Elastographie der Leber

Die Elastographie der Leber ist ein nicht-invasives (nicht operatives), ultraschallbasiertes Verfahren zur quantitativen Messung der Lebersteifigkeit. Sie dient der stadiengerechten Beurteilung von Leberfibrosen (bindegewebiger Umbau des Lebergewebes) bei chronischen Lebererkrankungen. Die Methode ermöglicht eine Früherkennung, Verlaufskontrolle und Therapieüberwachung fibrotischer Umbauprozesse und stellt eine anerkannte Alternative zur Leberbiopsie (Gewebeprobeentnahme) dar. Je nach Technik werden Scherwellen-induzierte Elastographieverfahren (z. B. Transiente Elastographie, 2D-Shear-Wave-Elastographie) oder Strain-basierte Verfahren (qualitative Elastogramme) eingesetzt.

Synonyme

  • Leberelastographie
  • Ultraschall-Elastographie der Leber
  • Fibrosestaging mittels Elastographie
  • Shear-Wave-Elastographie
  • Transiente Elastographie (TE)

Beurteilbare Strukturen

  • Leberparenchym (Lebergewebe): Beurteilung der Lebersteifigkeit als Surrogat für Fibrosegrad
  • Leberkapsel (Bindegewebshülle der Leber): Beurteilung von Unregelmäßigkeiten bei fortgeschrittener Fibrose oder Zirrhose (Narbenleber)
  • Segmentäre Darstellung der Leberlappen: insbesondere Segment VIII bei transkutanem Zugang (Zugang durch die Haut)
  • Begleitende Dopplerparameter (optional): portale Hämodynamik (Blutflussverhältnisse in der Pfortader)

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Verlaufsbeurteilung chronisch-entzündlicher Lebererkrankungen (z. B. Hepatitis B und C, Autoimmunhepatitis)
  • Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD/NASH) – nicht-invasives Fibrosestaging (Einstufung des Bindegewebsgrades)
  • Alkoholisierte Steatohepatitis (ASH)
  • Leberfibrose und Leberzirrhose – Quantifizierung und Stadieneinteilung
  • Therapieüberwachung bei antiviraler oder antifibrotischer Behandlung
  • Präoperative Risikoeinschätzung bei Leberresektionen (Leberteilentfernungen)
  • Screening bei Risikopatienten (z. B. Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2, metabolisches Syndrom)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Schwangerschaft (relative Kontraindikation bei transitorisch-elastographischen Verfahren)
  • Deutlich eingeschränkte Ultraschall-Schallfenster (z. B. Adipositas per magna, Aszites (Bauchwassersucht))
  • Akute Entzündungsreaktionen oder Leberstauung (z. B. bei akuter Hepatitis oder Herzinsuffizienz (Herzschwäche)) – führen zu falsch hohen Steifigkeitswerten
  • Schwere Koagulopathien (Blutgerinnungsstörungen) – bei geplanten invasiven Zusatzverfahren wie Biopsie

Vor der Untersuchung

  • Nüchternheit: mindestens 4-6 Stunden vor der Untersuchung, um die portale Hämodynamik nicht zu beeinflussen
  • Abklärung potenzieller Störfaktoren: akute Entzündungen, cholestatische Prozesse (Gallestau), Herzinsuffizienz
  • Anamnese der Lebererkrankung: Dauer, Ätiologie (Ursache), Medikation
  • Vorliegen relevanter Voruntersuchungen (z. B. Labor, Biopsie, Bildgebung)

Das Verfahren

  • Der Patient liegt in Rückenlage mit leicht nach hinten geneigtem rechten Arm
  • Die Messung erfolgt im rechten Leberlappen (meist im Segment VIII), interkostal (zwischen den Rippen) mit Standard- oder High-Frequency-Sonden
  • Es werden mindestens 10 valide Einzelmessungen durchgeführt, deren Medianwert (in kPa) zur Bestimmung der Lebersteifigkeit verwendet wird
  • Bei der transienten Elastographie (z. B. FibroScan®) erfolgt die Erzeugung der Scherwellen mechanisch durch einen Impulsgeber
  • Bei der 2D-Shear-Wave-Elastographie (z. B. Aixplorer®, LOGIQ E9) wird die Scherwelle sonographisch erzeugt und in Echtzeit abgebildet
  • Qualitative Verfahren (Strain-Elastographie) basieren auf relativen Gewebeverformungen

Mögliche Befunde

  • Normale Lebersteifigkeit: ≤ 5,5-6,0 kPa
  • Leichte Fibrose (F1): 6,1-7,0 kPa
  • Mäßige Fibrose (F2): 7,1-9,5 kPa
  • Fortgeschrittene Fibrose (F3): 9,6-12,5 kPa
  • Leberzirrhose (F4): > 12,5 kPa
  • Steifigkeitswerte sind abhängig von Gerätetyp, Untersuchungstechnik und klinischem Kontext

Nach der Untersuchung

  • Besprechung des Befundes im Zusammenhang mit weiteren klinischen und laborchemischen Parametern
  • Dokumentation des Medianwerts, Interquartilsabstands (IQR) und der Anzahl gültiger Messungen
  • Gegebenenfalls Festlegung weiterer diagnostischer oder therapeutischer Schritte (z. B. Biopsie (Probeentnahme), antivirale Therapie, Verlaufskontrolle)

Mögliche Komplikationen

  • Die Elastographie ist ein risikoarmes, nicht-invasives Verfahren
  • In seltenen Fällen kann es bei sensiblen Patienten zu lokalen Druckbeschwerden durch die Sonde kommen
  • Fehlmessungen bei schlechten Schallbedingungen oder unruhigem Atemverhalten

Vergleich der Methoden

Methode Technik Vorteile Nachteile
Transiente Elastographie (TE) Mechanische Scherwellen, punktuelle Messung Schnell, standardisiert, gute Datenlage Keine gleichzeitige B-Bild-Sonographie, unzureichend bei Aszites
2D-Shear-Wave-Elastographie Ultraschallinduzierte Scherwellen, 2D-Messung Echtzeitbildgebung, gezielte Segmentanalyse, B-Bild-Kontrolle Geräteabhängig, höhere Anforderungen an Bediener
Strain-Elastographie Relativer Gewebedeformationsindex Kostengünstig, als Zusatz zur B-Bild-Sonographie Nur qualitative Aussage, keine absolute Quantifizierung

Fazit

Die Elastographie der Leber ist heute ein etablierter Bestandteil der nicht-invasiven Fibrosediagnostik (Diagnostik des Bindegewebsumbaus). Sie bietet eine zuverlässige, reproduzierbare und patientenschonende Methode zur Beurteilung von Lebersteifigkeit und Fibrosegrad. Durch die Kombination mit Laborwerten und anderen bildgebenden Verfahren kann die Notwendigkeit invasiver Leberbiopsien in vielen Fällen reduziert werden.