Diaphanoskopie des Skrotums
Die Diaphanoskopie (Lichtdurchleuchtung) des Skrotums (Hodensacks) ist ein einfaches, nicht-invasives (nicht-operatives) Untersuchungsverfahren in der Urologie, das der orientierenden Beurteilung skrotaler Raumforderungen (Schwellungen im Hodensack) dient. Dabei wird mithilfe einer starken, punktförmigen Lichtquelle geprüft, ob eine skrotale Schwellung lichtdurchlässig (transluzent) ist. Besonders bei unklaren, schmerzlosen Vergrößerungen des Skrotums liefert die Methode rasch Hinweise auf die zugrunde liegende Ätiologie (Ursache). Die Hauptanwendung besteht in der Unterscheidung zwischen Hydrozele (Wasserbruch) und Skrotalhernie (Hodenbruch).
Die Diaphanoskopie ermöglicht die Differenzierung zwischen flüssigkeitsgefüllten und nicht-flüssigkeitsgefüllten Raumforderungen des Skrotums. Da Flüssigkeiten wie seröse Ergüsse (klare Flüssigkeitsansammlungen) Licht weitgehend ungehindert durchlassen, während feste Gewebe oder Luft Licht absorbieren oder streuen, basiert die Methode auf dem einfachen Prinzip der Lichtdurchlässigkeit biologischer Gewebe.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Unklare skrotale Raumforderungen – Insbesondere zur Abklärung einer prall-elastischen, schmerzlosen Vergrößerung des Hodensacks.
- Verdacht auf Hydrozele testis – Flüssigkeitsansammlung zwischen den Hüllen des Hodens.
- Verdacht auf Skrotalhernie – Vorliegen einer durch die Leistenkanalöffnung in das Skrotum verlagerten Darmschlinge oder intraabdominellen (innerhalb des Bauches gelegenen) Strukturen.
- Orientierende Diagnostik bei Neugeborenen und Kindern – Einschätzung unklarer skrotaler Schwellungen.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Akutes Skrotum – Bei akuten Schmerzen oder Verdacht auf Hodentorsion (Hodendrehung) ist die Diaphanoskopie nicht zielführend und darf die sofortige bildgebende Diagnostik (z. B. Dopplersonographie) nicht verzögern.
- Skrotale Entzündungen – Bei Epididymitis (Nebenhodenentzündung) oder Orchitis (Hodenentzündung) ist die Methode nicht zuverlässig verwertbar.
Durchführung des Verfahrens
Die Untersuchung erfolgt in abgedunkeltem Raum. Der Patient liegt in Rückenlage, der Untersucher führt eine starke Kaltlichtquelle (z. B. Faseroptik-Lampe) an die kaudale (untere) oder laterale (seitliche) Seite des Skrotums. Die Lichtquelle wird direkt an den Hodensack gehalten, ohne Druck auszuüben. Die Lichtdurchlässigkeit (Transluzenz) der Raumforderung wird visuell beurteilt:
- Hydrozele – Homogene, rötlich-hell leuchtende Transluzenz spricht für seröse Flüssigkeit.
- Skrotalhernie – Keine Transluzenz; Darmschlingen oder anderes Gewebe blockieren die Lichtdurchlässigkeit.
- Tumoren – Inhomogene oder fehlende Transluzenz, oft begleitet von irregulärer Struktur.
- Hämatozele (Ansammlung von Blut in einer natürlichen Körperhöhle) oder Pyozele (Eiteransammlung in in einer natürlichen Körperhöhle) – Lichtundurchlässig aufgrund blutiger oder eitriger Flüssigkeit.
Aussagekraft und diagnostischer Stellenwert
Die Diaphanoskopie hat einen hohen negativen prädiktiven Wert (Aussagekraft zum Ausschluss einer Erkrankung) zur Ausschlussdiagnostik einer Hydrozele. Eine transluzente Raumforderung spricht mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine Hydrozele. Fällt das Testergebnis negativ aus (d. h. fehlende Lichtdurchlässigkeit), müssen weiterführende Untersuchungen wie die Skrotalsonographie, auch Hodenultraschall genannt, durchgeführt werden, um z. B. Hernien, Tumoren oder entzündliche Prozesse sicher zu differenzieren.
Abgrenzung zu anderen Verfahren
- Sonographie – Die hochauflösende Sonographie (Ultraschalluntersuchung) ist der Goldstandard zur Diagnostik skrotaler Raumforderungen. Sie bietet exakte Beurteilung von Hoden, Nebenhoden und umgebenden Strukturen einschließlich Blutfluss (mittels Dopplersonographie).
- Palpation – Ergänzt die Diaphanoskopie, kann jedoch bei großen Hydrozelen oder adipösem (übergewichtigem) Patienten limitiert sein.
- Magnetresonanztomographie (MRT) – In Einzelfällen bei unklaren Befunden oder tumorverdächtigen Läsionen (Veränderungen) indiziert.
Literatur
- Bublak R. Unklare Hodenschwellung: Diaphanoskopie bringt Erleuchtung. Uro-News. 2023;27(4). doi: 10.1007/s00092-023-5686-y