Diagnostik der männlichen Geschlechtsorgane: Bildgebung, Funktionstests und moderne Verfahren in der Urologie
Die medizintechnische Diagnostik der männlichen Geschlechtsorgane umfasst ein breites Spektrum bildgebender und funktioneller Verfahren zur Beurteilung der Prostata, Hoden, Nebenhoden, Samenleiter, des Penis sowie angrenzender Beckenstrukturen. Sie dient der Erkennung struktureller Veränderungen, der Abklärung funktioneller und hormonell bedingter Störungen sowie der Früherkennung, Stadienbestimmung und Therapiekontrolle urologischer Tumorerkrankungen.
Je nach Fragestellung kommen transrektale (durch den Enddarm), transabdominelle (durch die Bauchdecke), sonographische (ultraschallbasierte), röntgenologische, kernspintomographische oder nuklearmedizinische Verfahren zum Einsatz. Die Diagnostik erfolgt indikationsbezogen stufenweise und orientiert sich an der klinischen Symptomatik (z. B. Fertilitätsstörung, Schmerz, Hämaturie (Blut im Urin), PSA-Erhöhung).
Systematische Einteilung der Verfahren
Sonographische Verfahren – Nichtinvasive bildgebende Diagnostik zur Beurteilung morphologischer und funktioneller Veränderungen
- Skrotalsonographie (Hodenultraschall) – Standardverfahren zur Beurteilung von Hoden, Nebenhoden (Nebenhoden = Speicher- und Reifungsorgan der Spermien) und Skrotalinhalten (Hodensackinhalt) bei Schmerz, Schwellung oder suspekten Raumforderungen (ungeklärte Gewebeneubildung)
- Restharnbestimmung mittels Ultraschall – Quantitative Erfassung des postmiktionsalen Restvolumens (Urinmenge nach dem Wasserlassen) bei Miktionsstörungen (Blasenentleerungsstörungen) oder Prostatavergrößerung
- Transrektale Prostatasonographie (TRUS) – Darstellung von Prostata (Vorsteherdrüse) und Samenblasen zur Volumenbestimmung, Diagnostik entzündlicher oder neoplastischer Veränderungen (Tumorverdacht)
- Ultraschall-Elastographie der Prostata – Technik zur Messung der Gewebesteifigkeit zur differenzierten Beurteilung suspekter Prostatabereiche (ungeklärte Areale in der Prostata)
Funktionelle Verfahren
- Harnflussmessung (Uroflowmetrie) – Nichtinvasives Verfahren zur Analyse der Harnstrahlkurve bei Miktionsbeschwerden (Blasenentleerungsstörungen) oder Verdacht auf infravesikale Obstruktion (Hindernis unterhalb der Harnblase)
- RigiScan-Messung – Registrierung nächtlicher Erektionen zur Differenzierung organischer (körperlicher) versus psychogener (seelisch bedingter) Erektionsstörungen
- Diaphanoskopie des Skrotums – Durchleuchtung des Hodensacks (Skrotum) zur Differenzierung flüssigkeitsgefüllter versus solider Strukturen (z. B. Hydrozele = Flüssigkeitsansammlung, Tumor = Gewebeneubildung)
Endosonographische und interventionelle Verfahren
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Ultraschallgesteuerte Prostatapunktion – gezielte Gewebeentnahme aus verdächtigen Arealen der Prostata (Vorsteherdrüse), in der Regel transrektal (über den Enddarm) durchgeführt, zur histologischen Sicherung (Gewebeuntersuchung)
Magnetresonanztomographische Verfahren – Strahlungsfreie, hochauflösende Schichtbildgebung
- Prostata-MRT (mpMRT) – multiparametrisches Verfahren (T2-, Diffusions-, Perfusionssequenzen) zur Detektion und Lokalisation klinisch signifikanter Prostatakarzinome (bösartige Tumoren) sowie zur Biopsieplanung
- Becken-MRT – Erweiterte MRT zur Beurteilung von Prostata, Samenblasen, Lymphknoten oder Weichteilprozessen bei Tumorverdacht oder Staging (Bestimmung der Ausbreitung)
Nuklearmedizinische Verfahren – Funktionelle Bildgebung mittels radioaktiv markierter Tracer (Substanzen zur Bildgebung)
- Hodenszintigraphie – Darstellung der testikulären Perfusion (Durchblutung des Hodengewebes) zur Abklärung von Hodentorsion (Verdrehung), Hypoplasie (Unterentwicklung) oder Aplasie (Fehlanlage)
- Positronenemissionstomographie (PET) – Tracerabhängige Darstellung metabolisch aktiver Tumorareale (z. B. bei Prostatakarzinom mit ^68Ga-PSMA)
- PET/CT (Prostata/Hoden) – Kombination aus funktioneller und struktureller Bildgebung für präzises Tumor-Staging (Beurteilung der Ausbreitung)
Weitere Verfahren
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Thermographie – Temperaturverteilungsmessung wg. Varikozele (Krampfaderbruch) an der Hautoberfläche (derzeit methodisch umstritten, keine empfohlene Screeningmethode)
Indikationszuordnung der medizintechnischen Verfahren in der Urologie
Verfahren | Vorsorge / Früherkennung | Fertilitätsdiagnostik / Funktionelle Abklärung | Tumordiagnostik / Stadieneinteilung |
---|---|---|---|
Skrotalsonographie | ✓ (z. B. bei Tastbefund) | ✓ (z. B. Varikozele, Nebenhodenzysten) | ✓ (z. B. Hodentumor, Verlaufskontrolle) |
Transrektale Prostatasonographie (TRUS) | ✓ (z. B. Volumenbestimmung) | – | ✓ (z. B. Staging, Nachsorge) |
Ultraschall-Elastographie der Prostata | – | – | ✓ (Differenzierung suspekter Läsionen) |
Restharnbestimmung mittels Ultraschall | ✓ (z. B. BPH-Screening) | ✓ (bei subvesikaler Obstruktion) | – |
Prostata-MRT (mpMRT) | – | – | ✓ (Primärdiagnostik, Fusionsbiopsieplanung) |
Becken-MRT | – | – | ✓ (lokales Staging, Lymphknotenbeurteilung) |
Hodenszintigraphie | – | ✓ (z. B. Aplasie, Perfusionsstörung) | – |
PET (Prostata/Hoden) | – | – | ✓ (Metastasensuche, Therapiekontrolle) |
PET-CT (Prostata/Hoden) | – | – | ✓ (kombiniertes Tumor-Staging) |
Uroflowmetrie | – | ✓ (Obstruktionsdiagnostik) | – |
RigiScan-Messung | – | ✓ (organische/psychogene Erektionsstörung) | – |
Diaphanoskopie des Skrotums | – | ✓ (Hydrozele vs. Tumor) | – |
Ultraschallgesteuerte Prostatapunktion | – | – | ✓ (histologische Sicherung) |
Hinweise
- ✓ = Standardindikation oder häufig eingesetztes Verfahren
- ( ) = fakultativ oder ergänzend, abhängig von klinischem Verdacht oder Leitlinienempfehlung
- – = keine Relevanz oder nicht indiziert
Fazit
Die Diagnostik der männlichen Geschlechtsorgane folgt einem stufenweisen, indikationsgeleiteten Vorgehen. Während sonographische Methoden wie Skrotal- oder Prostatasonographie eine Basisdiagnostik darstellen, ermöglichen moderne Verfahren wie mpMRT, PET oder Elastographie eine präzise morphologisch-funktionelle Analyse. In der Fertilitätsdiagnostik kommen neben funktionellen Tests auch spezifische bildgebende Verfahren zum Einsatz. Für das onkologische Staging sind multimodale Bildgebungen wie PET/CT essenziell. Die methodische Auswahl richtet sich stets nach klinischem Befund, Vortestwahrscheinlichkeit und therapeutischer Konsequenz.