Übermäßiger Durst (Polydipsie) – Labordiagnostik
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen
- Kleines Blutbild
- Differentialblutbild
- Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
- Urinstatus (Schnelltest auf: pH-Wert, Leukozyten, Nitrit, Eiweiß, Glucose, Keton, Urobilinogen, Bilirubin, Blut), Sediment
- Elektrolyte – Calcium, Chlorid, Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphat
- Nüchternglucose
- Schilddrüsenparameter – TSH, fT3, fT4
- Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH), Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT), alkalische Phosphatase, Bilirubin
- Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance
Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte), der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung
- Kleines Blutbild
- Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
- Urinstatus (Schnelltest auf: pH-Wert, Leukozyten, Nitrit, Eiweiß, Glucose, Keton, Urobilinogen, Bilirubin, Blut), Sediment, ggf. Urinkultur (Erregernachweis und Resistogramm)
- Elektrolyte – Calcium, Kalium, Natrium
- Nüchternglucose
- Schilddrüsenparameter – TSH
- Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT), alkalische Phosphatase, Bilirubin
- Nierenparameter – Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure, ggf. Kreatinin-Clearance
- Aldosteron – bei Verdacht auf Conn-Syndrom (Überfunktion der Nebennierenrinde)
- Dexamethason-Test – bei Verdacht auf Cushing-Syndrom (Überproduktion von Cortisol)
- Serum- und Urinosmolalität (jeweils 20 ml des 2-Stunden-Urins über die Versuchszeit) – bei Verdacht auf kompletten oder partiellen zentralen Diabetes insipidus (Wasserharnruhr); Material: Natrium, ggf. antidiuretisches Hormon (ADH)
- Copeptin – zur Diagnostik eines zentralen Diabetes insipidus (Wasserharnruhr) bzw. zur Unterscheidung einer primären Polydipsie (psychogen bedingtes übermäßiges Trinken) von einem partiellen Diabetes insipidus (Wasserharnruhr); Testverfahren: Hypertone Kochsalzinfusion bis Natrium ≥ 150 mmol/l [1]
Weitere Hinweise
- Bei Polydipsie (krankhaft gesteigertes Durstgefühl) und Polyurie (krankhaft vermehrte Harnausscheidung) mit Verdacht auf Diabetes insipidus (Wasserharnruhr) ist alternativ ein Durstversuch (Zwei-Stufen-Test) indiziert (siehe unten).
- Der hypertonische Kochsalzinfusionstest mit Copeptin-Bestimmung zeigte in einer prospektiven Studie eine diagnostische Genauigkeit von 96,5 % (95-%-Konfidenzintervall 92,1-98,6 %) und übertraf damit den indirekten Wasserentzugstest. Die Differenzierung zwischen primärer Polydipsie (psychogen bedingtes übermäßiges Trinken) und partiellem Diabetes insipidus (Wasserharnruhr) gelang in 95,2 % der Fälle [1].
Durstversuch (Zwei-Stufen-Test)
Durchführung
- Phase 1 – Flüssigkeitsentzug: Überwachter Wasserentzug mit regelmäßiger Kontrolle von Körpergewicht, Blutdruck, Puls, Serum-Natrium, Plasmaosmolalität und Urinosmolalität (alle 1-2 Stunden). Abbruch bei deutlicher Kreislaufinstabilität, zu starkem Gewichtsverlust (> 5 %), starkem Anstieg des Serum-Natriums oder der Plasmaosmolalität.
- Phase 2 – ADH-Gabe: Nach Erreichen stabiler Urinosmolalität oder bei Erfüllung der Abbruchkriterien Gabe von synthetischem antidiuretischem Hormon (ADH; Desmopressin) und erneute Messung der Urinosmolalität nach 1-2 Stunden.
Interpretation
- Zentraler Diabetes insipidus (Wasserharnruhr): Deutlicher Anstieg der Urinosmolalität nach ADH-Gabe (> 50 %).
- Nephrogener Diabetes insipidus (Wasserharnruhr aufgrund fehlender Nierenantwort): Kein relevanter Anstieg der Urinosmolalität nach ADH-Gabe (< 10 %).
- Primäre Polydipsie (psychogen bedingtes übermäßiges Trinken): Bereits in der ersten Phase Anstieg der Urinosmolalität auf normale Werte, kein signifikanter weiterer Anstieg nach ADH-Gabe.
Weitere Hinweise
- Der Durstversuch darf nur unter stationären Bedingungen und unter engmaschiger ärztlicher Überwachung durchgeführt werden.
- Bei instabilen Kreislaufverhältnissen oder Verdacht auf schwere Elektrolytstörung ist der Test kontraindiziert.
Polydipsie – typische Konstellationen in der Differentialdiagnostik
Ursache | Typische Symptome | Laborwerte | Befunde | Charakteristische Befundkonstellation |
---|---|---|---|---|
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) | Polydipsie (verstärktes Durstgefühl), Polyurie (vermehrtes Wasserlassen), Gewichtsverlust, Müdigkeit | Nüchternglucose ↑, HbA1c ↑, Glucose im Urin | Glukosurie (Zucker im Urin), Exsikkose (Austrocknung), Zeichen einer Hyperglykämie (Überzuckerung) | Glucose ↑ + HbA1c ↑ + Glukosurie → Diabetes mellitus |
Diabetes insipidus centralis (zentral bedingter Diabetes insipidus) | Polydipsie (verstärktes Durstgefühl), Polyurie (vermehrtes Wasserlassen), Nykturie (nächtliches Wasserlassen) | ADH ↓, Urinosmolalität ↓, Serumosmolalität ↑, keine Erhöhung der Urinosmolalität im Durstversuch, positive Reaktion auf ADH-Substitution | große Urinmengen, niedrige Dichte, Besserung nach ADH | ADH ↓ + Urinosmolalität ↓ + Ansprechen auf ADH → zentraler Diabetes insipidus |
Diabetes insipidus renalis (nierenschädigungsbedingter Diabetes insipidus) | Polydipsie (verstärktes Durstgefühl), Polyurie (vermehrtes Wasserlassen), keine Besserung durch ADH | ADH normal oder ↑, Urinosmolalität ↓, Serumosmolalität ↑, keine Reaktion auf ADH-Substitution | große Urinmengen, keine Besserung durch ADH, oft medikamentenassoziiert (z. B. Lithium) | ADH normal/↑ + Urinosmolalität ↓ + keine Reaktion auf ADH → renaler Diabetes insipidus |
Psychogene Polydipsie (krankhaft gesteigerter Durst durch psychische Ursache) | Exzessive Trinkmenge, Polyurie (vermehrtes Wasserlassen), evtl. Hyponatriämie (niedriger Natriumspiegel im Blut), psychiatrischer Befund | ADH ↓ sekundär, Urinosmolalität ↓, Serumosmolalität ↓, Serum-Natrium ↓, Urinosmolalität steigt unter kontrollierter Flüssigkeitsrestriktion | sehr hohe Trinkmenge, verdünnter Urin, psychiatrische Begleitbefunde | ADH sekundär ↓ + Hyponatriämie + Anstieg Urinosmolalität bei Restriktion → psychogene Polydipsie |
Literatur
- Fenske W et al.: A Copeptin-Based Approach in the Diagnosis of Diabetes Insipidus. N Engl J Med 2018; 379:428-439 doi: 10.1056/NEJMoa1803760