Ultraschall-Elastographie: Technik, Indikationen und Befundmöglichkeiten
Die Ultraschall-Elastographie (Synonyme: Sonoelastographie, Ultraschall-gestützte Elastographie, Ultraschallelastographie) ist ein nicht-invasives bildgebendes Verfahren zur Beurteilung der Gewebeelastizität (Gewebefestigkeit). Sie ergänzt die konventionelle Sonographie (Ultraschalluntersuchung) um eine Analyse der mechanischen Gewebeeigenschaften und dient der Abklärung von malignen Tumoren (bösartigen Geschwülsten), entzündlichen Veränderungen oder Fibroseprozessen (Verhärtungen durch Bindegewebe) in verschiedenen Organen.
Beurteilbare Strukturen
- Prostata (Vorsteherdrüse): Detektion lokaler Verhärtungen bei Karzinomverdacht (Krebsverdacht).
- Mamma (Brustdrüse): Charakterisierung fokaler Läsionen (Gewebeveränderungen) anhand ihrer Steifigkeit.
- Leber: Quantifizierung des Fibrosegrades (Bindegewebsvermehrung) bis zur Zirrhose (Schrumpfleber).
- Schilddrüse: Differenzierung knotiger Veränderungen.
- Pankreas (Bauchspeicheldrüse): Beurteilung chronisch-entzündlicher und tumoröser Veränderungen.
- Lymphknoten: Unterscheidung zwischen reaktiven und malignen Lymphknoten.
- Muskeln und Sehnen: Evaluation myofaszialer Läsionen (Muskulatur-Bindegewebsveränderungen) oder posttraumatischer Veränderungen.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Tumordiagnostik (Krebserkennung) – Prostata, Mamma, Schilddrüse, Pankreas, Lymphknoten.
- Fibrosebeurteilung (Bindegewebsvermehrung) – Leber, Pankreas, Muskulatur.
- Entzündliche Prozesse – z. B. Lymphadenitis (Lymphknotenentzündung), chronische Pankreatitis (chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse).
- Therapiekontrolle – z. B. antivirale Therapie bei Hepatitis (Leberentzündung), Verlaufskontrolle bei chronisch-entzündlichen Veränderungen.
Beachte: In aktuellen Guidelines (z. B. EAU, AUA) wird die Elastographie der Prostata nicht mehr als eigenständiger Primärparameter gewertet, sondern – wenn überhaupt – in Kombination mit multiparametrischer Magnetresonanztomographie (mpMRT) und ggf. PSMA-PET diskutiert.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Keine absoluten Kontraindikationen für die nativen Verfahren.
- Relative Kontraindikationen bei:
- Starker Adipositas (starkem Übergewicht; eingeschränkte Bildqualität)
- Vorbestehenden Implantaten oder Luftüberlagerungen
- Unkooperativen Patienten bei transrektaler Anwendung (Untersuchung über den Enddarm)
Vor der Untersuchung
- Aufklärung: Erläuterung des Untersuchungsziels, Funktionsprinzips und der möglichen diagnostischen Konsequenzen.
- Vorbereitung: Keine spezifischen Vorbereitungen erforderlich. Bei Leber-Elastographie ggf. nüchtern (ohne Nahrung), bei Prostata transrektale Zugangsaufklärung (über den Enddarm).
Das Verfahren
Benötigtes Material
- Hochauflösendes Sonographiesystem (Ultraschallgerät) mit Elastographiemodul
- Je nach Technik: konventionelle Sonden (Mamma, Schilddrüse), transrektale Sonden (über den Enddarm bei Prostata), dedizierte Geräte (z. B. FibroScan® bei Leber)
Durchführung der Untersuchung
- Die Untersuchung erfolgt in Kombination mit einer B-Mode-Sonographie (klassisches Schwarz-Weiß-Ultraschallbild).
- Je nach Verfahren:
- Strain-Elastographie: Analyse der Gewebeverformung unter manueller oder physiologischer Kompression (z. B. durch Atmung). Ergebnis in Form einer Farbkarte.
- Shear-Wave-Elastographie (SWE): Erzeugung und Messung von Scherwellen (seitlich ausbreitenden Druckwellen) zur quantitativen Bestimmung der Gewebesteifigkeit in m/s oder kPa (Kilopascal).
- Transiente Elastographie (TE): Speziell bei der Leber, mit definierter Impulserzeugung und Messung der Ausbreitungsgeschwindigkeit.
- ARFI-Technik (Akustische Strahlkraft-Impulse): Punktuelle Messung der Elastizität in vordefinierten Regionen.
Störfaktoren
- Unzureichender Kontakt zwischen Schallkopf und Haut
- Bewegung, Atmung, Luftüberlagerung (insb. Abdomen)
- Tiefliegende Läsionen bei adipösen Patienten
- Variabilität bei manueller Kompression (Strain-Verfahren)
- Artefakte (Bildfehler) durch laterales Ausweichen des Gewebes
Methode
- Standardisierte Positionierung und Durchführung gemäß Organsystem.
- Vergleich von Regionen unterschiedlicher Elastizität gegenüber Referenzgewebe.
- Ergebnisinterpretation durch farbkodierte Karten oder quantitative Messwerte.
- Bei der Leber: Messung in einem standardisierten Segment, idealerweise zwischen den Rippen, bei Atemstillstand.
Normbereiche (je nach Organ und Technik)
- Leber (TE, SWE):
- F0 (keine Fibrose): <6,0 kPa
- F1–F2 (leichte bis moderate Fibrose): 6,0-9,5 kPa
- F3–F4 (fortgeschrittene Fibrose/Zirrhose): > 9,5-12,5+ kPa
- Mamma/Prostata/Schilddrüse:
- Keine allgemein anerkannten festen Schwellenwerte – relative Steifigkeit und Bildausdehnung im Vergleich zum B-Bild entscheidend
Mögliche Befunde
- Normalbefund: Homogene Elastizität ohne signifikante Unterschiede.
- Maligne Raumforderung (bösartige Gewebeveränderung): Erhöhte Gewebesteifigkeit; in der Elastographie größer als im B-Bild.
- Prostatakarzinom (Prostatakrebs): Lokal begrenzte Verhärtung, korrelierend mit hypoechogener Läsion (dunkler Bereich im Ultraschall).
- Leberfibrose/Zirrhose: Steigerung der Steifigkeitswerte je nach Fibrosestadium.
- Entzündung: Diffuse oder fokale Veränderung der Gewebeelastizität.
Weiterführende Diagnostik
- Bei suspekten Befunden:
- Magnetresonanztomographie (MRT = Kernspintomographie)
- Biopsie (Gewebeentnahme) zur histologischen Abklärung
- PSA-Bestimmung (Prostata-spezifisches Antigen) bei Prostata
- Kontrastmittelgestützte Sonographie (Ultraschall mit Kontrastmittel)
Literatur
- Ferraioli G, Wong VW, Castera L, et al. Liver ultrasound elastography: An update to the World Federation for Ultrasound in Medicine and Biology guidelines and recommendations. Ultrasound Med Biol. 2018;44(12):2419–2440. https://doi.org/10.1016/j.ultrasmedbio.2018.07.008
- Barr RG, Nakashima K, Amy D, et al. WFUMB guidelines and recommendations for clinical use of ultrasound elastography: Part 2: Breast. Ultrasound Med Biol. 2015;41(5):1148-1160. doi: 10.1016/j.ultrasmedbio.2015.03.008.
- Zhang Y, Wang W, He Y, et al. Shear wave elastography for differentiation of benign and malignant prostate lesions. J Ultrasound Med. 2013 Dec;32(12):2163-9. doi: 10.7863/ultra.32.12.2163.