Vorsorge – Beckenboden und Urogenitaltrakt: Erhaltung der Kontinenz und Prävention funktioneller Störungen

Die Vorsorge von Beckenboden und Urogenitaltrakt zielt auf die Erhaltung der Kontinenz (Fähigkeit, Urin oder Stuhl zu halten), die Vorbeugung funktioneller Störungen sowie die Förderung urogenitaler Gesundheit (Gesundheit von Harnwegen und Geschlechtsorganen) ab. Insbesondere altersbedingte Veränderungen, hormonelle Umstellungen und Lebensstilfaktoren beeinflussen die Funktion des Beckenbodens und der Harnorgane. Dieser Artikel bietet einen evidenzbasierten Überblick über sinnvolle präventive Untersuchungen und diagnostische Verfahren.

Medizinische Vorsorgeuntersuchungen im Rahmen der Prävention von Beckenboden- und Urogenitalfunktionsstörungen

  • Anamnese (Krankengeschichte/ärztliches Gespräch) und körperliche Untersuchung
    • Erhebung von Symptomen wie Inkontinenz (unwillkürlicher Harnverlust), Senkungsbeschwerden, Pollakisurie (häufiger Harndrang) oder Miktionsstörungen (Probleme beim Wasserlassen)
    • Beurteilung der Beckenbodenfunktion durch Inspektion (Betrachtung), Palpation (Abtastung) und standardisierte Tests
  • Ultraschalldiagnostik (transperineal, transvaginal oder transrektal) (Ultraschalluntersuchung über Damm, Scheide oder Enddarm)
    • Darstellung der Harnblase, Harnröhre und Beckenbodenstruktur
    • Frühzeitige Erkennung von Zystozelen (Vorwölbung der Blase in die Scheide), Restharnbildung oder pathologischer Mobilität (übermäßige Beweglichkeit)
  • Restharnbestimmung (Messung des verbliebenen Urins nach dem Wasserlassen)
    • Sonographische Messung (per Ultraschall) des Restharns nach der Blasenentleerung
    • Anwendung bei klinischem Verdacht auf Blasenentleerungsstörungen
  • Urogynäkologische Untersuchung (spezielle gynäkologische Untersuchung bei Beckenbodenproblemen)
    • Gynäkologische Inspektion zur Erkennung von Senkungen und Belastungsinkontinenz (Harnverlust beim Husten oder Lachen).
    • Beurteilung des Scheidengewebes und der Muskelspannung
  • Urologische Untersuchung (ärztliche Untersuchung der Harnwege beim Mann)
    • Abtastung und Ultraschalluntersuchung von Prostata (Vorsteherdrüse) und Harnblase
    • Erfassung funktioneller Beschwerden im unteren Harntrakt

Fakultative ergänzende Vorsorgemodule

  • Psycho-Mental-Vorsorge (Erfassung psychischer Belastungsfaktoren)
    • Untersuchung stressbedingter Einflüsse auf die Blasenfunktion bei überaktivem Blasensyndrom oder funktionellen Störungen
    • Erkennung psychosomatischer Komponenten bei chronischem Beckenschmerz
  • 3D-Wirbelsäulenvermessung (dreidimensionale Analyse der Körperhaltung)
    • Analyse von Körperhaltung und Beckenstellung
    • Indirekte Bedeutung für die Beckenbodenfunktion, z. B. bei muskulären Fehlhaltungen

Supplementierung im Rahmen der Vorsorge – Beckenboden und Urogenitaltrakt: Erhaltung der Kontinenz und Prävention funktioneller Störungen

Zielgerichtete Supplementierung kann eine sinnvolle Ergänzung der medizinischen Vorsorge im Bereich des Beckenbodens und des Urogenitaltrakts darstellen – insbesondere zur Prävention von Belastungsinkontinenz (unwillkürlicher Urinverlust), überaktiver Blase, Prolapsbeschwerden (Druck- und Völlegefühl in der Vagina) und funktionellen Miktionsstörungen. Voraussetzung ist eine ärztliche Evaluation und ggf. laborchemische Diagnostik zur Identifikation möglicher Mangelzustände.

Mikronährstoffe

Vitamine

  • Cholecalciferol (Vitamin D3) – modulierend auf Muskelkraft, Immunfunktion und detrusorale Steuerung (Blasenentleerung)
  • Tocopherol (Vitamin E) – antioxidativer Zellschutz (Schutz vor freien Radikalen)
  • Thiamin (Vitamin B1) – beteiligt an der neuromuskulären Erregungsleitung (Nerven-Muskel-Reizweiterleitung)
  • Pyridoxin (Vitamin B6) – Kofaktor zahlreicher Enzyme im Aminosäurestoffwechsel (Eiweißstoffwechsel)
  • Cobalamin (Vitamin B12) – essenziell für Myelinsynthese (Bildung der Nervenhülle) und Nervenerhalt
  • Folsäure (Vitamin B9) – wichtig für Epithelzellproliferation (Zellneubildung der Schleimhaut) im Urogenitaltrakt

Mineralstoffe

  • Calcium – erforderlich für Muskelkontraktion und neuromuskuläre Signalübertragung (Reizleitung)
  • Magnesium – glatte Muskelrelaxation (Muskelentspannung), synergistisch zu Calcium-antagonistischen Effekten

Spurenelemente

  • Selen – Kofaktor antioxidativer Enzymsysteme (zellschützende Enzyme wie Glutathionperoxidase)
  • Zink – relevant für epitheliale Regeneration (Schleimhauterneuerung) und Schleimhautimmunität im Urogenitalbereich

Fettsäuren

  • Docosahexaensäure (DHA) – strukturstabilisierend in neuronalen Membranen (Nervenzellwänden) und antiinflammatorisch (entzündungshemmend)
  • Eicosapentaensäure (EPA) – regulatorisch auf inflammatorische Mediatoren (Entzündungsbotenstoffe wie Prostaglandine)

Aminosäuren und Strukturproteine

  • Kollagenhydrolysat – fördert die Strukturstabilität von Bindegewebe im Beckenbodenbereich (Stützeffekt)
  • L-Arginin – Vorstufe von Stickstoffmonoxid (NO), mit potenzieller Wirkung auf die glatte Muskulatur (Hohlorganmuskulatur) der ableitenden Harnwege

Darmgesundheit

  • Präbiotika – Förderung protektiver Mikrobiota mit immunmodulatorischen Effekten (Einfluss auf das Immunsystem)
  • Probiotika – Stabilisierung der intestinalen Mikrobiota (Darmflora) mit möglichem Einfluss auf urogenitale Infektanfälligkeit (Harnwegsinfekte)

Sekundäre Pflanzenstoffe (Phytotherapeutika)

  • Cucurbita-pepo-Extrakt (Kürbiskernextrakt) – unterstützend bei funktioneller Reizblase
  • Equisetum-arvense-Extrakt (Schachtelhalmextrakt) – adstringierend (zusammenziehend) und diuretisch (harntreibend)
  • Serenoa-repens-Extrakt (Sägepalmenextrakt) – hemmend auf 5α-Reduktase; Einsatz bei prostatisch bedingten Beschwerden (Prostatavergrößerung)
  • Vaccinium-macrocarpon-Extrakt (Cranberry-Extrakt) – antiadhäsive Wirkung gegen uropathogene E. coli (verhindert Anheften von Bakterien)

Laborleistungen zur Vorsorge

Medizingerätediagnostik zur Vorsorge

  • Perinealer Ultraschall (Ultraschall durch den Dammbereich)
    • Dynamische Darstellung des Beckenbodens und der Harnröhre bei Belastung
    • Indikation zur Beurteilung von Senkungen oder Belastungsinkontinenz
  • Urodynamische Untersuchung (Blasenfunktionsprüfung)
    • Druckmessung und Analyse von Blasenfüllung und -entleerung bei unklarer oder therapieresistenter Inkontinenz
    • Kein Routinevorsorgeverfahren – wird bei spezifischer Symptomatik angewendet
  • Magnetresonanztomographie (MRT) des kleinen Beckens (Kernspintomographie zur Beurteilung der Beckenorgane) und/oder Beckenboden-MRT
    • Hochauflösende Bildgebung bei komplexen Senkungszuständen oder nach Operationen
    • Nur bei spezieller medizinischer Fragestellung notwendig
  • Elektromyographie (EMG) des Beckenbodens (Messung der Muskelaktivität)
    • Untersuchung der neuromuskulären Aktivität bei Koordinationsstörungen oder Muskelverspannungen
    • Kein präventives Verfahren, sondern Anwendung bei gezielter Fragestellung

Autoren: Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring