Natriummangel (Hyponatriämie) – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Hyponatriämie (Natriummangel) dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen, Nebennierenfunktionsstörungen)?
  • Leiden enge Angehörige an chronischen Nierenerkrankungen, Leberzirrhose (Leberschrumpfung) oder Herzinsuffizienz (Herzschwäche)?
  • Gibt es in Ihrer Familie genetisch bedingte Hormonstörungen (z. B. Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (Störung der Wasserregulation im Körper))?

Sozialanamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Sind Sie im Rahmen Ihrer Arbeit hohen Temperaturen oder körperlicher Anstrengung ausgesetzt (z. B. Schichtarbeit, körperlich fordernde Tätigkeiten)?
  • Haben Sie in letzter Zeit starkes Schwitzen durch körperliche Aktivität oder Hitze erlebt?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Leiden Sie an Übelkeit?
  • Haben Sie erbrochen?
  • Haben Sie Kopfschmerzen?
  • Fühlen Sie sich benommen, verwirrt oder geistig verlangsamt?*
  • Kommt es zu Stürzen oder Gangunsicherheiten?*
  • Hatten Sie in letzter Zeit Krampfanfälle oder Muskelzuckungen?*
  • Fühlen Sie sich ungewöhnlich schläfrig oder antriebslos?*
  • Haben Sie Kreislaufprobleme oder niedrigen Blutdruck?*
  • Ist Ihre tägliche Urinmenge vermindert (weniger als 500 ml)?*
  • Haben Sie das Gefühl von Blähbauch oder Völlegefühl?
  • Gibt es Wassereinlagerungen (Ödeme) an den Beinen oder im Gesicht?*

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Trinken Sie ausreichend? Wie viel haben Sie heute bereits getrunken?
  • Haben Sie in letzter Zeit bewusst Ihre Kochsalzzufuhr eingeschränkt?
  • Nehmen Sie regelmäßig isotonische Getränke oder Mineralwasser mit hohem Natriumgehalt zu sich?
  • Hatten Sie in letzter Zeit vermehrt Durst oder Trinkmengen über 3 Liter täglich?
  • Haben Sie kürzlich eine Diät gemacht, gefastet oder Mahlzeiten ausgelassen?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche??

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Nierenerkrankungen (z. B. chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche))?
    • Herzinsuffizienz (Herzschwäche)?
    • Leberzirrhose (Leberschrumpfung)?
    • Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)?
    • Schilddrüsenerkrankungen (Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion))?
    • Nebennierenerkrankungen (z. B. Morbus Addison)?
  • Wurden bei Ihnen Operationen durchgeführt, wie:
    • Transurethrale Resektion der Prostata?
    • Größere abdominale (den Bauchraum betreffende) oder urologische Eingriffe?

Medikamentenanamnese 

  • ACE-Hemmer4
  • Analgetika
    • nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)3, auch nichtsteroidales Antiphlogistikum (NSAP) oder NSAID (non-steroidal anti-inflammatory drugs) genannt
  • Antidepressiva [1]
    • Gruppe der noradrenergen und spezifisch serotonergen Antidepressiva (NaSSA) – Mirtazapin [mäßiges Risiko]
    • Selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) – Venlafaxin [hohes Risiko]
    • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer1 (SSRI = Selective Serotonin Reuptake Inhibitor) – Citalopram, Escitalopram, Fluvoxamin, Fluoxetin, Paroxetin, Sertarlin [hohes Risiko]
    • Trizyklischen Antidepressiva (TCA) – Amitriptylin4 [mäßiges Risiko]
  • Antimalariamittel (Atovaquon)
  • Antikonvulsiva (Carbamazepin1, Gabapentin, Lamotrigin, Topiramat)
  • Antipsychotika (Neuroleptika) – Haloperidol4
  • Diuretika
    • Thiaziddiuretika (Hydrochlorothiazid (HCT), Benzthiazid, Clopamid, Chlortalidon (CTDN), Chlorothiazid, Hydroflumethiazid, Indapamid, Methyclothiazid, Metolazon, Polythiazid und Trichlormethiazid, Xipamid)
  • Drogen
    • Ecstasy4
    • Opiate1
  • Fibrate (Clofibrat
  • Füll-/Quellmittel (Flohsamen, Leinsamen) [bei längerem Gebrauch]
  • Hormone
    • Desmopressin2
    • Oxytocin2
    • Vasopressin2
  • Infusionen
    • physiologisch hypotone Lösungen
    • glucosehaltige Flüssigkeiten
  • Sulfonylharnstoff (Glibenclamid Glibenclamid,  Glibornurid,  Gliclazid, Glipizid, Gliquidon, Glisoxepid, Glycodiazin (Redul) Sulfonylharnstoffe der dritten Generation: Glimepirid (Amaryl) )
  • Zytostatika3 (Cyclophosphamid, Platin-Verbindungen, Vinca-Alkaloide)

1 Arzneimittel, die die Freisetzung von antidiuretischen Hormon (ADH) stimulieren
2 Arzneimittel, die exogen ADH zuführen
3 Arzneimittel, die die Wirkung von ADH potenzieren können
4 Arzneimittel, die zu einer Hyponatriämie unklarer Genese führen können

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. De Picker L et al.: Antidepressants and the Risk of Hyponatraemia: A class-by-class review of the literature. Published Online: April 21, 2014 DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.psym.2014.01.010