (Störung der Pubertätsentwicklung. Zyklusstörungen, Sterilitätsdiagnostik)
  • Beurteilung der Hormonsubstitution im Klimakterium (Hormonersatztherapie)
  • Diagnose und Verlaufsbeurteilung von Störungen der Hodenfunktion (pathologisches Spermiogramm bzw. pathologischer Testosteron-Serumspiegel)

Interpretation

Interpretation erhöhter Werte bei der Frau

  • Medikamentöse Gabe von Humanem Chorion-Gonadotropin (HCG) – Schwangerschaftshormon
  • Ovarialtumoren (Eierstocktumoren)
  • Zustand nach Ovarektomie (Eierstockentfernung)
  • Klimakterium – Zustand nach den Wechseljahren
  • Syndrom der polyzystischen Ovarien (PCO-Syndrom) – Erkrankung, die durch Auftreten von multiplen Zysten an den Ovarien (Eierstöcken) zu Hormonveränderungen führt
  • Turner-Syndrom – Mädchen/Frauen mit dieser Besonderheit haben lediglich ein funktionsfähiges X-Chromosom statt der üblichen zwei (Monosomie X)

Interpretation erhöhter Werte beim Mann

  • Hodenatrophie (Hodenschrumpfung)
  • Hypogonadismus (Keimdrüsenunterfunktion)
  • Leistenhoden
  • Störungen in der Spermatogenese (Samenzellbildung) – Verminderung der Germinalzellen; Reifungsstop der Spermatogenese [FSH > 10 IU/ml in Kombination mit einem Inhibin-Wert < 80 pg/mL – Verdacht auf Infertilität]

Interpretation erniedrigter Werte bei der Frau

  • Anorexia nervosa (Magersucht)
  • Hypophysenunterfunktion – Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse
  • Hypothalamische Dysfunktion
  • Medikamentöse Therapie mit Ovulationshemmer ("Pille") oder Einnahme von Sexualsteroiden
  • Stress
  • Tumoren der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse)

Interpretation erniedrigter Werte beim Mann

  • Sekundärer Hypogonadismus (Keimdrüsenunterfunktion)
  • Sekundäre Hodeninsuffizienz

Weitere Hinweise

  • Mann: Beurteilung von Follikelstimulierendem Hormon (FSH; Hormon zur Anregung der Spermienbildung) stets zusammen mit Luteinisierendem Hormon (LH; Hormon zur Regulation der Hodenfunktion) und dem Testosteron-Serumspiegel (männliches Sexualhormon im Blut) sowie ggf. Inhibin B (Marker der Hodenfunktion), Prolaktin (Hormon der Hypophyse) und Sexualhormon-bindendem Globulin (SHBG; Eiweiß, das Sexualhormone transportiert) zur Differenzierung primärer (testikulärer – vom Hoden ausgehender) oder sekundärer (hypothalamisch-hypophysärer – vom Gehirn ausgehender) Hypogonadismen (Störung der Hormonbildung im Hoden).
  • Frau: Beurteilung von Follikelstimulierendem Hormon (FSH; Hormon zur Eizellreifung) zusammen mit Luteinisierendem Hormon (LH; Eisprung-auslösendes Hormon), Estradiol (Östrogen – weibliches Sexualhormon), Progesteron (Gelbkörperhormon), Testosteron (männliches Sexualhormon), Prolaktin (milchbildendes Hormon) sowie ggf. Anti-Müller-Hormon (AMH; Marker der ovariellen Reserve) und Sexualhormon-bindendem Globulin (SHBG; Transportprotein für Sexualhormone) – in Abhängigkeit von der klinischen Fragestellung (z. B. Zyklusstörung, Kinderwunsch, Menopausestatus [Wechseljahresstatus], Hyperandrogenämie [Übermaß an männlichen Hormonen]).
  • Zyklustag beachten: Bei prämenopausalen Frauen (vor den Wechseljahren) ist die Interpretation hormoneller Laborparameter nur unter Berücksichtigung der Zyklusphase (Phase des Monatszyklus) möglich. Es ist daher zwingend erforderlich, den Zyklustag zum Zeitpunkt der Blutentnahme bzw. den ersten Tag der letzten Menstruation (letzte Regelblutung) anzugeben.
  • Menopausenstatus: Bei Frauen ≥ 45 Jahren erfolgt die Diagnosestellung der Menopause (letzte Regelblutung mit dauerhaftem Ausbleiben) primär klinisch (Amenorrhö [Ausbleiben der Monatsblutung] ≥ 12 Monate, klimakterische Beschwerden [z. B. Hitzewallungen, Schlafstörungen]). Eine FSH-Bestimmung ist in dieser Altersgruppe nicht erforderlich. Bei Frauen < 45 Jahren kann eine labordiagnostische Abklärung mit FSH, Estradiol und ggf. Anti-Müller-Hormon (AMH) zur Abklärung einer möglichen vorzeitigen Ovarialinsuffizienz (Funktionsverlust der Eierstöcke) sinnvoll sein.