Analbeschwerden (Anorektale Schmerzen) – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Anorektalschmerzen (Analbeschwerden) dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie Erkrankungen, die gehäuft auftreten? (z. B. chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, Tumorerkrankungen im Bereich des Gastrointestinaltrakts, Tumorerkrankungen im kleinen Becken oder im Bereich des Anorektums, Hämorrhoidalleiden, Analfissuren oder Fistelleiden?)
  • Gibt es in Ihrer Familie erbliche Bindegewebserkrankungen, die zu einer Schwäche des Beckenbodens, der Haut, Schleimhaut oder der Gefäße führen könnten? (z. B. Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom, Neurofibromatose Typ 1)

Sozialanamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Sind Sie in Ihrem Beruf körperlichen Belastungen wie schwerem Heben, langem Sitzen oder intensivem Pressen ausgesetzt?
  • Gibt es Hinweise auf psychosoziale oder familiäre Belastungssituationen, die Ihre Beschwerden beeinflussen könnten?
  • Besteht aktuell eine hohe körperliche oder emotionale Stressbelastung?

Sexualanamnese

  • Partnerschaftliche Situation:
    • Besteht derzeit eine feste Partnerschaft? Wenn ja:
      • Handelt es sich um eine monogame Beziehung?
    • Oder bestehen offene Beziehungsformen oder Sexualkontakte außerhalb einer festen Partnerschaft?
    • Besteht sexueller Kontakt mit Männern, Frauen oder mit beiden Geschlechtern?
  • Sexualverhalten und Schutzmaßnahmen:
    • Hatten Sie in den letzten 12 Monaten wechselnde Sexualpartner?
    • Gab es in den letzten Wochen neue Sexualkontakte?
    • Welche Arten von Sexualkontakt hatten Sie (vaginal, oral, anal)?
    • Wurde dabei regelmäßig ein Kondom oder eine andere Barrieremethode verwendet?
    • Falls Analverkehr:
      • Erfolgt dieser einvernehmlich und regelmäßig?
      • Treten Schmerzen unmittelbar während oder nach dem Analverkehr auf?
      • Sind die Schmerzen neu aufgetreten oder bestehen sie schon länger?
      • Wird beim Analverkehr ein Gleitmittel verwendet?
  • Frühere sexuell übertragbare Infektionen (STI):
    • Wurden bei Ihnen in der Vergangenheit sexuell übertragbare Infektionen diagnostiziert (z. B. Gonorrhoe, Chlamydien, Syphilis, HIV, HPV, Herpes genitalis)? Wenn ja:
      • Wann wurden diese behandelt und wie war der Verlauf?
  • Partneranamnese und Infektionsumfeld:
    • Wurde bei Ihrem aktuellen oder früheren Sexualpartner eine STI festgestellt?
    • Wurden Ihre Sexualpartner über mögliche Infektionsrisiken informiert?
    • Ist bei einem Ihrer Partner ein aktueller STI-Nachweis erfolgt (z. B. Gonorrhoe, Chlamydien, Syphilis, HIV)?
  • Relevante Beschwerden im Zusammenhang mit Sexualkontakten:
    • Siehe unter: Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
    • Haben Ihre Sexualpartner aktuell Symptome?* Wenn ja, welche?
    • Haben frühere Sexualkontakte bereits ähnliche Beschwerden ausgelöst?
  • Gab es in der Vergangenheit sexuelle Übergriffe oder nicht einvernehmliche Erfahrungen?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Wo genau sind die Schmerzen lokalisiert:
    • Um den After herum?
    • Innerhalb des Analkanals?
    • Auf das Gesäß oder Steißbein bezogen?
  • Charakter der Schmerzen:
    • Stechend?
    • Brennend?
    • Dumpf?
    • Krampfartig?
    • Anfallsartig (nur wenige Minuten)?
  • Wann traten die Schmerzen erstmals auf?
  • Wann treten die Schmerzen auf:
    • Bei oder nach dem Stuhlgang?
    • Unabhängig vom Stuhlgang?
    • In Ruhe oder unter Belastung (z. B. Husten, Heben schwerer Lasten)?
  • Wie stark sind die Schmerzen auf einer Skala von 1 bis 10?
    • 0-2: kein/kaum Schmerz
    • 3-4: bei Ablenkung ist der Schmerz nicht mehr im Mittelpunkt
    • 5-6: Schmerz behindert Gehen, Ein- und Durchschlafen*
    • 7-8: Bedürfnis sich hinzulegen, Ablenkung nicht mehr möglich, gesamtes Denken kreist um den Schmerz*
    • 9-10: unaushaltbare, fürchterliche Schmerzen, der Patient "möchte schreien" oder schreit tatsächlich*
  • Besteht ein Dauerschmerz oder sind die Schmerzen anfallsartig?
  • Gibt es typische Auslöser der Schmerzen:
    • Stuhlgang?
    • Pressen?
    • Körperliche Belastung?
    • Infektionen?
  • Haben sich die Schmerzen verändert (Zunahme, Ausbreitung)?
  • Haben Sie Begleitsymptome, wie:
    • Juckreiz?*
    • Brennen?*
    • Schwellung am After?*
    • Nässen oder Sekretabgang?*
    • Blutungen (z. B. hellrot, tropfend)?*
    • Eiteraustritt (Hinweis auf Abszess oder Fistel)?*
  • Haben Sie Allgemeinsymptome festgestellt, z. B.:
    • Fieber oder Schüttelfrost?* (Hinweis auf Abszess oder Infektion)
    • Gelenkbeschwerden? (Hinweis auf systemische Entzündungen wie Morbus Crohn)
    • Abgeschlagenheit oder Nachtschweiß?* (Hinweis auf Infektion oder Tumor)
  • Veränderungen der Stuhlgewohnheiten:
    • Obstipation (Verstopfung)?
    • Gefühl der unvollständigen Entleerung?
    • Durchfälle?
    • Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung?
    • Schleimbeimengungen oder Blutbeimengungen im Stuhl?*
  • Haben sie Schmerzen im Bereich des Steißbeins?
  • Ist der Stuhlgang schmerzhaft oder erschwert?
  • Bei Frauen: Haben Sie Schmerzen bei der Monatsblutung? [Hinweis auf Endometriose]

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie ungewollt Gewicht verloren? Wenn ja, wie viel Kilogramm in welcher Zeit?
  • Bestehen Appetitveränderungen?
  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
  • Achten Sie auf eine ausreichende Aufnahme von Ballaststoffen?
  • Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Hämorrhoidalleiden?
    • Chronische Obstipation (Verstopfung)?
    • Frühere Analabszesse oder -fisteln?
    • Diagnostizierter Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa?
    • Tumoren im Bereich des Darms oder Beckens?
    • Infektionskrankheiten (z. B. Tuberkulose, parasitäre Infektionen)?
    • Steißbeinerkrankungen?
  • Operationen:
    • Eingriffe im Rektum oder Analbereich?
    • Operationen am Steißbein oder Beckenboden?
  • Impfstatus:
    • Besteht ein Impfschutz gegen HPV?
    • Impfschutz gegen Tuberkulose?

Medikamentenanamnese

  • Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten (z. B. Antikoagulanzien (Blutverdünner))?
  • Einnahme von Abführmitteln oder ballaststoffreichen Präparaten?
  • Einnahme von Antibiotika in letzter Zeit (z. B. bei Infektionen)?
  • Verwendung lokaler Präparate (z. B. Analsalben, Zäpfchen)?

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.