Schluckstörung (Dysphagie) – Einleitung
Bei der Dysphagie handelt es sich um eine Schluckstörung, die durch Schwierigkeiten beim Transport von Nahrung oder Flüssigkeit vom Mund in den Magen gekennzeichnet ist. Treten Schmerzen in Verbindung mit diesen Schluckstörungen auf, spricht man von einer Odynophagie.
Synonyme und ICD-10: Schluck-Paralyse; Schluckbeschwerden; Schlucklähmung; Schluckproblem; griech. dys = erschwert/phagein = essen; ICD-10-GM R13.-: Dysphagie
Formen der Dysphagie
Dysphagien können in verschiedene Gruppen eingeteilt werden:
Nach Ursache
- Neurogene Dysphagien (ND)
- Treten häufig nach Apoplex (Schlaganfall) auf:
- Akutstadium: ca. 50 % der Patienten
- Chronische Phase: ca. 25 % der Patienten
- Häufigste Ursache aller Dysphagien
- Schließt Myopathien (Muskelerkrankungen) ein
- Treten häufig nach Apoplex (Schlaganfall) auf:
- Strukturelle Dysphagien
- Treten nach chirurgischer, radiologischer und/oder Chemotherapie von Kopf-Hals-Tumoren auf
Nach Mechanismus
- Mechanische Dysphagie: Durch physische Blockaden oder strukturelle Veränderungen
- Motorische Dysphagie: Durch gestörte Beweglichkeit der Schluckmuskulatur
Nach Lokalisation
Oropharyngeale Dysphagie: Betrifft den Rachenbereich
Ösophageale Dysphagie: Betrifft den Bereich der Speiseröhre
Weitere Klassifikationen
- Funktionelle Dysphagie: Ohne erkennbare organische Ursache
- Refluxbedingte Dysphagie: Durch gastroösophagealen Reflux (GERD; Refluxkrankheit)
- Zenker-Divertikel: Ausstülpungen der Schleimhaut durch die Muskelschicht der Speiseröhre
Differentialdiagnosen
Eine Dysphagie kann Symptom vieler Erkrankungen sein. Zu den häufigsten Ursachen gehören:
- Gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD)
- Neurologische Ursachen: Apoplex (Schlaganfall), Demenz
- Strukturelle Veränderungen: Zenker-Divertikel
- Funktionelle Dysphagie
In einer Studie konnte die Dysphagie im Nachhinein in fünf Diagnosegruppen eingeteilt werden [1]:
- 55 % hatten eine "unspezifische Dysphagie ohne andere Zeichen oder Symptome" (= am ehesten einer funktionellen Dysphagie; s. u. [2])
- 17 % gastroösophagealer Reflux-Erkrankung (GERD)
- 11 % neurologische Ursache (Apoplex/Schlaganfall, Demenz)
- 9 % Zenker-Dvertikel
- 8 % andere Ursachen
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen.
Häufigkeitsgipfel: Dysphagien treten häufig bei älteren Erwachsenen auf, können aber in jedem Lebensalter vorkommen, besonders bei Schlaganfallpatienten und bei degenerativen Erkrankungen.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz für Schluckstörungen liegt in der Allgemeinbevölkerung zwischen 2,3-16 % [3]; je nach Altersgruppe zwischen 1,7-11,3 %; bei über 75-Jährigen ca. 45 % (in Deutschland).
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Dysphagie bedarf immer einer ärztlichen Abklärung.
- Bei älteren Patienten kann eine Dysphagie zur vollständigen Nahrungsverweigerung führen, was zur Gewichtsabnahme und Exsikkose (Austrocknung) führen kann.
- Unbehandelte Dysphagien können zu schwerwiegenden Komplikationen wie Aspirationspneumonie (Lungenentzündung durch Aspiration) führen.
Prognose
- Die Prognose hängt stark von der Ursache und der frühzeitigen Behandlung ab.
- Neurogene Dysphagie: Kann sich bei geeigneter Therapie, wie Schlucktherapie, deutlich verbessern.
- Strukturelle Dysphagie: Chirurgische Interventionen können oft die Ursache beheben und die Symptome lindern.
- Funktionelle Dysphagie: Therapieerfolg hängt von der Anpassung der Ernährung und Verhaltenstherapie ab.
Literatur
- Nevalainen P et al.: Dysphagia and Malignancy: A Three-Year Follow-Up and Survey of National Cancer Registry Data. Laryngoscope 2015, online 21. Dezember; doi: 10.1002/lary.25823
- Drossman DA, Hasler WL: Rome IV – Functional GI Disorders: Disorders of Gut-Brain Interaction. Gastroenterology. 2016;150(6):1257-1261. doi: 10.1053/j.gastro.2016.03.035
- Baijens LW, Clavé P, Cras P, Ekberg O, Forster A, Kolb GF et al.: European Society for Swallowing Disorders – European Union Geriatric Medicine Society white paper: oropharyngeal dysphagia as a geriatric syndrome. Clin Interv Aging 2016;11:1403-1428
Leitlinien
- S1-Leitlinie: Neurogene Dysphagie. (AWMF-Registernummer: 030-111), Februar 2020 Langfassung
- Drossman DA, Hasler WL: Rome IV – Functional GI Disorders: Disorders of Gut-Brain Interaction. Gastroenterology. 2016;150(6):1257-1261. doi: 10.1053/j.gastro.2016.03.035