Sehschärfenprüfung (Refraktometrie)

Die Refraktometrie ist eine Methode der Augenheilkunde zur objektiven Visusprüfung (Sehschärfeprüfung). Dabei wird bestimmt, welche zusätzliche Brechkraft nötig ist, um auf der Netzhaut eine scharfe Abbildung zu erhalten.

Das menschliche Auge ist annähernd wie eine Kugel geformt und beinhaltet ein komplexes optisches System. Bei Emmetropie (Normalsichtigkeit) ist der Augapfel etwa 24 mm lang und die Gesamtbrechkraft des akkommodationslosen (auf die Fernsicht eingestellten) Auges beträgt ca. 58 dpt, wovon der größere Teil auf die Brechkraft der Hornhaut (43 dpt) und der Linse (20 dpt) entfällt. Lichtstrahlen, die von einem fixierten Punkt in der Umwelt ausgehen, werden durch die optischen Brechungsmedien des Auges gebündelt und möglichst genau auf der Fovea centralis (Punkt des schärfsten Sehens auf der Netzhaut) abgebildet.

Bei Abweichungen vom Normalzustand wie z. B. Kurz- oder Langbau des Augapfels oder Brechkraftveränderungen kommt es zu Ametropie (Fehlsichtigkeit). Der durch das Auge konstruierte Bildpunkt ist vor bzw. hinter die Netzhautebene verschoben, sodass es zu einer unscharfen Abbildung auf der Netzhaut kommt und der Patient somit eine Visusreduktion (Minderung der Sehschärfe) wahrnimmt.

Zur Bestimmung des Visus (Sehschärfe) gibt es prinzipiell subjektive und objektive Methoden. Die subjektiven Verfahren beinhalten stets die Mitarbeit des Patienten und sind somit bei Kleinkindern bzw. unkooperativen Patienten in der Durchführung erschwert bis unmöglich.
Hier finden objektive Methoden wie die Refraktometrie ihre Verwendung.

Zielsetzung der Refraktometrie

Die Refraktometrie dient der objektiven Bestimmung der Brechkraft des Auges, um notwendige Korrekturen für optimale Sehschärfe zu ermitteln. Ziel ist es, durch genaue Messungen festzustellen, welche Linsenstärke erforderlich ist, um eine exakte Fokussierung von Licht auf der Netzhaut zu erreichen und somit die bestmögliche visuelle Leistung zu gewährleisten.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die Refraktometrie ist zur Visusprüfung und ggf. Bestimmung der Ametropie (Fehlsichtigkeit) indiziert. Eine Ametropie (Myopie (Kurzsichtigkeit); Hyperopie (Weitsichtigkeit); Astigmatismus (Stabsichtigkeit)) kann entweder durch Abweichungen der Achsenlänge des Auges (Achsenametropie) oder durch Veränderungen der Brechkraft (Brechungsametropie) bedingt sein.

Die Refraktometrie ist eine objektive Methode der Visusprüfung, da sie unabhängig von Patientenangaben durchgeführt werden kann. Sie hat somit folgende Anwendungsgebiete:

  • Durchführung vor einem subjektiven Feinabgleich der Brillenstärke. Der Arzt kann somit im Voraus die Ametropie abschätzen und sich bei der Brillenanpassung auf einen engen Bereich der Brillengläser beschränken, was unter anderem sehr zeitsparend ist.
  • Kinder mit Strabismus (Schielen) bzw. mit Verdacht auf Strabismus.
  • Personen mit unzuverlässigen Angaben

Bei kooperativen Patienten reicht die Refraktometrie allein als Methode der Visusprüfung nicht aus. Eine nachfolgende subjektive Methode ist immer präziser und erlaubt eine systematische Optimierung der Gläserstärke mithilfe der Angaben des Patienten.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)   

Es sind keine Kontraindikationen für die Durchführung der Refraktometrie bekannt. 

Vor der Untersuchung

  • Patientenvorbereitung: Insbesondere bei Kindern oder Patienten, die zur Akkommodation neigen, kann die Verabreichung von Augentropfen zur Lähmung des Akkommodationsmuskels notwendig sein, um genaue Messungen zu ermöglichen.
  • Geräteeinstellung: Einstellen und Kalibrieren des Refraktometers, um präzise Messwerte sicherzustellen.
  • Patientenpositionierung: Korrekte Positionierung des Patienten am Gerät zur Sicherstellung einer genauen Fokussierung und Messung.

Das Verfahren

Das Prinzip der Refraktometrie beruht auf der Beobachtung einer auf die Netzhaut des Patienten projizierten Testfigur. Wird diese für den Untersucher scharf abgebildet, so wird angenommen, dass der Patient sie ebenfalls als scharf wahrnehmen kann.

Manuelles Refraktometer

  • Eine Testfigur wird durch die Pupille auf der Netzhaut des Patienten abgebildet.
  • Der Untersucher betrachtet die Netzhaut durch ein Ophthalmoskop (Augenspiegel).
  • Die Abbildung der Testfigur wird scharf auf der Netzhaut eingestellt. Dieses kann auf zwei verschiedene Arten erreicht werden: Veränderung des Abstandes zwischen Testfigur und Auge oder durch Vorschalten von Linsen in den Strahlengang.
  • Die ermittelten Werte (Abstand der Testfigur bzw. Linsenstärke) bestimmen die Refraktion.

Automatisches Refraktometer

  • Die Scharfeinstellung der Abbildung auf der Netzhaut geschieht automatisch mithilfe eines Computers.
  • Heutzutage werden fast ausschließlich automatische Geräte verwendet.

Mögliche Befunde

  • Normalbefund: Keine signifikante Fehlsichtigkeit; das Auge benötigt keine oder nur minimale optische Korrektur.
  • Pathologischer Befund: Diagnose von Refraktionsfehlern wie Myopie (Kurzsichtigkeit), Hyperopie (Weitsichtigkeit) oder Astigmatismus (Hornhautverkrümmung bzw. Stabsichtigkeit), die eine Brille oder Kontaktlinsen erfordern.
  • Spezifische Anomalien: Identifizierung und Quantifizierung von spezifischen optischen Problemen, die spezielle optische Korrekturen oder medizinische Interventionen erfordern.

Nach der Untersuchung

  • Ergebnisinterpretation: Ausführliche Erläuterung der Messergebnisse an den Patienten, einschließlich der notwendigen Schritte für eine weitere Sehkorrektur.
  • Weiterführende Maßnahmen: Falls nötig, Anpassung von Brillen oder Kontaktlinsen oder Überweisung zu weiteren fachärztlichen Untersuchungen.
  • Dokumentation und Follow-up: Dokumentation der Ergebnisse in der Patientenakte und Planung von Nachuntersuchungen zur Überprüfung der Sehleistung und der Wirksamkeit der verschriebenen Sehhilfen.

Mögliche Komplikationen

Bei der Refraktometrie sind keine Komplikationen zu erwarten. Bei der Anwendung der Cyclopentolat-Augentropfen sind die unerwünschten Arzneimittelwirkungen bzw. Kontraindikationen zu beachten.

Literatur

  1. Kanski JJ: Klinische Ohpthalmologie Lehrbuch und Atlas. Elsevier, Urban & Fischer Verlag: 2008 
  2. Grehn F: Augenheilkunde. Springer Verlag 2008
  3. Lang GK: Augenheilkunde. Georg Thieme-Verlag 2008