Apparative Diagnostik bei Übergewicht, Stoffwechselstörungen und Diabetes mellitus
Die medizinisch-technische Diagnostik bei Übergewicht, Adipositas (Fettleibigkeit), Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) und metabolischem Syndrom (Stoffwechselkombination mit Übergewicht, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörung) dient der systematischen Erfassung struktureller, funktioneller und metabolischer Veränderungen. Ziel ist eine umfassende Risikostratifizierung und Verlaufskontrolle unter Einsatz apparativer Standard- und Spezialverfahren. Die Auswahl der Methoden richtet sich nach prognostischer Relevanz, Organbeteiligung und Verfügbarkeit.
Die nachfolgende Übersicht beschreibt die wichtigsten diagnostischen Verfahren – priorisiert nach klinischer Bedeutung:
Herz-Kreislauf-Diagnostik
Kardiale Funktionsdiagnostik
- Herzkreislauf-Check
- Belastungs-EKG (Belastungs-Elektrokardiogramm)
- Nachweis belastungsinduzierter Ischämien (Durchblutungsstörungen) bei vermuteter koronarer Herzkrankheit
- Grundlage zur Beurteilung der körperlichen Belastbarkeit vor Bewegungstherapie
- Herzfrequenzvariabilität (HRV-Analyse) (Messung der Herzrhythmus-Schwankung)
- Parameter der autonomen Regulation
- Reduziert bei Insulinresistenz (verminderte Insulinwirkung), chronischem Stress und inflammatorischem Milieu
- Echokardiographie (Herzultraschall)
- Strukturelle und funktionelle Diagnostik: Hypertrophie (Verdickung), diastolische Dysfunktion (Füllungsstörung), pulmonale Hypertonie (Lungendrucksteigerung)
- Standarduntersuchung bei klinischer Dyspnoe (Atemnot) und Hypertonie
- Kardio-Magnetresonanztomographie (Kardio-MRT) (Herz-MRT)
- Hochauflösende Bildgebung zur Darstellung von Fibrosierung (Vernarbung), Myokardvolumen (Herzmuskelmasse), Perfusion (Durchblutung)
- Indiziert bei unklarer Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung) oder eingeschränkter Echokardiographierbarkeit
Gefäßdiagnostik
- Dopplersonographie zur Schlaganfall-Risikobestimmung (Gefäßultraschall der Halsarterien)
- Duplexsonographie der extrakraniellen Hirngefäße (Karotiden, Vertebralarterien)
- Frühzeitige Erkennung asymptomatischer Stenosen (Gefäßverengungen) bei hohem vaskulärem Risiko
- Dopplersonographie in der Gefäßdiagnostik (Ultraschalluntersuchung der Bein- und Beckenvenen oder -arterien)
- Untersuchung peripherer Arterien und Venen zur Detektion von pAVK (Durchblutungsstörung der Beine), Thrombose (Blutgerinnsel), CVI (chronisch venöse Insuffizienz)
- Hämodynamische Analyse von Flussprofilen und Gefäßveränderungen
- Knöchel-Arm-Index (ABI) (Vergleich von Blutdruck an Bein und Arm)
- Nicht-invasiver Index zur Früherkennung einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit
- Empfohlenes Screeninginstrument bei Diabetes mellitus Typ 2
- Pulswellenanalyse (PWV) (Messung der Gefäßelastizität)
- Messung der arteriellen Gefäßsteifigkeit (Surrogatmarker für Gefäßalter)
- Prognostischer Marker für kardiovaskuläre Ereignisse
Blutdruckdiagostik
- 24-Stunden-Blutdruckmessung (Langzeit-Blutdruckmessung)
- Detektion nächtlicher Hypertonie (Bluthochdruck in der Nacht), non-dipping-Phänomen und maskierter Hypertonie (Blutdruckwerte beim Routine-Check in der Arztpraxis immer normal (120-129/80-84 mmHg) oder hochnormal (130-139/85-89 mmHg)).
- Essenziell zur kardiovaskulären Risikobewertung bei metabolischem Syndrom
Pulmonale Diagnostik
-
Spirometrie (Lungenfunktionsprüfung)
- Erkennung restriktiver Ventilationsmuster infolge zentraler oder peripherer Adipositas
- Indikation bei Belastungsdyspnoe und Verdacht auf Obesity-Hypoventilationssyndrom (Atemstörung durch Übergewicht)
Abdominelle und endokrine Bildgebung
- Abdomensonographie (Ultraschall des Bauchraums)
- Beurteilung viszeraler Fettverteilung (Bauchfett), Lebersteatose (Fettleber), Nieren- und Pankreasstruktur (Bauchspeicheldrüse)
- Basisdiagnostik zur Erkennung metabolischer Komorbiditäten
- Schilddrüsensonographie (Schilddrüsenultraschall)
- Erfassung morphologischer Veränderungen bei Verdacht auf Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) als sekundäre Ursache von Gewichtszunahme
- Ergänzend bei unklarer Stoffwechsellage
Anthropometrie und Körperzusammensetzung
- Elektrische Impedanzanalyse (BIA) (Widerstandsmessung zur Körperfettbestimmung)
- Schätzung von Körperfettanteil, fettfreier Masse und Wasseranteil
- Geeignet zur Verlaufskontrolle im Rahmen konservativer Adipositastherapie
- Dual-Röntgen-Absorptiometrie (DEXA) (Knochendichtemessung mit Körperfettanalyse)
- Hochpräzise Messung von viszeralem Fett, Muskelmasse und Knochendichte
- Goldstandard bei adipösen Patienten mit erhöhtem Frakturrisiko oder Verdacht auf Sarkopenie (Muskelschwund)
- Hautfaltendicke-Messung (Caliper) (Messung der Hautfalten zur Fettabschätzung)
- Einfaches anthropometrisches Verfahren zur Abschätzung subkutaner Fettverteilung (Fett unter der Haut)
- Ergänzend bei fehlender technischer Verfügbarkeit der BIA oder DXA
Ergänzende funktionelle Diagnostik
- Indirekte Kalorimetrie (Messung des Ruheenergieumsatzes durch Atemgasanalyse)
- Nicht-invasives Verfahren zur Bestimmung des Grundumsatzes über Messung von Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe.
- Erkennung hypermetaboler oder hypometaboler Zustände (z. B. bei Insulinresistenz, Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) oder Refeeding-Syndrom).
- Hilfreich zur Planung individueller Ernährungs- und Bewegungstherapien bei Adipositas oder metabolischem Syndrom.
- Fructose-H₂-Atemtest (Wasserstoff-Atemtest auf Fruchtzuckerunverträglichkeit)
- Nachweis einer Fructosemalabsorption bei funktionellen Beschwerden
- Lactose-H₂-Atemtest (Wasserstoff-Atemtest auf Milchzuckerunverträglichkeit)
- Diagnostik einer Laktoseintoleranz bei gastrointestinalen Symptomen (Bauchbeschwerden)
- Sorbit-H₂-Atemtest (Wasserstoff-Atemtest auf Sorbitunverträglichkeit)
- Erkennung einer Sorbitunverträglichkeit, oft kombiniert mit Fructosemalabsorption
Fazit
Die apparative Diagnostik bei Übergewicht, Diabetes mellitus und metabolischen Störungen folgt einem organsystembezogenen Priorisierungsschema. Kardiovaskuläre und vaskuläre Verfahren bilden die Basis der Risikoevaluation, gefolgt von strukturorientierter Bildgebung und Verfahren zur Körperzusammensetzung. Funktionelle Tests wie H₂-Atemanalysen haben eine ergänzende Rolle bei gastrointestinaler Symptomatik. Die Auswahl der Verfahren sollte individuell auf die klinische Fragestellung und das Risikoprofil abgestimmt werden.